Der SDax wird neu entdeckt. Gerade für private Anleger bieten die Nebenwerte noch Chancen, bevor die Großinvestoren wieder das Parkett betreten
von Frank Stocker
Vor einem Jahr waren Unternehmen und Anleger noch auf der Flucht: nichts wie raus aus dem SDax. Die Unternehmen sahen keinen Sinn mehr in der Index-Zugehörigkeit, und die institutionellen Investoren trennten sich von ihren Anteilen, weil kaum noch ein liquider Handel möglich schien.
Kaum zwölf Monate später ist die Szenerie wie verwandelt. Die Unternehmen kämpfen wieder um einen Platz in dem Nebenwertesegment. "Es gibt eine Welle von Firmen, die sich SDax-fähig machen wollen", sagt Jens Jung von Independent Research. Und gerade angelsächsische Investoren schauen wieder nach Frankfurt. "Wir sehen ein massives Interesse dieser Anleger", stellt Heiko Bienek von der auf Nebenwerte spezialisierten Fondsgesellschaft Lupus alpha fest.
SDax-Aktien sind wieder interessant. Natürlich hat dazu der allgemeine Aufschwung an den Börsen beigetragen. Doch ebenso wichtig war die Indexumstellung vom März. Der SDax wurde auf 50 Werte verkleinert, und gleichzeitig kamen Aktien hinzu, die zuvor in dem ebenfalls verkleinerten MDax oder am abgeschafften Neuen Markt gelistet waren. "Die jetzt enthaltenen Titel haben ein deutlich höheres Handelsvolumen, eine größere Marktkapitalisierung und einen breiteren Streubesitz", so Bienek.
Auch einzelne Erfolgsgeschichten haben das Image des Segments aufpoliert. Die Deutsche Euroshop, die in große Einkaufsimmobilien investiert, rückte erst im Juli in den SDax auf und kann sich jetzt bereits Hoffnungen auf eine Mitgliedschaft im MDax machen. "Das Unternehmen hat dem Börsensegment gut getan", lobt Jens Jung.
Natürlich sind inzwischen die krassen Unterbewertungen, die viele Titel im Frühjahr aufwiesen, weitgehend abgearbeitet. Exorbitante Kurssteigerungen sind daher auch im SDax nicht mehr zu erwarten. "Die kleineren Werte können jedoch stärker von der Konjunkturerholung profitieren, da ihre Kostenstrukturen schlanker sind", glaubt Analyst Jung. "Außerdem kann man im SDax Themen spielen, die im Dax nicht möglich sind", liefert Fondsmanager Bienek ein weiteres Argument. So gebe es im Dax praktisch keine Infrastrukturwerte mehr. Im SDax finde der Investor dagegen beispielsweise mit Pfleiderer ein Unternehmen, das Masten für Energie- und Telekommunikationsunternehmen sowie Schwellensysteme für Schienenbetriebe herstellt. Nach einer tiefen Krise habe die Aktie nun wieder Rückenwind. "Auch im Maschinenbau gibt es bei den Nebenwerten sehr aussichtsreiche Unternehmen", so Bienek weiter. Er verweist dabei auf Böwe Systec oder Gildemeister, die in ihrem Bereich Weltmarktführer sind.
Daneben gibt es im SDax noch eine ganze Reihe von "hidden champions", Erfolg versprechende Firmen, die eher im Stillen an ihrem Aufstieg arbeiten. Klaus Linde vom Analysehaus SES Research wird beispielsweise in den kommenden Tagen Cewe Color von "halten" auf "kaufen" hochstufen. Die Oldenburger entwickeln jedes dritte Foto, meist nicht unter eigenem Namen, sondern für große Ketten wie beispielsweise Schlecker. Auch im Digitalbereich sind sie Marktführer. "Dadurch fangen sie den Rückgang im Geschäft mit herkömmlichen Filmen auf", so Linde. Zudem seien die Margen im Digitalbereich fünf- bis zehnmal so groß. Nachdem nun der Hauptkonkurrent Kodak in Europa die Segel gestrichen hat, ist der Weg für Cewe Color frei", glaubt er.
Ein Vorteil des SDax ist gerade für Privatanleger im Moment noch, dass die institutionellen Investoren wenig Gewicht haben. Die Aktien reagieren dadurch stärker auf Unternehmensnachrichten. "Die Qualität der Investor-Relations-Arbeit unterscheidet sich auch kaum von den MDax-Unternehmen", hat Analyst Jung erfahren. Dadurch kann der Privatanleger viel leichter auf Entwicklungen reagieren und ist nicht hilflos den kaum nachvollziehbaren Entscheidungen einiger großer Investoren ausgeliefert. Noch. Denn wenn die Angelsachsen wieder massiv in die deutschen Nebenwerte investieren, kann sich das schnell ändern.
