Arbeit muss sich wieder lohnen
Kolumne
Von Erwin Grandinger
Warum in Deutschland Aktien kaufen? Die Politik dreht sich im Kreise. Beide liegen sie falsch: Gerhard Schröder und Edmund Stoiber. Nicht die Erhöhung des Kindergeldes oder die Einführung eines Familiengeldes sollte im Zentrum des Wahlkampfes stehen, sondern die beherzte Senkung von Steuern, Gebühren und Abgaben für alle. Wieso, fragt sich der Investor, befinden sich bei Bundestagswahlen die beiden Kanzlerkandidaten immer im Wettlauf darüber, wer die besten Verteilungsprogramme unters Volk bringt? Gleichzeitig ist dies der spezifische Ausdruck einer deutschen Mentalität: Man sorgt sich um die Nehmenden (Mehrheit der Wähler) und vernachlässigt die Gebenden (Minderheit der Wähler).
Politiker können lange darüber sinnieren, warum bei uns keine Kultur der Selbstständigkeit wächst. Schon lernt der junge Staatsbürger frühzeitig, dass er besser die Hand ausstreckt als die Ärmel hochkrempelt. In der Schule werden zwar die abstraktesten Dinge vermittelt, doch wird keinem Schüler beigebracht, wie man eine Gewerbeanmeldung ausfüllt und wo man sie abgibt - geschweige denn, wie man einen Betrieb führt. Stattdessen tobt in den Köpfen der Verantwortlichen der Kulturkampf um Rechtschreibreform und Pisa-Studie. Sie haben nichts Wichtigeres zu tun.
All dies scheint marginal. Ist es aber nicht! Die Politiker predigen das Aktiensparen als Altersvorsorge. Die demographische Welle und die desaströsen Entscheidungen, die Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) und Walter Riester (SPD) in den letzten 20 Jahren getroffen haben, machten aus der staatlichen Rentenversicherung ein Trümmerwerk. Auch der Notnagel, die Riester-Rente, erweist sich als Faschingskracher, nicht aber als sinnvolle Ergänzung zur staatlichen Rente. Der Staat, durch sein offenherziges Verteilungsgebaren getrieben, hat also die staatliche Rentenversicherung nahezu ruiniert. Und wer soll es richten? Die börsennotierten Unternehmen! Nur wenn deren Aktienkurse steigen, kann auch der Beitragssparer den Ausfall der staatlichen Rente kompensieren.
Doch hier fängt der Teufelskreis an. Keiner will Unternehmer werden, doch alle wollen Aktiensparen. Jeder hält die Hand auf, wenn es um staatliche Leistungen geht, doch Steuern zahlen ist unpopulär. Eine massive Rückführung der sozialen Transferkosten kann sich weder Stoiber noch Schröder leisten. Die organisierte Betroffenheitsmaschinerie heult auf, wenn dies geschieht. Der gesellschaftspolitische Ordnungsrahmen für eine Unternehmerkultur ist nicht vorhanden und wird auch nicht ansatzweise geschaffen. In der grundgesetzlichen Praxis wird "sozial" groß geschrieben (ein Drittel des Bundeshaushaltes), aber "Marktwirtschaft" nur als fragwürdiges, kapitalistisches Anhängsel verstanden (Sachsen-Anhalt ist nur stellvertretend für alle Bundesländer).
Wenn man eine langfristige aktien- und fondsgebundene Rentenplanung abschließt, sollte man also den "Mentalitätsgedanken" in die Profitabilitätsrechnung einbeziehen. Die Wachstumsraten der deutschen Unternehmen in der Nachkriegszeit bis hin zur Wiedervereinigung sagen also wenig über zukünftige Ertragschancen. Modeerscheinungen wie der Neue Markt entsprechen zwar dem Zeitgeist, schrecken aber jeden vernünftigen Privatinvestor ab, der sich über die Jahre ein Kapitalvermögen aufbauen möchte.
Es gibt nur einen Weg: Wer für alle - Arbeitnehmer und Unternehmer - die Steuern senkt, die steuerlichen Ausnahmetatbestände großflächig abschafft und den Aufwand für die Einkommensteuererklärung auf ein oder zwei Seiten reduziert, wird nicht nur die Schwarzarbeit zurückdrängen und damit mehr Steuereinnahmen erreichen, sondern auch das Gefühl fördern, dass sich "Arbeit wieder lohnt". Letzteres ist zwar banal, doch nicht nur jugendlichen Generation noch sehr fremd.
