Le Pen erreicht Stichwahl in Frankreich

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Brummer:

Le Pen erreicht Stichwahl in Frankreich

 
22.04.02 08:01
Von Daniela Schwarzer, Paris

Der rechtsextreme Jean-Marie Le Pen hat voraussichtlich mit knapper Mehrheit die Stichwahl um die französische Präsidentschaft gegen den konservativen Amtsinhaber Jacques Chirac erreicht. Premierminister Lionel Jospin kündigte daraufhin seinen Rückzug aus der Politik an.

In der ersten Runde fügte der Chef des Front National dem Sozialisten Jospin eine bittere Niederlage zu. Der Gaullist Chirac erreichte 19,8 Prozent der Stimmen. Le Pen erhielt 17 Prozent. Lionel Jospin, der neben Chirac als Favorit für den zweiten Wahlgang galt, kam nur auf 16 Prozent. Der Wahlerfolg der Rechtsextremen sei ein "Donnerschlag" und ein sehr beunruhigendes Zeichen für Frankreich und unsere Demokratie", sagte Jospin. Er sei tief enttäuscht.

Nie zuvor hat in Frankreich ein Kandidat, der nicht einer gemäßigten Partei angehört, die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen erreicht. Obwohl der Konservative Chirac die Stichwahl am 5. Mai nach Umfragen mit deutlichem Vorsprung gewinnen wird, bedeutet das Ergebnis einen Schock für Frankreich. Bei der Parlamentswahl im Juni könnte der Erfolg Le Pens zu Verlusten im bürgerlichen Lager führen.

Die gemäßigten Parteien konnten nur knapp 70 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Le Pen und ein weiterer rechtsextremer Kandidat kamen gemeinsam auf 20 Prozent. Die drei Bewerber der trotzkistischen Linken gewannen elf Prozent. Im ersten Wahlgang traten 16 Bewerber an.

Mobilisierung misslungen

Der Abstimmung fern blieben 28,5 Prozent der Wähler - so viele wie noch nie zuvor in der französischen Geschichte. Noch am Freitag waren 60 Prozent der Wähler unentschieden. Den Favoriten Jospin und Chirac war es nicht gelungen, die Wähler zu begeistern. Programmatisch unterschieden sie sich kaum voneinander. Im Großraum Paris fiel die Wahl in die Frühjahrsferien.

Dass keiner der beiden Männer, die Frankreich seit fünf Jahren gemeinsam regieren, bei der Abstimmung auf mehr als 20 Prozent kam, zeugt von der politischen Unzufriedenheit der Franzosen. Jospin ist seit 1997 Premierminister und Chef eines linken Regierungsbündnisses, Chirac ist seit 1995 Staatspräsident. Die zwei Politiker haben eine lange Karriere hinter sich. Im Wahlkampf setzte jedoch keiner der beiden neue Impulse.

Der sozialistische Finanzminister Laurent Fabius sagte über den Wahlausgang: "In der Linken gibt es viele Leute, die weinen." Die Fragen der inneren Sicherheit seien von den rechten Kandidaten instrumentalisiert worden. Den Sozialisten schadete überdies die starke Konkurrenz der extremen Linken und der beiden grünen Kandidaten.


© 2002 Financial Times Deutschland
Diogenes:

Proteste in Frankreich

 
22.04.02 08:20
Tausende gegen Le Pen auf der Straße

Festnahmen in unruhiger Wahlnacht in Paris - Rechtsextremist gegen Chirac in Stichwahl

Bei Demonstrationen gegen den Rechtsextremisten Jean-Marie Le Pen sind in einer unruhigen Wahlnacht in Paris etwa 30 Personen festgenommen worden. Nach einem friedlichen Protestmarsch von mehr als 10.000 Menschen zur Place de la Bastille kam es an der Place de la Concorde zu Zusammenstößen mit der Polizei.  

