Kamps könnte italienisch werden
Von Gabriele Wunnenberg, Hamburg, Thomas Fromm, Mailand
Der italienische Teigwarenhersteller Barilla plant offenbar, Hauptaktionär beim angeschlagenen Düsseldorfer Großbäcker Kamps zu werden. Dieses Marktgerücht hat der Kamps-Aktie satte Zuschläge beschert.
Italienischen Berichten zufolge verfügt Barilla bereits über zwölf Prozent des Aktienkapitals von Kamps und steht kurz davor, seinen Anteil auf 15 Prozent zu erhöhen. Damit würde Barilla die Kontrolle über die Bäckerei bekommen. Gründer Heiner Kamps hält derzeit zwischen sechs und sieben Prozent der Anteile. Weitere sieben Prozent gehören dem Management. Der Rest ist im freien Handel an der Börse notiert.
Zu der Übernahme der Kamps-Anteile soll es demnach in den vergangenen drei Wochen gekommen sein. Mitte Juli verlor die Aktie an einem Tag infolge einer Gewinnwarnung 43 Prozent. Kamps prognostizierte ursprünglich ein Ebit (Gewinn vor Zinsen und Steuern) von 130 Mio. Mark. Jetzt erwartet er nur noch 90 Mio. Mark.
Indirekter Aktientransfer
Laut Mailänder Finanzkreisen soll die Aktientransaktion nicht direkt über Barilla gelaufen sein, sondern über die zum Unternehmen gehörende Luxemburger Finanzholding "Cofiba" sowie den Chefberater des Nudelherstellers, Antonio Aiello. In seinen Händen sollen sich inzwischen sieben Prozent des Kamps-Kapitals befinden, weitere fünf Prozent liegen demnach bei der Luxemburger "Cofiba"-Holding. Ziel sei es, den Anteil zu einer Kontrollmehrheit von 15 Prozent aufzustocken.
Die Strategie Barillas, sich über Dritte die Kontrolle bei Kamps zu sichern, wurde in Frankfurter Börsenkreisen indirekt bestätigt. Hier hieß es, dass sich nach dem Kurssturz der Aktie Anfang August ein Investor massiv mit Kamps-Titeln eingedeckt habe. Der Name Barilla sei dabei aber nicht gefallen.
Steigende Kurse
Die Gerüchte um einen Einstieg der Italiener bei Kamps ließen die Aktien des Großbäckers im MDax um mehr als sechs Prozent auf 7,19 Euro steigen. Kamps-Chef Heiner Kamps wollte sich zum Einstieg von Barilla beim Düsseldorfer Bäckereikonzern am Freitag nicht äußern. "Wir haben Anlass, an der Grundlage der Berichterstattung zu zweifeln", sagte er. Es sei jedoch "nachvollziehbar", dass es "auf Grund der strategischen Stellung von Kamps im europäischen Backwarenmarkt und dem Kurs der Kamps-Aktie Gerüchte über Beteiligungen von Dritten" gebe. Der Vorstand selber habe sich nicht von Aktien getrennt.
Tatsache sei auch, dass dem Vorstand derzeit keine meldepflichtigen Informationen über eine Beteiligung vorliegen. Laut Börsenregel muß ein Investor Beteiligungskäufe von mehr als fünf Prozent melden. Beim Nudelproduzenten aus Parma war am Freitag keine Stellungnahme zu den Berichten zu erhalten.
Barilla kennt sich aus mit Brot
"Ein Einstieg von Barilla bei Kamps macht Sinn", meint West LB-Analystin Jadwiga Bobrowska. Auch italienische Analysten halten einen solchen Schritt für wahrscheinlich. Barilla ist auf dem italienischen Markt bereits mit der Brotmarke "Panem" vertreten; die Kamps-Vertriebsstruktur mit insgesamt 2014 Verkaufsstellen wäre dabei eine lukrative Chance, den Fuß auf den deutschen Brotmarkt zu setzen. Zumal schon seit langem darüber spekuliert wird, in welcher Form der größte italienische Nudelhersteller in Zukunft expandieren will.
In Italien hat Barilla bei Nudeln bereits einen Marktanteil von 35 Prozent. Zum Portfolio gehören auch Kekse und Zwiebäcke der Tochtergesellschaften Mulino Bianco und Pavesi. Mit einem Umsatz vor zuletzt über 4 Mrd. DM und einem Nettogewinn von 191 Mio. DM gilt das über 100 Jahre alte Traditionsunternehmen als gesund, die Nettoverschuldung ist gering.
Konzernchef Guido Barilla hat es im Gegensatz zu anderen Großen der Branche bisher strikt abgelehnt, das Geschäft mit Nudeln und Backwaren um weitere Segmente zu erweitern. Gleichzeitig aber verspricht die Nudelproduktion aufgrund des stark fragmentierten Marktes Italien in Zukunft nur noch magere Gewinnaussichten - die geografische Expansion innerhalb des eigenen Geschäftsbereichs liegt deshalb nahe.
Schwedisches Knäckebrot
Mit der Übernahme der Marke Wasa hat Barilla bereits vor zwei Jahren einen Schritt in diese Richtung getan. Wohl wissend, dass man die Italiener niemals zum Knäckebrot konvertieren würde, war diese Akquisition bereits auf den Auslandsmarkt ausgerichtet. Gleichzeitig hat der größte europäische Bäckereikonzern Kamps den italienischen Markt im Auge: In den kommenden Jahren wollen die Düsseldorfer in Italien gemeinsam mit dem Tiefkühlwarenspezialisten Roncadin 300 Backshops aufmachen. Bisher ist man bereits in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland im Geschäft. In Deutschland soll die Imbisskette "Bakerstreet" eingeführt werden. Eine engere Verflechtung mit Barilla könnte dazu auch neue Optionen in Italien öffnen.