Hans Bernecker: buy on bad news
Mails/Nachrichten vom 10.05.2001, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
buy on bad news wird die These der nächsten Tage werden. Das paßt zu der beschriebenen technischen Konsolidierung, die ich Ihnen bereits avisiert hatte, die jedoch noch nicht abgeschlossen ist. Der gestern beschriebene Rahmen bleibt gültig. Ich achte sehr auf die bekannten technischen Relationen, die sich gestern kaum verändert hatten, und lediglich an der Nasdaq gab es mehr gefallene als gestiegene Kurse, was jedoch nicht signifikant erscheint. Die groß aufgemachten Verluste von Cisco (2,7 Mrd $) sind Vergangenheit. Wichtig ist für Sie, wie der Markt darauf reagiert hat. Lediglich mit - 1,43 $ auf knapp unter 19 $, bei einem extrem hohen Umsatz von 103 Mio Stück und das zeigt Ihnen, daß die Luft im Wesentlichen raus ist. Zwischen 16 und 18 $ müßte die nächste Kaufbasis liegen, wenngleich ich dies von der reinen Bewertung her gesehen nach wie vor als nicht gerade preiswert einstufe. Echt bewertet liegt der richtige Cisco Kurs eher bei 12 - 14 $. Doch dies ist eine Stimmungsfrage und Cisco-Chef Chambers ist ein glänzender Kommunikator. An Cisco können Sie noch eine weitere Überlegung festmachen:
Cisco wurde 3 Jahre lang als Super-Titel schlechthin verkauft. Keiner, der sich darüber nicht extrem positiv verbreitet hat. Die geschätzten Wachstumsraten lagen alle zwischen 25 und 40 % pro Jahr für Umsatz und Gewinn. Ich war bekanntlich anderer Meinung und bleibe es: Das Cisco-Geschäft kann im Durchschnitt um bestenfalls 20 % wachsen. Das ist eine geglättete Jahresrate und gilt mehr oder weniger für alle anderen Firmen dieser Art. Es ist unwahrscheinlich, daß der Gewinn stärker wächst,
weil die Konkurrenz sehr hart ist, siehe Nortel, Corning, aber auch Lucent und sogar Alcatel bzw. Ericsson. Was für ein KGV kann eine solche Aktie wirklich "vertragen"? Mit Sicherheit kein KGV über 35. 30 wäre die absolute Obergrenze. Übertragen Sie diesen Gedanken stets auf alle Technik-Aktien, die alle vor dem gleichen Problem stehen: Angesichts ihrer Größe sind Wachstumsraten in den genannten Größen vorerst nicht drin. Damit haben Sie eine gute Leitlinie für die Betrachtung solcher Titel.
Für neue Käufe besteht heute wenig Handlungsbedarf. Ich plädiere also unverändert für eine Politik der ruhigen Hand. Laufen Sie keinen Geschichten hinterher. Ein Blue Chip der alten Klasse reagierte gestern auf meinen ebenfalls gestrigen Hinweis: Procter & Gamble. Auch hier laufen Sie bitte nicht hinterher, obwohl der Kurs mit 66,19 $ endet. Ich meine, daß Sie bei 62/64 $ noch immer eine Chance haben. Fest waren gestern Eastman Kodak bis 48,05 $. Damit liegt mein letzter Kauf für EK schon mit knapp 30 % "vorn". Auch hier meine ich, daß eine Limit-Spanne von 44/46 $ noch eine Chance haben dürfte. Deutlicher gedreht haben nun auch Dow Chemical und Du Pont mit inzwischen 38 und 46,75 $, womit die Wende komplett ist. Das klingt zwar etwas langweilig, bringt aber Gewinn.