Erwin Grandinger ist politischer Analyst bei Eurozone Advisors
Kolumne
Von Erwin Grandinger
Warum in Deutschland Aktien kaufen? Die Politik dreht sich im Kreise. Beide liegen sie falsch: Gerhard Schröder und Edmund Stoiber. Nicht die Erhöhung des Kindergeldes oder die Einführung eines Familiengeldes sollte im Zentrum des Wahlkampfes stehen, sondern die beherzte Senkung von Steuern, Gebühren und Abgaben für alle. Wieso, fragt sich der Investor, befinden sich bei Bundestagswahlen die beiden Kanzlerkandidaten immer im Wettlauf darüber, wer die besten Verteilungsprogramme unters Volk bringt? Gleichzeitig ist dies der spezifische Ausdruck einer deutschen Mentalität: Man sorgt sich um die Nehmenden (Mehrheit der Wähler) und vernachlässigt die Gebenden (Minderheit der Wähler).
Politiker können lange darüber sinnieren, warum bei uns keine Kultur der Selbstständigkeit wächst. Schon lernt der junge Staatsbürger frühzeitig, dass er besser die Hand ausstreckt als die Ärmel hochkrempelt. In der Schule werden zwar die abstraktesten Dinge vermittelt, doch wird keinem Schüler beigebracht, wie man eine Gewerbeanmeldung ausfüllt und wo man sie abgibt - geschweige denn, wie man einen Betrieb führt. Stattdessen tobt in den Köpfen der Verantwortlichen der Kulturkampf um Rechtschreibreform und Pisa-Studie. Sie haben nichts Wichtigeres zu tun.
All dies scheint marginal. Ist es aber nicht! Die Politiker predigen das Aktiensparen als Altersvorsorge. Die demographische Welle und die desaströsen Entscheidungen, die Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) und Walter Riester (SPD) in den letzten 20 Jahren getroffen haben, machten aus der staatlichen Rentenversicherung ein Trümmerwerk. Auch der Notnagel, die Riester-Rente, erweist sich als Faschingskracher, nicht aber als sinnvolle Ergänzung zur staatlichen Rente. Der Staat, durch sein offenherziges Verteilungsgebaren getrieben, hat also die staatliche Rentenversicherung nahezu ruiniert. Und wer soll es richten? Die börsennotierten Unternehmen! Nur wenn deren Aktienkurse steigen, kann auch der Beitragssparer den Ausfall der staatlichen Rente kompensieren.
Doch hier fängt der Teufelskreis an. Keiner will Unternehmer werden, doch alle wollen Aktiensparen. Jeder hält die Hand auf, wenn es um staatliche Leistungen geht, doch Steuern zahlen ist unpopulär. Eine massive Rückführung der sozialen Transferkosten kann sich weder Stoiber noch Schröder leisten. Die organisierte Betroffenheitsmaschinerie heult auf, wenn dies geschieht. Der gesellschaftspolitische Ordnungsrahmen für eine Unternehmerkultur ist nicht vorhanden und wird auch nicht ansatzweise geschaffen. In der grundgesetzlichen Praxis wird "sozial" groß geschrieben (ein Drittel des Bundeshaushaltes), aber "Marktwirtschaft" nur als fragwürdiges, kapitalistisches Anhängsel verstanden (Sachsen-Anhalt ist nur stellvertretend für alle Bundesländer).
Wenn man eine langfristige aktien- und fondsgebundene Rentenplanung abschließt, sollte man also den "Mentalitätsgedanken" in die Profitabilitätsrechnung einbeziehen. Die Wachstumsraten der deutschen Unternehmen in der Nachkriegszeit bis hin zur Wiedervereinigung sagen also wenig über zukünftige Ertragschancen. Modeerscheinungen wie der Neue Markt entsprechen zwar dem Zeitgeist, schrecken aber jeden vernünftigen Privatinvestor ab, der sich über die Jahre ein Kapitalvermögen aufbauen möchte.
Es gibt nur einen Weg: Wer für alle - Arbeitnehmer und Unternehmer - die Steuern senkt, die steuerlichen Ausnahmetatbestände großflächig abschafft und den Aufwand für die Einkommensteuererklärung auf ein oder zwei Seiten reduziert, wird nicht nur die Schwarzarbeit zurückdrängen und damit mehr Steuereinnahmen erreichen, sondern auch das Gefühl fördern, dass sich "Arbeit wieder lohnt". Letzteres ist zwar banal, doch nicht nur jugendlichen Generation noch sehr fremd.
Erwin Grandinger ist politischer Analyst bei Eurozone Advisors