Imageschaden für IBM ist mittlerweile groß
Schwacher Osteuropa-Service belastet IBM
Von Thomas Nonnast, Handelsblatt
IBM Deutschland kommt in Deutschland unter Druck. Der Computerkonzern hat begonnen, die Auftragsabwicklung für deutsche Kunden in die Slowakei zu verlagern. Die Folge sind massive Beschwerden der Kunden. Beispiel Rechnungen: Nur nach Rückfrage sei ermittelbar, was IBM da überhaupt in Rechnung stellt, heißt es bei einem großen Systemhaus. Andere Kunden aus dem Behördenumfeld verweigern inzwischen gar die Bezahlung.
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FRANKFURT/M. IBM Deutschland kommentiere „die Situation und Details der Kundenbeziehungen nicht öffentlich“, sagt ein Sprecher. Doch nach Informationen des Handelsblatts ist die Verärgerung inzwischen so groß, dass das die deutsche Geschäftsführung noch in dieser Woche darüber entscheiden will, ob die vorgesehene Verlagerung von insgesamt rund 700 Arbeitsplätzen von Deutschland nach Bratislava gestoppt wird. Denn auch der eigene Vertrieb ist inzwischen auf den Barrikaden: „Wir haben ein Qualitätsproblem“, räumt ein IBM-Mitarbeiter ein und sieht die Verantwortung dafür beim europäischen Management und in den USA.
Drei Mrd. Dollar pro Jahr will der IT-Riese weltweit durch die Straffung des Einkaufs, der Produktion und der Auftragsabwicklung einsparen. Im Rahmen einer „Integrated Supply Chain“ will IBM dabei die Auftragsabwicklung in Europa in Madrid und im slowakischen Bratislava zusammenfassen. Die Slowakei ist derzeit vor allem wegen niedriger Löhne ein beliebter Standort.
Doch der Umbau werde auf dem Rücken der deutschen Kunden vorangetrieben, ärgert sich ein IBM- Mitarbeiter. Man könne schließlich nicht von Kunden verlangen, dass „sie sich an die Prozesse des Lieferanten anpassen“. Selbst mit einer simplen Adressänderung sei der IBM-Kundenservice mitunter überfordert, erzählt ein Mittelständler.
Der Imageschaden für IBM ist mittlerweile groß. Der weltgrößte Computerkonzern setzt in Deutschland nach Branchenschätzungen pro Jahr rund sechs Mrd. Euro um und beschäftigt 25 000 Mitarbeiter. Als Berater und Dienstleister wirbt IBM bei Behörden und Unternehmen für die Auslagerung kompletter Geschäftsprozesse an den Konzern. Durch den Umbau des eigenen Unternehmens wolle man „Kunden zeigen, was man durch den Einsatz unserer Technologie erreichen kann", sagte IBM-Supply-Chain-Spezialistin Barbara Martin im vergangenen Jahr dem Handelsblatt.
Doch nicht nur in Deutschland stößt die Billiglohnland-Strategie mittlerweile auf Widerstand. Die US-Fastfoodkette McDonald’ss beendete im Februar Verhandlungen über die Auslagerung des Finanz- und Rechnungswesens. IBM wollte 70 Prozent der Finanz- und Rechnungsbearbeitung in Offshore-Länder auslagern.
Der deutsche Vertrieb sorgt sich unterdessen um das Jahresendgeschäft. Denn die Bearbeitungszeiten, bis Bestellungen in den internen IBM-Systemen auftauchen, sind länger geworden. „Was vorher einen Werktag gedauert hat, braucht nun bis zu fünf Werktage“, schimpft ein IBM-Mitarbeiter. Sollte das Problem bis Jahresende nicht gelöst sein, fürchten Mitarbeiter um vereinbarte Umsatzziele. Denn in den letzten Tagen des Jahres werden in der IT-Branche noch einmal Millionen umgesetzt. Doch die finden möglicherweise nicht mehr rechtzeitig den Weg in die Bücher.
