Neue Chancen
Anleger können vom wirtschaftlichen
Umbruch in Europa profitieren
Übernahmen, Fusionen, Sanierungen – die europäische
Unternehmenslandschaft im Umbruch
Wenn in der Silvesternacht die Korken knallen, geht ein amerikanisches
Jahrhundert zu Ende. Trotz der Freude über den Wohlstand, den
Europa im Gleichklang mit der amerikanischen Prosperität der letzten
Jahrzehnte aufbauen konnte, stellt sich die Frage, wie sich die
kommenden 100 Jahre entwickeln.
Wird es ein europäisches Jahrhundert? Dazu wären mehrere
Bedingungen notwendig: Stärker als bisher üben die Einzelstaaten den
Schulterschluss. Europa löst Amerika als weltweite
Konjunkturlokomotive ab. Und nicht zuletzt müssten die
Euro-Aktienmärkte eine ähnlich gute Wertentwicklung aufweisen wie
die amerikanischen in der Vergangenheit. Würde 1999 als Vorbote
gelten, stünden die Zeichen günstig. 1999 lief der Aktienindex
DJ-Euro-Stoxx 50 dem amerikanischen Dow Jones um gut 75 Prozent
davon. Auch wenn heute niemand zu sagen vermag, wie sich im neuen
Jahrhundert die Verhältnisse entwickeln: Sie werden sich zumindest
verschieben – dank einer neuen Unternehmenskultur in Europa.
Europa im VW, die USA im Ferrari – so unterschiedlich waren die
Autos, die bisher im weltweiten Fusionsrennen mitfuhren. Doch jetzt
wurde das Rennen neu gestartet. Die Fahrzeuge wurden neu verteilt.
Das Fusionsvolumen in Europa nähert sich seit einigen Monaten dem
der USA an. Mehrere milliardenschwere Zusammenschlüsse und
Übernahmen haben dazu beigetragen. Um nur einige zu nennen: Die
Deutsche Telekom hat One 2 One übernommen, die französischen
Handelsriesen Carrefour und Promodès sind zusammen gegangen,
Veba und Viag haben ihre Fusion angekündigt.
Mergers and Acquisitions (M & A) werden von den Börsianern auch im
kommenden Jahr viel Fingerspitzengefühl verlangen. Denn mit ihnen lässt
sich viel Geld verdienen – aber auch verlieren. Aktuelles Beispiel: Als
Pharmacia & Upjohn und Monsanto am 20. Dezember ihre Fusion
verkündeten, sackten die Aktienkurse um mehr als zehn Prozent ab.
Mannesmann-Papiere verloren 8,2 Prozent, als die Düsseldorfer den
Kauf der britischen Mobilfunkfirma Orange verkündeten. Dagegen
stiegen Orange-Aktien in London um 6,3 Prozent. Anleger, die auf der
falschen Seite stehen oder auch nur den richtigen Zeitpunkt für Kauf
oder Verkauf verpassen, haben ein dickes Minus im Depot
hinzunehmen.
In den kommenden Monaten können Aktienanleger auf mehrere
Entwicklungen setzen. Erstens: Europa hat Nachholbedarf. Hochzeiten
nur unter europäischen Firmen sind bislang noch relativ selten. Sie
werden in Zukunft jedoch immer notwendiger, um wettbewerbsfähig zu
bleiben. Zweitens: Ein „Dominoeffekt“ hält das Fusionskarussell in
Gang. Schließen sich in einer Branche Unternehmen zusammen, setzen
sie ihre Konkurrenten unter Druck. Beispiele bieten die
Telekommunikations- und Pharmaindustrie. Drittens: Es gibt Branchen,
die nach Ansicht von Analysten noch immer zu stark fragmentiert sind.
Hier werden Unternehmen Größe dazukaufen müssen. Dies trifft zum
Beispiel für Nahrungsmittelhersteller und Einzelhändler zu.
Und nach der Fusion wird aufgeräumt: „Konzentration auf das
Kerngeschäft“ lautet die Devise. Randaktivitäten, die nicht in das
Unternehmenskonzept passen, werden abgestoßen. So geschehen bei
Thyssen Krupp, die ein Jahr nach ihrem Zusammenschluss eine
„strategische Neuausrichtung“ verkündeten. So geschehen auch bei
Veba und Viag, die Investoren mit einer Fokussierung auf Energie und
Spezialchemie locken.
Denn Mischkonzerne haben an der Börse einen schweren Stand. Die
Börsianer fordern ein klares Profil. Sie wollen selbst entscheiden, ob sie
in Medien, Telekommunikation, Bau oder Stahl investieren wollen und
dies eben nicht dem Management eines Mischkonzerns überlassen.
