MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - 2002 war nichts für Nervenschwache: Die Insolvenzen bewegen sich auf Rekordkurs. Was mancher Manager als Kostendämpfung ankündigt, kommt einem Kahlschlag gleich. Alles spart, alles wartet, alles hofft. Nirgends Aufbruchstimmung. Deutschland tut, was manche als seine liebste Beschäftigung ansehen - es klagt, lamentiert und stagniert. Ein Jahr geht zu Ende, das so niemand mehr erleben will.
JANUAR
Dabei ließ es sich gar nicht so schlecht an: Das Marktforschungsinstitut IDC prognostiziert noch Anfang 2002, bis Mitte des Jahres sei ein moderates Wachstum in der IT-Branche zu erwarten. Der Weg der Besserung sei beschritten, deklamieren die Szenekenner in ihren "Top 10 IT-Prognosen" für die gerade angelaufenen zwölf Monate. Die zu erwartende Entkrampfung des globalen Investitionsverhaltens werde die IT-Ausgaben in den USA um vier bis sechs, in Europa gar um sechs bis sieben Prozent ansteigen lassen. Welch Schalmeienklang zum Jahreswechsel 2001/02! Und was für ein Tal der Tränen, das auf diese Prognose folgt!
Wie unangenehm das neue Jahr wird, zeigt aber schon der Absturz von US Internetworking Inc. (USI). Das US-amerikanische Unternehmen agiert im mit hohen Erwartungen gestarteten Markt der Application-Service-Provider (ASP). USI ist nicht irgendwer, sondern der weltweit größte ASP. Anfang des Jahres muss das Unternehmen aus Annapolis, Maryland, Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US-amerikanischen Konkursrechts beantragen.
Auch in Deutschland tönen zum Jahreswechsel 2001/02 erste Donnerschläge durch die IT-Welt: Das Systemhaus M+S Elektronik AG aus Niedernberg in Nordbayern, mit rund 1600 Mitarbeitern, 40 Niederlassungen und einem Jahresumsatz von mehr 500 Millionen Euro einer der großen IT-Dienstleister hierzulande, muss im Januar 2002 beim Amtsgericht Aschaffenburg Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen.
Im Staat der Laptops und Lederhosen rumort es derweil auf einem Nebenkriegsschauplatz: Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) moniert die zu starke Abhängigkeit der Verwaltungs-IT im weißblauen Freistaat von den Softwareprodukten eines einzigen Herstellers. Dies komme den Steuerzahler teuer zu stehen. Bei Verwendung von Linux oder anderer Open-Source-Software wäre das nicht passiert, mäkeln die Behörden-Controller. Muss man noch erwähnen, gegen wen sich der Hieb auch richtet?
Jedenfalls hat die Diskussion um die Abkehr von Microsoft-Produkten im Januar auch die politischen Schaltzentralen in Berlin erreicht. In den Bundesverwaltungen soll nach einem Beschluss des Parlaments, der weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit getroffen wird, der Einsatz quelloffener Software gefördert werden. Was im Januar ein Streitthema ist, wird sich später zu einem regelrechten Grabenkrieg zwischen den Lagern der Microsoft-Adepten und den Vertretern der Open-Source-Bewegung auswachsen.
Da sieht eine von der COMPUTERWOCHE gemeinsam mit dem Hamburger Marktforschungsunternehmen EMC/Adecco herausgegebene Analyse zum Stellenmarkt in Deutschland viel schwärzer: Die Zahl der in 40 Tageszeitungen ausgeschriebenen IT-Jobs sinkt, so das Analyseergebnis Anfang 2002, um 37 Prozent. Leidtragende sind nicht nur die Arbeitsuchenden, sondern auch alle Zeitungen, die einen Teil ihrer Einnahmen aus Stellenan-zeigen beziehen.
Die Wellen schlagen hoch, als publik wird, dass i2 Technologies, Anbieter von Software für das Supply-Chain-Management (SCM), ein Projekt beim Großkunden Siemens in den Sand gesetzt hat. Nach fast einem Jahr Laufzeit stoppt der Konzernbereich Information and Communication Networks (ICN) ein Vorhaben für die Auftragsverfolgung mit der i2-Software "Global Logistics Monitor" (GLM).
In den USA tragen derweil seit September 2001 und verstärkt seit Anfang 2002 die Be-fürworter und Gegner der Fusion von Hewlett-Packard (HP) und Compaq einen an Bitterkeit ständig zunehmenden Kampf aus. In der Öffentlichkeit entsteht ein Bild, das die Beteiligten an Protagonisten aus TV-Schmonzetten à la "Dallas oder "Denver Clan" erinnern lässt. HP-Chefin Carleton Fiorina als eigensüchtiges, blondes Biest; Walter Hewlett, Sohn von Firmengründer William, als Nestbeschmutzer und Antipode der harten Blondine. Demnächst mehr in diesem Theater.
FEBRUAR
Eine Mesalliance mit Hautgout bringt das Finanzministerium in Schleswig-Holstein unter Minister Claus Möller (SPD) und SAP ins Zwielicht. Ausgelöst hat den Skandal ein Bericht des Landesrechnungshofs (LRH). In diesem wird der Möller-Behörde vorgeworfen, sie habe bei der Auswahl eines Mittelbewirtschaftungs- und Kostenrechnungssystems Geld verschleudert. Was sich wie ein Zungenbrecher liest, ist eine SAP-Lösung. Unter "fachlichen und finanziellen Aspekten" sei diese im Vergleich zu Konkurrenzangeboten nie im Spitzenfeld gewesen. Pikanterweise stellt sich auch noch heraus, dass eine ehemalige Mitarbeiterin der Finanzbehörde, die in die Entscheidung für das SAP-System maßgeblich involviert war, später bei dem Walldorfer Softwarehaus auf der Gehaltsliste steht. Wiewohl der Verdacht der Korruption nie bestätigt werden kann, bleibt ein "Gschmäckle", wie der Schwabe zu sagen pflegt.
Dass Terror nicht nur vergleichsweise plump mit Pumpgun, Bomben und Raketen, sondern auch perfide über das Internet ausgeübt werden kann, ist bekannt. Ins Bewusstsein rückt die lautlose Gefahr aber immer erst dann wieder, wenn es richtig knallt - oder wenn eine Studie belegt, wie virulent die Bedrohung ist: Eine Untersuchung der US-Firma Riptech bei 300 Kunden in 25 Ländern belegt, dass sich die Zahl der Hacker-Angriffe auf diese Betriebe innerhalb eines Jahres um 79 Prozent erhöht hat. Besorgnis erregend ist vor allem, dass bei 39 Prozent der Angriffe eine zielgerichtete und klare Strategie gegen diese Unternehmen zu erkennen ist. Insbesondere Energieversorger haben die Hacker ins Fadenkreuz genommen.
Eine Pleitenummer zieht Global Crossing ab: Einer der weltgrößten Betreiber von Glasfasernetzen meldet im Februar seine Zahlungsunfähigkeit und flüchtet unter den Gläubigerschutz des US-amerikanischen Konkursrechts. Die Kosten für das ausufernde Glasfasernetz, das rund 27 Länder und 200 Städte verbindet, wachsen ins Gigantische. Es scheint nicht mehr realistisch, dass Global Crossing jemals die aufgelaufenen 22,4 Milliarden Dollar Verbindlichkeiten wird abtragen können. Überdies mehren sich in der Folge der Pleite auch noch Gerüchte über mutmaßliche Bilanzmanipulationen.
