Nasdaq startet Attacke auf Deutsche Börse
US-Computerbörse macht Großbanken Kooperationsangebot. Überlegungsfrist bis Ende Juni
Von Anja Struve und Holger Zschäpitz
Frankfurt/Main - Die amerikanische Technologiebörse Nasdaq unternimmt einen neuen Anlauf um die Börsenlandschaft in Europa umzukrempeln. Gemeinsam mit der Berliner Börse und eventuell einigen Großbanken plant sie über ihre Europa-Tochter Nasdaq Europe den Aufbau einer elektronischen Handelsplattform in Deutschland. Dort sollen ab Januar kommenden Jahres Aktien gehandelt werden. Der Angriff auf die Deutsche Börse könnte vor allem Privatanlegern Vorteile in Form von niedrigeren Gebühren bringen.
Waren die Versuche der Nasdaq, in Europa Fuß zu fassen, bisher von wenig Erfolg gekrönt, könnte der US-Börse nun der ersehnte Coup gelingen. Denn anders als bei früheren Versuchen, bemüht sich die Nasdaq intensiv darum, einige Großbanken mit ins Boot zu holen. Dem Vernehmen nach prüfen derzeit sowohl Commerzbank, Dresdner Bank als auch die Hypo-Vereinsbank eine Beteiligung an der geplanten Plattform.
Die Einbeziehung möglichst vieler Banken ist besonders wichtig für den Erfolg einer elektronischen Börse. Schließlich bestimmen die Banken, über welche Plattform die Wertpapieraufträge abgewickelt werden. "Der Trend geht dahin, dass immer mehr Kreditinstitute ihre Orders selbst abwickeln statt an diese an die Börse zu geben und dafür Gebühren zu zahlen", sagt Birgit Grüner Analystin der Bankgesellschaft Berlin. Dies spare beispielsweise Makler- und Abwicklungskosten.
Bis Ende Juni sollen die Kreditinstitute nach Informationen aus Finanzmarktkreisen entscheiden, ob sie sich an dem Angebot der Nasdaq beteiligen wollen. Doch längst wirbt auch Marktführer Deutsche Börse kräftig für sein System: Xetra Best, so der Name der Handelsplattform, soll es den Banken ebenfalls ermöglichen, Wertpapieraufträge im eigenen Haus abzuwickeln. Auch hier müssen sich die Banken offenbar bis Ende Juni entscheiden.
Ein großer Vorteil von Xetra Best steht bereits fest: Das Deutsche-Börse-System geht schon im September an den Start. Die Nasdaq-Plattform stünde den Kreditinstituten erst vier Monate später zur Verfügung. Allerdings, so merken einzelne Branchenvertreter kritisch an, sei Xetra Best sehr stark auf die Bedürfnisse der Deutschen Bank zugeschnitten. "Bei der Nasdaq-Lösung hätten auch andere Institute den Vorteil, sehr viel selbst mitbestimmen zu können", heißt es.
Letztendlich dürften sich die Banken für jene Lösung entscheiden, die ihnen die beste Kombination aus Preis und Funktionalität bietet. Dabei spielt insbesondere die Liquidität eine entscheidende Rolle. Denn je größer das Handelsvolumen ist, desto kostengünstiger können die Banken ihre Orders abwickeln. Doch genau bei der Frage der Liquidität sehen Analysten ein Problem für die Nasdaq. "Der neuen Plattform wird es an Liquidität fehlen, selbst wenn einige Banken mit dabei sind", sagt Ralph Blum von Credit Agricole Cheuvreux. "So günstig wie die Deutsche Börse wird die Nasdaq keine Abwicklung hinbekommen."
Doch der Druck für die Nasdaq, nun endlich Erfolge vorzuweisen, steigt. Bisher agierte die US-Technologiebörse in Europa eher glücklos. So konnte die im März 2001 erfolgte Übernahme der dahin dümpelnden europäischen Technologiebörse Easdaq kein Leben einhauchen und schon gar nicht dem Neuen Markt Konkurrenz machen. Auch um die im vergangenen November gestartete Kooperation mit der Berliner Börse war es zuletzt ruhig geworden. Und selbst die Übernahme der London Stock Exchange (LSE), um die es in den vergangenen Wochen immer wieder Spekulationen gab, würde keine paneuropäische Plattform schaffen.
Zudem plagen die Nasdaq Probleme im eigenen Land. Von den 4730 Unternehmen, die Ende 2000 noch an der Technologiebörse gelistet waren, sind nur noch 3866 übrig geblieben. Der Schwund könnte sich sogar noch deutlich fortsetzen, da immer mehr der an der Nasdaq notierten Gesellschaften einen Wechsel an die Konkurrenz New York Stock Exchange (NYSE) erwägen. Doch damit nicht genug: alternative Netzwerke großer Brokerhäuser versuchen der Nasdaq das Wasser abzugraben.
Den Aufbau eines alternativen Netzwerkes versucht die US-Technologiebörse nun auch in Deutschland voranzutreiben. Doch höchstens im Handel mit amerikanischen Technologieunternehmen trauen ihr Beobachter eine führende Rolle in Europa zu. So könnte ein Teil der jetzt noch auf Xetra gehandelten US-Werte auf die künftige Nasdaq-Plattform umgeleitet werden.
Unabhängig davon, wer das Rennen machen wird, steht ein Sieger bereits fest: Der Privatanleger dürfte von dem Wettstreit der Systeme über niedrigere Gebühren und bessere Abwicklung profitieren. So gab die Deutsche Börse gestern bekannt, dass ab dem 1. August alle Aktien in jeder Ordergröße auf Xetra fortlaufend gehandelt werden können. Bislang galt für DAX-Werte eine Mindestordergröße von 100 Stück.