Zudem verzetteln sich personelle und finanzielle Ressourcen der
Konglomerate in vielen Geschäftsfeldern. Auch mit den
vielbeschworenen Synergien im Konglomerat ist es nicht weit her: Was
hat die Herstellung von Stahlröhren mit Mobilfunk zu tun? Wer gute
Autos baut, kann nicht gleichzeitig gute Flugzeuge herstellen, so die
Überzeugung der Börsianer.
An der Börse werden Konglomerate schon jetzt mit einem Abschlag
gehandelt. Die Einzelteile haben mehr Wert als das Ganze.
Mischkonzerne gelten daher als Übernahmekandidaten, da sie unter
Wert gehandelt werden. Nach einer Übernahme werden sie dann in ihre
Einzelteile zerschlagen. Konzernherren, die ihr Unternehmen nicht in
Eigenregie umstrukturieren, laufen daher Gefahr, dass dies ein anderer
für sie übernimmt.
Nicht immer lohnt es sich, nur auf die Besten oder Größten zu setzen.
Auch Unternehmen, die momentan in einer Krise stecken, können sich
als Top-Performer von morgen erweisen. Dabei ist es egal, ob sie
unschuldig in Kalamitäten geraten sind, weil etwa die Gesamtbranche
schlecht läuft, oder ob das Management schwere Fehler begangen hat.
Wenn sich eine Umkehr abzeichnet, sollten risikobewusste Anleger
aufhorchen.
Zwei Beispiele: Kommt es zum erwarteten Konjunkturaufschwung in
Euroland, dürften etwa Konsum- und Handelsaktien mittelfristig ein sehr
großes Potenzial aufweisen. Fondsmanagern fallen dabei Namen wie
der des britisch-niederländischen Lebensmittelkonzerns Unilever ein,
der bislang (noch) auf wenigen Kauflisten steht. Einige Unternehmen aus
der Energiebranche sind ebenfalls in jüngster Vergangenheit unter
Druck. Doch höhere Zinsen und die Liberalisierung des Strommarktes
drücken nicht nur die Margen. Für einige dieser Titel bieten sich
Chancen zur Expansion. So wird die spanische Endesa hoch geschätzt.
Das Unternehmen konnte sich bislang in einem schlechten Umfeld
behaupten und besitzt nun große Expansionschancen. Die Beispiele
zeigen: In vielen Bereichen werden die Karten neu gemischt. Europa
steht nicht nur an der Schwelle eines neuen Jahrhunderts. Das
Jahrhundert sieht auch ein neues europäisches Gesicht. fs/svb/nw
Anleger können vom wirtschaftlichen
Umbruch in Europa profitieren
Übernahmen, Fusionen, Sanierungen – die europäische
Unternehmenslandschaft im Umbruch
Wenn in der Silvesternacht die Korken knallen, geht ein amerikanisches
Jahrhundert zu Ende. Trotz der Freude über den Wohlstand, den
Europa im Gleichklang mit der amerikanischen Prosperität der letzten
Jahrzehnte aufbauen konnte, stellt sich die Frage, wie sich die
kommenden 100 Jahre entwickeln.
Wird es ein europäisches Jahrhundert? Dazu wären mehrere
Bedingungen notwendig: Stärker als bisher üben die Einzelstaaten den
Schulterschluss. Europa löst Amerika als weltweite
Konjunkturlokomotive ab. Und nicht zuletzt müssten die
Euro-Aktienmärkte eine ähnlich gute Wertentwicklung aufweisen wie
die amerikanischen in der Vergangenheit. Würde 1999 als Vorbote
gelten, stünden die Zeichen günstig. 1999 lief der Aktienindex
DJ-Euro-Stoxx 50 dem amerikanischen Dow Jones um gut 75 Prozent
davon. Auch wenn heute niemand zu sagen vermag, wie sich im neuen
Jahrhundert die Verhältnisse entwickeln: Sie werden sich zumindest
verschieben – dank einer neuen Unternehmenskultur in Europa.
Europa im VW, die USA im Ferrari – so unterschiedlich waren die
Autos, die bisher im weltweiten Fusionsrennen mitfuhren. Doch jetzt
wurde das Rennen neu gestartet. Die Fahrzeuge wurden neu verteilt.
Das Fusionsvolumen in Europa nähert sich seit einigen Monaten dem
der USA an. Mehrere milliardenschwere Zusammenschlüsse und
Übernahmen haben dazu beigetragen. Um nur einige zu nennen: Die
Deutsche Telekom hat One 2 One übernommen, die französischen
Handelsriesen Carrefour und Promodès sind zusammen gegangen,
Veba und Viag haben ihre Fusion angekündigt.
Mergers and Acquisitions (M & A) werden von den Börsianern auch im
kommenden Jahr viel Fingerspitzengefühl verlangen. Denn mit ihnen lässt
sich viel Geld verdienen – aber auch verlieren. Aktuelles Beispiel: Als
Pharmacia & Upjohn und Monsanto am 20. Dezember ihre Fusion
verkündeten, sackten die Aktienkurse um mehr als zehn Prozent ab.
