Keine zusätzliche Biersteuer.... na denn Prost...

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Keine zusätzliche Biersteuer.... na denn Prost...

 
10.08.02 16:28


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Keine zusätzliche Biersteuer.... na denn Prost... 746958
DPA
Der Biertrinker als Wahlbürger: Die große politische Koalition der Hopfen-Freunde ist wieder hergestellt
Berlin/Brüssel - Das konnte der Finanzminister nicht auf sich sitzen lassen. Ein paar Stunden lang sah es so aus, als würden Hans Eichel und die SPD das hochprozentige Thema Bierpreise der Opposition überlassen. Ein paar Stunden schien es fast, als hätte sich die Bundesregierung gemeinsam mit den bösen Eurokraten in Brüssel gegen den deutschen Hopfen-und-Hefe-Freund verschworen.


Der EU-Binnenmarktskommissar Frits Bolkestein, stand da in der "Bild"-Zeitung, plane eine Erhöhung der Steuern auf Alkohol. Auch das noch - schluck! Die Biersteuer könne um 25 Prozent steigen, die Flasche Wein zehn Cent teurer werden. Der FDP-Abgeordnete Ernst Burgbacher wetterte in einer Pressemitteilung gegen das "von Rot/Grün begonnene Abzocken", der CSU-Abgeordnete Hans Michelbach wütete im Interview über die "Unverschämtheit". TV-Teams von N24 und RTL rückten aus, um Vertreter des Hotel- und Gaststättenverbandes über den vermeintlich drohenden Steuerschock zu befragen.


"Es gibt kein offizielles Dokument"


Die Bundesregierung schwieg, während es in der Volkseele zu gären begann. Erst am Mittag ließ Eichel durch einen Sprecher betonen: "Mit uns wird es keine Erhöhung der Biersteuer geben." Die große Koalition der Biertrinker-Freunde war wiederhergestellt.


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Biersteuer in Deutschland

Die Höhe der Biersteuer in Deutschland richtet sich nach dem Stammwürzegehalt des Gebräus, der in Grad Plato gemessen wird. Ein Vollbier etwa hat elf Grad, ein Pils zwölf Grad Plato. Der Steuerregelsatz beträgt pro Hektoliter 0,78 Cent je Grad Plato. 100 Liter durchschnittlich starkes Bier mit zwölf Grad Plato sind demnach mit rund 9,45 Euro Biersteuer belastet. Die Einnahmen aus der Steuer stehen den Ländern zu.

Eine aufgeregte Diskussion mit viel Schaum und wenig Substanz.  Simone Nielsen, eine Sprecherin Bolkesteins in Brüssel, gibt sich verwundert über die Debatte. Einen offiziellen Plan zur Änderung der Alkoholsteuern gebe es gar nicht. Auch das in der "Bild"-Zeitung erwähnte Treffen zwischen Bolkestein und Vertretern der deutsche Gastronomie  liegt schon einen Monat zurück. Zudem drehte es sich nicht, wie suggeriert, vor allem um die angeblich bevorstehende Bier-und-Wein-Steuererhöhung, sondern um allgemeinere Besteuerungsfragen.


"Irgendwie durchgesickert"


So scheint es, als sollte das sensible Thema im Wahlkampf instrumentalisiert werden. Vielleicht kommen im "Bild"-Text deshalb nur Politiker von  FDP und CSU zu Wort. Zugleich schmeckt die Debatte ein wenig abgestanden: Erste Presseberichte über Bolkesteins Pläne datieren vom September 2001, seitdem ist der Kommissar nicht nennenswert vorangekommen. "Es gibt kein offizielles Dokument", sagt auch Jürgen Benad, Steuerexperte des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga. Anfang des Jahres ließ die EU-Kommission andere Berichte über Pläne zur Bierpreiserhöhung gar dementieren. Frühestens im September, so scheint es, wird es einen Richtlinienvorschlag Bolkesteins geben. Alle vorher genannten Zahlen über Preissteigerungen sind rein spekulativ.


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DDP
Keine zusätzliche Biersteuer.... na denn Prost... 746958Steuerfuchs Eichel: Der Finanzminister gilt als sparsamer Mensch und liebt das Bier, solang's billig ist
So viel aber scheint klar: Um den Alkohol-Schmuggel von EU-Ländern mit niedrigen Alkoholsteuern in Hochpreisländer wie Schweden oder Irland einzudämmen, würde der Holländer Bolkestein tatsächlich gerne europaweit die Steuersätze harmonisieren. Die Divergenzen in der Besteuerung sind teils eklatant. Im oft zitierten Beispielland Irland gilt eine Weinsteuer von 273,01 Euro je Hektoliter, in Deutschland gibt es nur einen rein formalen Weinsteuersatz von 0 Prozent. Finnland wiederum erhebt eine teils 15fach höhere Steuer auf Bier als Deutschland.


Wand des Widerstandes


Bolkestein möchte offenbar - übrigens im Zeitraum bis 2007  - einen Mindeststeuersatz pro Hektoliter Bier einführen. Ob dies in Deutschland tatsächlich auf eine Erhöhung um 25 Prozent hinausliefe, wie "Bild" und Verbände wie der Brauerbund und die Dehoga stets wiederholen, ist unklar. Die Zahl von 25 Prozent sei "aus Brüssel durchgesickert", sagt Dehoga-Steuerexperte Benad, ohne die Quelle genauer zu nennen. Er "gehe davon aus, dass das jemand nachgerechnet hat", und: Er halte diese Zahl für verifiziert.


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AP
Bösewicht Bolkestein: Bald skandinavische Verhältnisse bei den Bierpreisen?
So weist das "Bild"-FDP-CSU-Bedrohungsszenario für den deutschen Biertrinker mehrere große Unbekannte auf. Unklar ist, ob Bolkestein je einen konkreten Entwurf vorlegen wird. Unklar ist, ob die EU-Mindeststeuer über dem derzeitigen deutschen Satz liegen würde. Und mehr als unklar bleibt, ob sich Bolkestein durchsetzen könnte.


Die Winzer-Revolte von 1926


Tatsächlich müssen in Besteuerungsfragen sämtliche EU-Länder einstimmig entscheiden. Ein einzelnes Veto aus Berlin würde ausreichen, die Initiative zu stoppen. Auch in anderen Nationen dürfte der Kommissar gegen eine Wand des Widerstandes laufen. Selbst wenn die Steuer steigt, könnten die Preise konstant bleiben. Die deutschen Gastwirte könnten es sich angesichts ohnehin gestiegener Preise gar nicht leisten, Steuererhöhungen voll auf den Kunden abzuwälzen, räumt Dehoga-Pressesprecher Marc Schnerr ein. Eher würden sie auf einen Teil ihrer Gewinne verzichten. Wenn also die Bierpreise beim Oktoberfest in  diesem Jahr abermals klettern, liegt das nicht an den Brüsseler "Teurokraten".


Die Wein-Steuer in Deutschland hat übrigens eine lange Geschichte und reicht bis ins sechste Jahrhundert zurück. In den zwanziger Jahren aber durchlitten die deutschen Weinbauern eine Absatzkrise, billige spanische Weine überfluteten den Markt. 1926 stürmten aufgebrachte Mosel-Winzer aus Protest gegen die Steuer das Finanzamt in Bernkastel. Flugs wurde die strittige Abgabe von der Politik abgeschafft. Das Thema Steuern auf Alkohol, so scheint es, eignete sich schon damals dazu, Wahlkampf zu machen.


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Quelle: spiegel.de
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