Mit neuen Regeln will die Börse das Image des Neuen Markts retten. Doch der Schnellschuss könnte nach hinten losgehen.
Es ging flotter als erwartet. Nur Tage nach Beginn der öffentlichen Diskussion um den Niedergang des Neuen Markts reagierte die Börse: Pennystocks sollen verschwinden. »Damit wollen wir das Profil des Marktes schärfen«, erläuterte Börsenvorstand Volker Potthoff.
Dies wird wohl kaum gelingen. Anlegerschützer und Institutionelle hatten weiter gehende Reformen gefordert: drastische Strafen für Täuscher, mehr Transparenz bei Verkäufen von Vorständen und ihren Familien, längere Haltefristen. Mit den jetzt hastig beschlossenen Delisting-Regeln erreicht Potthoff vermutlich sogar das Gegenteil von dem, was er sich erhofft. Statt das ramponierte Image des Marktsegments aufzubessern, schafft die Deutsche Börse AG neue Möglichkeiten zur Spekulation mit Billigaktien.
Spieler-Papiere. Um den Rauswurf zu verhindern, werden bedrohte Unternehmen künftig Einfluss auf ihren Kurs nehmen – im Verbund mit Großaktionären und Börsenzockern. »Jetzt beginnt die Spekulation richtig«, befürchtet Wassili Papas, Fondsmanager für Wachstumswerte bei Union Investment. Hintergrund: Unternehmen werden dem Delisting vorbauen.
Ausgeschlossen werden nur Gesellschaften, deren Aktienkurs an 30 aufeinander folgenden Börsentagen unter einem Euro notiert und deren Börsenwert gleichzeitig 20 Millionen Euro unterschreitet. Wer unter diese Grenzen rutscht, wandert für 90 Börsentage auf eine Beobachtungsliste. Kommen dann Kurs und Börsenwert an mindestens 15 folgenden Börsentagen wieder über die Grenzen, ist der Rauswurf verhindert.
Viele Vorstände werden versuchen, gar nicht erst ins Visier der Börse zu geraten. Ihre Chance: Sie müssen nur bei einem der beiden Kriterien die Unterschreitung des Grenzwerts verhindern. Dazu haben sie mehrere Möglichkeiten (s. Kasten rechts). »Spannend wird es, wenn Kurs und Börsenwert nahe an den beiden Grenzen liegen«, sagt Jochen Mathée, Fondsmanager bei Invesco.
Einfachster Trick: ein so genannter Reverse Split. Selbst Unternehmen mit sehr niedrigem Börsenwert wie der CallCenter-Betreiber Camelot könnten ihre Aktien im Verhältnis 1:2 zusammenlegen. Konsequenz: Der Kurs verdoppelt und befindet sich anschließend im sicheren Terrain – bei Camelot rund 50 Prozent über der Ein-Euro-Grenze.
Liegt der Kurs knapp unter einem Euro, kommt ein Aktienrückkaufprogramm in Frage. So könnte der Medienwert F.A.M.E. den Kurs über die Hürde hieven.
In der Praxis dürften derlei Tricks häufig an mangelnden Geldmitteln oder fehlender Genehmigung durch die Hauptversammlung scheitern. Wahrscheinlicher ist die Kurspflege durch Großaktionäre. So verspricht etwa Torsten Weihrich, Investor-Relations-Manager des Medienunternehmens RTV, schon jetzt: »Wenn wir tatsächlich einmal mehrere Tage unter einem Euro notieren sollten, wird unsere Muttergesellschaft Aktien nachkaufen.« Mutter Ravensburger hält knapp 60 Prozent der RTV-Anteile.
Neue Allianzen. Die Mehrheitsgesellschafter dürfen bei ihrer Kurspflege auf die Unterstützung durch Börsenzocker hoffen. Beim niedrigen Börsenwert der Billigaktien reichen schon bescheidene Summen für Kurssprünge. Die Gefahr für Anleger, die mitspielen wollen: Stoppen die Käufe, bricht der Kurs schnell wieder zusammen.
Wer langfristig Vermö gen aufbauen will, sollte deshalb Pennystocks besser meiden. »Mit Taschenspielertricks lässt sich der Kurs nur kurzfristig beeinflussen«, warnt Fondsmanager Mathée. Langfristig zähle nur Substanz. Fehlt sie, droht früher oder später ohnehin das Aus – mit und ohne Delisting-Regeln.
