@Pfandflasche:
"Der Markt" braucht deine genaue Stop-Order garnicht genau zu kennen. Dem Markt sind auch deine paar Aktien egal die ausgerechnet du hältst.
Was aber vorhersagbar ist ohne dass die genauen Stop-Loss-Order der Kleinanleger bekannt sind, das ist, wo die Mehrheit der Marktteilnehmer ihren Stop gesetzt hat. Denn auch wenn du denkst, du hättest deinen Stop Loss anders gesetzt als die meisten anderen, am Ende wird die große Masse der Anleger in etwa ihre Stopps im gleichen Bereich haben. Man spricht dann auch von Stop Loss-Clustern. Und diejenigen, die diese Stopps von den Anlegern einsammeln wollen, haben auch die Markterfahrung um zielsicher vorherzusagen, wo sich die Mehrheit der Stops befindet. Und die Chance ist dann groß, dass es dich mit erwischt, ganz einfach weil viele andere Anleger genauso denken werden wie du.
Und Banken, welche ja auch zu den Großanlegern gehören, haben außerdem Einblick in die Orderbücher und sehen schwarz auf weiß, wo die Stops sich befinden. Aber in Zeiten von Trading-Algorithmen ist selbst das egal, denn zumindest die Algorithmen die auf das Auslösen von Stopps getrimmt sind beinhalten meistens auch Vorhersagemodelle dazu, wo sich die Stop-Cluster befinden.
Wenn ich mich richtig erinnere, wird auf dieses Phänomen bereits in dem Buch "Why you win or lose..." hingewiesen, welches wie gesagt immerhin von 1930 ist. Selbst damals war bekannt, dass alle Marktteilnehmer, zumindest diejenigen die nicht zu den "allwissenden Großanlegern" gehören, ihre Stopps alle ähnlich setzen.
Was die Frage angeht, ob Stop Loss-Order generell sinnvoll sind, nun ja... in der Literatur liest man, dass sie Sinn machen bei kurzfristig orientierten Anlegern, und vor allem bei solchen, die viel und oft traden. Das mag durchaus stimmen und leuchtet vielleicht auch ein. Aber diese Gruppe von Anlegern hat für gewöhnlich ein ganz anderes Problem, nämlich jenes, dass sie langfristig niemals so profitabel sein werden wie jemand, der "buy and hold" als Anlagestrategie verfolgt. Und wenn ich "buy and hold" mache mit dem Ziel, dass die Aktie langfristig vielleicht mal richtig gut steigen kann, dann sollte mir üblicherweise auch egal sein, ob sie doch nochmal zehn Prozent unter meinen Einstand fällt bevor ich anfange, mit dieser Aktie doch noch Kursgewinne zu machen. Stop Loss-Order sind dann für mich einfach nicht zielführend, weil die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, dass ich per SL aus meinen Aktien rausfliege und dann die Rally ohne mich stattfindet.