Lange Gesichter bei TUI & Co

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Lange Gesichter bei TUI & Co

 
06.03.04 22:29
Die goldenen Zeiten der Touristikbranche sind vorbei. Preiskrieg und Billigflieger haben den Wettbewerb verändert. Und den Kunden ...
von Martina Goy
 
Die Kälte hatte diese Woche auch Europas größten Touristik-Konzern TUI fest im Griff. Vorstandschef Michael Frenzel: erkältet. Deutschland-Chef Volker Böttcher: vergrippt.


Und das ausgerechnet eine Woche vor dem wichtigsten Schaulaufen der Saison. Kommenden Freitag beginnt in Berlin die Internationale Tourismus-Börse ITB, und dann wird sich die Sonnenschein- und Gute-Laune-Branche wieder einmal alle Mühe geben, zu verschleiern, was seit zwei Jahren offensichtlich ist: Die Ferien-Industrie ist in der Krise.


Immer noch.


Terror, Krieg, Seuchen sowie Preisverfall durch Billiganbieter und -flieger haben die bis dahin kalkulierbare Nachfrage dramatisch verändert. Last-Minute, Online, Baustein-System heißen die neuen Zauberworte zum Erfolg. Sogar die gute alte Pauschalreise ist in der Krise. Weltweit musste die Touristik-Branche 2003 erneut einen Rückgang von 1,2 Prozent hinnehmen - mit neun Millionen Reisenden weniger als im Vorjahr ist dies nach Angaben der Welttourismusorganisation sogar der stärkste Abfall seit Jahrzehnten.


In Deutschland ist die Lage ähnlich brisant. Studien prophezeien nach Boomjahren mit zweistelligem Wachstum bis 2010 nur noch Steigerungen von weniger als drei Prozent. Dazu passt, dass die Reisebestellungen im vergangenen Jahr insgesamt bei TUI, Thomas Cook, Rewe und Co. trotz einer nie da gewesenen Preisschlacht um fünf bis sieben Prozent zurückgingen. Und obwohl die Buchungen wieder angezogen haben, hält sich der Optimismus der Experten in Grenzen. "Es geht zwar aufwärts", sagt Christian Börgen vom Deutschen Reisebüro- und Veranstalterverband DRV, "aber höchstens moderat. Das Defizit aus 2003 werden wir auf keinen Fall ausgleichen können."


Wie an- oder entspannt die Lage tatsächlich ist wird sich Ende März zeigen. Dann präsentiert Branchenprimus TUI die Bilanzzahlen aus dem vergangenen Jahr, ein erstes Indiz dafür, ob der stilisierte Mund des Smileys, das Erkennungszeichen des Ferien-Konzerns, nach oben oder nach unten zeigen sollte.


Die aus dem ehemaligen Stahlunternehmen Preussag hervorgegangene TUI drückt nach dem Umbau zu einem Touristik-Unternehmen noch immer eine Nettoverschuldung von drei Milliarden Euro. Zwar versucht Vorstandschef Frenzel durch den Restverkauf konzernfremder Teile, wie beispielsweise die Logistiksparte, diese Zahl noch in diesem Jahr auf unter zwei Milliarden zu drücken, doch Analysten sahen in den vergangenen Monaten angesichts der anhaltenden Reiseunlust der Deutschen die Entwicklung im Kerngeschäft dennoch skeptisch. Grundlos wie man bei der TUI meint. "Mit dem Winter sind wir zufrieden", sagte Deutschland-Chef Böttcher diese Woche, "da liegen wir über Vorjahr. Und an unseren Plänen, eine Umsatzsteigerung von fünf Prozent für dieses Jahr zu erzielen, halten wir ebenfalls fest."


Dazu ist dem Großkonzern jedes Mittel recht. Die neueste schrille Werbeaktion zum Kundenfang: Im Sommerflugplan nimmt TUI mit Bari und Klagenfurt zwei neue Reiseziele auf. Der Clou dabei: Die Passagiere der konzerneigenen Billigfluglinie Hapag-Lloyd-Express bestimmen für die kommenden Erstflüge im April und Mai den Preis selbst. Seit gestern läuft der telefonische Countdown für die Anmeldung. Erst an Bord der Maschine zahlt der Fluggast freiwillig den Betrag in bar, den er für angemessen hält. "Wir wollen damit unsere Preiswürdigkeit im deutschen Low-Cost-Segment erneut unter Beweis stellen", sagt Wolfgang Kurth, der Airline-Chef.