In Deutschland fehlt ebenfalls der richtige Anstoß. "Cisco-Zahlen belasten Technologie-Werte" ist eine der heutigen Überschriften, die schlicht unsinnig sind. Was hat Cisco sachlich mit der deutschen Technologie zu tun? Gar nichts. Das Ganze drückt aus, wie ratlos die Berichterstatter sind, wenn Sie die Situation beschreiben sollen. Diese ist nämlich fundamental deutlich besser, als es scheint. Schauen Sie nur kritisch hin:
Die Technik-Werte haben das bekannte Problem, daß ich ständig beschreibe. SAP hat das größte Risiko allein aus der überkauften Marktlage heraus. Das Schwankungsrisiko reicht bis 145 E. oder sogar tiefer. Im Vergleich zu Cisco, siehe oben: Kann ein KGV von 62,4 bzw. 48,9 (per 2002) gut gehen, wenn die Umsätze nicht mehr als rd. 20 % zulegen und das Gewinnplus eher darunter als darüber liegt? Ich weiß, daß ich mich damit nicht beliebt mache, aber die Fakten bleiben eine Tatsache. Bei Infineon und Epcos haben sich diese Relationen schon weitgehend normalisiert. Die kürzliche Gewinnwarnung von Epcos ist deshalb nicht mehr von Bedeutung, siehe der erste Satz oben.
Dt. Telekom plazierte 10 Mio Stück aus dem Besitz von Sonera bei 26 E. Das zog gestern den Kurs etwas nach unten, ist jedoch nicht bedeutsam. Es bleibt bei der bisherigen Einschätzung, aber ich lege Ihnen nahe, sich mit Dt. Post näher zu beschäftigen. Lesen Sie dazu die nächste AB. Natürlich ist diese Aktie kein Renner, aber wer weit genug nach vorne schaut, entdeckt mehr. Neues Mitglied im MDAX wird ein weiterer "Deutscher", nämlich die Deutsche Börse. Das führt zu einigen Anschaffungen der Fonds, war aber schon erwartet worden. Kein Grund, sich zu engagieren.
Am Neuen Markt ist die Selektion das interessanteste Analysten-Spiel, das es im Moment in Deutschland gibt. Ich muß gestehen, daß es mir Spaß macht. Zwei bis drei weitere Aktien sind ein neuer Kauf, wobei allerdings immer wieder darauf hinzuweisen ist, daß die Volatilität der Kurse enorm bleibt. Lesen Sie sich die S. 5 der nächsten AB bitte sorgsam durch. Wer klug ist, baut sich ein solches "Paket" im Neuen Markt auf und ignoriert die Schlagzeilen, beschäftigt sich aber mit den Zahlen und Fakten.
Wie weit korrigieren Nokia und Ericsson? Diese Frage erhalte ich mindestens 50 mal pro Tag gestellt. Fast scheint es ein Glaubensbekenntnis der Deutschen zu sein, ob und wie man in Nokia investiert ist. Top-Kurs lag bei 64,80 E., das Tief bei 23,40 E. Zwischendurch erholte sich der Titel bis 39 E., akt. 35,60 E. In der laufenden Konsolidierung sind also 28 - 30 E. möglich und sogar wahrscheinlich. Für Ericsson liegt dieser Boden eher unter 60 skr gegenüber dem Tief von 51,50 skr. Auf dieser Basis können Sie ein Trading versuchen, aber ein Investment auf lange Sicht ist es nicht. Warum? Nokia hat einen Börsenwert von über 160 Mrd E. für einen Umsatz von
ca. 31 Mrd E. in diesem Jahr. Das KGV liegt über 40. Alles andere siehe oben.
