Wohin man blickt: Filz und Korruption Liste betroffener Kommunen immer länger
Düsseldorf. Für den SPD-Landesvorsitzenden Schartau kommt es in diesen Tagen knüppeldick. Wohin er blickt: Filz, Korruption, Spenden-Affären, Müll-Skandale. Köln, Wuppertal, Recklinghausen, Bielefeld . . .
Die Liste der betroffenen Kommunen wird immer länger. "Es ist zum Heulen", klagte einer aus der engsten SPD-Führung verbittert. Auf dem morgigen Landesparteitag in Düsseldorf droht ein Proteststurm der Basis. Zu frisch sind die Erinnerungen an die SPD-Filz-Skandale im Ruhrgebiet, die die Sozialdemokraten bei den Kommunalwahlen 1999 im einst "roten Revier" in ein totales Desaster geführt hatten.
Während Schartau & Co. sich gestern verzweifelt bemühten, den politischen Scherbenhaufen durch die Kölner Müll- und Schmiergeld-Affäre zu begrenzen, schlug der neue Korruptions-Fall Wuppertal bei den Genossen wie eine Bombe ein. Die Büros des Wuppertaler Oberbürgermeisters Hans Kremendahl (SPD) und seines Unterbezirks-Geschäftsführers wurden durchsucht: Verdacht der Vorteilsnahme. Der Bauunternehmer Uwe Clees soll Kremdendahl im Wahlkampf 1999 mit 500 000 Mark Spenden "gestützt" haben. Es gebe Anhaltspunkte, dass Clees den Oberbürgermeister durch Spenden bei der Vergabe von Hochbauprojekten beeinflussen wollte, hieß es bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal. Außerdem soll ein SPD-Planungsexperte im Wuppertaler Stadtrat 70 000 Euro Schmiergeld kassiert haben - zur Förderung von Bauprojekten.
In der Kölner Schmiergeld-Affäre hat der Hauptstrippenzieher Rüther (SPD) eingeräumt, in der Schweiz von einem Manager des Gummersbacher Anlagenbauers Steinmüller 36 000 Euro in einem Briefumschlag kassiert zu haben. Der Korruptionsverdacht erhärtet sich: Steinmüller baute die fast eine Milliarde Mark teure Müllverbrennungsanlage. Ex-Oberbürgermeister und Rüther-Ziehvater Klaus Heugel (SPD), lange Jahre Aufsichtsratschef der zuständigen Abfallverwertungs-Gesellschaft AVG und später wegen illegaler Aktien-Geschäfte aus dem Verkehr gezogen, soll - laut Rüther - von illegalen Spenden in Höhe von 424 000 Euro gewusst haben, die gestückelt über 42 Strohleute in die Parteikasse geschmuggelt wurden. Die Justiz ermittelt.
In Recklinghausen legte SPD-Parteichef Peter Rausch am Mittwoch alle Ämter nieder, weil die Staatsanwaltschaft wegen Bestechlichkeit und Untreue ermittelt. Die Wohnungsbau- und Betreuungsgesellschaft (WBG) sowie die Wohnungsgeselschaft (WG) Recklinghausen haben Rausch fristlos gekündigt. Es besteht ein Anfangsverdacht wegen Untreue und Bestechlichkeit - Firmen, denen Rausch Aufträge beschaffte, sollen sein Privathaus gebaut haben . . .
In Dortmund hatte sich der OB-Kandidat der SPD vor der Kommunalwahl 1999 für 70 000 Mark das künftige Büro umbauen lassen, in Gelsenkirchen erweiterte der damalige SPD-OB Dieter Rauer eigenmächtig sein Grundstück. Filz, Affären - wohin man blickt. In Bielefeld ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Günter Rixe wegen des Verdachts, in den 90er Jahren bei Baumaßnahmen Schmiergelder von rund 500 000 Mark kassiert zu haben. Nach zwei Monaten U-Haft ist Rixe gegen Stellung einer Bürgschaft vorläufig wieder auf freiem Fuß.
Der Kölner Soziologe Erwin Scheuch sieht die Ursache für Korruption und Filz in einem zu engen und lange gewachsenen Beziehungsgeflecht von Partei und Wirtschaftsunternehmen. Der Kölner SPD-Fraktionschef Heinz Lüttgen gab ein Beispiel für die eingeschränkte Fähigkeit zur Selbstkritik: Er warf der vom Spendensumpf scho-ckierten SPD-Landesspitze um Schartau vor, eine "Hexenjagd" gegen die Kölner Genossen zu führen. Müll-Container des Abfallbeseitigers Trienekens in der Nähe des Kölner Domes. Der Parteispenden-Müllskandal soll mit Zahlungen des Unternehmens an die örtliche SPD begonnen haben. (ap)