Auch in zahlreichen anderen Städten gingen nach dem überraschenden Wahlergebnis tausende auf die Straße, unter ihnen zahlreiche enttäuschte Anhänger der Sozialisten und Kommunisten. Auf der Place de la Concorde und vor der Nationalversammlung warfen zum Teil maskierte Demonstranten Steine und anderen Gegenstände in die Reihen der Bereitschaftspolizei (CRS). Diese gingen mit dem Schlagstock gegen die Menschenmenge vor und setzte Tränengas ein.  

Später versuchten einige hundert Jugendliche auf dem Boulevard Saint-Germain, Barrikaden zu errichten. Auch hier flogen Steine, mehrere Schaufensterscheiben gingen zu Bruch. Erst gegen 4.30 Uhr kehrte Ruhe ein. Beim Zug durch die Straßen riefen die Demonstranten Sprechchöre wie «Nieder mit der Front National» oder «Die Linke, die Rechte, vereint gegen Le Pen ». Auf Plakaten hieß es «Ich schäme mich, Franzose zu sein.»  
 
Zu kleineren Zwischenfällen kam es in Toulouse, wo in der Nacht 5.000 Menschen gegen Le Pen demonstrierten, der sich zusammen mit Staatspräsident Jacques Chirac für die Stichwahl qualifizierte. Das Rathaus von Toulouse wurde mit Steinen beworfen; auch hier setzte die Polizei Tränengas ein. Zu Kundgebungen kam es außerdem in Lille, Marseille, Nantes, Montpellier, Grenoble, Straßburg und Clermont-Ferrand.

 
     
Jacques Chirac Chirac gegen Le Pen

Beim ersten Durchgang der französischen Präsidentschaftswahl hat Amtsinhaber Jacques Chirac am Sonntag nach amtlichen Angaben 19,67 Prozent der Stimmen erreicht. Der rechtsradikale Jean-Marie Le Pen kam mit 17,02 Prozent auf den zweiten Platz - vor dem sozialistischen Premierminister Lionel Jospin mit 16,07 Prozent. In dem am Montagmorgen vom Innenministerium in Paris mitgeteilten Ergebnis sind allerdings die Stimmen aus den französischen Überseegebieten Guyana, Martinique, Guadeloupe und Polynesien sowie die der Auslandsfranzosen noch nicht enthalten.  

Indem Le Pen in der ersten Runde überraschend Jospin überflügelte, tritt er nun am 5. Mai in einer Stichwahl gegen Staatschef Jacques Chirac an. Aus dieser wird Chirac vermutlich als klarer Sieger hervorgehen, zumal die Sozialisten schon jetzt zu seiner Wahl aufgerufen haben. Jospin zog die Konsequenzen aus seiner Niederlage und kündigte seinen Rückzug aus der Politik nach dem zweiten Wahldurchgang an.
 
     
Mit Material von AP, AFP
Brummer:

"Das ist ein Schock für das Land"

 
22.04.02 08:25
Der Erfolg des Rechtsextremisten-Führers Jean-Marie Le Pen bei der Präsidentenwahl in Frankreich hat für Aufruhr bei den gemäßigten Parteien gesorgt. "Das ist ein Schock für das Land", sagte am Abend der Vorsitzende der Sozialistischen Partei, François Hollande.

Paris - "Es ist eine grausame und ungerechte Niederlage", klagte der unterlegene sozialistischen Premierministers Lionel Jospin, kurz bevor er seinen Rücktritt von der Politik erklärte. Die sozialistischen Parteianhänger reagierten in ihrem Wahlhauptquartier mit Tränen und Wut auf die Niederlage. Wirtschafts- und Finanzminister Laurent Fabius sprach von einer Katastrophe: "Das ist ein harter Schlag. Wir müssen gegen die Rechtsextremen im zweiten Wahlgang eine Barrikade aufstellen."

Der frühere sozialistische Wirtschafts- und Finanzminister Dominique Strauss-Kahn erklärte, er werde im zweiten Wahlgang für den konservativen bisherigen Präsidenten Jacques Chirac stimmen. Der grüne Präsidentschaftskandidat, Noel Mamère, zeigte sich entsetzt. "Das ist die schlimmste politische Krise in Frankreich in der Nachkriegszeit. Wir müssen alles tun, um Le Pen zu schlagen."

