New York unter Schock
"Die Autos fahren über Leichen"
Den Rettungskräften in New York bot sich einen Tag nach den Terrorangriffen ein Bild des Schreckens: Leichenteile waren überall verstreut, die ehemals 110 Stockwerke hohen majestätischen Zwillingstürme lagen in Trümmern. Bürgermeister Rudolph Giuliani sagte, in den Krankenhäusern seien bis Dienstagabend rund 1.100 Menschen behandelt worden.
Doch die meisten Opfer lagen noch unter den fünf Stockwerke aufragenden Schuttbergen, ihre genaue Zahl wird wahrscheinlich erst in einigen Wochen bekannt werden. In der Stunde der Not rücken die Amerikaner zusammen: Im ganzen Land spendeten Menschen Blut, Ärzte und Rettungssanitäter boten ihre Hilfe an.
"Es ist ein unvorstellbares, schreckliches, unbeschreibliches Blutbad", sagte der Feuerwehrmann Scott O'Grady. "Von einem Kriegsgebiet zu sprechen und zu sagen, dass Leichen auf den Straßen liegen, würde nicht annähernd beschreiben, wie es ist." Die ganze Nacht hindurch brachten Fähren Leichen über den Fluss Hudson, wie ein Sprecher der Behörden in New Jersey erklärte.
Drei Taxiunternehmen entfernten die Sitze aus ihren Fahrzeugen, um beim Transport der Toten zu helfen. "Ich weiß nicht mehr, wie viele Tote ich gesehen habe", sagte Feuerwehrmann Rudy Weindler, der fast zwölf Stunden nach Überlebenden suchte. Er fand nur vier.
Der Sanitäter Louis Garcia berichtete: "Die Autos fahren über die Leichen, weil sie einfach überall sind. Es liefen Menschen auf uns zu, die waren vollkommen verbrannt." Die Behörden erklärten, rund 300 Feuerwehrleute und Dutzende Polizisten würden vermisst. Sie waren nach den Flugzeugangriffen in die Bürogebäude gelaufen, um die dort Eingeschlossenen zu retten. Dann stürzte die Konstruktion aus Stahl und Beton in sich zusammen.
Telefonanrufe von Eingeschlossenen
Die Trümmer des World Trade Centers standen auch am Mittwoch noch in Flammen. Wegen der starken Rauchentwicklung und der großen Hitze konnten Rettungskräfte dort noch nicht nach Überlebenden suchen. Bürgermeister Giuliani sagte, die Polizei habe Telefonanrufe von Eingeschlossenen erhalten. "Da sind noch Menschen am Leben", erklärte er. "Wir werden versuchen, so viele wie möglich zu bergen."
Mehr als 30 Meter hohe Kräne und Planierraupen wurden in die Stadt gebracht. Die Behörden schätzen, dass sich etwa 10.000 bis 20.000 Menschen im World Trade Center aufhielten, als das erste Flugzeug in einen der Türme einschlug. Danach seien viele geflüchtet, bevor beide Türme einstürzten.
Die bereits Geretteten waren mit grauer Asche bedeckt. Fremde machten sich auf den Straßen gegenseitig Mut. Einige waren angesichts der Ereignisse sprachlos, andere schrien hysterisch. Augenzeugen berichteten, sie hätten Menschen aus den Fenstern der brennenden Zwillingstürme springen sehen. "Ich muss tausende Leichenteile gesehen haben", sagte Angelo Otchy, der sich freiwillig meldete, um bei den Rettungsarbeiten zu helfen. Im ganzen Land reagierten die Amerikaner geschockt auf die Anschläge, doch überall waren Bürger bereit zu helfen. "Ich musste einfach etwas tun, darum bin ich hier", sagte Steve Forslund, der im US-Staat Massachusetts Blut spendete. "Ich war zu aufgewühlt, um einfach nur dazusitzen."
Blutspendeaktionen im gesamten Land
Vor einer mobilen Blutbank in Tampa in Florida standen 750 Menschen Schlange, in Denver (Colorado) mussten die Bürger sechs Stunden warten, wenn sie Blut spenden wollten. In San Francisco gehörte auch der Schauspieler Robin Williams zu den Blutspendern. In Phoenix wurden etwa 400 Spendewillige nach Hause geschickt, weil nicht genügend Personal vorhanden war. Schiffsladungen mit Blut aus allen Landesteilen wurden in New York erwartet.
Auch in New York selbst bestätigte sich das oft gehörte Vorurteil von den kaltherzigen Bürgern nicht. Auch hier wollten Tausende Blut spenden. Viele halfen älteren Menschen, die ihre Häuser verlassen wollten, andere boten Fremden Wasser an. Als ein Hotel in der Nähe des Fährlandungsstegs überfüllt war, öffnete ein luxuriöser Appartementkomplex nebenan seine Türen und bot den aus New York Geflüchteten etwas zu Essen und einen Platz zum Schlafen an.
Der Besitzer des Gebäudes, Rod Mason, verteilte kostenlos Kaffee. "Ich weiß nicht, was wir sonst tun können", sagte er. "Wir fühlen uns wie alle anderen in Amerika einfach hilfslos."
