SPIEGEL ONLINE - 11. April 2006, 20:00
URL: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,411021,00.html
Überraschungs-Coup
Nasdaq steigt bei Londoner Börse ein
Erst im März hatte die amerikanische Technologiebörse Nasdaq ein Kaufangebot für das Londoner Börsenparkett LSE ohne Angabe von Gründen zurückgezogen - doch aufgegeben haben die US-Börsianer die britische Konkurrenz offenbar nicht. Jetzt hat die Nasdaq rund 15 Prozent Anteile an der LSE erworben.
New York - Für das Paket von 38,1 Millionen Aktien zahlte die Nasdaq Composite nach eigenen Angaben rund 447,7 Millionen Pfund, also umgerechnet rund 644 Millionen Euro. Das entspricht einem Preis von rund 11,70 Pfund je Aktie. Damit besitzt die US-Technologie-Börse nun 14,99 Prozent an der London Stock Exchange (LSE).
Will der US-Börsenplatz möglicherweise eine neue Runde im Übernahmepoker um den Londoner Aktienmarkt einläuten? Von der LSE war zunächst keine Stellungnahmen zu erhalten. Ein Nasdaq-Sprecher bezeichnete das Geschäft aber als "einen sehr strategischen Kauf". Die London Stock Exchange (LSE) ist gemessen an der Marktkapitalisierung der dort notierten Werte und am Handelsvolumen die größte Aktienbörse Europas mit einem Börsenwert von derzeit 2,66 Milliarden Pfund. Letztes Jahr hatten sich bereits die Deutsche Börse sowie die Vierländerbörse Euronext vergeblich um den Börsenplatz bemüht.
Im März hatte dann die Nasdaq eine Offerte für die komplette Übernahme der LSE gemacht, für 9,50 Pfund pro Aktie - insgesamt 2,4 Milliarden Pfund. Nachdem das 200 Jahre alte Londoner Traditionshaus das Angebot jedoch als zu niedrig abgelehnt hatte, zogen die US-Amerikaner das Angebot zurück - ohne Angabe von Gründen. Im Falle einer Übernahmeofferte durch einen Konkurrenten schloss die Nasdaq aber ein erneutes Kauf-Angebot nicht aus.
Nachdem dieser Angriff abgeblasen war, rückte eine mögliche Fusion zwischen der LSE und der Euronext in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Erst gestern berichtete der britische "Observer" über Gespräche zwischen den beiden Handelsplätzen, in denen die Möglichkeiten einer Fusion unter Gleichen ausgelotet würden. Die Investmentbanken Merrill Lynch und Morgan Stanley arbeiteten im Auftrag der Börsen bereits Details aus, schrieb die Zeitung. Ein LSE-Sprecher wollte den Bericht nicht kommentieren.
Der Fusionsplan könne den Aktionären noch vor der nächsten Euronext-Hauptversammlung am 23. Mai vorgestellt werden, hieß es in dem Zeitungsbericht. Die LSE-Aktionäre dürften ein Zusammengehen unterstützen, da es derzeit kein lukrativeres Angebot gebe.
Allerdings fürchte Euronext in einen Konflikt mit den eigenen Aktionären geraten, da sie auch mit der Deutschen Börse über eine mögliche Fusion spreche. Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni hofft auf einen Zusammenschluss schon vor Ende Mai. Mit dem Einstieg der Nasdaq bei der LSE gerät Francioni nun zusätzlich unter Druck, die Verhandlungen mit Euronext über die Schaffung einer europäischen Superbörse voranzutreiben
Ase/AP/AFP/dpa/Reuters
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Überraschungs-Coup
Nasdaq steigt bei Londoner Börse ein
Erst im März hatte die amerikanische Technologiebörse Nasdaq ein Kaufangebot für das Londoner Börsenparkett LSE ohne Angabe von Gründen zurückgezogen - doch aufgegeben haben die US-Börsianer die britische Konkurrenz offenbar nicht. Jetzt hat die Nasdaq rund 15 Prozent Anteile an der LSE erworben.
New York - Für das Paket von 38,1 Millionen Aktien zahlte die Nasdaq Composite nach eigenen Angaben rund 447,7 Millionen Pfund, also umgerechnet rund 644 Millionen Euro. Das entspricht einem Preis von rund 11,70 Pfund je Aktie. Damit besitzt die US-Technologie-Börse nun 14,99 Prozent an der London Stock Exchange (LSE).
Will der US-Börsenplatz möglicherweise eine neue Runde im Übernahmepoker um den Londoner Aktienmarkt einläuten? Von der LSE war zunächst keine Stellungnahmen zu erhalten. Ein Nasdaq-Sprecher bezeichnete das Geschäft aber als "einen sehr strategischen Kauf". Die London Stock Exchange (LSE) ist gemessen an der Marktkapitalisierung der dort notierten Werte und am Handelsvolumen die größte Aktienbörse Europas mit einem Börsenwert von derzeit 2,66 Milliarden Pfund. Letztes Jahr hatten sich bereits die Deutsche Börse sowie die Vierländerbörse Euronext vergeblich um den Börsenplatz bemüht.
Im März hatte dann die Nasdaq eine Offerte für die komplette Übernahme der LSE gemacht, für 9,50 Pfund pro Aktie - insgesamt 2,4 Milliarden Pfund. Nachdem das 200 Jahre alte Londoner Traditionshaus das Angebot jedoch als zu niedrig abgelehnt hatte, zogen die US-Amerikaner das Angebot zurück - ohne Angabe von Gründen. Im Falle einer Übernahmeofferte durch einen Konkurrenten schloss die Nasdaq aber ein erneutes Kauf-Angebot nicht aus.
Nachdem dieser Angriff abgeblasen war, rückte eine mögliche Fusion zwischen der LSE und der Euronext in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Erst gestern berichtete der britische "Observer" über Gespräche zwischen den beiden Handelsplätzen, in denen die Möglichkeiten einer Fusion unter Gleichen ausgelotet würden. Die Investmentbanken Merrill Lynch und Morgan Stanley arbeiteten im Auftrag der Börsen bereits Details aus, schrieb die Zeitung. Ein LSE-Sprecher wollte den Bericht nicht kommentieren.
Der Fusionsplan könne den Aktionären noch vor der nächsten Euronext-Hauptversammlung am 23. Mai vorgestellt werden, hieß es in dem Zeitungsbericht. Die LSE-Aktionäre dürften ein Zusammengehen unterstützen, da es derzeit kein lukrativeres Angebot gebe.
Allerdings fürchte Euronext in einen Konflikt mit den eigenen Aktionären geraten, da sie auch mit der Deutschen Börse über eine mögliche Fusion spreche. Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni hofft auf einen Zusammenschluss schon vor Ende Mai. Mit dem Einstieg der Nasdaq bei der LSE gerät Francioni nun zusätzlich unter Druck, die Verhandlungen mit Euronext über die Schaffung einer europäischen Superbörse voranzutreiben
Ase/AP/AFP/dpa/Reuters