Mit blauen Chips an die Börse

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Mit blauen Chips an die Börse

 
10.04.02 12:44
JetBlue ist ein bisschen anders als andere Billigfluggesellschaften. Hier sitzt man in Ledersitzen, isst gefärbte Kartoffelchips, hat Beinfreiheit und seinen eigenen Fernseher - mit 24 Kanälen. Weil die Kunden darauf fliegen, wird der Newcomer an der Börse schon jetzt als Senkrechtstarter gehandelt.

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Kult-Discounter: Flugline JetBlue
 
New York - Kew Gardens ist eine ziemlich uncoole Adresse. So gar nicht urban. Hier, im grünen Queens, sitzt die Fluggesellschaft, die es gleich im ersten Jahr ihres Betriebs auf die "It"-Liste des Hochglanz-Magazins "Vanity Fair" geschafft hat: JetBlue wurde zur "It"-Airline 2000 gewählt. Die Trend-Gurus müssen beeindruckt gewesen sein von den blauen Ledersitzen in den brandneuem Airbus A320, und wahrscheinlich noch mehr von den blauen Kartoffelchips, die an Bord gereicht werden.
Dabei ist die 1999 gegründete Billigfluggesellschaft kein Trendsetter, sondern ein Abgucker. JetBlue ist eine gewagte Mischung aus Southwest Airlines, dem Opa der Billigflieger, und Virgin Atlantic, dem Londoner Szene-Flieger. Wie bei Southwest fliegen alle Passagiere in der Coach-Klasse ohne Service, eine erste Klasse gibt es nicht. Auch kein Essen - noch nicht einmal auf sechsstündigen Transatlantikflügen - nur Chips und Getränke. Statt der teuren Drehkreuze werden kleine Nebenflughäfen bevorzugt. Wie bei Virgin zielt das Marketing jedoch auf die hippe urbane Klientel. Daher die 24 Gratis-Fernsehkanäle (inklusive CNBC und Bloomberg-TV) an jedem Platz, die Ledersitze und ein Sitzabstand von 81,3 Zentimetern - größer als bei der Lufthansa.

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Live dabei: JetBlue-Passagiere verfolgen die Olympischen Spiele in Sydney (2000)
 
Billig und trotzdem angenehm - der Spagat scheint zu funktionieren. Bereits im zweiten Betriebsjahr erwirtschaftete JetBlue einen Gewinn von 38,5 Millionen Dollar - und das trotz der schlimmsten Krise der Luftfahrt. Während fast alle Fluggesellschaften Umsatzeinbrüche und Entlassungen erlebten, verdreifachte JetBlue seinen Umsatz von 104 Millionen Dollar im ersten Jahr auf 320 Millionen Dollar 2001. Statt Maschinen in der Wüste zu parken, kauft die Discount-Airline sogar noch hinzu: Bis Silvester soll die A320-Flotte von derzeit 24 auf 34 vergrößert werden. Von seinen Drehkreuzen in New York und Long Beach bei Los Angeles fliegt JetBlue inzwischen 18 amerikanische Städte an, Tendenz steigend.

Diese Woche will das Unternehmen als erste Fluggesellschaft in den USA seit drei Jahren an die Börse gehen. Der Ausgabepreis der Aktie liegt zwischen 22 und 24 Dollar. Mit dieser vorsichtigen Bewertung ist ein Senkrechtstart so gut wie garantiert: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) läge bei 18, während die Konkurrenz von Southwest, Frontier und Skywest durchschnittlich ein siebzig Prozent höheres KGV aufweist. Analysten erwarten daher einen Run auf die Aktien.

Der Gang an die Nasdaq soll 132 Millionen Dollar in die Kasse spülen. Eigentlich hatte er bereits im September stattfinden sollen, war aber nach den Terroranschlägen verschoben worden. Schon vorher war JetBlue für ein Start-up außergewöhnlich kapitalstark. 175 Millionen Dollar hat das Unternehmen von privaten Investoren, darunter Milliardär George Soros, gesammelt.

