Niedrige Volatilität deutet auf einige große Bewegungen am Markt hin!
Viele Kommentatoren haben kürzlich darauf hingewiesen, dass die Volatilität beim Anleihen- sowie beim Aktienmarkt weltweit ungewöhnlich niedrig ist und dass das aktuelle niedrige Niveau der Volatilität große Marktbewegungen entstehen lassen wird.
Finanzexperten erwarten ebenso, dass diese Bewegungen am Finanzmarkt wahrscheinlich nach unten gehen. Und während ich eher damit übereinstimme, dass die Volatilität früher oder später steigen wird, muss eine steigende Volatilität nicht zwangsläufig von selbst dazu führen, dass wachsende Volatilität zu Sell-Offs am Markt führen wird.
Wie ein Beispiel, dass extreme niedrige Volatilität am Anleihenmarkt Anfang 1987 zeigte, führte diese zu einem rapiden Ausverkauf bei den Anleihenpreisen und steigenden langfristigen Anleihenzinsen von 7,14 % auf 10,23 % (Die Anleihenpreise bildeten eine Woche vor dem Aktienmarkt Crash am 19. Oktober einen Boden).
Umgekehrt wurde die niedrige Volatilität im April 1998 von stark steigenden Anleihenkursen gefolgt. Die Zinsen von 10jährigen Regierungsanleihen fielen von 7,11 % auf 4,11 % und bildeten einen Boden, im September 1998, beim Erwachen der LTCM Krise.
Somit deutet jede niedrige Volatilität darauf hin, dass eine „große Bewegung“ im kommen ist, aber sie sagt nichts über die Richtung der nächsten Bewegung aus. Heute, im Fall des weltweiten Aktienmarktes haben wir eine rekordverdächtig niedrige Volatilität und im Fall der USA, bewegt sich der VIX Volatilitätsindex um ein 10jahres Tief.
Tatsächlich liegt die implizierte Volatilität augenblicklich weit unter dem Durchschnitt der letzten 10 Jahren. Somit ist alles was wir sagen können, dass innerhalb der nächsten paar Monate eine große Aktienmarktbewegung erwartet werden kann, nach Oben oder Unten.
Die Frage ist jedoch offensichtlich, ob eine Bewegung aufwärts oder abwärts beim Aktien- und Anleihenmarkt wahrscheinlicher ist. Bei den Aktien lassen die meisten Indikatoren darauf schließen, dass die nächste große Bewegung nach unten führen wird.
Finanzinstitute verfügen über rekordverdächtig viel Liquidität, also bleibt dort nur noch wenig Kaufkraft. Insider verkaufen weiterhin in großen Mengen. Die Öffentlichkeit und die Fondsmanager sind sehr optimistisch für die Aussichten beim Aktienmarkt – ein Kontraindikator, welcher eher auf einen Ausverkauf bei Sell-Off bei Aktien hinweist.
Liquiditätsverschärfung
Des Weiteren verschärft sich die globale Liquiditätssituation. Am Beginn des Jahres zeigte ich, dass das Geldangebot zurückgegangen ist. Meine Freunde bei Gavekal Research stellten einen globalen Geldindikator zusammen, welcher knappere globale Liquidität anzeigt, die gewöhnlich nicht sehr günstig für die Finanzmärkte ist.
In den Augen der Amerikanischen Federal Reserve scheint die US-Wirtschaft zu laufen (es ist nicht so – schauen Sie nur auf GM) und, daher ist es wahrscheinlich, dass die Fed damit fortfährt die kurzfristigen Zinsen zu erhöhen – falls die US-Wirtschaft nicht wieder plötzlich einbricht.
Daher sollten wir kurzfristige Zinsen und knappere Liquidität für die vorsehbare Zukunft in betracht ziehen, welche nicht positiv für Aktien sein sollten.
Zugegebenermaßen begann der S&P eine neuerliche Erholung in der ersten Märzwoche, aber die Stärke konzentrierte sich bei Energie- und Grundstoffaktien während Finanzwerte sich schlecht entwickelten. Wenn sich normalerweise Finanzwerte schlecht entwickeln während Ölwerte Stärke zeigen, befindet sich der Markt im letzten Stadium des Bullenmarktes.
Zusätzlich neigen die Aktienmärkte dazu – nach ihrer kürzlich erneuerten Stärke – überkauft zu sein. Dies würde speziell auf die Emerging Markets zutreffen, einige von denen welche bereits eine vertikale Aufwärtsbewegung hinter sich haben. Zur gleichen Zeit befinden sich die Spreads bei Unternehmensanleihen auf einem Rekordtief, welche breite Selbstgefälligkeit über das Risiko ausstrahlen.
Soweit man die Aktienmärkte betrachtet, ist es alles in allem wahrscheinlicher, dass die steigende Volatilität den Weg für eine mögliche Abwärtsbewegung frei machen wird.
Bei den Anleihen ist das Bild trüber, da bullische Stimmung bei Anleihen sich eher an die bärische Seite lehnt. Anleihen scheinen verwundbar zu sein wenn entweder das Wirtschaftswachstum nach oben überrascht oder als „sichtbarer“ Inflationsbeschleuniger.
Mit „sichtbarer Inflation“ meine ich Inflation die sich nicht nur in Anlagemärkten wie Immobilien, Aktien, Kunst und Rohstoffen zeigen würde, sondern durch rapid steigenden Konsumentenpreisinflation, welche im Augenblick durch statistische Anomalien künstlich niedrig gehalten wird.
