JetBlue ist ein bisschen anders als andere Billigfluggesellschaften. Hier sitzt man in Ledersitzen, isst gefärbte Kartoffelchips, hat Beinfreiheit und seinen eigenen Fernseher - mit 24 Kanälen. Weil die Kunden darauf fliegen, wird der Newcomer an der Börse schon jetzt als Senkrechtstarter gehandelt.
Kult-Discounter: Flugline JetBlue
New York - Kew Gardens ist eine ziemlich uncoole Adresse. So gar nicht urban. Hier, im grünen Queens, sitzt die Fluggesellschaft, die es gleich im ersten Jahr ihres Betriebs auf die "It"-Liste des Hochglanz-Magazins "Vanity Fair" geschafft hat: JetBlue wurde zur "It"-Airline 2000 gewählt. Die Trend-Gurus müssen beeindruckt gewesen sein von den blauen Ledersitzen in den brandneuem Airbus A320, und wahrscheinlich noch mehr von den blauen Kartoffelchips, die an Bord gereicht werden.
Dabei ist die 1999 gegründete Billigfluggesellschaft kein Trendsetter, sondern ein Abgucker. JetBlue ist eine gewagte Mischung aus Southwest Airlines, dem Opa der Billigflieger, und Virgin Atlantic, dem Londoner Szene-Flieger. Wie bei Southwest fliegen alle Passagiere in der Coach-Klasse ohne Service, eine erste Klasse gibt es nicht. Auch kein Essen - noch nicht einmal auf sechsstündigen Transatlantikflügen - nur Chips und Getränke. Statt der teuren Drehkreuze werden kleine Nebenflughäfen bevorzugt. Wie bei Virgin zielt das Marketing jedoch auf die hippe urbane Klientel. Daher die 24 Gratis-Fernsehkanäle (inklusive CNBC und Bloomberg-TV) an jedem Platz, die Ledersitze und ein Sitzabstand von 81,3 Zentimetern - größer als bei der Lufthansa.
Live dabei: JetBlue-Passagiere verfolgen die Olympischen Spiele in Sydney (2000)
Billig und trotzdem angenehm - der Spagat scheint zu funktionieren. Bereits im zweiten Betriebsjahr erwirtschaftete JetBlue einen Gewinn von 38,5 Millionen Dollar - und das trotz der schlimmsten Krise der Luftfahrt. Während fast alle Fluggesellschaften Umsatzeinbrüche und Entlassungen erlebten, verdreifachte JetBlue seinen Umsatz von 104 Millionen Dollar im ersten Jahr auf 320 Millionen Dollar 2001. Statt Maschinen in der Wüste zu parken, kauft die Discount-Airline sogar noch hinzu: Bis Silvester soll die A320-Flotte von derzeit 24 auf 34 vergrößert werden. Von seinen Drehkreuzen in New York und Long Beach bei Los Angeles fliegt JetBlue inzwischen 18 amerikanische Städte an, Tendenz steigend.
Diese Woche will das Unternehmen als erste Fluggesellschaft in den USA seit drei Jahren an die Börse gehen. Der Ausgabepreis der Aktie liegt zwischen 22 und 24 Dollar. Mit dieser vorsichtigen Bewertung ist ein Senkrechtstart so gut wie garantiert: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) läge bei 18, während die Konkurrenz von Southwest, Frontier und Skywest durchschnittlich ein siebzig Prozent höheres KGV aufweist. Analysten erwarten daher einen Run auf die Aktien.
Der Gang an die Nasdaq soll 132 Millionen Dollar in die Kasse spülen. Eigentlich hatte er bereits im September stattfinden sollen, war aber nach den Terroranschlägen verschoben worden. Schon vorher war JetBlue für ein Start-up außergewöhnlich kapitalstark. 175 Millionen Dollar hat das Unternehmen von privaten Investoren, darunter Milliardär George Soros, gesammelt.
Billig ist nicht alles: JetBlue-Chef David Neeleman
JetBlue-Gründer ist David Neeleman. Der 39-jährige Mormone hatte bereits die erfolgreiche Regionalfluggesellschaft MorrisAir in Salt Lake City gestartet, die er 1993 an Southwest verkaufte. Damals musste er eine Erklärung unterschreiben, sich für fünf Jahre aus der Branche fernzuhalten. Als die Frist um war, machte er sich an die Pläne für eine neue Fluglinie, Arbeitstitel: "New Air". Er warb zwei Marketing-Leute von Virgin ab und entwarf die Corporate Identity von JetBlue.
Vielleicht waren es Marketing-Gründe - JetBlue kann sich jetzt "New Yorks Hometown Airline" nennen -, jedenfalls war Neeleman verrückt genug, mit der Billigflieger-Tradition zu brechen und den New Yorker Mega-Flughafen JFK als Heimatflughafen zu wählen. JFK ist der Touri-Flughafen, weit draußen in Queens, ein Synonym für Warteschlangen und Verspätungen. Inlandsflüge werden dagegen vom näher an Manhattan liegenden Flughafen La Guardia abgewickelt. Nie würden Geschäftsreisende JFK für kurze Flüge akzeptieren, hieß es denn auch, als Neeleman seine Pläne veröffentlichte.
