Jetzt kommen die Schnäppchenjäger

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Pichel:

Jetzt kommen die Schnäppchenjäger

 
24.07.02 18:23


Nach schwachem Start drehen Dow Jones und Nasdaq ins Plus. Der Dax kann den Großteil seiner Verluste wettmachen. Inmitten des Kursgewitters wagen sich Schnäppchenkäufer vor. SAP, T-Aktie und DaimlerChrysler legen zu.

 



New York/Frankfurt am Main - Mit der schwachen Eröffnung in den USA war der Dax zeitweise in den freien Fall übergegangen. Der Index fiel in der Spitze um bis zu sieben Prozent. Bis 17.30 Uhr drehte der Dow Jones, der zur Eröffnung knapp 150 Zähler abgegeben hatte, jedoch um 200 Punkte (2,7 Prozent) ins Plus und stieg über 7900 Zähler. Auch der Nasdaq Composite wagte den Sprung in die Gewinnzone. Das Kräftemessen zwischen Bären und den Anlegern, die auf ein Ende des Ausverkaufs setzen, ist im vollen Gange.
Börsen auf Fünfjahrestiefs - "Nicht mehr zu erklären"


 
Der Dax reduzierte bis 17.30 Uhr seine Verluste auf 1,5 Prozent und notierte bei 3463 Punkten, nachdem er schon deutlich unter 3300 Zähler gefallen war. Nach Reuters-Berechnungen hat der Dax seit Beginn dieses Monats knapp 130 Milliarden Euro an Marktkapitalisierung eingebüßt. Allein während der vergangenen vier Handelstage hat der Index 20 Prozent verloren.

Einige Dickschiffe wie DaimlerChrysler  , SAP  und Deutsche Telekom  drehten am frühen Abend wieder in die Gewinnzone. Auch die Finanztitel Deutsche Bank  , Allianz  , Commerzbank  und Münchener Rück  reduzierten ihre Verluste, die zeitweise mehr als zehn Prozent betragen hatten. Schwächste Werte blieben am Abend HypoVereinsbank  und Epcos  mit jeweils rund acht Prozent Verlust.

 


Für Analyst Konrad Becker vom Bankhaus Merck Finck war der Ausverkauf am Nachmittag eine klare Übertreibung. "Mit den bekannten Daten ist das nicht mehr zu erklären", kommentierte der Bankenspezialist. In einer derartigen Stimmlage werde jede Nachricht negativ interpretiert und in Verkäufe umgesetzt. Börsenplätze wie London und New York liegen jetzt wieder auf ihren Niveaus von vor rund fünf Jahren, als die Märkte unter anderem von der Schuldenkrise in Russland und der Schieflage des Risikofonds LTCM erschüttert worden waren. Nun wagen sich wieder Käufer vor

Hilfe von der Fed?

Anleger in den USA spekulieren trotzdem weiterhin über ein Einschreiten der US-Notenbank. Eine Zinssenkung könne die Märkte stabilisieren, so die Hoffnung. Die US-Notenbank lehnte jeden Kommentar zu den Gerüchten, wonach der Offenmarktausschuss sich noch heute zu einer Not-Sitzung treffen werde, ab.

Händler in New York bleiben skeptisch. Zu tief sitze der neuerliche Vertrauensverlust. "Die Amerikaner misstrauen inzwischen der Industrie und der Börse gleichermaßen", sagte ein Händler. Es bestehe ein hohes Risiko, dass die extrem schwachen Börsen sich nun auch als Bremsklotz für die langsam erwachende Konjunktur erweisen.

Besonders Finanzwerte gerieten in den USA unter die Räder. Merrill Lynch gaben auch am Mittwoch ab, da die Bank bei den angeblichen Insider-Verkäufen von TV-Darling Martha Stewart offenbar eine unrühmliche Rolle gespielt hat. Die Citigroup  und J.P. Morgan Chase  & Co. wurden bereits am Vortag verdächtigt, dem mittlerweile zusammengebrochenen Energiehändler Enron bei der Verschleierung seiner immensen Schulden geholfen zu haben. Hier stehen Untersuchungen an.