HANDELSBLATT, Montag, 06. Dezember 2004, 08:13 Uhr
Schwacher Osteuropa-Service belastet IBM
Von Thomas Nonnast, Handelsblatt
IBM Deutschland kommt in Deutschland unter Druck. Der Computerkonzern hat begonnen, die Auftragsabwicklung für deutsche Kunden in die Slowakei zu verlagern. Die Folge sind massive Beschwerden der Kunden. Beispiel Rechnungen: Nur nach Rückfrage sei ermittelbar, was IBM da überhaupt in Rechnung stellt, heißt es bei einem großen Systemhaus. Andere Kunden aus dem Behördenumfeld verweigern inzwischen gar die Bezahlung.
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FRANKFURT/M. IBM Deutschland kommentiere „die Situation und Details der Kundenbeziehungen nicht öffentlich“, sagt ein Sprecher. Doch nach Informationen des Handelsblatts ist die Verärgerung inzwischen so groß, dass das die deutsche Geschäftsführung noch in dieser Woche darüber entscheiden will, ob die vorgesehene Verlagerung von insgesamt rund 700 Arbeitsplätzen von Deutschland nach Bratislava gestoppt wird. Denn auch der eigene Vertrieb ist inzwischen auf den Barrikaden: „Wir haben ein Qualitätsproblem“, räumt ein IBM-Mitarbeiter ein und sieht die Verantwortung dafür beim europäischen Management und in den USA.
Drei Mrd. Dollar pro Jahr will der IT-Riese weltweit durch die Straffung des Einkaufs, der Produktion und der Auftragsabwicklung einsparen. Im Rahmen einer „Integrated Supply Chain“ will IBM dabei die Auftragsabwicklung in Europa in Madrid und im slowakischen Bratislava zusammenfassen. Die Slowakei ist derzeit vor allem wegen niedriger Löhne ein beliebter Standort.
Doch der Umbau werde auf dem Rücken der deutschen Kunden vorangetrieben, ärgert sich ein IBM- Mitarbeiter. Man könne schließlich nicht von Kunden verlangen, dass „sie sich an die Prozesse des Lieferanten anpassen“. Selbst mit einer simplen Adressänderung sei der IBM-Kundenservice mitunter überfordert, erzählt ein Mittelständler.
Der Imageschaden für IBM ist mittlerweile groß. Der weltgrößte Computerkonzern setzt in Deutschland nach Branchenschätzungen pro Jahr rund sechs Mrd. Euro um und beschäftigt 25 000 Mitarbeiter. Als Berater und Dienstleister wirbt IBM bei Behörden und Unternehmen für die Auslagerung kompletter Geschäftsprozesse an den Konzern. Durch den Umbau des eigenen Unternehmens wolle man „Kunden zeigen, was man durch den Einsatz unserer Technologie erreichen kann", sagte IBM-Supply-Chain-Spezialistin Barbara Martin im vergangenen Jahr dem Handelsblatt.
Doch nicht nur in Deutschland stößt die Billiglohnland-Strategie mittlerweile auf Widerstand. Die US-Fastfoodkette McDonald’ss beendete im Februar Verhandlungen über die Auslagerung des Finanz- und Rechnungswesens. IBM wollte 70 Prozent der Finanz- und Rechnungsbearbeitung in Offshore-Länder auslagern.
Der deutsche Vertrieb sorgt sich unterdessen um das Jahresendgeschäft. Denn die Bearbeitungszeiten, bis Bestellungen in den internen IBM-Systemen auftauchen, sind länger geworden. „Was vorher einen Werktag gedauert hat, braucht nun bis zu fünf Werktage“, schimpft ein IBM-Mitarbeiter. Sollte das Problem bis Jahresende nicht gelöst sein, fürchten Mitarbeiter um vereinbarte Umsatzziele. Denn in den letzten Tagen des Jahres werden in der IT-Branche noch einmal Millionen umgesetzt. Doch die finden möglicherweise nicht mehr rechtzeitig den Weg in die Bücher.
HANDELSBLATT, Montag, 06. Dezember 2004, 08:13 Uhr