Doch es stellte sich heraus, dass die Vorurteile falsch sind. JFK ist nur am Nachmittag überfüllt, wenn die internationalen Flüge ankommen. JetBlue legte seine Flugzeiten einfach außerhalb der "Rush Hour" - und schlägt in Sachen Effizienz nun sogar das Vorbild Southwest. Statt den acht Cent des Vorbilds betragen die Betriebskosten bei JetBlue nur 6,5 Cent pro Sitz und geflogener Meile.
Dank der Unterstützung von New Yorker Politikern, darunter Senator Charles Schumer, sicherte sich JetBlue einen eigenen Terminal, bald soll ein zweiter folgen. Dafür fliegt die Airline auch kleine Städte im unterversorgten Norden des Bundesstaates New York an. Das Unternehmen hat jedoch längst gezeigt, dass es sich nicht mit Regionalflügen begnügen will. Das deutlichste Signal kam im Mai 2001, als JetBlue eine zweite Drehscheibe eröffnete - auf dem Nebenflughafen Long Beach, rund 50 Kilometer südlich von Los Angeles. JFK bleibt der einzige Großflughafen im JetBlue-Netz.
Neeleman war mit dem Versprechen angetreten, "das Fliegen wieder menschlich zu machen". Dazu gehört seiner Meinung nach nicht nur das Fernsehen während Start und Landung, sondern auch die Möglichkeit, einfach zum Flughafen zu gehen und loszufliegen. Während das bei anderen Fluggesellschaften ein Vermögen kostet, erhebt JetBlue keinen Aufschlag - solange Plätze frei sind.
Mit dem unkomplizierten Einchecken will JetBlue auch eine ganz neue Zielgruppe locken: Die Autofahrer, die bisher nur für Langstrecken das Flugzeug benutzen. Bisher läuft alles nach Plan: Im März, gut zwei Jahre nach dem ersten Flug am 11. Februar 2000, begrüßte JetBlue den fünfmillionsten Passagier.
An der Wall Street können sie den Börsengang daher kaum erwarten: Endlich mal wieder eine Firma, die eine gute Story zu verkaufen hat. Raymond Neidl, Analyst bei der ABN AMRO Bank, hat keine Zweifel, wie JetBlue einschlagen wird: "Die Firma hat alle Zutaten, die die Anleger mögen."
Gruß
Happy End
Kult-Discounter: Flugline JetBlue
New York - Kew Gardens ist eine ziemlich uncoole Adresse. So gar nicht urban. Hier, im grünen Queens, sitzt die Fluggesellschaft, die es gleich im ersten Jahr ihres Betriebs auf die "It"-Liste des Hochglanz-Magazins "Vanity Fair" geschafft hat: JetBlue wurde zur "It"-Airline 2000 gewählt. Die Trend-Gurus müssen beeindruckt gewesen sein von den blauen Ledersitzen in den brandneuem Airbus A320, und wahrscheinlich noch mehr von den blauen Kartoffelchips, die an Bord gereicht werden.
Dabei ist die 1999 gegründete Billigfluggesellschaft kein Trendsetter, sondern ein Abgucker. JetBlue ist eine gewagte Mischung aus Southwest Airlines, dem Opa der Billigflieger, und Virgin Atlantic, dem Londoner Szene-Flieger. Wie bei Southwest fliegen alle Passagiere in der Coach-Klasse ohne Service, eine erste Klasse gibt es nicht. Auch kein Essen - noch nicht einmal auf sechsstündigen Transatlantikflügen - nur Chips und Getränke. Statt der teuren Drehkreuze werden kleine Nebenflughäfen bevorzugt. Wie bei Virgin zielt das Marketing jedoch auf die hippe urbane Klientel. Daher die 24 Gratis-Fernsehkanäle (inklusive CNBC und Bloomberg-TV) an jedem Platz, die Ledersitze und ein Sitzabstand von 81,3 Zentimetern - größer als bei der Lufthansa.
Live dabei: JetBlue-Passagiere verfolgen die Olympischen Spiele in Sydney (2000)
Billig und trotzdem angenehm - der Spagat scheint zu funktionieren. Bereits im zweiten Betriebsjahr erwirtschaftete JetBlue einen Gewinn von 38,5 Millionen Dollar - und das trotz der schlimmsten Krise der Luftfahrt. Während fast alle Fluggesellschaften Umsatzeinbrüche und Entlassungen erlebten, verdreifachte JetBlue seinen Umsatz von 104 Millionen Dollar im ersten Jahr auf 320 Millionen Dollar 2001. Statt Maschinen in der Wüste zu parken, kauft die Discount-Airline sogar noch hinzu: Bis Silvester soll die A320-Flotte von derzeit 24 auf 34 vergrößert werden. Von seinen Drehkreuzen in New York und Long Beach bei Los Angeles fliegt JetBlue inzwischen 18 amerikanische Städte an, Tendenz steigend.
