Phenomedia-Skandal: KPMG duckt sich vor Moorhühner

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Phenomedia-Skandal: KPMG duckt sich vor Moorhühner

 
17.04.02 11:37
Die Phenomedia-Geschäftszahlen sind offenbar manipuliert, die Vorstände bereits gefeuert. Nach Comroad ist damit ein weiteres am Neuen Markt gelistetes Unternehmen ins Schleudern geraten, das von KPMG geprüft wird. Die Wirtschaftsprüfer weisen alle Schuld von sich.

Berlin/Bochum - KPMG habe bislang keinen Bestätigungsvermerk für den Jahresabschluss 2001 erteilt. Grund sei unter anderem, dass Phenomedia trotz mehrmaliger intensiver Aufforderung noch offene Nachweise für angeblich ausstehende Forderungen bis heute nicht vorgelegt habe, teilten die Wirtschaftsprüfer mit. An der Erstellung oder Überprüfung der Phenomedia-Quartalsabschlüsse zum 30. Juni 2001 und 30. September 2001 seien sie in keiner Weise beteiligt gewesen. Die Geschäftsberichte aus den Jahren 1999 und 2000 hat KPMG allerdings ohne Einschränkungen testiert.

Die Geschäftszahlen von Phenomedia seien bei der Vorstellung am 27. März nicht vollständig gewesen, sagte Phenomedia-Sprecher Ulf Hausmanns auf Anfrage. Ob das ausgewiesene Ergebnis vor Steuern in Höhe von 1,6 Millionen Euro tatsächlich höher oder tiefer liegen könne, sei noch ungeklärt, sagte Hausmanns.

Zuvor hatten die Spiele-Experten eine brisante Ad-hoc-Mitteilung herausgegeben. Es gebe "Anhaltspunkte" dafür, hieß es darin, dass der Quartalsbericht zum 30. September 2001 unrichtig sei. Auch der Entwurf des Jahresabschlusses 2001 sei vermutlich manipuliert worden.

Phenomedia feuerte in einer Blitzaktion den Vorstandsvorsitzenden und Mitbegründer Markus Scheer und den Finanzvorstand Björn Denhard. Der verbleibende Vorstand und die Aufseher wollten nun unverzüglich eine Sonderprüfung in Auftrag geben, um die Bilanzpraktiken vollständig und lückenlos aufzuklären. Auch weiter zurückliegende Rechnungsperioden würden vorsorglich überprüft. Nach der Bekanntgabe einer möglichen Bilanzkosmetik stürzte die Aktie bis zum Dienstagnachmittag um mehr als 65 Prozent auf ein neues Rekordtief von 85 Cent.

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Vorstandschef Scheer war aufgefallen, nachdem er sich im Dezember 2001 innerhalb von zwei Wochen von eigenen Aktien im Wert von mehr als 2,3 Millionen Euro getrennt hatte. Begründet wurden die Aktienverkäufe mit einer "Wertpapieranleihe im Rahmen der geplanten Kapitalerhöhung" und einer Übertragung aus "steuerlichen Gründen in die Markus Scheer Vermögensverwaltungs GmbH, in der Herr Scheer alleiniger Gesellschafter ist."

Das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) wird möglicherweise eine förmliche Untersuchung wegen Insiderhandels einleiten "Wir werden eine Analyse starten und das Unternehmen genauer unter die Lupe nehmen", sagte ein Sprecherin am Dienstag. Auf den ersten Blick sei der Kursverlauf der vergangenen Tage "sehr auffällig".

Bereits am Vortag war in Analystenkreisen der Vorwurf laut geworden, das Unternehmen habe offenbar in der vergangenen Woche 20 Mitarbeiter aus allen Bereichen entlassen, ohne dies zu publizieren. Das sind knapp zehn Prozent der Belegschaft. Die vorliegende Bilanz enthalte weder eine Kapitalflussrechnung noch einen Anhang, der die kurz- und langfristigen Schuldenpositionen kommentiere, was den Wahrheitsgehalt in Frage stelle. Dazu komme ein Gerücht, dass ein Altaktionär seine Bestände verkaufe. Die Aktie der Spiele-Spezialisten hatte in den vergangenen acht Wochen ohne ersichtlichen Grund rund 93 Prozent an Wert verloren.

Noch am 27. März hatte Phenomedia - in dem nun angezweifelten Bericht - eine Umsatzsteigerung von 58 Prozent auf 25,8 Millionen Euro für das zurückliegende Geschäftsjahr gemeldet. Das Ergebnis vor Steuern sei mit 1,6 Millionen Euro (Vorjahr: 6,2 Millionen Euro) hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Den gefallenen Gewinn hatte der Vorstand der Aktiengesellschaft unter anderem mit Zahlungsausfällen nach Insolvenzen zweier Kunden begründet. "Einige Millionen Euro" habe Phenomedia dadurch "verschenkt", dass einige Produkte nicht bis zur Marktreife weiter entwickelt worden seien. Mit dem neuen Spiel "Sven das Schaf" befinde sich das Unternehmen aber wieder auf Erfolgskurs.


Quelle:   www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,192118,00.html
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