Beruhigung auch bei Techtiteln



Aktien des Internethändlers amazon.com brachen am Mittwoch ein, obwohl das Unternehmen einen unerwartet geringen Verlust für das zweite Quartal gemeldet hat. Hätte amazon.com in den vergangenen Jahren seine Aktienoptionen als Kosten gebucht, wären die Verluste des Unternehmens doppelt so hoch gewesen, sagten Börsianer. Auch die Aktien des Internetreisebüros expedia.com, einst ein Liebling der Wall Street, verloren nach Veröffentlichung der Geschäftszahlen zweistellig. Doch am Abend reduzierten auch diese Titel ihre Verluste deutlich.

Warten auf AOL

Anleger warten auf die Zahlen von AOL Time Warner  und auf die Bilanz des Chemieriesen DuPont  . Der US-Medienkonzern erwägt nach Presseinformationen einen Börsengang seiner Kabelsparte Time Warner Entertainment (TWE). Wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf unternehmensnahe Kreise schreibt, hat der Konzern hierzu bereits mit dem TWE-Minderheitsaktionär AT&T  und dessen künftigem Partner Comcast Verhandlungen aufgenommen. Comcast legte zum Auftakt zu.

Unternehmen auf Einkaufstour

Einige Unternehmen nutzen trotz die schlechten Stimmung um eigene Aktien zurückzukaufen. Der US-Pharmakonzern Merck will dafür bis zu 10 Milliarden Dollar ausgeben. Auch Amgen hatte bereits einen Rückkauf angekündigt. Der weltgrößte Chemiekonzern DuPont hat außerdem eine Übereinkunft zur Übernahme von ChemFirst für 408 Millionen US-Dollar unterzeichnet.

Die Titel von Siemens  hatten nach der Vorlage von Quartalszahlen knapp acht Prozent verloren und waren unter 48 Euro gerutscht. Vor allem der Ausblick und die sinkenden Handy-Verkäufe stießen Aktionären sauer auf. Am Abend notierte Siemens nur noch knapp drei Prozent im Minus.

Händler: Vergleich mit 1997

Fidel Helmer, Leiter des Wertpapierhandels bei Hauck & Aufhäuser, rechnet nicht mit einer raschen Erholung: "Es ist blauäugig zu sagen, dass diese Ansammlung von schlechten Nachrichten hinsichtlich Bilanzierungsmethoden zu Ende wäre", sagte Helmer. Derzeit notiere der Dax auf dem Stand vom September 1997. Danach habe es eine langanhaltende kräftige Hausse gegeben. "Ich hoffe, dass es diesmal auch so ausgeht, bin aber keineswegs überzeugt davon." Frank Schallenberger, Aktienstratege bei der LBBW, hatte bereits am Mittag einen Turnaround prophezeit: "Ich gehe davon aus, dass wir mit weniger als fünf Prozent Verlust schließen."

Neuer Markt: Balda profitiert von guten Zahlen

Am Neuen Markt stieg das Papier von Balda gegen den extrem schwachen Trend und gehörte damit zu den wenigen Gewinnern im Nemax 50. Der Handy-Zulieferer ist im abgelaufenen Quartal in die Gewinnzone zurückgekehrt. Für das laufende Quartal stellte der Vorstand erneut steigende Umsätzen auf 48 Millionen Euro in Aussicht, wie der im Nemax 50 notierte Kunststoffverarbeiter am Dienstag nach Börsenschluss in Bad Oeynhausen mitteilte. Ab dem 4. Quartal erwartet Balda zudem erste Umsatz-Beiträge aus dem neuen Unternehmensbereich Medizintechnik.

Euro über 0,99 Dollar

Der Euro notierte leichter. Die Einheitswährung kostete gegen 15 Uhr rund 0,9958 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Vortag bei 0,9910 (Montag: 1,0086) Dollar festgesetzt.



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