Diese Woche will das Unternehmen als erste Fluggesellschaft in den USA seit drei Jahren an die Börse gehen. Der Ausgabepreis der Aktie liegt zwischen 22 und 24 Dollar. Mit dieser vorsichtigen Bewertung ist ein Senkrechtstart so gut wie garantiert: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) läge bei 18, während die Konkurrenz von Southwest, Frontier und Skywest durchschnittlich ein siebzig Prozent höheres KGV aufweist. Analysten erwarten daher einen Run auf die Aktien.
Der Gang an die Nasdaq soll 132 Millionen Dollar in die Kasse spülen. Eigentlich hatte er bereits im September stattfinden sollen, war aber nach den Terroranschlägen verschoben worden. Schon vorher war JetBlue für ein Start-up außergewöhnlich kapitalstark. 175 Millionen Dollar hat das Unternehmen von privaten Investoren, darunter Milliardär George Soros, gesammelt.
Billig ist nicht alles: JetBlue-Chef David Neeleman
JetBlue-Gründer ist David Neeleman. Der 39-jährige Mormone hatte bereits die erfolgreiche Regionalfluggesellschaft MorrisAir in Salt Lake City gestartet, die er 1993 an Southwest verkaufte. Damals musste er eine Erklärung unterschreiben, sich für fünf Jahre aus der Branche fernzuhalten. Als die Frist um war, machte er sich an die Pläne für eine neue Fluglinie, Arbeitstitel: "New Air". Er warb zwei Marketing-Leute von Virgin ab und entwarf die Corporate Identity von JetBlue.
Vielleicht waren es Marketing-Gründe - JetBlue kann sich jetzt "New Yorks Hometown Airline" nennen -, jedenfalls war Neeleman verrückt genug, mit der Billigflieger-Tradition zu brechen und den New Yorker Mega-Flughafen JFK als Heimatflughafen zu wählen. JFK ist der Touri-Flughafen, weit draußen in Queens, ein Synonym für Warteschlangen und Verspätungen. Inlandsflüge werden dagegen vom näher an Manhattan liegenden Flughafen La Guardia abgewickelt. Nie würden Geschäftsreisende JFK für kurze Flüge akzeptieren, hieß es denn auch, als Neeleman seine Pläne veröffentlichte.
Doch es stellte sich heraus, dass die Vorurteile falsch sind. JFK ist nur am Nachmittag überfüllt, wenn die internationalen Flüge ankommen. JetBlue legte seine Flugzeiten einfach außerhalb der "Rush Hour" - und schlägt in Sachen Effizienz nun sogar das Vorbild Southwest. Statt den acht Cent des Vorbilds betragen die Betriebskosten bei JetBlue nur 6,5 Cent pro Sitz und geflogener Meile.
Dank der Unterstützung von New Yorker Politikern, darunter Senator Charles Schumer, sicherte sich JetBlue einen eigenen Terminal, bald soll ein zweiter folgen. Dafür fliegt die Airline auch kleine Städte im unterversorgten Norden des Bundesstaates New York an. Das Unternehmen hat jedoch längst gezeigt, dass es sich nicht mit Regionalflügen begnügen will. Das deutlichste Signal kam im Mai 2001, als JetBlue eine zweite Drehscheibe eröffnete - auf dem Nebenflughafen Long Beach, rund 50 Kilometer südlich von Los Angeles. JFK bleibt der einzige Großflughafen im JetBlue-Netz.
Neeleman war mit dem Versprechen angetreten, "das Fliegen wieder menschlich zu machen". Dazu gehört seiner Meinung nach nicht nur das Fernsehen während Start und Landung, sondern auch die Möglichkeit, einfach zum Flughafen zu gehen und loszufliegen. Während das bei anderen Fluggesellschaften ein Vermögen kostet, erhebt JetBlue keinen Aufschlag - solange Plätze frei sind.
Mit dem unkomplizierten Einchecken will JetBlue auch eine ganz neue Zielgruppe locken: Die Autofahrer, die bisher nur für Langstrecken das Flugzeug benutzen. Bisher läuft alles nach Plan: Im März, gut zwei Jahre nach dem ersten Flug am 11. Februar 2000, begrüßte JetBlue den fünfmillionsten Passagier.
An der Wall Street können sie den Börsengang daher kaum erwarten: Endlich mal wieder eine Firma, die eine gute Story zu verkaufen hat. Raymond Neidl, Analyst bei der ABN AMRO Bank, hat keine Zweifel, wie JetBlue einschlagen wird: "Die Firma hat alle Zutaten, die die Anleger mögen."
Gruß
Happy End