Deutsche Börse diskutiert wieder über kürzere Handelszeiten
Frankfurt (vwd) - Seit Freitag wird wieder über eine verkürzte
Handelszeit am deutschen Aktienmarkt diskutiert. Der Grund: Die Deutsche
Börse hat nach Angaben der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" signalisiert,
dass sie nun doch zu Gesprächen über eine Änderung der Schlusszeiten bereit
ist. Bisher hatte sie auf dem Handel bis 20 Uhr beharrt. Ihre Argumente seit
der Einführung 1999 sind die Internationalisierung der Finanzmärkte und der
verstärkte Wettbewerb unter den europäischen Börsenplätzen. So hat
Deutschland heute mit die längsten Handelszeiten in Europa. Der Grund für
den Sinneswandel soll die anhaltende Kritik vor allem von Bankenseite sein,
heißt es in dem Artikel.
Händler zufolge haben die Umsätze insgesamt nicht so stark angezogen, wie
erwartet wurde. Umsätze speziell in US-Aktien werden weiterhin an der
Heimatbörse plaziert, größere Marktanteile konnten nicht dazugewonnen
werden. Befürworter einer verkürzten Handelzeit seien nun die Banken, die
mit den verlängerten Handelszeiten ihre Personalkosten im Handel und auch in
dem Back Office in die Höhe geschraubt haben, heißt es. Das gilt allerdings
nicht für alle Kreditinstitute: Bei internationalen Handelshäusern haben
institutionelle Kunden derzeit schon die Möglichkeit, bis 22.00 Uhr zu
handeln. Zukunftsmusik ist dort der 24-Stunden-Handel rund um den Globus, an
dessen Umsetzung noch gearbeitet wird.
Nachteile auf Grund kürzerer Handelszeiten haben nach Einschätzung von
Fachleuten vor allem die Privatanleger: So würde ihnen die Verkürzung der
Handelszeit zum Beispiel bis um 17.30 Uhr die Möglichkeit nehmen, ihre
Börsenaufträge nach Feierabend zu platzieren. Das sei für diese aber
offenbar besonders wichtig: An der Ordergröße ist zu erkennen, dass am
frühen Abend hauptsächlich Aufträge von Privatanlegern eingehen, sagt ein
Makler. Deshalb dürfte es auch innerhalb der Bankenszene, zum Beispiel bei
den Direktbanken, Widerstand gegen eine Verkürzung der Handelszeiten geben.
Denn diese hängen sehr stark von dieser Klientel ab.
In der Händlerschaft hatte die Ausssicht auf kürzere Arbeitszeiten am
Morgen noch zu Begeisterung geführt. Im Laufe des Tages kehrte dann jedoch
wieder Ernüchterung ein. Schließlich seien die Tagesabläufe unabhängig von
den Handelszeiten der Börse heute so ausgedehnt, das sie nur in einem
Schichtbetrieb zu bewerkstelligen seien. Händler sehen daher einer
Entscheidung gelassen entgegen, meint ein Marktteilnehmer.
Und einige denken sogar an eine Ausweitung der Handelszeiten: An der
Stuttgarter Börse sind die Pläne für eine noch längere Börsenhandelszeit
noch nicht vom Tisch. Denn speziell im Bereich der Euwax, dem Marktsegment
für Optionsscheine, werden von Emittentenseite handelbare Kurse für
Optionsscheine derzeit schon bis 22.00 Uhr gestellt. Speziell hier ist es
für die Privatanleger von großem Interesse, zu Zeiten handeln zu können, an
denen die zugrundeliegenden US-Aktien gehandelt werden. +++ Thomas Leppert
vwd/7.12.2001/tl/sst/ros