WELT-Umfrage: Strategen sehen Dax am Jahresende nur 100 Punkte höher
von Thomas Exner und Holger Zschäpitz
Berlin - Der derzeit unter Volldampf fahrende Börsenzug ist voller Pessimisten. Nachdem das deutsche Leitbarometer Dax am gestrigen Dienstag zeitweise über 3300 Punkte gestiegen ist und seit seinem Tief am 12. März damit fast exakt 50 Prozent gut gemacht hat, sehen die meisten Strategen den Endbahnhof in Sicht. Denn am Jahresende wird der heimische Aktienmarkt kaum wesentlich höher als heute notieren. Nach einer WELT-Umfrage unter 16 Geldhäusern wird dem Dax bis Ende Dezember im Schnitt lediglich noch ein Anstieg von gut 100 Punkten zugetraut. Damit gäbe es - mit einem Anstieg von knapp 18 Prozent - zwar erstmals seit 1999 wieder ein positives Aktienjahr, doch für Späteinsteiger wäre es zu spät. Sie könnten - sofern die Experten diesmal Recht behalten - gerade noch die An- und Verkaufsspesen verdienen.
Die Einschätzungen der Profis stehen damit im scharfen Kontrast zu den Erwartungen der Kleinanleger. So weist eine aktuelle Umfrage von Union Investment einen rapide steigenden Optimismus unter den Sparern aus. Ging im ersten Quartal noch fast die Hälfte der Befragten von fallenden Märkten aus, so scheint die Erholungsrallye der Märkte inzwischen zu einem Sinneswandel geführt zu haben: Nur noch ein gutes Viertel kalkuliert mit nachgebenden Notierungen. Viele wollen noch auf den fahrenden Zug aufspringen. Der Anteil der Aktienfonds-Besitzer, die Zukäufe planen, ist von 34 auf 54 Prozent emporgeschnellt. Selbst viele Börsenabstinenzler wollen wieder zusteigen.
Ganz anders die Strategen, die vor allem institutionelle Kunden aus dem Versicherungs- und Bankensektor beraten. "Wir müssen uns in den nächsten Wochen eher die Frage stellen, ob wir unseren Kunden nicht empfehlen sollten, die Aktienquote wieder etwas zurückzuschrauben, um Gewinne zu sichern", sagt Gerhard Schwarz von der Hypo-Vereinsbank, der den fairen Wert des Dax zum Jahresende auf 3400 Punkte taxiert und damit genau den Erwartungsdurchschnitt trifft.
Allerdings haben die Strategen oft die Tendenz, den Märkten hinterherzulaufen. Am Jahresanfang erwarteten sie im Schnitt noch fast 4000 Dax-Punkte zum Jahresende. Ganze zwei Häuser halten noch heute an ihrer Prognose von vor sechs Monaten fest. "Eine solche ökonomische Situation ist auch für die Zunft absolutes Neuland", so Hendrik Garz von der WestLB. "Wir haben eine Krise der Erfahrung."
Fakt ist: Mit einem durchschnittlichen Kurs/Gewinn-Verhältnis von 15 hätten die deutschen Standardwerte an herkömmlichen Maßstäben gemessen noch ein zweistelliges Kurspotenzial. Auch im Vergleich zum Rentenmarkt sind die Dividendenpapiere noch attraktiv. Gemessen am langjährigen Durchschnitt würde dies einen weiteren Aufschlag von über 20 Prozent rechtfertigen. Optimistisch stimmt zudem die Tatsache, dass wieder verstärkt direkt in Aktien und nicht in Terminmarkt-Produkte investiert wird. "Dies spricht dafür, dass ausdauerndere Investoren das Geschehen bestimmen und nicht spekulative Trader", erklärt Johannes Reich, Stratege bei Metzler.
Kurzfristig sehen daher auch die meisten Strategen noch Luft nach oben. Das positive Sentiment am Markt, die stabile technische Verfassung sowie die anhaltenden Zinssenkungsfantasien sprechen nicht für ein abruptes Stoppen des Börsenzuges. So kann sich Richard Davidson von Morgan Stanley durchaus einen Dax-Stand von zwischenzeitlich 3800 Zählern vorstellen. Und selbst eher skeptische Auguren wie Christian Kahler von der DZ Bank halten einen "starken Börsensommer" für möglich. Spätestens im dritten Quartal erwarten die meisten Experten allerdings eine heftige Bremsung: Denn dann dürfte sich in den Gewinnausweisen der Unternehmen der starke Euro erstmals durchschlagend bemerkbar machen. Eine neue Runde von Gewinnrevisionen bei den Analysten wäre die Folge.
