An den Aktienmaerkten manifestiert sich nun zunehmend Konjunk-
turpessimismus. Seit geraumer Zeit propagieren wir, dass sich
die erhoffte Konjunkturerholung wesentlich spaeter als vom Markt
erhofft vollziehen wird. Nachdem nun mehr als die Haelfte der
S&P-Werte im Rahmen der US-Berichtssaison ihre Quartalszahlen
vorgelegt haben, wird ersichtlich, dass die Gewinne der US-
Unternehmen im zweiten Quartal 2001 rund 18 % unter dem ent-
sprechenden Vorjahreszeitraum liegen. An der NASDAQ und insbe-
sondere in der New Economy liegt dieser Rueckgang nochmals
deutlich hoeher. Dass dies den nachhaltig technologielastigen
DAX (Siemens, Epcos, Infineon, DTAG, SAP) im Vergleich zum DJIA
marktueberdurchschnittlich belastet, sollte nicht verwundern.
Insgesamt muss davon ausgegangen werden, dass sich der nunmehr
seit ueber 15 Monaten andauernde Abwaertstrend der weltweiten
Aktienmaerkte solange fortsetzen wird, bis die ersten US-Wirt-
schaftsindikatoren definitiv eine Konjunkturerholung erkennen
lassen. Dies erwarten wir erst im Verlauf des 1. Halbjahres
2002. Die Ausblicke der US-Unternehmen im Rahmen der laufenden
Berichtssaison lassen ganz deutlich erkennen, dass die Konjunk-
turschwaeche und insbesondere die IT-Krise noch keineswegs
ueberwunden sind. Im Gegenteil, derzeit hat es den Anschein,
als ob die Konjunktur noch nicht einmal die Talsohle durch-
schritten hat.
Wir gehen davon aus, dass sich das konjunkturelle Umfeld welt-
weit im 3. Quartal nochmals verschlechtern wird. Hinzu kommt das
OPEC-Vorhaben, die Foerdermengen um 1 Mio Barrel zu senken, was
den Oelpreis bis zum Jahresende auf rund 28 USD treiben koennte.
Aufgrund des hohen Impacts eines hohen Oelpreisniveaus auf die
Weltwirtschaft stellt auch dies die von vielen zum Jahresende
erhoffte Konjunkturerholung deutlich in Frage. Da der Konjunk-
turpessimismus berechtigterweise immer staerker um sich greift
und sich die anhaltend diffizilen konjunkturellen Rahmendaten
nun auch spuerbar in den Geschaeftszahlen der Old Economy-Unter-
nehmen niederschlagen, sehen die Marktteilnehmer derzeit ver-
staendlicherweise mehr Verkaufs- als Kaufargumente. Die gestrige
Rede des FED-Chairmans Greenspan erwies sich als kursunrelevant,
da Greenspan lediglich vergangene Aussagen wiederholte.
In Anbetracht der zunehmenden Verluste der letzten Handelstage
und -wochen steigt langsam natuerlich die Chance auf eine tech-
nische Gegenreaktion. Auf der anderen Seite besteht im DAX ein
Rueckschlagspotential bis auf 5.200 Punkte, falls sich die Kurs-
verluste weiter fortsetzen. Viele Banken sind derzeit wieder be-
strebt, eine Sommerrallye herbeizureden, da sie durch verstaerk-
te Investitionstaetigkeit der Anleger Geld verdienen, das sie
derzeit auch dringend benoetigen. Es ist zwar richtig, dass eine
Rallye erst dann kommt, wenn keiner mehr daran glaubt, auf der
anderen Seite ist die Stimmung aber noch lange nicht schlecht
genug, da das Gros der Marktteilnehmer fuer 2002 immer noch mit
steigenden Kursen rechnet.
Zudem sehen wir auf Konjunkturfront zu grosse Belastungen, als
dass in diesem negativen Umfeld eine Rallye stattfinden koennte.
In Anbetracht einer weiteren Abwaertskorrektur des BIP-Wachstums
fuer Deutschland durch ein Wirtschaftsinstitut sollte sich der
Zinssenkungsdruck auf die seit geraumer Zeit von besorgniserre-
gender Passivitaet gepraegten EZB verstaerken. Die deutlich ge-
fallenen Verbraucherpreise sollten diese Erwartungshaltung be-
guenstigen.
Zwar ist Deutschland qua BIP-Wachstum Europas Schlusslicht, doch
genau dies sollte der EZB Sorgen bereiten, da Deutschland zu-
gleich Eurolands groesste Volkswirtschaft darstellt. Vor diesem
Hintergrund wird die deutsche Wirtschaftsschwaeche schnell auf
andere Eurolaender uebergreifen.
Allerdings bleibt zu befuerchten, dass auch eine massive Basis-
senkung in naechster Zeit deutlich zu spaet kaeme, denn bis sich
Zinssenkungen in DE/Euroland realwirtschaftlich manifestieren,
muss eine Zeitverzoegerung von 15 bis 18 Monaten beruecksichtigt
werden. Diese Passivitaet der EZB, gepaart mit der Anti-Reform-
Haltung - im Polit-Jargon "Politik der ruhigen" Hand genannt -
legt derzeit auch die rot-gruene Bundesregierung an den Tag.
Jetzt kann man in gewisser Weise in der Tat eine Politik der
ruhigen Hand fuehren, denn selbst wenn nun Massnahmen ergriffen
wuerden, kaemen diese ohnehin erst in 12-18 Monaten realwirt-
schaftlich zur Geltung. Um wieder wettbewerbsfaehig zu werden,
benoetigt Deutschland tiefgreifende strukturelle Reformen, ins-
besondere am Arbeitsmarkt, der dringend eine Flexibilisierung
benoetigt. Insofern ginge auch eine Zinssenkung der EZB am Kern-
problem vorbei. Kanzler Schroeder wandte sich kuerzlich erneut
vehement gegen eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes.
Vor diesem Hintergrund darf eigentlich nicht verwundern, weshalb
professionelle Investoren ihre Gelder zunehmend aus Euroland ab-
ziehen und aufgrund der wesentlich wirtschafts- und kapital-
marktfoerderlicheren Politik in den USA dorthin transferieren.
Auch wir sehen in den USA vor diesem Hintergrund langfristig die
besten Performancechancen. Wir wollen hierbei nicht die wirt-
schaftliche Effizienz politischer Ideologien und Konzepte be-
werten, sondern lediglich dokumentieren, dass das Vertrauen von
professionellen Investoren in Deutschland und Euroland merklich
schwindet.
Wir befuerchten, dass sich dieser Vertrauensverlust als substan-
tiell erweisen koennte und sich die Kapitalflucht aus Deutsch-
land und in gewissem Ausmass auch aus Euroland verstaerkt fort-
setzen koennte. Dies impliziert, dass die US-Aktienmaerkte unter
den westlichen, reifen Volkswirtschaften auch weiterhin die be-
sten Performancechancen bieten. Im letzten Jahr berichteten wir
vor diesem Hintergrund bereits verstaerkt ueber US-Aktien, dies
werden wir auch weiterhin tun.