[DJ] PRESSESTIMME BÖRSEN-ZEITUNG/US-Leitzinssenkung
18.09.07 20:36
Übers Ziel hinausgeschossen,
Kommentar zur Zinsentscheidung der US-Notenbank von Dieter Kuckelkorn
Mit der Zinssenkung vom Dienstag hat Fed-Chairman Ben Bernanke genau das
getan, was die Mehrheit der Beobachter von ihm erwartet hat: In der
Tradition seines Vorgängers Alan Greenspan hat er auf die Turbulenzen an den
Finanzmärkten mit einer Drehung an der Zinsschraube reagiert, weil die
massive Gefahr besteht, dass sich die US-Konjunktur deutlich abkühlt. Vor
dem Schritt hatte Bernanke versucht, die Krise im Bankensystem durch
kräftige Liquiditätszuführungen an die Institute zu bewältigen, angesichts
des verheerenden Zustands des US-Immobilienmarktes zeichnete sich jedoch
immer deutlicher ab, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen würden.
Gute Gründe hatte es für einen Zinsschritt von 25 Basispunkten gegeben. Mit
den 50 Basispunkten, um die Bernanke die Zielgröße für die Fed Funds Rate
nach unten angepasst hat, hat der Fed-Chef jedoch deutlich übers Ziel
hinausgeschossen - auch wenn er damit den Märkten genau das gegeben hat,
wonach sie verlangt haben.
US-Ökonomen hatten zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht die Aufgabe
der Fed sein kann, Hedgefonds und andere hochspekulativ engagierte Adressen
zu retten, wenn sich diese in eine Schieflage hineinmanövriert haben. Die
Fed ist in erster Linie für Inflation und Konjunktur verantwortlich, darüber
hinaus ist sie lediglich bei massiven systemischen Risiken zu raschem
Handeln gezwungen. Gefahren dieses Ausmaßes sind derzeit nicht zu erkennen -
trotz der Turbulenzen auf den Märkten. Im Übrigen besteht bei einem
kräftigen Zinsschritt um 50 BP die Gefahr, dass der Schuss nach hinten
losgeht. Es könnte nämlich allgemein der Eindruck entstehen, dass die Lage
noch wesentlich ernster ist als bisher vermutet.
Letztlich aber sind die 50 Basispunkte eine komplette Kehrtwende der Fed in
ihrem Bemühen, den Märkten allmählich die umfangreiche Überschussliquidität
zu entziehen, die seit 2001 immer wieder zu Mini-Bubbles und deren Platzen
geführt hat. Bernanke hat sich also gegenüber denjenigen Kräften geschlagen
gegeben, die die jetzige Krise herbeigeführt haben.
An den Märkten wird - wie die positiven Reaktionen zeigen - zwar kräftig
applaudiert. Auf längere Sicht hat Bernanke den Akteuren jedoch keinen
Gefallen getan. Der Prozess der Normalisierung der Finanzmärkte ist ins
Stocken geraten.
Dies ist eine Pressestimme der Börsen-Zeitung. Für Text und Inhalt ist
ausschließlich die Börsen-Zeitung verantwortlich. Die geäußerten Ansichten
reflektieren auch nicht die Ansichten von Dow Jones Newswires oder der Dow
Jones and Company Inc.
(END) Dow Jones Newswires
September 18, 2007 14:36 ET (18:36 GMT)
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18.09.07 20:36
Übers Ziel hinausgeschossen,
Kommentar zur Zinsentscheidung der US-Notenbank von Dieter Kuckelkorn
Mit der Zinssenkung vom Dienstag hat Fed-Chairman Ben Bernanke genau das
getan, was die Mehrheit der Beobachter von ihm erwartet hat: In der
Tradition seines Vorgängers Alan Greenspan hat er auf die Turbulenzen an den
Finanzmärkten mit einer Drehung an der Zinsschraube reagiert, weil die
massive Gefahr besteht, dass sich die US-Konjunktur deutlich abkühlt. Vor
dem Schritt hatte Bernanke versucht, die Krise im Bankensystem durch
kräftige Liquiditätszuführungen an die Institute zu bewältigen, angesichts
des verheerenden Zustands des US-Immobilienmarktes zeichnete sich jedoch
immer deutlicher ab, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen würden.
Gute Gründe hatte es für einen Zinsschritt von 25 Basispunkten gegeben. Mit
den 50 Basispunkten, um die Bernanke die Zielgröße für die Fed Funds Rate
nach unten angepasst hat, hat der Fed-Chef jedoch deutlich übers Ziel
hinausgeschossen - auch wenn er damit den Märkten genau das gegeben hat,
wonach sie verlangt haben.
US-Ökonomen hatten zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht die Aufgabe
der Fed sein kann, Hedgefonds und andere hochspekulativ engagierte Adressen
zu retten, wenn sich diese in eine Schieflage hineinmanövriert haben. Die
Fed ist in erster Linie für Inflation und Konjunktur verantwortlich, darüber
hinaus ist sie lediglich bei massiven systemischen Risiken zu raschem
Handeln gezwungen. Gefahren dieses Ausmaßes sind derzeit nicht zu erkennen -
trotz der Turbulenzen auf den Märkten. Im Übrigen besteht bei einem
kräftigen Zinsschritt um 50 BP die Gefahr, dass der Schuss nach hinten
losgeht. Es könnte nämlich allgemein der Eindruck entstehen, dass die Lage
noch wesentlich ernster ist als bisher vermutet.
Letztlich aber sind die 50 Basispunkte eine komplette Kehrtwende der Fed in
ihrem Bemühen, den Märkten allmählich die umfangreiche Überschussliquidität
zu entziehen, die seit 2001 immer wieder zu Mini-Bubbles und deren Platzen
geführt hat. Bernanke hat sich also gegenüber denjenigen Kräften geschlagen
gegeben, die die jetzige Krise herbeigeführt haben.
An den Märkten wird - wie die positiven Reaktionen zeigen - zwar kräftig
applaudiert. Auf längere Sicht hat Bernanke den Akteuren jedoch keinen
Gefallen getan. Der Prozess der Normalisierung der Finanzmärkte ist ins
Stocken geraten.
Dies ist eine Pressestimme der Börsen-Zeitung. Für Text und Inhalt ist
ausschließlich die Börsen-Zeitung verantwortlich. Die geäußerten Ansichten
reflektieren auch nicht die Ansichten von Dow Jones Newswires oder der Dow
Jones and Company Inc.
(END) Dow Jones Newswires
September 18, 2007 14:36 ET (18:36 GMT)
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