Artikel erschienen am 14. Dez 2003
© WAMS.de 1995 - 2003
von Frank Stocker
Vor einem Jahr waren Unternehmen und Anleger noch auf der Flucht: nichts wie raus aus dem SDax. Die Unternehmen sahen keinen Sinn mehr in der Index-Zugehörigkeit, und die institutionellen Investoren trennten sich von ihren Anteilen, weil kaum noch ein liquider Handel möglich schien.
Kaum zwölf Monate später ist die Szenerie wie verwandelt. Die Unternehmen kämpfen wieder um einen Platz in dem Nebenwertesegment. "Es gibt eine Welle von Firmen, die sich SDax-fähig machen wollen", sagt Jens Jung von Independent Research. Und gerade angelsächsische Investoren schauen wieder nach Frankfurt. "Wir sehen ein massives Interesse dieser Anleger", stellt Heiko Bienek von der auf Nebenwerte spezialisierten Fondsgesellschaft Lupus alpha fest.
SDax-Aktien sind wieder interessant. Natürlich hat dazu der allgemeine Aufschwung an den Börsen beigetragen. Doch ebenso wichtig war die Indexumstellung vom März. Der SDax wurde auf 50 Werte verkleinert, und gleichzeitig kamen Aktien hinzu, die zuvor in dem ebenfalls verkleinerten MDax oder am abgeschafften Neuen Markt gelistet waren. "Die jetzt enthaltenen Titel haben ein deutlich höheres Handelsvolumen, eine größere Marktkapitalisierung und einen breiteren Streubesitz", so Bienek.
Auch einzelne Erfolgsgeschichten haben das Image des Segments aufpoliert. Die Deutsche Euroshop, die in große Einkaufsimmobilien investiert, rückte erst im Juli in den SDax auf und kann sich jetzt bereits Hoffnungen auf eine Mitgliedschaft im MDax machen. "Das Unternehmen hat dem Börsensegment gut getan", lobt Jens Jung.
Natürlich sind inzwischen die krassen Unterbewertungen, die viele Titel im Frühjahr aufwiesen, weitgehend abgearbeitet. Exorbitante Kurssteigerungen sind daher auch im SDax nicht mehr zu erwarten. "Die kleineren Werte können jedoch stärker von der Konjunkturerholung profitieren, da ihre Kostenstrukturen schlanker sind", glaubt Analyst Jung. "Außerdem kann man im SDax Themen spielen, die im Dax nicht möglich sind", liefert Fondsmanager Bienek ein weiteres Argument. So gebe es im Dax praktisch keine Infrastrukturwerte mehr. Im SDax finde der Investor dagegen beispielsweise mit Pfleiderer ein Unternehmen, das Masten für Energie- und Telekommunikationsunternehmen sowie Schwellensysteme für Schienenbetriebe herstellt. Nach einer tiefen Krise habe die Aktie nun wieder Rückenwind. "Auch im Maschinenbau gibt es bei den Nebenwerten sehr aussichtsreiche Unternehmen", so Bienek weiter. Er verweist dabei auf Böwe Systec oder Gildemeister, die in ihrem Bereich Weltmarktführer sind.
Daneben gibt es im SDax noch eine ganze Reihe von "hidden champions", Erfolg versprechende Firmen, die eher im Stillen an ihrem Aufstieg arbeiten. Klaus Linde vom Analysehaus SES Research wird beispielsweise in den kommenden Tagen Cewe Color von "halten" auf "kaufen" hochstufen. Die Oldenburger entwickeln jedes dritte Foto, meist nicht unter eigenem Namen, sondern für große Ketten wie beispielsweise Schlecker. Auch im Digitalbereich sind sie Marktführer. "Dadurch fangen sie den Rückgang im Geschäft mit herkömmlichen Filmen auf", so Linde. Zudem seien die Margen im Digitalbereich fünf- bis zehnmal so groß. Nachdem nun der Hauptkonkurrent Kodak in Europa die Segel gestrichen hat, ist der Weg für Cewe Color frei", glaubt er.
Ein Vorteil des SDax ist gerade für Privatanleger im Moment noch, dass die institutionellen Investoren wenig Gewicht haben. Die Aktien reagieren dadurch stärker auf Unternehmensnachrichten. "Die Qualität der Investor-Relations-Arbeit unterscheidet sich auch kaum von den MDax-Unternehmen", hat Analyst Jung erfahren. Dadurch kann der Privatanleger viel leichter auf Entwicklungen reagieren und ist nicht hilflos den kaum nachvollziehbaren Entscheidungen einiger großer Investoren ausgeliefert. Noch. Denn wenn die Angelsachsen wieder massiv in die deutschen Nebenwerte investieren, kann sich das schnell ändern.
Artikel erschienen am 14. Dez 2003
© WAMS.de 1995 - 2003