Quelle; Focus-money.de
Es ging flotter als erwartet. Nur Tage nach Beginn der öffentlichen Diskussion um den Niedergang des Neuen Markts reagierte die Börse: Pennystocks sollen verschwinden. »Damit wollen wir das Profil des Marktes schärfen«, erläuterte Börsenvorstand Volker Potthoff.
Dies wird wohl kaum gelingen. Anlegerschützer und Institutionelle hatten weiter gehende Reformen gefordert: drastische Strafen für Täuscher, mehr Transparenz bei Verkäufen von Vorständen und ihren Familien, längere Haltefristen. Mit den jetzt hastig beschlossenen Delisting-Regeln erreicht Potthoff vermutlich sogar das Gegenteil von dem, was er sich erhofft. Statt das ramponierte Image des Marktsegments aufzubessern, schafft die Deutsche Börse AG neue Möglichkeiten zur Spekulation mit Billigaktien.
Spieler-Papiere. Um den Rauswurf zu verhindern, werden bedrohte Unternehmen künftig Einfluss auf ihren Kurs nehmen – im Verbund mit Großaktionären und Börsenzockern. »Jetzt beginnt die Spekulation richtig«, befürchtet Wassili Papas, Fondsmanager für Wachstumswerte bei Union Investment. Hintergrund: Unternehmen werden dem Delisting vorbauen.
Ausgeschlossen werden nur Gesellschaften, deren Aktienkurs an 30 aufeinander folgenden Börsentagen unter einem Euro notiert und deren Börsenwert gleichzeitig 20 Millionen Euro unterschreitet. Wer unter diese Grenzen rutscht, wandert für 90 Börsentage auf eine Beobachtungsliste. Kommen dann Kurs und Börsenwert an mindestens 15 folgenden Börsentagen wieder über die Grenzen, ist der Rauswurf verhindert.
Viele Vorstände werden versuchen, gar nicht erst ins Visier der Börse zu geraten. Ihre Chance: Sie müssen nur bei einem der beiden Kriterien die Unterschreitung des Grenzwerts verhindern. Dazu haben sie mehrere Möglichkeiten (s. Kasten rechts). »Spannend wird es, wenn Kurs und Börsenwert nahe an den beiden Grenzen liegen«, sagt Jochen Mathée, Fondsmanager bei Invesco.
Einfachster Trick: ein so genannter Reverse Split. Selbst Unternehmen mit sehr niedrigem Börsenwert wie der CallCenter-Betreiber Camelot könnten ihre Aktien im Verhältnis 1:2 zusammenlegen. Konsequenz: Der Kurs verdoppelt und befindet sich anschließend im sicheren Terrain – bei Camelot rund 50 Prozent über der Ein-Euro-Grenze.
Liegt der Kurs knapp unter einem Euro, kommt ein Aktienrückkaufprogramm in Frage. So könnte der Medienwert F.A.M.E. den Kurs über die Hürde hieven.
In der Praxis dürften derlei Tricks häufig an mangelnden Geldmitteln oder fehlender Genehmigung durch die Hauptversammlung scheitern. Wahrscheinlicher ist die Kurspflege durch Großaktionäre. So verspricht etwa Torsten Weihrich, Investor-Relations-Manager des Medienunternehmens RTV, schon jetzt: »Wenn wir tatsächlich einmal mehrere Tage unter einem Euro notieren sollten, wird unsere Muttergesellschaft Aktien nachkaufen.« Mutter Ravensburger hält knapp 60 Prozent der RTV-Anteile.
Neue Allianzen. Die Mehrheitsgesellschafter dürfen bei ihrer Kurspflege auf die Unterstützung durch Börsenzocker hoffen. Beim niedrigen Börsenwert der Billigaktien reichen schon bescheidene Summen für Kurssprünge. Die Gefahr für Anleger, die mitspielen wollen: Stoppen die Käufe, bricht der Kurs schnell wieder zusammen.
Wer langfristig Vermö gen aufbauen will, sollte deshalb Pennystocks besser meiden. »Mit Taschenspielertricks lässt sich der Kurs nur kurzfristig beeinflussen«, warnt Fondsmanager Mathée. Langfristig zähle nur Substanz. Fehlt sie, droht früher oder später ohnehin das Aus – mit und ohne Delisting-Regeln.
Quelle; Focus-money.de