Neues gibt es im Februar in Sachen HP-Compaq: Die Fusionsbefürworter können sich freuen, als die Wettbewerbshüter der Europäischen Union keine Bedenken äußern und ihr Plazet zum Zusammenschluss geben. Ein nicht unwichtiger Etappensieg.
Schon vor Pisa wird Deutschland abgewatscht - allerdings nur IT-technisch: Auf dem Weltwirtschaftsforum in New York - bis dato fand es immer in Davos statt - präsentiert das Center for International Development (CID) an der Harvard University das Ergebnis eines Vergleichs verschiedener Länder. Analysiert wurde, in welchem Maß eine Gesellschaft mit IT-Ressourcen durchdrungen ist. Unter 75 begutachteten Ländern rangiert Deutschland in Sachen wirtschaftliche Bedingungen, nationale Regelungen, Infrastruktur und Bildung auf Platz 17. Was gar nicht mal so schlecht klingt, relativiert sich beim Blick auf den Länderver-gleich in Europa. Dort nämlich platzieren sich die Niederlande, Dänemark, Österreich und Großbritannien deutlich vor der Bundesrepublik. Die Grande Nation Frankreich allerdings schneidet noch schlechter ab.
Einen Strategiewechsel der nicht selbstverständlichen Art verordnet im Februar Scott McNealy seiner Firma Sun Microsystems: Seit zwei Jahrzehnten fixiert auf das hauseigene Unix-Derivat Solaris, kündigen die Kalifornier jetzt an, sie würden auch Linux auf ihren Systemen anbieten. Naja, nicht ganz: Der Seitensprung gilt lediglich den Lowend-Systemen, die Sun mit dem Kauf der Firma Cobalt geerbt hat. Deren Maschinen rechnen auch nicht mit von Sun entwickelten Sparc-Risc-Prozessoren, sondern mit Intel-CPUs.
Elsa - war ein guter Name. Elsa, der Grafik-kartenhersteller und Videoexperte aus Aachen, ist im Februar nahezu zahlungsunfähig. Gläubigerbanken streichen die Kreditlinien, ein neuer Investor stellt sich nicht vor - die Zukunft für einen der wenigen international erfolgreichen deutschen Computeranbieter sieht düster aus, die von weltweit über 500 Mitarbeitern auch.
Und auch bei Intershop, einem Überflieger der New-Economy-Szene, hat das Heulen und Zähneknirschen eingesetzt: 131,8 Millionen Euro Verlust bei Halbierung des Umsatzes auf 68,65 Millionen Euro stürzen die Jenaer in eine schwere Krise, die rund 230 der insgesamt 733 Mitarbeiter weltweit den Job kostet. Der Sturzflug fordert auch Opfer unter den Gründervätern: Wilfried Beeck, Mitgründer und jetzt Chief Operating Officer - der also das Tagesgeschäft abwickelt - sowie der Europa-Chef Michael Tsifidaris müssen ebenfalls gehen. Intershop-Vorstandsvorsitzender und Gründungskompagnon Stephan Schambach hingegen kann seinen Kopf nochmal retten.
Ende Februar werden Anbieter von mobilen Endgeräten sehr nervös. Da melden nämlich zwei Industriegiganten, sie würden ihre Kernkompetenzen nutzen, um ab sofort auch dieses Marktsegment zu beglücken. Niemand anderes als Microsoft und Intel - beide immer mal wieder wegen angeblich oder tatsächlich wettbewerbsrechtlich fragwürdiger Geschäftspraktiken vor Gericht - wollen den Markt für Pocket PCs, also Handhelds, aufrollen.
In Deutschland kündigt sich ein weiterer Absturz an, der sich später zum Skandal auswächst: Die SER Systems AG unter der Ägide von Gert Reinhardt legt im Februar eine dermaßen desaströse Bilanz vor, dass man ernsthaft um die Existenz des Anbieters von Dokumenten-Management-Systemen (DMS) fürchten muss. Einige Monate später bewahrheiten sich diese Befürchtungen.
Auch der Heyde AG regnet es ordentlich rein: Zwar kann das Unternehmen ein Umsatzplus von 4,3 Prozent auf 120 Millionen Euro verbuchen. Aber der Verlust verdoppelt sich auf knapp 50 Millionen Euro. Vorstandsvorsitzender Dirk Wittenborg nimmt wegen des schlechten Ergebnisses seinen Hut - und Analysten rechnen mit dem Schlimmsten.
Anscheinend völlig unberührt von allen wirtschaftlichen Depressionen dieser Welt zieht Dell Computer seine Bahn: Zwar gehen sowohl Umsatz als auch Gewinn bei dem Direktvertreiber von IT-Systemen zurück, aber als eines der wenigen Unternehmen in der Branche macht Dell noch Profit. Für das am 1. Februar 2002 abgelaufene vierte Geschäftsquartal und für das Gesamtjahr meldet Gründer Michael Dell Gewinne, die über den Erwartungen der Analysten liegen.
MÄRZ
Am 1. März 2002 vollzieht sich ein echter Machtwechsel in der IT: Louis Gerstner, ehemals vom Keksfabrikanten RJR Nabisco zur IBM gekommen, dankt ab und macht den Platz frei für Samuel Palmisano. In der größten Not angetreten, als das Unternehmen 1992 fünf Milliarden Dollar Verlust machte, hinterlässt Gerstner ein aufgeräumtes Haus. Der Mainframer ist umgebaut zum Serviceunternehmen, die Großrechner sind keine Monolithen mehr, die nur proprietäres Zeug reden. Dieser Wandel ist Gerstner zuzuschreiben.
Eine Ankündigung hinterlässt bei vielen sehr gemischte Gefühle: Microsoft hat Great Plains übernommen. Jetzt soll mit der zugekauften Technologie der Markt für Customer-Relationship-Management-(CRM-)Lösungen aufgerollt werden. Natürlich geben sich Konkurrenten wie Siebel oder Peoplesoft unbeeindruckt. Aber wer Microsoft kennt - und das ist jeder - weiß, dass es für CRM-Anbieter wieder etwas ungemütlicher werden könnte.
Einen dicken Fisch zieht die IBM an Land. Big Blue lässt sich als Outsourcer die Verant-wortung für die IT des Kreditkartenunternehmens American Express übergeben. Für vier Milliarden Dollar übernimmt IBM 2000 Mit-arbeiter und den gesamten IT-Betrieb. Spätestens jetzt dürften die IT-Experten der Deutschen Bank auf eine Idee gekommen sein.
Und wieder scheint ein Hoffnungsschimmer am Horizont aufzuziehen: Rechtzeitig zur Ce-BIT 2002 meldet das European Information Technology Observatory (Eito), der weltweite Markt für Information und Telekommunikation (ITK) habe 2001 nur um 4,4 Prozent zugelegt, werde aber im laufenden Jahr ein knapp zweistelliges Wachstum erleben. Leider hat sich die Erwartungshaltung im weiteren Verlauf dann drastisch reduziert.
