EZB-Watcher/Deutsche Bank: M3 ein "deutliches Warnsignal"
Frankfurt (vwd) - Die EZB-Watcher vom Research Büro Frankfurt Deutsche Bank teilen die zunehmende Besorgnis der Europäischen Zentralbank wegen der hartnäckig starken Geldmengenexpansion. Die Analysten Susana Garcia-Cervero und Mark Wall gehen der Frage nach, warum sich die Geldmenge M3, die aktuell (Mai 2002) eine Jahreswachstumsrate von 7,8 (April: 7,4) Prozent und einen Drei-Monats-Durchschnitt von 7-1/2 Prozent gegenüber dem EZB-Referenzwert von 4-1/2 Prozent aufweist, nach den Portfolioumschichtungen infolge von Sonderfaktoren nicht normalisiert.
"Die empirischen Daten belegen, dass in Euroland ein relativ stabiles Verhältnis zwischen der Geldmenge M3 und dem Preisniveau besteht. M3 gilt deshalb als einer der wichtigsten Indikatoren für die zukünftige Inflationsentwicklung." Die Bankvolkswirte glätten das M3-Wachstum durch einen gleitenden Zwölf-Monats-Durchschnitt, um so die enge Beziehung zwischen dem um ein Jahr nach vorn verschobenen M3-Wachstum und der Inflationsrate aufzuzeigen. Der Korrelationskoeffizient zwischen den beiden Datenreihen weist von 1981 bis 2001 - trotz erratischer M3-Ausschläge Mitte der 90er Jahre - einen sehr signifikanten Wert auf.
"Daher sollte der seit einem Jahr anhaltende Anstieg der Geldmenge M3 ein deutliches Warnsignal sein", so Garcia-Cervero und Wall. Die bis vor einem Monat von der EZB zur Erklärung des starken M3-Wachstums angeführten Sonderfaktoren - etwa die große Unsicherheit, der relativ starke Preisauftrieb und die flache Zinsstrukturkurve - dürften im Herbst 2001 in der Tat die Geldmengenentwicklung stark beeinflusst haben, was die ausgebliebene Reaktion der EZB rechtfertige. Einige dieser Faktoren wirkten heute allerdings kaum noch, geben die Analysten zu bedenken.
So sei die Zinsstrukturkurve, die in den ersten neun Monaten 2001 sehr flach verlief, seit Herbst wieder deutlich steiler geworden. Das zunehmende Renditegefälle zwischen lang- und kurzfristigen Anlagen müsste eigentlich ein Signal für Portfolioumschichtungen von liquiden hin zu langfristigeren Anlageformen sein. Demnach hätte sich das Geldmengenwachstum deutlich verlangsamen müssen, wenngleich sich Veränderungen der Zinsstrukturkurve erfahrungsgemäß erst mit einiger zeitlicher Verzögerung in den Portfoliostrategien niederschlagen. Was die Verunsicherung über die Wachstumsaussichten betrifft, so habe auch diese inzwischen ein "normales" Maß erreicht.
Deshalb hätte also eine Umschichtung von kurz- in langfristigere Anlageformen eintreten sollen, zumal da an den Aktienmärkten die Volatilität der Kurse in den USA und Euroraum im vierten Quartal 2001 besonders ausgeprägt war, mit einer gewissen Normalisierung danach. Der dabei weiterhin abwärts gerichtete Kurstrend könne die Investoren aber von einem Engagement am Aktienmarkt abhalten. Warum aber habe M3 auf den nachlassenden Einfluss dieser Sonderfaktoren, die das M3-Wachstum nach EZB-Schätzung im Herbst 2001 um etwa drei Prozentpunkte empor getrieben hatte, bislang nicht reagiert? Das beantworten auch diese Bankökonomen nicht überzeugend.
"Insgesamt lässt sich festhalten, dass die als Auslöser für die Portfolioumschichtungen angeführten Faktoren sich inzwischen abgeschwächt haben. Das M3-Wachstum müsste sich demnach wieder verlangsamen, doch hält sich der Anstieg auf einem relativ hohen Niveau." Garcia-Cervero und Wall machen auch darauf aufmerksam, dass die EZB neben M3 auch die Kreditvergabe an den privaten Sektor genau verfolgt, hier scheine die Zuwachsrate die Talsohle durchschritten zu haben. Was besagt diese Analyse der Geldmengenentwickung aktuell für die nächsten geldpolitischen Beschlüsse im EZB-Rat?
Auch die Volkswirte der Deutschen Bank meinen, dass der EZB-Rat am kommenden Donnerstag die Leitzinsen um den zentralen 2-Wo-Refi-Satz von 3,25 Prozent nochmals unverändert lassen wird, vor allem auch mit Hinweis auf die deutliche Euro-Aufwertung. Damit sei die zweite Säule der geldpolitischen EZB-Strategie - mit dem Indikatorenbündel - noch maßgebend für die Analyse und die Beschlussgrundlage. Garcia-Cervero und Wall kommen in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass die EZB künftig der ersten Säule mit der Geldmengenentwicklung "mehr Beachtung schenken" werde, und zwar "insbesondere im Falle einer lebhafteren Ausweitung der Kreditvergabe an den privaten Sektor." +++ Hans Hutter
vwd/1.7.2002/hu/cv
Gruß Pichel
Frankfurt (vwd) - Die EZB-Watcher vom Research Büro Frankfurt Deutsche Bank teilen die zunehmende Besorgnis der Europäischen Zentralbank wegen der hartnäckig starken Geldmengenexpansion. Die Analysten Susana Garcia-Cervero und Mark Wall gehen der Frage nach, warum sich die Geldmenge M3, die aktuell (Mai 2002) eine Jahreswachstumsrate von 7,8 (April: 7,4) Prozent und einen Drei-Monats-Durchschnitt von 7-1/2 Prozent gegenüber dem EZB-Referenzwert von 4-1/2 Prozent aufweist, nach den Portfolioumschichtungen infolge von Sonderfaktoren nicht normalisiert.