Mannesmann-Papiere verloren 8,2 Prozent, als die Düsseldorfer den
Kauf der britischen Mobilfunkfirma Orange verkündeten. Dagegen
stiegen Orange-Aktien in London um 6,3 Prozent. Anleger, die auf der
falschen Seite stehen oder auch nur den richtigen Zeitpunkt für Kauf
oder Verkauf verpassen, haben ein dickes Minus im Depot
hinzunehmen.
In den kommenden Monaten können Aktienanleger auf mehrere
Entwicklungen setzen. Erstens: Europa hat Nachholbedarf. Hochzeiten
nur unter europäischen Firmen sind bislang noch relativ selten. Sie
werden in Zukunft jedoch immer notwendiger, um wettbewerbsfähig zu
bleiben. Zweitens: Ein „Dominoeffekt“ hält das Fusionskarussell in
Gang. Schließen sich in einer Branche Unternehmen zusammen, setzen
sie ihre Konkurrenten unter Druck. Beispiele bieten die
Telekommunikations- und Pharmaindustrie. Drittens: Es gibt Branchen,
die nach Ansicht von Analysten noch immer zu stark fragmentiert sind.
Hier werden Unternehmen Größe dazukaufen müssen. Dies trifft zum
Beispiel für Nahrungsmittelhersteller und Einzelhändler zu.
Und nach der Fusion wird aufgeräumt: „Konzentration auf das
Kerngeschäft“ lautet die Devise. Randaktivitäten, die nicht in das
Unternehmenskonzept passen, werden abgestoßen. So geschehen bei
Thyssen Krupp, die ein Jahr nach ihrem Zusammenschluss eine
„strategische Neuausrichtung“ verkündeten. So geschehen auch bei
Veba und Viag, die Investoren mit einer Fokussierung auf Energie und
Spezialchemie locken.
Denn Mischkonzerne haben an der Börse einen schweren Stand. Die
Börsianer fordern ein klares Profil. Sie wollen selbst entscheiden, ob sie
in Medien, Telekommunikation, Bau oder Stahl investieren wollen und
dies eben nicht dem Management eines Mischkonzerns überlassen.
Zudem verzetteln sich personelle und finanzielle Ressourcen der
Konglomerate in vielen Geschäftsfeldern. Auch mit den
vielbeschworenen Synergien im Konglomerat ist es nicht weit her: Was
hat die Herstellung von Stahlröhren mit Mobilfunk zu tun? Wer gute
Autos baut, kann nicht gleichzeitig gute Flugzeuge herstellen, so die
Überzeugung der Börsianer.
An der Börse werden Konglomerate schon jetzt mit einem Abschlag
gehandelt. Die Einzelteile haben mehr Wert als das Ganze.
Mischkonzerne gelten daher als Übernahmekandidaten, da sie unter
Wert gehandelt werden. Nach einer Übernahme werden sie dann in ihre
Einzelteile zerschlagen. Konzernherren, die ihr Unternehmen nicht in
Eigenregie umstrukturieren, laufen daher Gefahr, dass dies ein anderer
für sie übernimmt.
Nicht immer lohnt es sich, nur auf die Besten oder Größten zu setzen.
Auch Unternehmen, die momentan in einer Krise stecken, können sich
als Top-Performer von morgen erweisen. Dabei ist es egal, ob sie
unschuldig in Kalamitäten geraten sind, weil etwa die Gesamtbranche
schlecht läuft, oder ob das Management schwere Fehler begangen hat.
Wenn sich eine Umkehr abzeichnet, sollten risikobewusste Anleger
aufhorchen.
Zwei Beispiele: Kommt es zum erwarteten Konjunkturaufschwung in
Euroland, dürften etwa Konsum- und Handelsaktien mittelfristig ein sehr
großes Potenzial aufweisen. Fondsmanagern fallen dabei Namen wie
der des britisch-niederländischen Lebensmittelkonzerns Unilever ein,
der bislang (noch) auf wenigen Kauflisten steht. Einige Unternehmen aus
der Energiebranche sind ebenfalls in jüngster Vergangenheit unter
Druck. Doch höhere Zinsen und die Liberalisierung des Strommarktes
drücken nicht nur die Margen. Für einige dieser Titel bieten sich
Chancen zur Expansion. So wird die spanische Endesa hoch geschätzt.
Das Unternehmen konnte sich bislang in einem schlechten Umfeld
behaupten und besitzt nun große Expansionschancen. Die Beispiele
zeigen: In vielen Bereichen werden die Karten neu gemischt. Europa
steht nicht nur an der Schwelle eines neuen Jahrhunderts. Das
Jahrhundert sieht auch ein neues europäisches Gesicht. fs/svb/nw