Guter Witz von Microsoft
Einen guten Witz macht Microsofts Vorstandsvorsitzender Steve Ballmer: Sollten sich das US-Justizministerium und neun gegen den Konzern prozessierenden US-Bundesstaaten mit ihrer Anti-Trust-Klage durchsetzen, müsse die Gates-Company das Windows-Betriebssystem vom Markt nehmen. Das ist ungefähr so, als ob ein Gericht Mercedes verpflichten würde, eine Produktionsstätte in Deutschland und nicht in Frankreich aufzubauen, und der Autobauer drohte deshalb, keine PKWs mehr zu produzieren.
Eine Fusion, die ebenfalls nicht unproblematisch sein dürfte, wird Ende März bekannt gegeben. Die T-Systems-Töchter Diebold und Detecon werden zu einem Unternehmen ver-schmolzen. In den Kernkompetenzen ergänzen sie sich, in den Firmenkulturen unterscheiden sie sich aber sehr.
Auf der CeBIT 2002 ist man nach acht Tagen genauso schlau wie zuvor: Wirklich Aufschluss auf die Frage aller Fragen, ob und wenn ja, wann der Aufschwung nun kommen könnte, hat auf der weltgrößten Computermesse niemand erhalten. Die Talsohle, mutmaßen die meisten, sei zwar möglicherweise erreicht, der nachhaltige Aufschwung lasse aber noch auf sich warten. Noch Fragen?
Die Urnen voll - und alle Fragen offen: Während die CeBIT noch läuft, stimmen die Aktionäre von Compaq und HP über die Fusion der beiden Unternehmen ab. Compaqs Anteilseigner votieren klar mit Ja. Die Stimmenauszählung bei HP allerdings wird noch Wochen dauern. Das Hickhack um Sinn und Unsinn des Firmenzusammenschlusses geht derweil munter weiter.
Im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE sagt die alte und ab dem 22. September auch neue Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn, die Green Card sei nach wie vor nötig, weil die Bundesrepublik noch kein Zuwanderungsgesetz habe und damit auch keine gesteuerte Zuwanderung. Wir sagen nichts dazu.
Einen für Außenstehende erheiternden Ehekrach liefern sich im Jahr 2002 die France Télécom und Mobilcom. Schon im Frühjahr wollten die Franzosen dem schillernden Unternehmensgründer Gerhard Schmid seinen Anteil abkaufen. Andererseits hat der angeblich sogar ein vertragliches Druckmittel in der Hand, um den Franzosen per Zwangsverkauf seine Anteile an dem Büdelsdorfer Unternehmen aufzuzwingen - zu einem ihm genehmen Preis, versteht sich. Auch in dieser Aufführung wird es noch mehrere Akte geben. (jm
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - 2002 war nichts für Nervenschwache: Die Insolvenzen bewegen sich auf Rekordkurs. Was mancher Manager als Kostendämpfung ankündigt, kommt einem Kahlschlag gleich. Alles spart, alles wartet, alles hofft. Nirgends Aufbruchstimmung. Deutschland tut, was manche als seine liebste Beschäftigung ansehen - es klagt, lamentiert und stagniert. Ein Jahr geht zu Ende, das so niemand mehr erleben will.
APRIL
Für gute Stimmung sorgt im Frühjahr auch SAP: Widerborstige Benutzer älterer R/3-Versionen, die nicht auf aktuelle Varianten der Software umsatteln wollen, sollen künftig einen Wartungsbeitrag zahlen. Auf diese Weise will SAP die Zahl der zu pflegenden Versionen reduzieren. Eigentlich, mutmaßen wir mal, sollen - halb zog sie ihn, halb sank er hin - Anwender auf die Mysap-Plattform gelockt werden. "Wenn Sie nicht mein neues Automodell kaufen, zahlen Sie für künftige Inspektionen halt doppelt so viel." So was nennt sich wohl Kundennähe.
Gartner findet bei der Befragung von 415 europäischen Unternehmen in acht Ländern heraus, dass die IT-Verantwortlichen mit ihren Budgets noch mindestens bis Mitte 2003 knausrig umgehen werden. Die Talsohle sei zwar erreicht, trotzdem laute die Losung: Irgendwie überwintern. Kennen wir den Spruch nicht irgendwoher?
Und gleich noch einmal steht SAP eher unrühmlich im Rampenlicht: Eine Migration bei den Münchner Stadtwerken (SWM) auf das R/3-Modul "Industry Solution Utilities/Customer Care and Services" (IS-U/CSS) ist offensichtlich so gründlich danebengegangen, dass der Energieversorger für manche Kunden keine Abrechnungen mehr ausstellen kann. Offiziell werden von allen Seiten die Probleme natürlich dementiert - was befragte SWM-Kunden sehr verwundert. Und wir hier erinnern uns, dass es ganz ähnliche Probleme mit SAP-Software bereits bei der GEW Köln, bei einem Darmstädter Energieversorger oder auch bei der im Frankfurter Raum tätigen Mainova gab.
Size does matter - sagt sich jedenfalls der schwedische Carrier Telia und verleibt sich den finnischen TK-Konzern Sonera Oy ein. Für den Gegenwert von sieben Milliarden Euro entsteht das größte skandinavische TK-Unternehmen.
Gerhard Schmid: Wer sich auf's Glatteis begibt
Und dann schlittert der ehemalige Eishockeyspieler Gerhard Schmid vom Eis, auf das er sich mit der France Télécom begeben hat. Seinen Anteil von 40 Prozent will er an eine Reihe von Banken und Investoren abgeben. Wir können Ihnen schon jetzt sagen, dass das noch nicht der letzte Wortwechsel auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten zwischen Schmid und seinem France-Télécom-Antipoden Michel Bon gewesen ist.
Und weiter geht es mit den schlechten Nachrichten: Die Heyde AG beantragt im April das Insolvenzverfahren. Der einstige Börsenstar und IT-Dienstleister ist zahlungsunfähig.
Ein historisches Ereignis bahnt sich ebenfalls im Frühjahr an: Microsoft, nicht gerade mit einem Verlierer-Image behaftet, muss eingestehen, dass seine Internet-Dienste ".NET My Services" keine Unterstützung in der Branche findet. Microsofts Geschäftsmodell für Web-Services ist gescheitert - und wir hier fragen uns, wer wohl dafür in Seattle einen Kopf kürzer gemacht wird.
Dass die New Economy abgewirtschaftet hat, wissen wir. Dass darob Firmen im Orkus verschwinden, auch. Zunehmend geläufig wird im Jahr 2002 allerdings das Phänomen, dass Firmenvorstände ambitioniert gestarteter Unternehmen gesiebte Luft atmen müssen. Jürgen Bintrup, Gründer des als CE Computer Equipment AG gestarteten DMS-Anbieters (DMS = Dokumenten-Management-System) und sein Vorstandskollege Thomas Wenzke werden wegen angeblichen Betrugs und Insiderhandels in staatlichen Gewahrsam genommen.
In England dürfen die Bürger Liverpools und Sheffields bei den Kommunalwahlen erstmals per Handy abstimmen. Ob sich so etwas hierzulande auch als Modell für mehr Bürgerbeteiligung eignen würde, ist angesichts der Auswahl derer, die gewählt werden wollen, eine schwierige Frage.
Signalwirkung für die Outsourcing-Szene? Die größte deutsche, eben Deutsche Bank, stellt mehr als nur Gedanken an, ihre IT in die Verantwortung eines aushäusigen Dienstleisters zu übergeben. Entsprechende Meldungen, in denen die Kandidaten gleich mitgenannt werden, bescheidet COO Hermann-Josef Lamberti gegenüber dieser Zeitung mit dem klaren Kommentar: Nix is fix.