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Billig ist nicht alles: JetBlue-Chef David Neeleman
 
JetBlue-Gründer ist David Neeleman. Der 39-jährige Mormone hatte bereits die erfolgreiche Regionalfluggesellschaft MorrisAir in Salt Lake City gestartet, die er 1993 an Southwest verkaufte. Damals musste er eine Erklärung unterschreiben, sich für fünf Jahre aus der Branche fernzuhalten. Als die Frist um war, machte er sich an die Pläne für eine neue Fluglinie, Arbeitstitel: "New Air". Er warb zwei Marketing-Leute von Virgin ab und entwarf die Corporate Identity von JetBlue.

Vielleicht waren es Marketing-Gründe - JetBlue kann sich jetzt "New Yorks Hometown Airline" nennen -, jedenfalls war Neeleman verrückt genug, mit der Billigflieger-Tradition zu brechen und den New Yorker Mega-Flughafen JFK als Heimatflughafen zu wählen. JFK ist der Touri-Flughafen, weit draußen in Queens, ein Synonym für Warteschlangen und Verspätungen. Inlandsflüge werden dagegen vom näher an Manhattan liegenden Flughafen La Guardia abgewickelt. Nie würden Geschäftsreisende JFK für kurze Flüge akzeptieren, hieß es denn auch, als Neeleman seine Pläne veröffentlichte.

Doch es stellte sich heraus, dass die Vorurteile falsch sind. JFK ist nur am Nachmittag überfüllt, wenn die internationalen Flüge ankommen. JetBlue legte seine Flugzeiten einfach außerhalb der "Rush Hour" - und schlägt in Sachen Effizienz nun sogar das Vorbild Southwest. Statt den acht Cent des Vorbilds betragen die Betriebskosten bei JetBlue nur 6,5 Cent pro Sitz und geflogener Meile.

Dank der Unterstützung von New Yorker Politikern, darunter Senator Charles Schumer, sicherte sich JetBlue einen eigenen Terminal, bald soll ein zweiter folgen. Dafür fliegt die Airline auch kleine Städte im unterversorgten Norden des Bundesstaates New York an. Das Unternehmen hat jedoch längst gezeigt, dass es sich nicht mit Regionalflügen begnügen will. Das deutlichste Signal kam im Mai 2001, als JetBlue eine zweite Drehscheibe eröffnete - auf dem Nebenflughafen Long Beach, rund 50 Kilometer südlich von Los Angeles. JFK bleibt der einzige Großflughafen im JetBlue-Netz.

Neeleman war mit dem Versprechen angetreten, "das Fliegen wieder menschlich zu machen". Dazu gehört seiner Meinung nach nicht nur das Fernsehen während Start und Landung, sondern auch die Möglichkeit, einfach zum Flughafen zu gehen und loszufliegen. Während das bei anderen Fluggesellschaften ein Vermögen kostet, erhebt JetBlue keinen Aufschlag - solange Plätze frei sind.

Mit dem unkomplizierten Einchecken will JetBlue auch eine ganz neue Zielgruppe locken: Die Autofahrer, die bisher nur für Langstrecken das Flugzeug benutzen. Bisher läuft alles nach Plan: Im März, gut zwei Jahre nach dem ersten Flug am 11. Februar 2000, begrüßte JetBlue den fünfmillionsten Passagier.

An der Wall Street können sie den Börsengang daher kaum erwarten: Endlich mal wieder eine Firma, die eine gute Story zu verkaufen hat. Raymond Neidl, Analyst bei der ABN AMRO Bank, hat keine Zweifel, wie JetBlue einschlagen wird: "Die Firma hat alle Zutaten, die die Anleger mögen."

Gruß    
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schnee:

Jetblue landet auf dem Parkett

 
12.04.02 12:34
Jetblue landet auf dem Parkett
US-Airline will Ausgabepreis zwischen 25 bis 26 Dollar erzielen
Von Martin Halusa
New York - Dies klingt fast wie in alten Boomzeiten: Aktie überzeichnet, Preisspanne nach oben erhöht, "heißester Börsengang des Jahres an Wall Street" - die Kunden begeistert, Investoren bald auch? Heute geht die junge amerikanische Fluglinie Jetblue an die Börse Nasdaq - und die Aktie könnte ein Renner werden: "Das Geschäftsmodell ist solide, das Papier wird sich gut entwickeln", sagt Luftfahrtanalystin Helane Becker. "Das ist ein super Firma", lobt Branchenexpertin Melanie Hase.

Denn entgegen des allgemeinen Katzenjammers in der Branche hat Jetblue Grund zur Freude - bereits zwei Jahre nach ihre Gründung geht der Carrier an den Markt, der Erfolg beim Publikum und Profitabilität machen es möglich. Der Ausgabepreis vor der Erstnotierung steht zwischen 25 und 26 Dollar, die New Yorker Fluglinie rechnet mit Einnahmen von 138 bis 143 Mio. Dollar.

Jetblue ist anders als andere Fluglinien, sie verfolgt in mehrerlei Hinsicht ein alternatives Konzept. Auf der einen Seite ist die Firma ein Billigflieger, Flüge von New York nach Florida sind für 79 Dollar (einfach) und nach San Francisco für 124 Dollar zu haben - selbst in den Tagen vor dem geplanten Flug erhöht sich der Preis nicht um das oft Vielfache (wie bei vielen anderen Linien). Die Vorverkaufspreise von Jetblue liegen rund 30 bis 40 Prozent unter denen der Konkurrenz: Wer am Tag des Abflugs kauft, kann 60 bis 70 Prozent sparen - wirbt Jetblue.

Auf der anderen Seite heißt preiswert nicht billig: Passagiere sitzen auf blauen Ledersitzen, haben Beinfreiheit, verfügen über Satelliten-TV mit 24 Programmen im Vordersitz, essen blaue Kartoffelchips - und fliegen in den neusten Maschinen. Die Terminals wurden von Designern gestylt, Zielgruppe ist die urbane, moderne Klientel und jene, die sich dafür halten. Europäer erinnert Jetblue an die Airline Virgin.

Statt Drehkreuzen ("Hubs") benutzt Jetblue direkte Verbindungen zwischen zwei Zielen, das reduziert die Kosten pro Meile und Sitz auf sieben Cent - ein Drittel des Branchendurchschnitts. Im vergangenen Jahr erzielte Jetblue, das seinen Sitz nicht in Manhattan, sondern in Kew Gardens im Stadtteil Queens hat, einen Gewinn von 38,5 Mio. und einen Umsatz von 320,4 Mio. Dollar - während die Konkurrenz unter den Folgen der Terroranschläge am 11. September und dem Rückgang der Passagiere zu kämpfen hat und deshalb die Regierung um staatliche Hilfe bittet.

Ingesamt verloren die US-Fluglinien 2001 rund neun Mrd. Dollar, entließen zehntausende an Mitarbeiter. Nur Jetblue legt zu: In diesem Jahr will Vorstandschef David Neeleman die Zahl der nagelneuen Airbus A 320 von 24 auf 34 erhöhen; bis Ende 2007 will die Firma 83 Jets haben. Ein Teil des Geldes wird vom Börsengang stammen, der eigentlich schon im September vergangenen Jahres geplant war.

Denn nicht nur durch die Einnahmen aus dem Verkauf von Aktien ist Jetblue kapitalstark: Schon zuvor hatte das Management 173 Mio. Dollar von privaten Investoren eingesammelt, ein Großteil davon vom legendären Financier George Soros. Jetblue hat große Pläne. Am Flughafen John F. Kennedy in New York will die Airline bald ein zweites Terminal betreiben, weitere Strecken - vor allem auch zwischen Ost- und Westküste - kommen hinzu.

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