US-Computerbörse macht Großbanken Kooperationsangebot. Überlegungsfrist bis Ende Juni
Von Anja Struve und Holger Zschäpitz
Frankfurt/Main - Die amerikanische Technologiebörse Nasdaq unternimmt einen neuen Anlauf um die Börsenlandschaft in Europa umzukrempeln. Gemeinsam mit der Berliner Börse und eventuell einigen Großbanken plant sie über ihre Europa-Tochter Nasdaq Europe den Aufbau einer elektronischen Handelsplattform in Deutschland. Dort sollen ab Januar kommenden Jahres Aktien gehandelt werden. Der Angriff auf die Deutsche Börse könnte vor allem Privatanlegern Vorteile in Form von niedrigeren Gebühren bringen.
Waren die Versuche der Nasdaq, in Europa Fuß zu fassen, bisher von wenig Erfolg gekrönt, könnte der US-Börse nun der ersehnte Coup gelingen. Denn anders als bei früheren Versuchen, bemüht sich die Nasdaq intensiv darum, einige Großbanken mit ins Boot zu holen. Dem Vernehmen nach prüfen derzeit sowohl Commerzbank, Dresdner Bank als auch die Hypo-Vereinsbank eine Beteiligung an der geplanten Plattform.
Die Einbeziehung möglichst vieler Banken ist besonders wichtig für den Erfolg einer elektronischen Börse. Schließlich bestimmen die Banken, über welche Plattform die Wertpapieraufträge abgewickelt werden. "Der Trend geht dahin, dass immer mehr Kreditinstitute ihre Orders selbst abwickeln statt an diese an die Börse zu geben und dafür Gebühren zu zahlen", sagt Birgit Grüner Analystin der Bankgesellschaft Berlin. Dies spare beispielsweise Makler- und Abwicklungskosten.
Bis Ende Juni sollen die Kreditinstitute nach Informationen aus Finanzmarktkreisen entscheiden, ob sie sich an dem Angebot der Nasdaq beteiligen wollen. Doch längst wirbt auch Marktführer Deutsche Börse kräftig für sein System: Xetra Best, so der Name der Handelsplattform, soll es den Banken ebenfalls ermöglichen, Wertpapieraufträge im eigenen Haus abzuwickeln. Auch hier müssen sich die Banken offenbar bis Ende Juni entscheiden.
Ein großer Vorteil von Xetra Best steht bereits fest: Das Deutsche-Börse-System geht schon im September an den Start. Die Nasdaq-Plattform stünde den Kreditinstituten erst vier Monate später zur Verfügung. Allerdings, so merken einzelne Branchenvertreter kritisch an, sei Xetra Best sehr stark auf die Bedürfnisse der Deutschen Bank zugeschnitten. "Bei der Nasdaq-Lösung hätten auch andere Institute den Vorteil, sehr viel selbst mitbestimmen zu können", heißt es.
Letztendlich dürften sich die Banken für jene Lösung entscheiden, die ihnen die beste Kombination aus Preis und Funktionalität bietet. Dabei spielt insbesondere die Liquidität eine entscheidende Rolle. Denn je größer das Handelsvolumen ist, desto kostengünstiger können die Banken ihre Orders abwickeln. Doch genau bei der Frage der Liquidität sehen Analysten ein Problem für die Nasdaq. "Der neuen Plattform wird es an Liquidität fehlen, selbst wenn einige Banken mit dabei sind", sagt Ralph Blum von Credit Agricole Cheuvreux. "So günstig wie die Deutsche Börse wird die Nasdaq keine Abwicklung hinbekommen."
Doch der Druck für die Nasdaq, nun endlich Erfolge vorzuweisen, steigt. Bisher agierte die US-Technologiebörse in Europa eher glücklos. So konnte die im März 2001 erfolgte Übernahme der dahin dümpelnden europäischen Technologiebörse Easdaq kein Leben einhauchen und schon gar nicht dem Neuen Markt Konkurrenz machen. Auch um die im vergangenen November gestartete Kooperation mit der Berliner Börse war es zuletzt ruhig geworden. Und selbst die Übernahme der London Stock Exchange (LSE), um die es in den vergangenen Wochen immer wieder Spekulationen gab, würde keine paneuropäische Plattform schaffen.
Zudem plagen die Nasdaq Probleme im eigenen Land. Von den 4730 Unternehmen, die Ende 2000 noch an der Technologiebörse gelistet waren, sind nur noch 3866 übrig geblieben. Der Schwund könnte sich sogar noch deutlich fortsetzen, da immer mehr der an der Nasdaq notierten Gesellschaften einen Wechsel an die Konkurrenz New York Stock Exchange (NYSE) erwägen. Doch damit nicht genug: alternative Netzwerke großer Brokerhäuser versuchen der Nasdaq das Wasser abzugraben.
Den Aufbau eines alternativen Netzwerkes versucht die US-Technologiebörse nun auch in Deutschland voranzutreiben. Doch höchstens im Handel mit amerikanischen Technologieunternehmen trauen ihr Beobachter eine führende Rolle in Europa zu. So könnte ein Teil der jetzt noch auf Xetra gehandelten US-Werte auf die künftige Nasdaq-Plattform umgeleitet werden.
Unabhängig davon, wer das Rennen machen wird, steht ein Sieger bereits fest: Der Privatanleger dürfte von dem Wettstreit der Systeme über niedrigere Gebühren und bessere Abwicklung profitieren. So gab die Deutsche Börse gestern bekannt, dass ab dem 1. August alle Aktien in jeder Ordergröße auf Xetra fortlaufend gehandelt werden können. Bislang galt für DAX-Werte eine Mindestordergröße von 100 Stück.