MAI
Mal was Neues vom Fusions-Hickhack HP-Compaq: Noch immer sind die beiden Firmen nicht verschmolzen. Immer noch beharken sich die Befürworter und Gegner des Zusammenschlusses. Mittlerweile ist man vor Gericht gelandet, wo geklärt werden soll, ob HP-Chefin Fiorina noch Unentschlossene vielleicht durch kleine Aufmerksamkeiten überzeugt haben könnte, für die Fusion zu stimmen.
Network Associates ist Sicherheitsanbieter. Das klingt komisch im Zusammenhang mit der Meldung, dass die Bilanzen aus den Jahren 1999 und 2000 alles andere als sicher richtig waren. Jetzt müssen Buchprüfer sich wieder über die alten Geschäftsergebnisse beugen und vielleicht Lug und Betrug aufdecken. Die Übernahme von McAfee.com wird deshalb schon mal abgeblasen.
Als Microsoft den CRM-Anbieter Great Plains übernahm und Großes ankündigte, lächelte Siebel nur. Mitte Mai kauft die Gates-Company den dänischen ERP-Anbieter Navision. Mit dessen Software will der Softwaregigant den Mittelstand für ERP anfixen. SAP-Vorstand Hasso Plattner kommentiert das Ansinnen ziemlich diplomatisch und professionell: "Wir nehmen das sehr ernst, ohne vor dem Riesen Microsoft Angst zu haben."
Bei Sun Microsystems scheint der Haussegen schief zu hängen: Innerhalb kürzester Zeit verlassen im Mai mit Ed Zander, Michael Leh-mann, John Shoemaker, Larry Hambly und Stephen DeWitt gleich fünf Topmanager das Unternehmen.
Neue Besen kehren gut
Und dann ist es so weit: Richter William Chandler gewinnt dem Rosenkrieg zwischen HP-Chefin Fiorina und HP-Gründersohn Walter Hewlett offensichtlich nichts mehr ab und weist die Klage von Hewlett zurück. Er vermöge nicht zu erkennen, dass HP seinen Aktionären Informationen vorenthalten habe, die für die Fusionsentscheidung von Bedeutung gewesen wären. Der Weg für die Compaq-Übernahme ist frei.
Kaum im Amt, beweist IBM-CEO Sam Palmisano schon, wie das Wort vom neuen Besen, der gut kehrt, richtig zu verstehen ist. Der Branche geht es schlecht, also auch IBM, also feuert der Gerstner-Nachfolger rund drei Prozent der insgesamt 318.000 IBM-Mitarbeiter. Bei solchen Nachrichten, die ja nicht gerade selten auf unseren Tisch flattern, fragen wir uns manchmal, ob Unternehmensverantwortliche eigentlich noch etwas können außer Entlassungen auszusprechen. Manchmal - na ja, meistens - macht es Spaß, Marktführer zu sein oder zumindest einer der ganz Großen. Dell ist so einer. Der Direktvertreiber von PCs und Intel-Servern gibt Ende Mai bekannt, er wolle auch ins Druckergeschäft einsteigen. Da dürfte manchem bei HP, dem Fastmonopolisten im Druckergeschäft, das Gesicht in den Teller gefallen sein. Bislang gibt es aber nur Absichtserklärungen zur Zusammenarbeit mit Partnern. Schau mer mal, dann sehn mer scho, wie ein großer deutscher Ex-Trainer ohne Lizenz zu sagen pflegt.
Nach Global Crossing, das in Sachen Missmanagement die Latte ziemlich hoch gelegt hat und nach Williams Communications strandet mit KPN Qwest ein weiterer Großer aus der Kommunikations- und Glasfaserbranche mit Pauken und Trompeten. Die Niederländer müssen Gläubigerschutz anmelden. Jetzt sollen Teile des Unternehmens verkauft oder Joint Ventures mit anderen Firmen eingegangen werden.
Mal was von uns: Ende Mai 2002 verlässt mit Nora Hörmann ein Gründungsmitglied der Redaktion das Unternehmen. Hörmann war Schreiberin der ersten Tage der CW, als die sich im Oktober 1974 anschickte, die unangefochtene Nummer eins der IT-Medienwelt zu werden (Okay, zumindest bei den Titeln, die Know-how über das gesamte IT-Themenspektrum aufweisen können.) "30 Jahre CW sind genug", kommentiert Hörmann, und wir können der Kollegin nur alles Gute für die kommenden Dezennien wünschen.
JUNI
"Wir erhöhen die IT-Sicherheit durch die Vermeidung von Monokulturen. Wir verringern die Abhängigkeit von einzelnen Softwareanbietern. Wir sparen zudem beim Kauf der Software und bei den laufenden Kosten." Wissen Sie, wer das gesagt haben könnte? Kommen Sie nicht drauf. War ein deutscher Bundesinnnenminister namens Otto Schily. Der setzt bei öffentlichen Verwaltungen voll auf Open Source.
Leider denkt dasselbe Ministerium in anderen Sachverhalten erheblich weniger offen: Im Bundesrat geht eine Gesetzesvorlage durch, die Telekom-Provider verpflichtet, Nutzungsdaten von Telefon-, Mobilfunk- und Internet-Nutzern in wesentlich größerem Umfang als bisher und über einen bis dato nicht für möglich gehaltenen Zeitraum festzuhalten und auf Anfrage an Ermittlungsbehörden weiterzugeben. Datenschützer sind entsetzt, ihr oberster Dienstherr Schily findet das gut.
Und wieder einmal interessieren sich hierzulande Richter für Geschäftspraktiken deutscher Manager: Diesmal geht es um erklärungsbedürftige Finanztransaktionen der SER Systems AG, die SER-Gründer Gert Reinhardt in Gang gebracht hat. Per Management-Buyout sollten wesentliche Vermögensteile an leitende Mitarbeiter verschachert werden. Das Landgericht Koblenz wollte die trickreiche Verschiebung per einstweilige Verfügung aufheben, was Reinhardt offenbar nicht anficht. Aus den USA, wohin er sich in weiser Voraussicht begeben hat, lässt er mitteilen, alles sei in bester Ordnung. Trotzdem möchte er bis auf weiteres lieber keinen Heimatboden betreten.
