Milliardenvernichter Stoiber

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Milliardenvernichter Stoiber

 
12.05.03 12:41
URL: www.spiegel.de/spiegel/0,1518,248162,00.html Affären Alles auf eine AktieBayern verzockte bei Aktiengeschäften mit 1,4 Milliarden Euro fast das ganze Vermögen zweier Staatsstiftungen. Die CSU-Spitze wollte, dass eine Bank bayerisch blieb. Neben seinem Posten als bayerischer Ministerpräsident bekleidet Edmund Stoiber noch manch anderes ehrenvolle Amt. So ist er auch Ratsvorsitzender der staatseigenen Landesstiftung. Das aber könnte für ihn äußerst unangenehm werden. Die Landesstiftung, 1972 gegründet, war einst eine steinreiche Institution. Aus dem Vermögen werden soziale Projekte gefördert: ein Familienhaus für schwer kranke Kinder, eine Orgel für die Kirche in Bad Tölz, ein Zentrum für Gehörlose. Jetzt sind die Fördertöpfe so gut wie leer - Folge einer schier unglaublichen Anlagepolitik der bayerischen Staatsregierung und des Ministerpräsidenten. Unter den Augen des Stiftungsratsvorsitzenden Stoiber schmolz das Vermögen der Landesstiftung dahin, der Verlust beträgt rund 1,2 Milliarden Euro. Mittlerweile sind nur noch 240 Millionen Euro in der Kasse und die Erträge kaum mehr der Rede wert. Ähnlich trostlos ist die Vermögenslage der Forschungsstiftung, deren Zweck die Förderung wissenschaftlicher Projekte ist. Seit 2001 hat sie etwa 200 Millionen Euro verloren. Auch hier ist Stoiber Vorsitzender des Stiftungsrats. Der Grund für das Desaster ist ein Vorgang, der jedem Kleinanleger als Todsünde im Finanzgeschäft bekannt ist. Die Bayern-Regenten setzten beinahe das gesamte Vermögen der Landesstiftung auf eine Aktie: die der Bayerischen Vereinsbank (BV), die später mit der Hypobank zur HypoVereinsbank fusioniert ist. Aus der Forschungsstiftung investierten sie immerhin die Hälfte der Mittel ebenfalls in Papiere der BV. In manchen Jahren haben die bayerischen Kassenwarte sogar dem Staatshaushalt direkt Geld entnommen, um wiederum über die Stiftungen Aktien der Vereinsbank zu kaufen, insgesamt für über 150 Millionen Euro. Dann platzte die Börsenblase. Die HypoVereinsbank-Aktie, die in der Spitze 95 Euro wert war, sauste in den Keller. Die angeblich so wirtschaftskompetenten CSU-Mannen verschliefen den Zeitpunkt, die Papiere halbwegs rentabel zu verkaufen. Nun liegt der Kurs bei elf Euro, er dürfte in absehbarer Zeit wohl kaum mehr die einstigen Höhen erreichen. Der Ministerpräsident hüllt sich derweil in Schweigen. Aus gutem Grund: Aufzeichnungen aus dem Landtagsarchiv belegen, dass keineswegs schlichte Naivität die Politiker zu der fatalen Geldanlage verführt hat. Als der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) schon in den neunziger Jahren die Aktienkäufe kritisierte, gab die CSU unumwunden zu, warum die gefährlichen Transaktionen stattgefunden haben: Die bayerische Staatsregierung wollte sich über das Aktienpaket eine hohe Beteiligungsquote an der Bank sichern. Deshalb kaufte sie nach Kapitalerhöhungen der BV sogar immer wieder Aktien nach. Am Ende verfügte man über 27 Millionen Aktien und über einen Aufsichtsratsposten, den bis 1995 der Ministerpräsident einnahm. Dass sich ein solches Mitspracherecht als hilfreich erweist, etwa wenn es um Kredite für CSU-nahe Unternehmen geht, hat sich zuletzt beim geplanten Kauf der Formel 1 durch Kirch gezeigt. Hier aber ging es der Regierung um mehr. Mit Hilfe des Aktienpakets sollte die Vereinsbank 1997 vor einer drohenden Übernahme bewahrt werden, die Deutsche Bank galt als Interessent. Im Haushaltsausschuss wurde darauf eine Einlassung der Vereinsbank verlesen, die strukturpolitische Aspekte anmahnte. Die Christsozialen reagierten prompt: Würde sie sich auch nur von einem Teil der Aktien trennen, so die Fraktion damals, könnten potienzielle Erwerber versucht sein, "den Bankenplatz Bayern anders zu bestimmen, als wir es gerne haben möchten". Das musste um jeden Preis verhindert werden. Immer wieder rügte der Rechnungshof die verwegenen Investments. "Der Stifterwille", schimpfte der ORH 1997, "bestand wohl nicht darin, dass jede Kapitalerhöhung der Bayerischen Vereinsbank mitgetragen wird." Doch die Bedenken wurden stets ignoriert. Milliardenvernichter Stoiber, der sonst gern Experten um sich schart, blieb in diesem Fall beratungsresistent. Die Rechnung zahlen Behinderte, kranke Kinder, Wissenschaftler - und sämtliche bayerischen Steuerzahler: Damit die Forschungsstiftung überhaupt noch Projekte fördern kann, wird schon wieder aus der knappen Staatskasse nachgeholfen. Von 2003 an muss Finanzminister Kurt Faltlhauser, der ansonsten um jeden Cent ringt, 3,1 Millionen Euro jährlich zusätzlich lockermachen. Politische Konsequenzen sind bislang ausgeblieben - anders als beispielsweise vor vier Jahren: Damals musste Justizminister Alfred Sauter gehen, weil ihn Stoiber für die verlorenen Millionen der Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft (LWS) als deren Aufsichtsratschef verantwortlich machte. Die Verluste der staatlichen Stiftungen übertreffen die LWS-Pleite um das Fünffache. Offenbar kein Problem: Das Finanzministerium erklärte die Landesstiftung kürzlich für "kerngesund". CONNY NEUMANN
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