Lebensversicherer senken Garantiezins

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Lebensversicherer senken Garantiezins

 
20.05.03 09:48
Herabstufung von 3,25 auf 2,75 Prozent


Lebensversicherer senken Garantiezins


Von Rita Lansch, Handelsblatt


Die Lebensversicherer werden schon früher als erwartet ihre garantierten Verzinsungen absenken müssen. Das Bundesfinanzministerium will den maximal zulässigen Garantiezins für Lebensversicherungspolicen, die ab Januar 2004 abgeschlossen werden, von derzeit 3,25 % auf 2,75 % herabsetzen.

 



HB DÜSSELDORF. Über den Entwurf der dazu nötigen Verordnung hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am Wochenende seine Mitgliedsunternehmen per Rundschreiben informiert. Dem-nach steht nur noch die Zustimmung des Bundesrates aus.

Während das Ministerium alle Details bestätigt, wollte der GDV sich offiziell nicht äußern. Fest steht jedoch, dass die Versicherer in der Sache mit dem Ministerium einer Meinung sind. Der Zeitpunkt kommt den Versicherern indes ungelegen. Sie brauchen mehr Zeit für die Umstellung ihrer Systeme, so Branchenvertreter.

Das Ministerium muss den Höchst-Rechnungszins grundsätzlich dann herabsetzen, wenn er mehr als 60 % des langjährigen Durchschnitts der 10-jährigen Bundesanleihen beträgt. Auf eine schnellere Anpassung des garantierten Rechnungszinses der Lebensversicherung an das gesunkene Kapitalmarktniveau hat aber vor allem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gedrängt. In einem Schreiben soll Oberaufseher Jochen Sanio in Berlin für ein Vorziehen der ursprünglich für 2005 geplanten Zinssenkung plädiert haben.

Versicherungsbranche in der Krise

Der Grund: Die Branche steckt in der schwierigsten Phase seit Kriegsende. Die Aktienkurse sind abgestürzt, die Zinsen extrem niedrig. Viele Versicherer haben ihren Kunden zu lange Gewinnbeteiligungen gutgeschrieben, die über den am Markt zu erzielenden Renditen lagen. Daher sind die Reservepolster abgeschmolzen. Einzelne Gesellschaften sind sogar in finanzielle Schieflage geraten.

Entwarnung aber für Altkunden: Bestehende Policen bleiben unbehelligt. Alle ab 2004 neuen Policen, bei denen ein Sparvorgang mit garantierter Verzinsung einkalkuliert ist, sind jedoch von der Absenkung betroffen. Und dazu gehört neben der klassischen Lebensversicherung vor allem die Rentenversicherung. Zu geringeren Garantieleistungen kann es auch in der Unfallversicherung kommen, bei der ja für den Invaliditätsfall ebenfalls Renten vereinbart werden.

Beiträge werden steigen

Unangenehm für die Kunden, aber auch für Versicherer: Sinkt die Garantieverzinsung, steigen automatisch die Beiträge. Beispielsweise kostet einen 30-jährigen Mann eine klassische Lebensversicherung bei einem mittelgroßen Versicherer aktuell (mit 3,25 % kalkuliert) rund 220 Euro Monatsbeitrag, wenn er eine garantierte Summe von 100 000 Euro über 30 Jahre absichern will. Bei einem einkalkulierten Garantiezins von nur noch 2,75 % muss der Mann für die gleiche Summe ab Januar 235 Euro pro Monat überweisen. Das sind 5 400 Euro mehr über die Laufzeit.

Die Versicherer argumentieren indes gern damit, dass das, was vorne (Garantiezins) weggenommen wird, hinten (Gewinnbeteiligung) wieder dazu kommt. Zwar wird die 2,75%-Police zunächst teurer, doch der Mehrbeitrag wirft entsprechend höheren Ertrag ab. Schon aus Gründen der Gleichbehandlung von Alt- und Neukunden darf hier nicht geschummelt werden. Wenn die Gesellschaft also insgesamt 5 % am Kapitalmarkt erwirtschaftet, dann bekommt der Altkunde davon im Schnitt 3,25 Prozentpunkte garantiert und 1,75 Punkte aus der Gewinnverteilung. Die Neuen bekommen 2,75 garantiert und 2,25 Punkte aus der Gewinnbeteiligung.

Doch Vorsicht – die Höhe der Garantie kann sich auch direkt bemerkbar machen: Im Todesfall gibt es bei jungen Verträgen meist nur die garantierte Summe. Und wer eine Rente von der Versicherung bezieht, der hat bei einer niedrigeren Garantie einen geringeren Betrag wirklich sicher bis ans Lebensende.

Die Lebensversicherer sind durch die Kapitalmarktkrise in die Schlagzeilen geraten. Dennoch wächst die Branche , weil die Anleger mit anderen Anlagen viel schlechtere Erfahrungen gemacht haben. Im Jahr 2002 haben die Lebensversicherer zusammen 65 Mrd. Euro an Beiträgen eingesammelt (+ 4,5%), für 2003 liegen die Prognosen bei einem Plus von etwa 3,5 %. Die Erfahrung mit der letzten Zinssenkung vor drei Jahren zeigt, dass bis zur Umsetzung 2004 mit einer Belebung gerechnet werden darf.


HANDELSBLATT, Dienstag, 20. Mai 2003, 06:44 Uhr

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