Im Juni ist es nun so, dass die Balltruppe von Tante Käthe vor den Augen einer ungläubig staunenden Weltöffentlichkeit ihr Niveau bei weitem überschreitet. Sie tut nämlich das, was Dutzende andere Nationen seit langem praktizieren, sie spielt einfach Fußball - zunehmend jedenfalls. Mit dieser genialen Strategie kommen die teutonischen Balljongleure - in Pisa-Deutschland weiß da schon lange niemand mehr, wie man das Wort schreibt - bis ins Fiiinaaaleee. Dort müssen sie sich zwar den noch größeren Ballkünsten der Brasilianer beugen. Das erledigen sie aber mit sehr viel Bravour. Nachher gibt es "nur ein Ruudiii Vööölleeerr" - und wir müssen diesen Umstand hier einfach auch erwähnen, damit wenigstens einmal was Positives zu vermelden gewesen ist. Auch diese Überschriften aus der CW gilt es nämlich zu zitieren: "Worldcoms Bilanzskandal kostet 17.000 Arbeitsplätze", "Cap Gemini entlässt erneut 5500 Mitarbeiter", "Brain zahlt im Juni keine Gehälter", "Xerox korrigiert seine Bilanzen", "Bankrotter Carrier KPN Qwest wird wohl zerlegt". Alles in einer Ausgabe. Jetzt verstehen Sie vielleicht auch, warum es langsam keinen Spaß mehr macht, diesen Jahresrückblick zu schreiben. (jm)
2002 war nichts für Nervenschwache: Die Insolvenzen bewegen sich auf Rekordkurs. Was mancher Manager als Kostendämpfung ankündigt, kommt einem Kahlschlag gleich. Alles spart, alles wartet, alles hofft. Nirgends Aufbruchstimmung. Deutschland tut, was manche als seine liebste Beschäftigung ansehen - es klagt, lamentiert und stagniert. Ein Jahr geht zu Ende, das so niemand mehr erleben will.
JULI
Im Juli erhalten Gerüchte um eine mögliche Demission von Telekom-Chef Ron Sommer neue Nahrung. Die Milliardenschulden seines Unternehmens und der Sturzflug der T-Aktie lassen es geboten erscheinen, dass Kanzler Gerhard Schröder ein Machtwort spricht und Sommer seines Amtes enthebt. Noch dementiert Berlin.
Mindestens einem Bömbchen kommt es gleich, als SAP Mitte Juli verlauten ließ, die Umsatzprognose für das Jahr 2002 müsse revidiert werden, und ein negatives Ergebnis für das zweite Geschäftsquartal sei zu erwarten. Vielleicht sollte man einfach keine Zeitung mehr lesen.
Es gibt Leute, die behaupten, die CW schreibe kritisch über Microsoft. Das stimmt. Deshalb veröffentlichen wir jetzt mal was Nettes von der Gates-Company: Die hat nämlich das vierte Quartal des Geschäftsjahres 2001/02 mit einem NettoGEWINN von 1,53 Milliarden Dollar abgeschlossen und im gesamten Jahr einen PROFIT von 7,8 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Microsoft-Chef Ballmer sagt ferner, er werde im nächsten Jahr 5000 Mitarbeiter EINSTELLEN. Kennt man diese Ausdrücke noch? Die Nachrichten lesen sich so gut, dass sie ja eigentlich fast schon wieder unanständig sind. Aber wir schreiben hier, dass wir das jetzt sehr gerne geschrieben haben.
Über Siebel schreiben wir oft gar nicht so negativ. Dessen Umsatz bricht aber im zweiten Quartal trotzdem um 30 Prozent ein, und das Unternehmen entlässt 1200 Mitarbeiter. Müssen wir schreiben.
AUGUST
Im Sommer- und Ferienmonat meldet der Branchenverband Bitkom für das Jahr 2002 erstmals seit Anfang der 90er Jahre einen Rückgang der Mitarbeiterzahl in der ITK-Branche. Das entspricht einem Minus von 3,4 Prozent.
Dass sich die IBM seit der Ära Louis Gerstner zum größten IT-Dienstleister der Welt genausert hat, hält den neuen Firmenlenker Palmisano nicht ab, sich auch noch die Consulting-Sparte von Pricewaterhouse-Coopers (PwC) samt 30.000 PwC-Mitarbeitern einzuverleiben. Dabei hat IBMs eigene Dienstleistungstruppe IBM Global Services (IGS) bereits 150.000 Mitarbeiter und erwirtschaftet 40 Prozent des gesamten Umsatzes von Big Blue.
Apropos gute Nachrichten, schlechte Nachrichten: Gerade erst haut uns Peoplesoft-Chef Craig Conway um die Ohren, er könne die schlechten Nachrichten nicht mehr lesen, wir sollten doch endlich auch mal für eine gute Stimmung sorgen. Mit einer guten Stimmung - Psychologie ist bekanntlich alles - würden auch die Geschäfte wieder gut laufen.
Also das probieren wir jetzt mal: Zwar hat nach T-Mobile und O2 jetzt auch D2 Vodafone den Startschuss für die Inbetriebnahme seines UMTS-Netzes verschoben. Auch die schwedische Tele 2 friert ihre Investitionen für UMTS ein. Und die France-Télécom-Tochter Orange sieht auch keine Nachfrage mehr nach mobilen Datendiensten - UMTS ist also eigentlich am Ende. Ein Riesentiger ist grandios als Bettvorleger geendet. Aber sind Tante Käthes elf Freunde nicht immer noch Vize-Weltmeister? Wenn das keine gute Stimmung verbreitet!
Worldcom gesteht, müssen wir im August leider auch schreiben, weitere Fehlbuchungen ein. Dafür haben sich die Niederlande gar nicht erst für die Fußball-WM qualifiziert! Und die Lintec AG sieht ganz schweren Zeiten entgegen. Umsatzeinbußen und Verluste bringen den ostdeutschen Computerhersteller in die Bredouille. Aber England und Argentinien sind schon in der Vorrunde ausgeschieden bei der Fußball-WM!
Und dass die IBM gleich fünf Prozent oder 15.600 Mitarbeitern die rote Karte zeigt, sollte uns die Stimmung nicht zu sehr vermiesen. Wir sind schließlich alle freie Marktwirtschaftler.
Und hatten nicht IBM-Deutschland-Chef Erwin Staudt und Jenoptik-Speerspitze Lothar Späth verlangt, Deutschland müsse IT-mäßig weltweit an die Spitze rücken, um im Wettbewerb bestehen zu können? Ha, jeder zweite Deutsche, sagt das Berliner Marktforschungsinstitut Forsa, ist mittlerweile im Internet. Wir wissen zwar nicht, ob das jetzt eine positive Nachricht oder überhaupt eine ist - aber für die Stimmung tun wir alles.
Dell meldet für das zweite Geschäftsjahr einen Nettogewinn von 501 Millionen Dollar. Das ist gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um sechs Prozent.
Novell legt in seinem dritten Geschäftsquartal ein positives Nettoergebnis vor. Das hat die Analysten an der Wallstreet so angenehm überrascht, dass in der Folge der Kurs der Aktie um 30 Prozent steigt.Na also, geht doch mit den positiven Nachrichten und Stimmungen.
Gut, 15 AOL-Manager hat die US-amerikanische Börsenaufsicht in Verdacht, den Aktienkurs künstlich in die Höhe getrieben und rechtzeitig vor dem Absturz ihrer Anteile äußerst gewinnbringend verkauft zu haben. Aber mal ehrlich: haben wir nicht immer gewusst, dass das so läuft? Davon lassen wir uns die Stimmung nicht vermiesen.
Telekom-Chef Ron Sommer wird (rechtzeitig?) vor der Bundestagswahl am 22. September geopfert. Angeblich von Kanzler Schröder. Dementiert der natürlich. Helmut Sihler, der auch gut als Alterspräsident durchgehen würde, wird Interimschef beim größten deutschen Telekom-Konzern.
