Jeder dritte Jobsuchende lügt
Von Christina Kestel, Hamburg
Fast jeder dritte Bewerber arbeitet mit falschen Angaben. Ziel ist nicht nur die Stelle, sondern auch eine kostenlose Reise zum potenziellen Arbeitgeber.
Personalabteilungen sehen sich mit einem weit greifenden Betrug konfrontiert. Wie eine Untersuchung der Detektei Kocks im Auftrag des Wirtschaftsmagazins Bizz ergab, werden 30 Prozent aller Bewerbungen manipuliert. Manfred Lotze, Ermittler bei dem Detektiv-Institut, sagte der FTD: "Es wird manipuliert an allen Ecken und Kanten, und es wird arglistig getäuscht."
Die Tricks der Bewerber sind vielfältig: Qualifikationen und Kompetenzen werden erfunden, über Lücken im Lebenslauf wird hinweggetäuscht, und Zeugnisse und Referenzen werden gefälscht. Die Hilfsmittel dafür sind einfach; meist reichen Schere, Kleber, Korrekturstifte und ein moderner Kopierer aus. Angeblich verloren gegangene Dokumente ersetzen die Bewerber gerne durch eidesstattliche Versicherungen (E.V.). Obwohl das gar nicht nötig wäre, bewerten Mitarbeiter in den Personalabteilungen die E.V. irrtümlich als besonders zuverlässig. Sie gehen davon aus, dass bei falscher E.V. eine Gefängnisstrafe droht. Doch das ist nicht so; ein E.V. hat nur Bedeutung gegenüber Gerichten und Behörden.
Ahnungslose Personalabteilungen
Die Detektei hat rund 5000 Bewerbungen für Führungspositionen untersucht. Bei 1500 Bewerbungen erkannten die Ermittler Fälschungen. Während die Detektei auf das Erkennen von zweifelhaften Angaben spezialisiert ist, sind viele Personalabteilungen noch ahnungslos. Nach Aussage von Lotze ist es bei Unternehmen immer noch nicht üblich, im Bewerbungsgespräch die Orginalunterlagen zu verlangen. "Wenn das geschehen würde, wäre ein großer Teil der Manipulationen von vorneherein entdeckt", sagte er.
Tourismus auf Firmenkosten
Mit der geschönten Bewerbung wird nicht nur die ausgeschriebene Stelle anvisiert. Etliche Bewerber nehmen ein Stellenangebot als Anlass für einen Kurztrip in eine fremde Stadt. Die geschönte Bewerbung erhöht die Chancen für ein Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Die Firma übernimmt Reisekosten und eventuelle pauschale Spesen. Sie sponsert damit beispielsweise den Besuch auf dem Oktoberfest in München oder der Loveparade in Berlin.
Der so genannte Bewerber-Tourismus existiert nach Angaben von Lotze seit zwei bis drei Jahren mit stark zunehmender Tendenz. Diese Art zu verreisen spreche sich offenbar leicht herum, sagte Lotze.
© 2001 Financial Times Deutschland
Von Christina Kestel, Hamburg
Fast jeder dritte Bewerber arbeitet mit falschen Angaben. Ziel ist nicht nur die Stelle, sondern auch eine kostenlose Reise zum potenziellen Arbeitgeber.
Personalabteilungen sehen sich mit einem weit greifenden Betrug konfrontiert. Wie eine Untersuchung der Detektei Kocks im Auftrag des Wirtschaftsmagazins Bizz ergab, werden 30 Prozent aller Bewerbungen manipuliert. Manfred Lotze, Ermittler bei dem Detektiv-Institut, sagte der FTD: "Es wird manipuliert an allen Ecken und Kanten, und es wird arglistig getäuscht."
Die Tricks der Bewerber sind vielfältig: Qualifikationen und Kompetenzen werden erfunden, über Lücken im Lebenslauf wird hinweggetäuscht, und Zeugnisse und Referenzen werden gefälscht. Die Hilfsmittel dafür sind einfach; meist reichen Schere, Kleber, Korrekturstifte und ein moderner Kopierer aus. Angeblich verloren gegangene Dokumente ersetzen die Bewerber gerne durch eidesstattliche Versicherungen (E.V.). Obwohl das gar nicht nötig wäre, bewerten Mitarbeiter in den Personalabteilungen die E.V. irrtümlich als besonders zuverlässig. Sie gehen davon aus, dass bei falscher E.V. eine Gefängnisstrafe droht. Doch das ist nicht so; ein E.V. hat nur Bedeutung gegenüber Gerichten und Behörden.
Ahnungslose Personalabteilungen
Die Detektei hat rund 5000 Bewerbungen für Führungspositionen untersucht. Bei 1500 Bewerbungen erkannten die Ermittler Fälschungen. Während die Detektei auf das Erkennen von zweifelhaften Angaben spezialisiert ist, sind viele Personalabteilungen noch ahnungslos. Nach Aussage von Lotze ist es bei Unternehmen immer noch nicht üblich, im Bewerbungsgespräch die Orginalunterlagen zu verlangen. "Wenn das geschehen würde, wäre ein großer Teil der Manipulationen von vorneherein entdeckt", sagte er.
Tourismus auf Firmenkosten
Mit der geschönten Bewerbung wird nicht nur die ausgeschriebene Stelle anvisiert. Etliche Bewerber nehmen ein Stellenangebot als Anlass für einen Kurztrip in eine fremde Stadt. Die geschönte Bewerbung erhöht die Chancen für ein Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Die Firma übernimmt Reisekosten und eventuelle pauschale Spesen. Sie sponsert damit beispielsweise den Besuch auf dem Oktoberfest in München oder der Loveparade in Berlin.
Der so genannte Bewerber-Tourismus existiert nach Angaben von Lotze seit zwei bis drei Jahren mit stark zunehmender Tendenz. Diese Art zu verreisen spreche sich offenbar leicht herum, sagte Lotze.
© 2001 Financial Times Deutschland