Amerika über seine Verhältnisse lebt?
Irak-Krieg: Dramatisch steigende Rüstungsausgaben und Steuergeschenke reißen riesiges Loch in den US-Bundeshaushalt |
VDI nachrichten, 28.3.2003 Noch ist die Staatsverschuldung nicht Besorgnis erregend: Das US-Defizit liegt derzeit bei rund 3,8 % des Bruttoinlandsprodukts – unter Ronald Reagan waren es schon mal 6 %. Gefährlich ist die Geschwindigkeit, mit der die Überschüsse in Defizite verwandelt wurden – und dass die neuen Steuersenkungen sowie der Irak-Krieg diese weiter verschärfen werden. Während Bush zunächst auf Steuereinnahmen verzichtet, erhöht er das Militärbudget drastisch. Die Ausgaben stiegen von 310 Mrd. $ (2001) auf derzeit rund 400 Mrd. $ – und sollen bis 2007 auf 470 Mrd $ wachsen. Im Haushaltsjahr 2002/2003 wurde der Verteidigungshaushalt um 48 Mrd. $ erhöht – ein Betrag, doppelt so hoch wie die gesamten deutschen Militärausgaben. Der Entwurf sei „ein Plan, um einen Krieg zu gewinnen“, so Bush bei der Vorlage des 2,2 Billionen-Gesamthaushalts. Finanziert wird das Defizit über Schulden – und hier wird es problematisch. Warum? Die dramatisch wachsende Verschuldung dürfte dazu führen, dass die Zinsen stark steigen. Dass es dazu kommt, davon geht zumindest der renommierte US-Ökonom Paul Krugman aus. Das könnte das Wirtschaftswachstum dämpfen, weil die staatliche Kreditnachfrage die Zinsen hochtreibt und damit private Unternehmen und Verbraucher verdrängt. Auch die US-Notenbank könnte sich genötigt sehen die Leitzinsen anzuheben, wenn die staatlichen Ausgaben die Inflationsgefahr erhöhen. Für die internationale Wirtschaft hätte eine solche Konjunkturkrise in den USA dramatische Auswirkungen. Seit den 90er Jahren war die USA die Konjunkturlokomotive der Welt – ab 1995 haben die USA fast zwei Drittel zum Wachstum des globalen Bruttoinlandsprodukts beigetragen. „Die Welt ist heute sogar stärker auf die USA ausgerichtet als je zuvor“, sagte der Chefökonom der Investmentbank Morgan Stanley, Stephen Roach, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Die Volkswirtschaften anderer Industrieländer sind direkt abhängig von der Lage in den USA, weil das Land weit mehr in der Welt einkauft als es selbst exportiert. Dieses Leistungsbilanzdefizit hat inzwischen ein Rekordniveau von rund 500 Mrd. $ erreicht. Dieses Defizit im Außenhandel wurde bislang dadurch ausgeglichen, dass die USA im gleichen Umfang Kapital aus aller Welt importierte. Rund 80 % aller weltweiten Ersparnisse fließen in die USA – sei es als Direktinvestitionen, als Kredit (Staatsanleihen) oder indem Ausländer US-Aktien kaufen. Schwächt sich dieser Kapitalzufluss in Erwartung einer US-Wirtschaftskrise ab, hat das natürlich Auswirkungen auf den Wechselkurs – einige Experten wie Tilman Brück vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sehen die derzeitige Euro-Stärke bereits als Vorboten dieser Entwicklung. Wird der Dollar aber schwächer, verteuern sich Exporte in die USA. Die deutsche Exportindustrie, derzeit die einzige Wachstumsstütze der deutschen Wirtschaft – käme dadurch in Schwierigkeiten, ist die USA doch ihr – nach Frankreich – zweitgrößter Kunde. Je mehr sich die Fehlbeträge im US-Haushalt und in der Handelsbilanz – Ökonomen sprechen von „Zwillingsdefizit“ – ausweiten, desto größer ist die Sorge um eine abrupte Abwertung des US-Dollars, mit all ihren Folgen für die Exportwirtschaft. Auf dem G7-Treffen in Paris warnte neben dem Chef der Europäischen Zentralbank, Wim Duisenberg, und Bundesfinanzminister Hans Eichel auch der Internationale Währungsfonds vor dieser Gefahr. Ungemach droht der deutschen Exportwirtschaft auch durch die zunehmende Hartnäckigkeit der US-Regierung, ihr Außenhandelsdefizit durch protektionistische Maßnahmen – beispielsweise zugunsten ihrer Stahlindustrie – in den Griff zu bekommen. Statt auf die Welthandelsorganisation WTO, die klare Regeln kennt, setzt US-Präsident Bush immer mehr auf bilaterale Verträge mit einzelnen Staaten. THILO GROSSER [...]--> |