SEPTEMBER
HP, mittlerweile auch rechtlich mit Compaq fusioniert, legt ein Geschäftsergebnis für das dritte Quartal vor, das eigentlich furchterregend ist: Im PC- und Server-Segment schreibt die Firma, die sich Computerunternehmen nennt, rote Zahlen und verliert Marktanteile. Bei Druckern steigen die Gewinne insbesondere auch wegen der Geschäfte mit Zusatz- und Ersatzteilkomponenten wie Druckerkartuschen. Ob das doch stimmt, was Sun-Chef Scott McNealy schon vor Jahren lobte? Dass HP ja eine sehr erfolgreiche Druckerfirma sei?
Apropos Erfolg und gute Stimmung: Der US-Festplattenhersteller Quantum muss wegen der anhaltend schleppenden Nachfrage jeden dritten Mitarbeiter entlassen. Hätte ja auch jeder Zweite sein können.
Bill Gates verliert im Lauf des Jahres elf Milliarden Dollar an Vermögen. Das ist nicht so tragisch, besitzt er doch immer noch 43 Milliarden Dollar. In Deutschland gibt es ungefähr sechs Unternehmen, die so viel an Marktkapitalisierung besitzen.
Für Mobilcom ist mal wieder eine Wende eingetreten: Mitte September entscheidet die France Télécom, ihr Engagement bei den Büdelsdorfern komplett zu beenden. Um nicht alle 5500 Arbeitsplätze zu gefährden, wollen der Bund und das Land Schleswig-Holstein eine Bürgschaft über 400 Millionen Euro bereitstellen.
Ab dem 2. September läuft derweil das Insolvenzverfahren für Brain. Hinter den Kulissen hat das Tauziehen um Kunden und lukrative Wartungsverträge begonnen. Vorstand Hans-Peter Eitel versucht zu retten, was eigentlich nicht mehr zu retten ist.
Sun Microsystems überrascht derweil mit der Ankündigung, man wolle ins PC-Geschäft einsteigen. Natürlich nicht mit einem Betriebssystem des Erzfeindes Microsoft bewehrt, sondern mit Linux. 1989 hatte sich Sun auch schon mal in ein PC-Abenteuer gestürzt. Das ging seinerzeit kräftig in die Hose: Die "386i"-Rechner vergammelten in den Lagern, und Sun fuhr zum ersten Mal seit seiner Gründung 1982 Quartalsverluste ein.
EDS, nach der IBM zweitgrößter IT-Dienstleister der Welt, gibt in einer Meldung Ende September bekannt, dass der Markt für IT-Services praktisch "zum Stillstand" gekommen sei. Das werde sich bis Mitte 2003 auch nicht wesentlich ändern. Die Umsatz- und Gewinnprognosen fahren die Texaner entsprechend drastisch zurück - prompt rauscht die EDS-Aktie um mehr als 30 Prozent in den Keller. (jm)
Viele Grüße
aus dem Ruhrpott
JANUAR
Dabei ließ es sich gar nicht so schlecht an: Das Marktforschungsinstitut IDC prognostiziert noch Anfang 2002, bis Mitte des Jahres sei ein moderates Wachstum in der IT-Branche zu erwarten. Der Weg der Besserung sei beschritten, deklamieren die Szenekenner in ihren "Top 10 IT-Prognosen" für die gerade angelaufenen zwölf Monate. Die zu erwartende Entkrampfung des globalen Investitionsverhaltens werde die IT-Ausgaben in den USA um vier bis sechs, in Europa gar um sechs bis sieben Prozent ansteigen lassen. Welch Schalmeienklang zum Jahreswechsel 2001/02! Und was für ein Tal der Tränen, das auf diese Prognose folgt!
Wie unangenehm das neue Jahr wird, zeigt aber schon der Absturz von US Internetworking Inc. (USI). Das US-amerikanische Unternehmen agiert im mit hohen Erwartungen gestarteten Markt der Application-Service-Provider (ASP). USI ist nicht irgendwer, sondern der weltweit größte ASP. Anfang des Jahres muss das Unternehmen aus Annapolis, Maryland, Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US-amerikanischen Konkursrechts beantragen.
Auch in Deutschland tönen zum Jahreswechsel 2001/02 erste Donnerschläge durch die IT-Welt: Das Systemhaus M+S Elektronik AG aus Niedernberg in Nordbayern, mit rund 1600 Mitarbeitern, 40 Niederlassungen und einem Jahresumsatz von mehr 500 Millionen Euro einer der großen IT-Dienstleister hierzulande, muss im Januar 2002 beim Amtsgericht Aschaffenburg Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen.
Im Staat der Laptops und Lederhosen rumort es derweil auf einem Nebenkriegsschauplatz: Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) moniert die zu starke Abhängigkeit der Verwaltungs-IT im weißblauen Freistaat von den Softwareprodukten eines einzigen Herstellers. Dies komme den Steuerzahler teuer zu stehen. Bei Verwendung von Linux oder anderer Open-Source-Software wäre das nicht passiert, mäkeln die Behörden-Controller. Muss man noch erwähnen, gegen wen sich der Hieb auch richtet?
Jedenfalls hat die Diskussion um die Abkehr von Microsoft-Produkten im Januar auch die politischen Schaltzentralen in Berlin erreicht. In den Bundesverwaltungen soll nach einem Beschluss des Parlaments, der weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit getroffen wird, der Einsatz quelloffener Software gefördert werden. Was im Januar ein Streitthema ist, wird sich später zu einem regelrechten Grabenkrieg zwischen den Lagern der Microsoft-Adepten und den Vertretern der Open-Source-Bewegung auswachsen.
Da sieht eine von der COMPUTERWOCHE gemeinsam mit dem Hamburger Marktforschungsunternehmen EMC/Adecco herausgegebene Analyse zum Stellenmarkt in Deutschland viel schwärzer: Die Zahl der in 40 Tageszeitungen ausgeschriebenen IT-Jobs sinkt, so das Analyseergebnis Anfang 2002, um 37 Prozent. Leidtragende sind nicht nur die Arbeitsuchenden, sondern auch alle Zeitungen, die einen Teil ihrer Einnahmen aus Stellenan-zeigen beziehen.
Die Wellen schlagen hoch, als publik wird, dass i2 Technologies, Anbieter von Software für das Supply-Chain-Management (SCM), ein Projekt beim Großkunden Siemens in den Sand gesetzt hat. Nach fast einem Jahr Laufzeit stoppt der Konzernbereich Information and Communication Networks (ICN) ein Vorhaben für die Auftragsverfolgung mit der i2-Software "Global Logistics Monitor" (GLM).
In den USA tragen derweil seit September 2001 und verstärkt seit Anfang 2002 die Be-fürworter und Gegner der Fusion von Hewlett-Packard (HP) und Compaq einen an Bitterkeit ständig zunehmenden Kampf aus. In der Öffentlichkeit entsteht ein Bild, das die Beteiligten an Protagonisten aus TV-Schmonzetten à la "Dallas oder "Denver Clan" erinnern lässt. HP-Chefin Carleton Fiorina als eigensüchtiges, blondes Biest; Walter Hewlett, Sohn von Firmengründer William, als Nestbeschmutzer und Antipode der harten Blondine. Demnächst mehr in diesem Theater.