In Tokio besteht kein Handlungsbedarf. Die gleiche Situation wie gestern. Ich sehe keinen Grund, Neues zu unternehmen. So bleibt mein Rat von gestern derjenige für heute: Schauen Sie zu, leisten Sie sich eine weitere Runde Golf oder einen schönen Spaziergang oder setzen Sie sich einfach auf den Boulevard, trinken einen guten Kaffee, lesen diesen Ticker und schauen den hübschen Mädchen nach.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
Mails/Nachrichten vom 10.05.2001, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
buy on bad news wird die These der nächsten Tage werden. Das paßt zu der beschriebenen technischen Konsolidierung, die ich Ihnen bereits avisiert hatte, die jedoch noch nicht abgeschlossen ist. Der gestern beschriebene Rahmen bleibt gültig. Ich achte sehr auf die bekannten technischen Relationen, die sich gestern kaum verändert hatten, und lediglich an der Nasdaq gab es mehr gefallene als gestiegene Kurse, was jedoch nicht signifikant erscheint. Die groß aufgemachten Verluste von Cisco (2,7 Mrd $) sind Vergangenheit. Wichtig ist für Sie, wie der Markt darauf reagiert hat. Lediglich mit - 1,43 $ auf knapp unter 19 $, bei einem extrem hohen Umsatz von 103 Mio Stück und das zeigt Ihnen, daß die Luft im Wesentlichen raus ist. Zwischen 16 und 18 $ müßte die nächste Kaufbasis liegen, wenngleich ich dies von der reinen Bewertung her gesehen nach wie vor als nicht gerade preiswert einstufe. Echt bewertet liegt der richtige Cisco Kurs eher bei 12 - 14 $. Doch dies ist eine Stimmungsfrage und Cisco-Chef Chambers ist ein glänzender Kommunikator. An Cisco können Sie noch eine weitere Überlegung festmachen:
Cisco wurde 3 Jahre lang als Super-Titel schlechthin verkauft. Keiner, der sich darüber nicht extrem positiv verbreitet hat. Die geschätzten Wachstumsraten lagen alle zwischen 25 und 40 % pro Jahr für Umsatz und Gewinn. Ich war bekanntlich anderer Meinung und bleibe es: Das Cisco-Geschäft kann im Durchschnitt um bestenfalls 20 % wachsen. Das ist eine geglättete Jahresrate und gilt mehr oder weniger für alle anderen Firmen dieser Art. Es ist unwahrscheinlich, daß der Gewinn stärker wächst,
weil die Konkurrenz sehr hart ist, siehe Nortel, Corning, aber auch Lucent und sogar Alcatel bzw. Ericsson. Was für ein KGV kann eine solche Aktie wirklich "vertragen"? Mit Sicherheit kein KGV über 35. 30 wäre die absolute Obergrenze. Übertragen Sie diesen Gedanken stets auf alle Technik-Aktien, die alle vor dem gleichen Problem stehen: Angesichts ihrer Größe sind Wachstumsraten in den genannten Größen vorerst nicht drin. Damit haben Sie eine gute Leitlinie für die Betrachtung solcher Titel.
Für neue Käufe besteht heute wenig Handlungsbedarf. Ich plädiere also unverändert für eine Politik der ruhigen Hand. Laufen Sie keinen Geschichten hinterher. Ein Blue Chip der alten Klasse reagierte gestern auf meinen ebenfalls gestrigen Hinweis: Procter & Gamble. Auch hier laufen Sie bitte nicht hinterher, obwohl der Kurs mit 66,19 $ endet. Ich meine, daß Sie bei 62/64 $ noch immer eine Chance haben. Fest waren gestern Eastman Kodak bis 48,05 $. Damit liegt mein letzter Kauf für EK schon mit knapp 30 % "vorn". Auch hier meine ich, daß eine Limit-Spanne von 44/46 $ noch eine Chance haben dürfte. Deutlicher gedreht haben nun auch Dow Chemical und Du Pont mit inzwischen 38 und 46,75 $, womit die Wende komplett ist. Das klingt zwar etwas langweilig, bringt aber Gewinn.