Der Neogaullist Nicolas Sarkozy sagte, das Ergebnis zeige, dass die Politiker den Menschen besser zuhören müssten. Der Linksnationalist Jean-Pierre Chevenement, der ersten Ergebnissen zufolge weniger als fünf Prozent erreichte, sprach von einer "Zersetzung des politischen Systems".

Le Pen lobte am Abend, den, wie er sagte, "Augenblick der Hellsichtigkeit des französischen Volkes". Die Franzosen hätten den Wechsel gewollt und verstanden, dass die seit Jahren regierenden Chirac und Jospin für die dramatisch hohe Kriminalität im Land verantwortlich seien. "Das ist eine große Niederlage der beiden Führer des Establishments."

Quelle: spiegel.de
ruhrpottzocker:

Proteste ? Warum ?

 
22.04.02 08:30
Das Ergebnis einer demokratischen Abstimmung muss man respektieren und, wenn es weh tut, auch ertragen können.

Die, die gewählt haben, tragen ein kleines Stück Mitverantwortung und natürlich auch die Folgen - egal, ob positiv oder negativ.

Die, die nicht gewählt haben, wollten nicht mitverantworten und tragen deshalb auch die Folgen. Ich finde, das ist gut so.

Die, die nicht gewählt haben und sich hinterher beklagen, werden vielleicht irgendwann begreifen - oder auch nicht.  

estrich:

Ich frage mich nur, wie der Fußball-Weltmeister

 
22.04.02 09:55
Frankreich zukünftig in der Zusammenstellung der Nationalmannschaft handeln wird.

Frankreich den Franzosen sagt Le Pen, was heißt das? Wer sind die Franzosen? Gibt es diesbezüglich Qualitätsmerkmale? Und wenn ja, wie doppelmoralig / opportunistisch / kompromißbereit ist man bereit zu sein, wenn man an die nächste Fußball WM denkt.

Drücken die Le Pen Wähler hier ein Auge zu?

Ist mir nur gerade so eingefallen.

mfG: estrich
ruhrpottzocker:

Hat keinen Zweck, estrich !!

 
22.04.02 09:59
Bei rassistisch denkenden Leuten darfst du nicht auf Logik setzen.
mod:

Alles bleibt beim Alten; wie bei uns im Herbst. o.T.

 
22.04.02 10:00
Levke:

Moin estrich

 
22.04.02 10:04
Interessanter Gedanke, aber hier gibt es in Frankreich schon
lange Diskussionen.
Le Pen hat sich schon mehrmals geäußert, daß er die Nationalmannschaft
nicht als französisches Team sieht und zuviele "Schwarzfüße" mitspielen.
Aber gerade die Leistungsträger u.a. Zidane, Henry und Lizarazu haben
die einmalige Leistung gebracht, Weltmeister und Europameister zu werden.

Gerade nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 1998 ist man in
Frankreich davon ausgegangen, daß nunmehr zusammen gehalten wird.

Aber diese Idiotie sehen wir auch in Deutschland:
In Cottbus gibt es viele rechte Parolen, obwohl die Mannschaft zu 99% aus
Ausländern besteht; HSV reisten seinerzeit nach Polen und gröhlten dort
"Ausländer" raus....

Titel und Anerkennung dürfen gemeinsam geholt und gefeiert werden;
aber bitte dann keine ausländer vor der Haustür.......

Armes Europa !
flexo:

Welche Probleme die Franzosen

 
22.04.02 10:06
im einzelnen drücken weiß ich zwar nicht, aber die Arbeitslosigkeit und Überregulierung spielt wohl auch hier eine Rolle.
Ich hoffe das uns dieses Phänomen in Deutschland erspart bleibt. Auch wenn die etablierten politischen Kräfte hier mit Vollgas versuchen diesen Staat an die Wand zu fahren.
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