FEBRUAR
Eine Mesalliance mit Hautgout bringt das Finanzministerium in Schleswig-Holstein unter Minister Claus Möller (SPD) und SAP ins Zwielicht. Ausgelöst hat den Skandal ein Bericht des Landesrechnungshofs (LRH). In diesem wird der Möller-Behörde vorgeworfen, sie habe bei der Auswahl eines Mittelbewirtschaftungs- und Kostenrechnungssystems Geld verschleudert. Was sich wie ein Zungenbrecher liest, ist eine SAP-Lösung. Unter "fachlichen und finanziellen Aspekten" sei diese im Vergleich zu Konkurrenzangeboten nie im Spitzenfeld gewesen. Pikanterweise stellt sich auch noch heraus, dass eine ehemalige Mitarbeiterin der Finanzbehörde, die in die Entscheidung für das SAP-System maßgeblich involviert war, später bei dem Walldorfer Softwarehaus auf der Gehaltsliste steht. Wiewohl der Verdacht der Korruption nie bestätigt werden kann, bleibt ein "Gschmäckle", wie der Schwabe zu sagen pflegt.
Dass Terror nicht nur vergleichsweise plump mit Pumpgun, Bomben und Raketen, sondern auch perfide über das Internet ausgeübt werden kann, ist bekannt. Ins Bewusstsein rückt die lautlose Gefahr aber immer erst dann wieder, wenn es richtig knallt - oder wenn eine Studie belegt, wie virulent die Bedrohung ist: Eine Untersuchung der US-Firma Riptech bei 300 Kunden in 25 Ländern belegt, dass sich die Zahl der Hacker-Angriffe auf diese Betriebe innerhalb eines Jahres um 79 Prozent erhöht hat. Besorgnis erregend ist vor allem, dass bei 39 Prozent der Angriffe eine zielgerichtete und klare Strategie gegen diese Unternehmen zu erkennen ist. Insbesondere Energieversorger haben die Hacker ins Fadenkreuz genommen.
Eine Pleitenummer zieht Global Crossing ab: Einer der weltgrößten Betreiber von Glasfasernetzen meldet im Februar seine Zahlungsunfähigkeit und flüchtet unter den Gläubigerschutz des US-amerikanischen Konkursrechts. Die Kosten für das ausufernde Glasfasernetz, das rund 27 Länder und 200 Städte verbindet, wachsen ins Gigantische. Es scheint nicht mehr realistisch, dass Global Crossing jemals die aufgelaufenen 22,4 Milliarden Dollar Verbindlichkeiten wird abtragen können. Überdies mehren sich in der Folge der Pleite auch noch Gerüchte über mutmaßliche Bilanzmanipulationen.
Neues gibt es im Februar in Sachen HP-Compaq: Die Fusionsbefürworter können sich freuen, als die Wettbewerbshüter der Europäischen Union keine Bedenken äußern und ihr Plazet zum Zusammenschluss geben. Ein nicht unwichtiger Etappensieg.
Schon vor Pisa wird Deutschland abgewatscht - allerdings nur IT-technisch: Auf dem Weltwirtschaftsforum in New York - bis dato fand es immer in Davos statt - präsentiert das Center for International Development (CID) an der Harvard University das Ergebnis eines Vergleichs verschiedener Länder. Analysiert wurde, in welchem Maß eine Gesellschaft mit IT-Ressourcen durchdrungen ist. Unter 75 begutachteten Ländern rangiert Deutschland in Sachen wirtschaftliche Bedingungen, nationale Regelungen, Infrastruktur und Bildung auf Platz 17. Was gar nicht mal so schlecht klingt, relativiert sich beim Blick auf den Länderver-gleich in Europa. Dort nämlich platzieren sich die Niederlande, Dänemark, Österreich und Großbritannien deutlich vor der Bundesrepublik. Die Grande Nation Frankreich allerdings schneidet noch schlechter ab.
Einen Strategiewechsel der nicht selbstverständlichen Art verordnet im Februar Scott McNealy seiner Firma Sun Microsystems: Seit zwei Jahrzehnten fixiert auf das hauseigene Unix-Derivat Solaris, kündigen die Kalifornier jetzt an, sie würden auch Linux auf ihren Systemen anbieten. Naja, nicht ganz: Der Seitensprung gilt lediglich den Lowend-Systemen, die Sun mit dem Kauf der Firma Cobalt geerbt hat. Deren Maschinen rechnen auch nicht mit von Sun entwickelten Sparc-Risc-Prozessoren, sondern mit Intel-CPUs.
Elsa - war ein guter Name. Elsa, der Grafik-kartenhersteller und Videoexperte aus Aachen, ist im Februar nahezu zahlungsunfähig. Gläubigerbanken streichen die Kreditlinien, ein neuer Investor stellt sich nicht vor - die Zukunft für einen der wenigen international erfolgreichen deutschen Computeranbieter sieht düster aus, die von weltweit über 500 Mitarbeitern auch.
Und auch bei Intershop, einem Überflieger der New-Economy-Szene, hat das Heulen und Zähneknirschen eingesetzt: 131,8 Millionen Euro Verlust bei Halbierung des Umsatzes auf 68,65 Millionen Euro stürzen die Jenaer in eine schwere Krise, die rund 230 der insgesamt 733 Mitarbeiter weltweit den Job kostet. Der Sturzflug fordert auch Opfer unter den Gründervätern: Wilfried Beeck, Mitgründer und jetzt Chief Operating Officer - der also das Tagesgeschäft abwickelt - sowie der Europa-Chef Michael Tsifidaris müssen ebenfalls gehen. Intershop-Vorstandsvorsitzender und Gründungskompagnon Stephan Schambach hingegen kann seinen Kopf nochmal retten.
Ende Februar werden Anbieter von mobilen Endgeräten sehr nervös. Da melden nämlich zwei Industriegiganten, sie würden ihre Kernkompetenzen nutzen, um ab sofort auch dieses Marktsegment zu beglücken. Niemand anderes als Microsoft und Intel - beide immer mal wieder wegen angeblich oder tatsächlich wettbewerbsrechtlich fragwürdiger Geschäftspraktiken vor Gericht - wollen den Markt für Pocket PCs, also Handhelds, aufrollen.
In Deutschland kündigt sich ein weiterer Absturz an, der sich später zum Skandal auswächst: Die SER Systems AG unter der Ägide von Gert Reinhardt legt im Februar eine dermaßen desaströse Bilanz vor, dass man ernsthaft um die Existenz des Anbieters von Dokumenten-Management-Systemen (DMS) fürchten muss. Einige Monate später bewahrheiten sich diese Befürchtungen.
Auch der Heyde AG regnet es ordentlich rein: Zwar kann das Unternehmen ein Umsatzplus von 4,3 Prozent auf 120 Millionen Euro verbuchen. Aber der Verlust verdoppelt sich auf knapp 50 Millionen Euro. Vorstandsvorsitzender Dirk Wittenborg nimmt wegen des schlechten Ergebnisses seinen Hut - und Analysten rechnen mit dem Schlimmsten.
Anscheinend völlig unberührt von allen wirtschaftlichen Depressionen dieser Welt zieht Dell Computer seine Bahn: Zwar gehen sowohl Umsatz als auch Gewinn bei dem Direktvertreiber von IT-Systemen zurück, aber als eines der wenigen Unternehmen in der Branche macht Dell noch Profit. Für das am 1. Februar 2002 abgelaufene vierte Geschäftsquartal und für das Gesamtjahr meldet Gründer Michael Dell Gewinne, die über den Erwartungen der Analysten liegen.