In Deutschland fehlt ebenfalls der richtige Anstoß. "Cisco-Zahlen belasten Technologie-Werte" ist eine der heutigen Überschriften, die schlicht unsinnig sind. Was hat Cisco sachlich mit der deutschen Technologie zu tun? Gar nichts. Das Ganze drückt aus, wie ratlos die Berichterstatter sind, wenn Sie die Situation beschreiben sollen. Diese ist nämlich fundamental deutlich besser, als es scheint. Schauen Sie nur kritisch hin:
Die Technik-Werte haben das bekannte Problem, daß ich ständig beschreibe. SAP hat das größte Risiko allein aus der überkauften Marktlage heraus. Das Schwankungsrisiko reicht bis 145 E. oder sogar tiefer. Im Vergleich zu Cisco, siehe oben: Kann ein KGV von 62,4 bzw. 48,9 (per 2002) gut gehen, wenn die Umsätze nicht mehr als rd. 20 % zulegen und das Gewinnplus eher darunter als darüber liegt? Ich weiß, daß ich mich damit nicht beliebt mache, aber die Fakten bleiben eine Tatsache. Bei Infineon und Epcos haben sich diese Relationen schon weitgehend normalisiert. Die kürzliche Gewinnwarnung von Epcos ist deshalb nicht mehr von Bedeutung, siehe der erste Satz oben.
Dt. Telekom plazierte 10 Mio Stück aus dem Besitz von Sonera bei 26 E. Das zog gestern den Kurs etwas nach unten, ist jedoch nicht bedeutsam. Es bleibt bei der bisherigen Einschätzung, aber ich lege Ihnen nahe, sich mit Dt. Post näher zu beschäftigen. Lesen Sie dazu die nächste AB. Natürlich ist diese Aktie kein Renner, aber wer weit genug nach vorne schaut, entdeckt mehr. Neues Mitglied im MDAX wird ein weiterer "Deutscher", nämlich die Deutsche Börse. Das führt zu einigen Anschaffungen der Fonds, war aber schon erwartet worden. Kein Grund, sich zu engagieren.
Am Neuen Markt ist die Selektion das interessanteste Analysten-Spiel, das es im Moment in Deutschland gibt. Ich muß gestehen, daß es mir Spaß macht. Zwei bis drei weitere Aktien sind ein neuer Kauf, wobei allerdings immer wieder darauf hinzuweisen ist, daß die Volatilität der Kurse enorm bleibt. Lesen Sie sich die S. 5 der nächsten AB bitte sorgsam durch. Wer klug ist, baut sich ein solches "Paket" im Neuen Markt auf und ignoriert die Schlagzeilen, beschäftigt sich aber mit den Zahlen und Fakten.
Wie weit korrigieren Nokia und Ericsson? Diese Frage erhalte ich mindestens 50 mal pro Tag gestellt. Fast scheint es ein Glaubensbekenntnis der Deutschen zu sein, ob und wie man in Nokia investiert ist. Top-Kurs lag bei 64,80 E., das Tief bei 23,40 E. Zwischendurch erholte sich der Titel bis 39 E., akt. 35,60 E. In der laufenden Konsolidierung sind also 28 - 30 E. möglich und sogar wahrscheinlich. Für Ericsson liegt dieser Boden eher unter 60 skr gegenüber dem Tief von 51,50 skr. Auf dieser Basis können Sie ein Trading versuchen, aber ein Investment auf lange Sicht ist es nicht. Warum? Nokia hat einen Börsenwert von über 160 Mrd E. für einen Umsatz von
ca. 31 Mrd E. in diesem Jahr. Das KGV liegt über 40. Alles andere siehe oben.
In Tokio besteht kein Handlungsbedarf. Die gleiche Situation wie gestern. Ich sehe keinen Grund, Neues zu unternehmen. So bleibt mein Rat von gestern derjenige für heute: Schauen Sie zu, leisten Sie sich eine weitere Runde Golf oder einen schönen Spaziergang oder setzen Sie sich einfach auf den Boulevard, trinken einen guten Kaffee, lesen diesen Ticker und schauen den hübschen Mädchen nach.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker