Der deutsche Mittelstand rebelliert
Remscheid. Günter Berghaus ist weder links noch verrückt. Der Mann wohnt im bergischen Land, am Rande des Ruhrgebiets. Dort ist man bodenständig und strebsam, besonders wenn man einen Betrieb mit 45 Mitarbeitern leitet. Doch Berghaus mag nicht mehr brav sein: "Die Regierung verfolgt eine völlig verfehlte Wirtschaftspolitik." Berghaus sieht nur noch ein Mittel, etwas zu ändern: Druck an der empfindlichsten Stelle, beim Geld. Seine Idee: Finanzämter lahmlegen.
Hat Berghaus es nötig, auf die Barrikaden zu gehen? Nein, sagt er. Die August Berghaus GmbH & Co KG, eine Spezialfabrik für Räumwerkzeuge, besetze eine Nische im Markt. Selbst eine tiefe Rezession könne ihm wenig anhaben. "Wir kommen mit dem Schlamassel klar", sagt er. "Aber was ist mit unseren Kindern und Enkeln?" Der 58jährige will sich nicht einmal fragen lassen: "Vater, was hast Du getan? Du wußtest doch, daß diese Regierung mit Vollgas vor die Wand fährt!"
Alleine wäre der Rebell aus Remscheid machtlos. Aber wenn 3,3 Millionen klein- und mittelständische Unternehmer in Deutschland die Ämter mit Anträgen überschütteten? Und wenn noch deren Arbeiter und Angestellte mitmachten? Schließlich beschäftigt der Mittelstand 70 Prozent aller Arbeitnehmer und bildet 80 Prozent aller Lehrlinge aus, schätzt die Initiative "Der Mittelstand wehrt sich". Hinter diesem Titel verbirgt sich eine Gruppe von Ravensburger Unternehmen, die am vergangenen Freitag einen veritablen Protestmarsch auf die Beine brachte. Eine Kolonne mit 638 Fahrzeugen und 1400 Teilnehmern warb für "eine Wirtschaftspolitik, die Mut und Zuversicht verbreitet" und verdammte alles, was "den Mittelstand auffrißt": höhere Steuern als bei den Großkonzernen und steigende Lohnnebenkosten. Aber auch Konzeptlosigkeit im Gesundheits- und Rentenwesen, Bürokratie und Arbeitsverhinderungsgesetze. Wolfgang Habisreutinger, der Initiator aus dem schwäbischen Weingarten jammert nicht: "Wir wollen die Ärmel hochkrempeln, wir brauchen eine Vision."
Weitere Protestzüge werden folgen. Schon bereiten die Handwerker zwei Aktionstage vor: am 7. Februar dezentral in vielen Städten und am 10. Februar in Berlin. Motto: "Jetzt reicht's. Handwerker gegen Stillstand." Seit die Regierung vor ein paar Wochen 18 Postsäcke mit 256000 Unterschriften verschmähte, brodelt es in den Betrieben. Koordiniert wird der Protest über das Internet: "www.handwerker-demo.de" wird demnächst freigeschaltet.
Das Internet ist auch Organisations- und Informationsplattform für andere. Längst wird dort über neue Protestformen nachgedacht. Dazu gehört, die Berliner Abgeordneten direkt anzusprechen. Unternehmer Habisreutinger bittet seine Bundestagsabgeordneten bereits zu direkten Gesprächen. Ein zweiter Weg sind Mail-Aktionen, wie www.aktionletzteshemd.com: Über 30000 Internetnutzer wollen Hemden an den Bundeskanzler schicken. Der Bund der Steuerzahler hat alle Mail-Adressen und Fax-Nummern der Abgeordneten ins Netz gestellt.
Was aber, wenn sich die Politik nicht ändert? Sind Steuerstreik oder die Lahmlegung von Finanzämtern dann legitim? Ja, meint Günter Berghaus, der Rebell aus Remscheid, und macht sich auf die Suche nach Gleichgesinnten. Auch die Ravensburger Unternehmer denken darüber nach, ebenso manche Handwerker. Die Unternehmer wollen sich nicht strafbar machen. Doch sie kopieren für ihre Zwecke erprobte Kampfmittel der außerparlamentarischen Opposition. Der Unterschied: Es steht mehr Kapital dahinter - wenn sie es schaffen, ihren Protest gezielt zu lenken.
Demonstrieren würde auch der Vorzeige-Mittelständler in Deutschland, Trumpf-Chef Berthold Leibinger. Doch streiken? Unternehmer hätten bislang keine Neigung, Krawall zu machen, sagt er. Leibinger sieht andere Möglichkeiten des Protests: Der Mittelstand werde eine Fülle von Vorschriften des Staates nicht beachten oder einfach weggehen - Republikflucht wie in der ehemaligen DDR.
Remscheid. Günter Berghaus ist weder links noch verrückt. Der Mann wohnt im bergischen Land, am Rande des Ruhrgebiets. Dort ist man bodenständig und strebsam, besonders wenn man einen Betrieb mit 45 Mitarbeitern leitet. Doch Berghaus mag nicht mehr brav sein: "Die Regierung verfolgt eine völlig verfehlte Wirtschaftspolitik." Berghaus sieht nur noch ein Mittel, etwas zu ändern: Druck an der empfindlichsten Stelle, beim Geld. Seine Idee: Finanzämter lahmlegen.
Hat Berghaus es nötig, auf die Barrikaden zu gehen? Nein, sagt er. Die August Berghaus GmbH & Co KG, eine Spezialfabrik für Räumwerkzeuge, besetze eine Nische im Markt. Selbst eine tiefe Rezession könne ihm wenig anhaben. "Wir kommen mit dem Schlamassel klar", sagt er. "Aber was ist mit unseren Kindern und Enkeln?" Der 58jährige will sich nicht einmal fragen lassen: "Vater, was hast Du getan? Du wußtest doch, daß diese Regierung mit Vollgas vor die Wand fährt!"
Alleine wäre der Rebell aus Remscheid machtlos. Aber wenn 3,3 Millionen klein- und mittelständische Unternehmer in Deutschland die Ämter mit Anträgen überschütteten? Und wenn noch deren Arbeiter und Angestellte mitmachten? Schließlich beschäftigt der Mittelstand 70 Prozent aller Arbeitnehmer und bildet 80 Prozent aller Lehrlinge aus, schätzt die Initiative "Der Mittelstand wehrt sich". Hinter diesem Titel verbirgt sich eine Gruppe von Ravensburger Unternehmen, die am vergangenen Freitag einen veritablen Protestmarsch auf die Beine brachte. Eine Kolonne mit 638 Fahrzeugen und 1400 Teilnehmern warb für "eine Wirtschaftspolitik, die Mut und Zuversicht verbreitet" und verdammte alles, was "den Mittelstand auffrißt": höhere Steuern als bei den Großkonzernen und steigende Lohnnebenkosten. Aber auch Konzeptlosigkeit im Gesundheits- und Rentenwesen, Bürokratie und Arbeitsverhinderungsgesetze. Wolfgang Habisreutinger, der Initiator aus dem schwäbischen Weingarten jammert nicht: "Wir wollen die Ärmel hochkrempeln, wir brauchen eine Vision."
Weitere Protestzüge werden folgen. Schon bereiten die Handwerker zwei Aktionstage vor: am 7. Februar dezentral in vielen Städten und am 10. Februar in Berlin. Motto: "Jetzt reicht's. Handwerker gegen Stillstand." Seit die Regierung vor ein paar Wochen 18 Postsäcke mit 256000 Unterschriften verschmähte, brodelt es in den Betrieben. Koordiniert wird der Protest über das Internet: "www.handwerker-demo.de" wird demnächst freigeschaltet.
Das Internet ist auch Organisations- und Informationsplattform für andere. Längst wird dort über neue Protestformen nachgedacht. Dazu gehört, die Berliner Abgeordneten direkt anzusprechen. Unternehmer Habisreutinger bittet seine Bundestagsabgeordneten bereits zu direkten Gesprächen. Ein zweiter Weg sind Mail-Aktionen, wie www.aktionletzteshemd.com: Über 30000 Internetnutzer wollen Hemden an den Bundeskanzler schicken. Der Bund der Steuerzahler hat alle Mail-Adressen und Fax-Nummern der Abgeordneten ins Netz gestellt.
Was aber, wenn sich die Politik nicht ändert? Sind Steuerstreik oder die Lahmlegung von Finanzämtern dann legitim? Ja, meint Günter Berghaus, der Rebell aus Remscheid, und macht sich auf die Suche nach Gleichgesinnten. Auch die Ravensburger Unternehmer denken darüber nach, ebenso manche Handwerker. Die Unternehmer wollen sich nicht strafbar machen. Doch sie kopieren für ihre Zwecke erprobte Kampfmittel der außerparlamentarischen Opposition. Der Unterschied: Es steht mehr Kapital dahinter - wenn sie es schaffen, ihren Protest gezielt zu lenken.
Demonstrieren würde auch der Vorzeige-Mittelständler in Deutschland, Trumpf-Chef Berthold Leibinger. Doch streiken? Unternehmer hätten bislang keine Neigung, Krawall zu machen, sagt er. Leibinger sieht andere Möglichkeiten des Protests: Der Mittelstand werde eine Fülle von Vorschriften des Staates nicht beachten oder einfach weggehen - Republikflucht wie in der ehemaligen DDR.