"Die empirischen Daten belegen, dass in Euroland ein relativ stabiles Verhältnis zwischen der Geldmenge M3 und dem Preisniveau besteht. M3 gilt deshalb als einer der wichtigsten Indikatoren für die zukünftige Inflationsentwicklung." Die Bankvolkswirte glätten das M3-Wachstum durch einen gleitenden Zwölf-Monats-Durchschnitt, um so die enge Beziehung zwischen dem um ein Jahr nach vorn verschobenen M3-Wachstum und der Inflationsrate aufzuzeigen. Der Korrelationskoeffizient zwischen den beiden Datenreihen weist von 1981 bis 2001 - trotz erratischer M3-Ausschläge Mitte der 90er Jahre - einen sehr signifikanten Wert auf.
"Daher sollte der seit einem Jahr anhaltende Anstieg der Geldmenge M3 ein deutliches Warnsignal sein", so Garcia-Cervero und Wall. Die bis vor einem Monat von der EZB zur Erklärung des starken M3-Wachstums angeführten Sonderfaktoren - etwa die große Unsicherheit, der relativ starke Preisauftrieb und die flache Zinsstrukturkurve - dürften im Herbst 2001 in der Tat die Geldmengenentwicklung stark beeinflusst haben, was die ausgebliebene Reaktion der EZB rechtfertige. Einige dieser Faktoren wirkten heute allerdings kaum noch, geben die Analysten zu bedenken.
So sei die Zinsstrukturkurve, die in den ersten neun Monaten 2001 sehr flach verlief, seit Herbst wieder deutlich steiler geworden. Das zunehmende Renditegefälle zwischen lang- und kurzfristigen Anlagen müsste eigentlich ein Signal für Portfolioumschichtungen von liquiden hin zu langfristigeren Anlageformen sein. Demnach hätte sich das Geldmengenwachstum deutlich verlangsamen müssen, wenngleich sich Veränderungen der Zinsstrukturkurve erfahrungsgemäß erst mit einiger zeitlicher Verzögerung in den Portfoliostrategien niederschlagen. Was die Verunsicherung über die Wachstumsaussichten betrifft, so habe auch diese inzwischen ein "normales" Maß erreicht.
Deshalb hätte also eine Umschichtung von kurz- in langfristigere Anlageformen eintreten sollen, zumal da an den Aktienmärkten die Volatilität der Kurse in den USA und Euroraum im vierten Quartal 2001 besonders ausgeprägt war, mit einer gewissen Normalisierung danach. Der dabei weiterhin abwärts gerichtete Kurstrend könne die Investoren aber von einem Engagement am Aktienmarkt abhalten. Warum aber habe M3 auf den nachlassenden Einfluss dieser Sonderfaktoren, die das M3-Wachstum nach EZB-Schätzung im Herbst 2001 um etwa drei Prozentpunkte empor getrieben hatte, bislang nicht reagiert? Das beantworten auch diese Bankökonomen nicht überzeugend.
"Insgesamt lässt sich festhalten, dass die als Auslöser für die Portfolioumschichtungen angeführten Faktoren sich inzwischen abgeschwächt haben. Das M3-Wachstum müsste sich demnach wieder verlangsamen, doch hält sich der Anstieg auf einem relativ hohen Niveau." Garcia-Cervero und Wall machen auch darauf aufmerksam, dass die EZB neben M3 auch die Kreditvergabe an den privaten Sektor genau verfolgt, hier scheine die Zuwachsrate die Talsohle durchschritten zu haben. Was besagt diese Analyse der Geldmengenentwickung aktuell für die nächsten geldpolitischen Beschlüsse im EZB-Rat?
Auch die Volkswirte der Deutschen Bank meinen, dass der EZB-Rat am kommenden Donnerstag die Leitzinsen um den zentralen 2-Wo-Refi-Satz von 3,25 Prozent nochmals unverändert lassen wird, vor allem auch mit Hinweis auf die deutliche Euro-Aufwertung. Damit sei die zweite Säule der geldpolitischen EZB-Strategie - mit dem Indikatorenbündel - noch maßgebend für die Analyse und die Beschlussgrundlage. Garcia-Cervero und Wall kommen in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass die EZB künftig der ersten Säule mit der Geldmengenentwicklung "mehr Beachtung schenken" werde, und zwar "insbesondere im Falle einer lebhafteren Ausweitung der Kreditvergabe an den privaten Sektor." +++ Hans Hutter
vwd/1.7.2002/hu/cv
Gruß Pichel