Ganz anders hingegen Strategie und Stimmung bei der Konkurrenz, dem Oberurseler Konzern Thomas Cook. Die Ergebnis- und Nachrichtenlage ist hier düster. Geschätzt 300 Millionen Euro Verlust sollen im Geschäftsjahr 2002/2003 erwirtschaftet worden sein. Am Freitag tagte der Aufsichtsrat mit dem neuen Chefsanierer Wolfgang Beeser, Nachfolger des im Herbst geschassten Stefan Pichler. Die Baustellen, die es abzuarbeiten gilt, sind vielfältig. Vornweg der Verlust bringende Ferienflieger Thomas Cook Airline. Um den Fortbestand des Charter-Carriers, von den erfolgreich vorfliegenden Billigfliegern besonders kannibalisiert, ranken sich derzeit die wildesten Gerüchte. Der alte Name Condor soll wieder her, mutmaßen die Traditionalisten, ein Billigflieger soll es endlich werden, wispern Fortschrittsgläubige. Fatalisten wiederum spekulieren gar auf ein Zerschlagen des Konzerns. Fakt auf jeden Fall ist: Die Kosten müssen drastisch gesenkt werden - das Hauptthema der Sitzung.


Damit aber nicht genug an Druck. Weil Thomas Cook zur Hälfte der Lufthansa und dem Handelskonzern Karstadt-Quelle gehört, ist die Rückkehr zum Erfolg absolutes Muss. Schließlich vermiesen die schlechten Zahlen der Touristik den Flug- und Handelsriesen die eigene Bilanz. Das könnte unangenehme Folgen haben. "Die Lufthansa kehrt ganz klar zurück zur Fokussierung aufs Kerngeschäft", sagt Touristik-Experte Dieter Schneiderbauer, Vizepräsident von Mercer Management Consulting, "das sagt zwar niemand öffentlich, aber die Tatsache, dass Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber persönlich die Passage führt, beweist diesen Trend ebenso wie es die Portfolio-Bereinigungsversuche in den USA tun, wo Teile des ebenfalls defizitären Catering-Unternehmens LSG Sky-Chefs verkauft werden sollen." Daraus folgt für Schneiderbauer: "Die Lufthansa wird sich in absehbarer Zeit von der Verlust bringenden und synergetisch unbefriedigenden Beteiligung an Thomas Cook wieder trennen."


Die deutsche Vorzeige-Fluglinie flog 2003 nach vorläufigen Zahlen mit einer Milliarde Euro ebenfalls einen Verlust ein und will deshalb keine Dividende zahlen. Dennoch ist Lufthansa-Chef Mayrhuber optimistisch. Seine angriffslustige Prognose für 2004: "Wir werden zu den Gewinnern im Veränderungsprozess der Luftfahrtbranche gehören."


Und noch einer Sparte im Geschäft mit dem Reisen geht es schlecht: Deutschlands Hoteliers leiden ebenfalls unter dem Ausbleiben nationaler und internationaler Gäste. "Das vergangene Jahr", sagt Stephan Gerhard, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Treugast, "war das bisher schlimmste." Die Folge eines ebenfalls desaströsen Preiskrieges der Hoteliers: Auslastung und Preis gingen massiv zurück: seit 2001 um 22 Prozent. Zurzeit stehen Nacht für Nacht zwei von drei Betten leer. Einziger Lichtblick ist für die Experten die Fußball-Weltmeisterschaft 2006. "In Deutschland können wir uns zwar nicht als Sonnen- und Urlaubs-Weltmeister präsentieren", sagt Gerhard ironisch, "aber als weltweit führender Messestandort und vielleicht als Tagungs-Destination Nummer eins."


Für derlei Werbung wird die Beherbergungsbranche auch auf der ITB Geld ausgeben. Anders als die großen Touristiker. Lediglich Marktführer TUI investiert auch in diesem Jahr in einen Stand in Berlin. Die direkte Konkurrenz verzichtet. Aus Kostengründen.
WamS.de

Da sollte man doch über einen Put nachdenken oder ?
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