Von AP-Korrespondentin Beth Harpaz
© n-tv.de cnn.de 2001 Alle Rechte vorbehalten
www.n-tv.de/2473713.html
"Die Autos fahren über Leichen"
Den Rettungskräften in New York bot sich einen Tag nach den Terrorangriffen ein Bild des Schreckens: Leichenteile waren überall verstreut, die ehemals 110 Stockwerke hohen majestätischen Zwillingstürme lagen in Trümmern. Bürgermeister Rudolph Giuliani sagte, in den Krankenhäusern seien bis Dienstagabend rund 1.100 Menschen behandelt worden.
Doch die meisten Opfer lagen noch unter den fünf Stockwerke aufragenden Schuttbergen, ihre genaue Zahl wird wahrscheinlich erst in einigen Wochen bekannt werden. In der Stunde der Not rücken die Amerikaner zusammen: Im ganzen Land spendeten Menschen Blut, Ärzte und Rettungssanitäter boten ihre Hilfe an.
"Es ist ein unvorstellbares, schreckliches, unbeschreibliches Blutbad", sagte der Feuerwehrmann Scott O'Grady. "Von einem Kriegsgebiet zu sprechen und zu sagen, dass Leichen auf den Straßen liegen, würde nicht annähernd beschreiben, wie es ist." Die ganze Nacht hindurch brachten Fähren Leichen über den Fluss Hudson, wie ein Sprecher der Behörden in New Jersey erklärte.
Drei Taxiunternehmen entfernten die Sitze aus ihren Fahrzeugen, um beim Transport der Toten zu helfen. "Ich weiß nicht mehr, wie viele Tote ich gesehen habe", sagte Feuerwehrmann Rudy Weindler, der fast zwölf Stunden nach Überlebenden suchte. Er fand nur vier.
Der Sanitäter Louis Garcia berichtete: "Die Autos fahren über die Leichen, weil sie einfach überall sind. Es liefen Menschen auf uns zu, die waren vollkommen verbrannt." Die Behörden erklärten, rund 300 Feuerwehrleute und Dutzende Polizisten würden vermisst. Sie waren nach den Flugzeugangriffen in die Bürogebäude gelaufen, um die dort Eingeschlossenen zu retten. Dann stürzte die Konstruktion aus Stahl und Beton in sich zusammen.
Telefonanrufe von Eingeschlossenen
Die Trümmer des World Trade Centers standen auch am Mittwoch noch in Flammen. Wegen der starken Rauchentwicklung und der großen Hitze konnten Rettungskräfte dort noch nicht nach Überlebenden suchen. Bürgermeister Giuliani sagte, die Polizei habe Telefonanrufe von Eingeschlossenen erhalten. "Da sind noch Menschen am Leben", erklärte er. "Wir werden versuchen, so viele wie möglich zu bergen."
Mehr als 30 Meter hohe Kräne und Planierraupen wurden in die Stadt gebracht. Die Behörden schätzen, dass sich etwa 10.000 bis 20.000 Menschen im World Trade Center aufhielten, als das erste Flugzeug in einen der Türme einschlug. Danach seien viele geflüchtet, bevor beide Türme einstürzten.
Die bereits Geretteten waren mit grauer Asche bedeckt. Fremde machten sich auf den Straßen gegenseitig Mut. Einige waren angesichts der Ereignisse sprachlos, andere schrien hysterisch. Augenzeugen berichteten, sie hätten Menschen aus den Fenstern der brennenden Zwillingstürme springen sehen. "Ich muss tausende Leichenteile gesehen haben", sagte Angelo Otchy, der sich freiwillig meldete, um bei den Rettungsarbeiten zu helfen. Im ganzen Land reagierten die Amerikaner geschockt auf die Anschläge, doch überall waren Bürger bereit zu helfen. "Ich musste einfach etwas tun, darum bin ich hier", sagte Steve Forslund, der im US-Staat Massachusetts Blut spendete. "Ich war zu aufgewühlt, um einfach nur dazusitzen."
Blutspendeaktionen im gesamten Land
Vor einer mobilen Blutbank in Tampa in Florida standen 750 Menschen Schlange, in Denver (Colorado) mussten die Bürger sechs Stunden warten, wenn sie Blut spenden wollten. In San Francisco gehörte auch der Schauspieler Robin Williams zu den Blutspendern. In Phoenix wurden etwa 400 Spendewillige nach Hause geschickt, weil nicht genügend Personal vorhanden war. Schiffsladungen mit Blut aus allen Landesteilen wurden in New York erwartet.
Auch in New York selbst bestätigte sich das oft gehörte Vorurteil von den kaltherzigen Bürgern nicht. Auch hier wollten Tausende Blut spenden. Viele halfen älteren Menschen, die ihre Häuser verlassen wollten, andere boten Fremden Wasser an. Als ein Hotel in der Nähe des Fährlandungsstegs überfüllt war, öffnete ein luxuriöser Appartementkomplex nebenan seine Türen und bot den aus New York Geflüchteten etwas zu Essen und einen Platz zum Schlafen an.
Der Besitzer des Gebäudes, Rod Mason, verteilte kostenlos Kaffee. "Ich weiß nicht, was wir sonst tun können", sagte er. "Wir fühlen uns wie alle anderen in Amerika einfach hilfslos."
Von AP-Korrespondentin Beth Harpaz
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