Von Andreas Krosta und Mark Schieritz, Berlin Bleibt das deutsche Wachstum weiterhin schwach, sieht der Internationale Währungsfonds (IWF) ein großes Risiko für sinkende Preise in Deutschland. In einer am Sonntag veröffentlichten Studie warnt der IWF: "Deutschland befindet sich in der Hochrisiko-Kategorie."
Verschärft würde die Gefahr dadurch, dass Deutschland wenig wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum habe. Der EU-Stabilitätspakt verlange die Reduzierung des Etatdefizits, und die Europäische Zentralbank (EZB) könne wegen höherer Inflationsraten in anderen Euro-Ländern keine umfassenden Zinssenkungen vornehmen. Auch die Euro-Aufwertung erhöhe die Deflationsgefahren. Bei ihrem Treffen am Wochenende wiesen die Finanzminister der sieben größten Wirtschaftsnationen (G7) und Russlands Deflationsgefahren indes als unbegründet zurück.
Auftrieb für den Euro
Neuen Auftrieb könnte der Euro gegenüber dem Dollar Devisenhändlern zufolge durch die Äußerung von US-Finanzminister John Snow auf dem G7-Treffen bekommen. Die jüngste Abwertung des Dollar sei "recht moderat" gewesen. Damit verstärkt Snow den Eindruck, die USA seien an einem schwachen Dollar interessiert, und gibt Anlegern Grund, in den Euro statt in den Dollar zu investieren. "Dieser Kommentar überschattet alle anderen Ereignisse des G7-Treffens", sagte ein Analyst, Snow gebe Spekulanten "grünes Licht", den Dollar zu verkaufen. Seit Jahresbeginn ist der Dollar im Vergleich zum Euro um neun Prozent gefallen.
Sinkende Preise auch in USA
Auch aktuelle Preisdaten aus den USA erhöhen den Druck auf den Dollar, da sie auf Deflationsrisiken auch in den USA hindeuten.
Die US-Verbraucherpreise sanken im April zum Vormonat um 0,3 Prozent. Damit liegt die jährliche Teuerungsrate bei 2,2 Prozent. Die Kerninflation ohne Energie- und Nahrungsmittel fiel auf 1,5 Prozent - den niedrigsten Stand seit 38 Jahren. "Dies dürfte die Deflationssorgen der Fed verstärken. Wir rechnen mit einer weiteren Zinssenkung", sagte David Rosenberg von Merrill Lynch. Die US-Notenbank Fed hat bereits vor zwei Wochen vor der Gefahr fallender Preise gewarnt.
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