Anleihen fallen
Daher lehne ich mich an den Ausblick, dass die nächste „große Bewegung“ bei den Anleihenkursen, durch das Risiko von höherer Inflation und höheren kurzfristigen Zinsen, eher nach unten angemessen wäre. Es ist unnötig anzumerken, dass steigende kurz- und langfristige Zinsen nicht günstig für den Immobilienmarkt wären.
Ich habe die Verwundbarkeit von sub-prime Gläubigern zuvor hervorgehoben. Robert Prechter erstellte kürzlich eine Wert eines sub-prime Gläubiger Index, welche die Aktienmarktentwicklung von einigen sub-prime Gläubiger Unternehmen misst.
Tatsächlich scheinen alle Finanzinstitute inklusive Fannie Mae, und Hypotheken, Kreditkarten und sub prime Gläubigern, und unter Voraussetzung von finanzieller Garantierter Produkte wie Capital One Financial (COF), Countrywide Financial (CFC), Accredited Home Lenders (LEND), New Century Financial Corp (NEW), MBIA Inc. (MBI), MBNA (KRB) umzukippen. JP Morgan Chase (JPM) – starkem Risiko von Derivaten ausgesetzt – entwickelt sich auch nicht gut.
Wie zuvor beobachtet ist Stärke bei Ölaktien und Schwäche bei Finanzwerten gewöhnlich kein speziell günstiges Omen für die Aktienmärkte. Zusätzlich dazu ist Schwäche bei den Aktien von Hypothekengebern kein positiver Indikator für die Immobilienindustrie. Wir haben einige dieser oben erwähnten Finanzaktien leerverkauft und wir werden versuchen die Hausbauer bei jedem Anzeichen von Schwäche von der short Seite anzugreifen.
Wie man anhand der oben angegebenen Zahlen sehen kann, hat sich der S&P Homebuilding Index seit 2000 verzehnfacht und scheint extrem überspannt zu werden. Dies beleuchtete ich speziell in Hinblick auf die Schwäche der Finanzaktien.
Was ist mit Industrierohstoffen? Es gibt eine enge Korrelation zwischen Foreign Official Dollar Reserves (FODOR) und Crude Oil Nachfrage (dieselbe Korrelation existiert zwischen Foreign Official Dollar Reserves und den Preisen für Industrierohstoffe).
Das Wachstum der FODOR ist rückläufig, welches das Argument der knappen Liquidität, das ich oben tätigte, bestätigt. Und da es eine enge Korrelation zwischen Ölnachfrage und Industrierohstoffen gibt, würde ich annehmen, dass unter normalen Umständen Öl und andere Rohstoffpreise sich in der nahen Zukunft verlangsamen werden.
Ich betone unter “normale Umständen”, weil die Ölpreise weiter viel weiter steigen könnten, falls die geopolitischen Spannungen steigen. Im speziellen sind Luftangriffe auf den Iran und Syrien zu einer deutlichen Möglichkeit geworden und könnten zu steigenden Preisen führen. Ich muss auch zugeben, dass der Kupferpreis kürzlich aus seinem jährlichen Trading Range nach oben ausgebrochen ist.
Getreide sieht viel versprechend aus
Jedoch ist der Ausbruch nicht sehr befriedigend und könnte sich möglicherweise als eine falsche Ausbruchsbewegung herausstellen. Ich möchte ebenso hinzufügen, dass wenn sich das FODOR Wachstum verlangsamt, der US-Dollar zur Stärke tendiert. Während ich bei Industrierohstoffen vorsichtig bleibe, behalte ich meine positive Haltung für das Getreide bei, über die wir vor einem Monat geschrieben haben. Weizen, Mais und Sojabohnen haben kürzlich alle viel Stärke gezeigt und wir würden jede Schwäche als seine Kaufgelegenheit nützten.
Ich habe zuvor erwähnt, dass seit Oktober 2003 alle Assetklassen inklusive Aktien, Anleihen, Kunst, Rohstoffe und Immobilien im Gleichtakt inflationiert wurden. Im gleichen Zeitraum sind die Volatilität und die Anleihenspreads auf ein solch noch nie da gewesenes Tief gefallen, während die Stimmung zwischen den Investoren entweder sehr bullisch oder letztendlich sogar extrem selbstgefällig ist. Dies würde für mich heißen, dass die Risiken gestiegen sind und, dass die nächste „große Bewegung“ am Anlagemarkt abwährts gehen könnte.
Zum Abschluss sollten wir nicht vergessen, dass der Januar in den USA ein Verlustmonat für die Aktienmärkte war, was gewöhnlich ein sehr verlässlicher Indikator für die Marktrichtung innerhalb des Jahres ist. Während ich somit Erholungspotential für die US-Aktienmärkte bis Mitte April einräume, könnte das limitierte Aufwärtspotential zu einem Zeitpunkt den Startschuss für einen starken Anstieg der Abwärtsvolatilität geben.
Folglich würde das beschränkte kurzfristige Aufwärtspotential das möglicherweise in den Anlagemärkten immer noch existiert, die hohen Risiken beim Kauf von US-Aktien und anderen sehr stark überspannten Anlageklassen (Immobilien in den USA und Industrierohstoffe) an diesem Punkt, meiner Meinung nach kaum rechtfertigen.
© Dr. Marc Faber 2005