von Thomas Exner und Holger Zschäpitz
Berlin - Der derzeit unter Volldampf fahrende Börsenzug ist voller Pessimisten. Nachdem das deutsche Leitbarometer Dax am gestrigen Dienstag zeitweise über 3300 Punkte gestiegen ist und seit seinem Tief am 12. März damit fast exakt 50 Prozent gut gemacht hat, sehen die meisten Strategen den Endbahnhof in Sicht. Denn am Jahresende wird der heimische Aktienmarkt kaum wesentlich höher als heute notieren. Nach einer WELT-Umfrage unter 16 Geldhäusern wird dem Dax bis Ende Dezember im Schnitt lediglich noch ein Anstieg von gut 100 Punkten zugetraut. Damit gäbe es - mit einem Anstieg von knapp 18 Prozent - zwar erstmals seit 1999 wieder ein positives Aktienjahr, doch für Späteinsteiger wäre es zu spät. Sie könnten - sofern die Experten diesmal Recht behalten - gerade noch die An- und Verkaufsspesen verdienen.
Die Einschätzungen der Profis stehen damit im scharfen Kontrast zu den Erwartungen der Kleinanleger. So weist eine aktuelle Umfrage von Union Investment einen rapide steigenden Optimismus unter den Sparern aus. Ging im ersten Quartal noch fast die Hälfte der Befragten von fallenden Märkten aus, so scheint die Erholungsrallye der Märkte inzwischen zu einem Sinneswandel geführt zu haben: Nur noch ein gutes Viertel kalkuliert mit nachgebenden Notierungen. Viele wollen noch auf den fahrenden Zug aufspringen. Der Anteil der Aktienfonds-Besitzer, die Zukäufe planen, ist von 34 auf 54 Prozent emporgeschnellt. Selbst viele Börsenabstinenzler wollen wieder zusteigen.
Ganz anders die Strategen, die vor allem institutionelle Kunden aus dem Versicherungs- und Bankensektor beraten. "Wir müssen uns in den nächsten Wochen eher die Frage stellen, ob wir unseren Kunden nicht empfehlen sollten, die Aktienquote wieder etwas zurückzuschrauben, um Gewinne zu sichern", sagt Gerhard Schwarz von der Hypo-Vereinsbank, der den fairen Wert des Dax zum Jahresende auf 3400 Punkte taxiert und damit genau den Erwartungsdurchschnitt trifft.
Allerdings haben die Strategen oft die Tendenz, den Märkten hinterherzulaufen. Am Jahresanfang erwarteten sie im Schnitt noch fast 4000 Dax-Punkte zum Jahresende. Ganze zwei Häuser halten noch heute an ihrer Prognose von vor sechs Monaten fest. "Eine solche ökonomische Situation ist auch für die Zunft absolutes Neuland", so Hendrik Garz von der WestLB. "Wir haben eine Krise der Erfahrung."
Fakt ist: Mit einem durchschnittlichen Kurs/Gewinn-Verhältnis von 15 hätten die deutschen Standardwerte an herkömmlichen Maßstäben gemessen noch ein zweistelliges Kurspotenzial. Auch im Vergleich zum Rentenmarkt sind die Dividendenpapiere noch attraktiv. Gemessen am langjährigen Durchschnitt würde dies einen weiteren Aufschlag von über 20 Prozent rechtfertigen. Optimistisch stimmt zudem die Tatsache, dass wieder verstärkt direkt in Aktien und nicht in Terminmarkt-Produkte investiert wird. "Dies spricht dafür, dass ausdauerndere Investoren das Geschehen bestimmen und nicht spekulative Trader", erklärt Johannes Reich, Stratege bei Metzler.
Kurzfristig sehen daher auch die meisten Strategen noch Luft nach oben. Das positive Sentiment am Markt, die stabile technische Verfassung sowie die anhaltenden Zinssenkungsfantasien sprechen nicht für ein abruptes Stoppen des Börsenzuges. So kann sich Richard Davidson von Morgan Stanley durchaus einen Dax-Stand von zwischenzeitlich 3800 Zählern vorstellen. Und selbst eher skeptische Auguren wie Christian Kahler von der DZ Bank halten einen "starken Börsensommer" für möglich. Spätestens im dritten Quartal erwarten die meisten Experten allerdings eine heftige Bremsung: Denn dann dürfte sich in den Gewinnausweisen der Unternehmen der starke Euro erstmals durchschlagend bemerkbar machen. Eine neue Runde von Gewinnrevisionen bei den Analysten wäre die Folge.