MÄRZ
Am 1. März 2002 vollzieht sich ein echter Machtwechsel in der IT: Louis Gerstner, ehemals vom Keksfabrikanten RJR Nabisco zur IBM gekommen, dankt ab und macht den Platz frei für Samuel Palmisano. In der größten Not angetreten, als das Unternehmen 1992 fünf Milliarden Dollar Verlust machte, hinterlässt Gerstner ein aufgeräumtes Haus. Der Mainframer ist umgebaut zum Serviceunternehmen, die Großrechner sind keine Monolithen mehr, die nur proprietäres Zeug reden. Dieser Wandel ist Gerstner zuzuschreiben.
Eine Ankündigung hinterlässt bei vielen sehr gemischte Gefühle: Microsoft hat Great Plains übernommen. Jetzt soll mit der zugekauften Technologie der Markt für Customer-Relationship-Management-(CRM-)Lösungen aufgerollt werden. Natürlich geben sich Konkurrenten wie Siebel oder Peoplesoft unbeeindruckt. Aber wer Microsoft kennt - und das ist jeder - weiß, dass es für CRM-Anbieter wieder etwas ungemütlicher werden könnte.
Einen dicken Fisch zieht die IBM an Land. Big Blue lässt sich als Outsourcer die Verant-wortung für die IT des Kreditkartenunternehmens American Express übergeben. Für vier Milliarden Dollar übernimmt IBM 2000 Mit-arbeiter und den gesamten IT-Betrieb. Spätestens jetzt dürften die IT-Experten der Deutschen Bank auf eine Idee gekommen sein.
Und wieder scheint ein Hoffnungsschimmer am Horizont aufzuziehen: Rechtzeitig zur Ce-BIT 2002 meldet das European Information Technology Observatory (Eito), der weltweite Markt für Information und Telekommunikation (ITK) habe 2001 nur um 4,4 Prozent zugelegt, werde aber im laufenden Jahr ein knapp zweistelliges Wachstum erleben. Leider hat sich die Erwartungshaltung im weiteren Verlauf dann drastisch reduziert.
Guter Witz von Microsoft
Einen guten Witz macht Microsofts Vorstandsvorsitzender Steve Ballmer: Sollten sich das US-Justizministerium und neun gegen den Konzern prozessierenden US-Bundesstaaten mit ihrer Anti-Trust-Klage durchsetzen, müsse die Gates-Company das Windows-Betriebssystem vom Markt nehmen. Das ist ungefähr so, als ob ein Gericht Mercedes verpflichten würde, eine Produktionsstätte in Deutschland und nicht in Frankreich aufzubauen, und der Autobauer drohte deshalb, keine PKWs mehr zu produzieren.
Eine Fusion, die ebenfalls nicht unproblematisch sein dürfte, wird Ende März bekannt gegeben. Die T-Systems-Töchter Diebold und Detecon werden zu einem Unternehmen ver-schmolzen. In den Kernkompetenzen ergänzen sie sich, in den Firmenkulturen unterscheiden sie sich aber sehr.
Auf der CeBIT 2002 ist man nach acht Tagen genauso schlau wie zuvor: Wirklich Aufschluss auf die Frage aller Fragen, ob und wenn ja, wann der Aufschwung nun kommen könnte, hat auf der weltgrößten Computermesse niemand erhalten. Die Talsohle, mutmaßen die meisten, sei zwar möglicherweise erreicht, der nachhaltige Aufschwung lasse aber noch auf sich warten. Noch Fragen?
Die Urnen voll - und alle Fragen offen: Während die CeBIT noch läuft, stimmen die Aktionäre von Compaq und HP über die Fusion der beiden Unternehmen ab. Compaqs Anteilseigner votieren klar mit Ja. Die Stimmenauszählung bei HP allerdings wird noch Wochen dauern. Das Hickhack um Sinn und Unsinn des Firmenzusammenschlusses geht derweil munter weiter.
Im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE sagt die alte und ab dem 22. September auch neue Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn, die Green Card sei nach wie vor nötig, weil die Bundesrepublik noch kein Zuwanderungsgesetz habe und damit auch keine gesteuerte Zuwanderung. Wir sagen nichts dazu.
Einen für Außenstehende erheiternden Ehekrach liefern sich im Jahr 2002 die France Télécom und Mobilcom. Schon im Frühjahr wollten die Franzosen dem schillernden Unternehmensgründer Gerhard Schmid seinen Anteil abkaufen. Andererseits hat der angeblich sogar ein vertragliches Druckmittel in der Hand, um den Franzosen per Zwangsverkauf seine Anteile an dem Büdelsdorfer Unternehmen aufzuzwingen - zu einem ihm genehmen Preis, versteht sich. Auch in dieser Aufführung wird es noch mehrere Akte geben. (jm
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - 2002 war nichts für Nervenschwache: Die Insolvenzen bewegen sich auf Rekordkurs. Was mancher Manager als Kostendämpfung ankündigt, kommt einem Kahlschlag gleich. Alles spart, alles wartet, alles hofft. Nirgends Aufbruchstimmung. Deutschland tut, was manche als seine liebste Beschäftigung ansehen - es klagt, lamentiert und stagniert. Ein Jahr geht zu Ende, das so niemand mehr erleben will.
APRIL
Für gute Stimmung sorgt im Frühjahr auch SAP: Widerborstige Benutzer älterer R/3-Versionen, die nicht auf aktuelle Varianten der Software umsatteln wollen, sollen künftig einen Wartungsbeitrag zahlen. Auf diese Weise will SAP die Zahl der zu pflegenden Versionen reduzieren. Eigentlich, mutmaßen wir mal, sollen - halb zog sie ihn, halb sank er hin - Anwender auf die Mysap-Plattform gelockt werden. "Wenn Sie nicht mein neues Automodell kaufen, zahlen Sie für künftige Inspektionen halt doppelt so viel." So was nennt sich wohl Kundennähe.
Gartner findet bei der Befragung von 415 europäischen Unternehmen in acht Ländern heraus, dass die IT-Verantwortlichen mit ihren Budgets noch mindestens bis Mitte 2003 knausrig umgehen werden. Die Talsohle sei zwar erreicht, trotzdem laute die Losung: Irgendwie überwintern. Kennen wir den Spruch nicht irgendwoher?
Und gleich noch einmal steht SAP eher unrühmlich im Rampenlicht: Eine Migration bei den Münchner Stadtwerken (SWM) auf das R/3-Modul "Industry Solution Utilities/Customer Care and Services" (IS-U/CSS) ist offensichtlich so gründlich danebengegangen, dass der Energieversorger für manche Kunden keine Abrechnungen mehr ausstellen kann. Offiziell werden von allen Seiten die Probleme natürlich dementiert - was befragte SWM-Kunden sehr verwundert. Und wir hier erinnern uns, dass es ganz ähnliche Probleme mit SAP-Software bereits bei der GEW Köln, bei einem Darmstädter Energieversorger oder auch bei der im Frankfurter Raum tätigen Mainova gab.
Size does matter - sagt sich jedenfalls der schwedische Carrier Telia und verleibt sich den finnischen TK-Konzern Sonera Oy ein. Für den Gegenwert von sieben Milliarden Euro entsteht das größte skandinavische TK-Unternehmen.
Gerhard Schmid: Wer sich auf's Glatteis begibt
Und dann schlittert der ehemalige Eishockeyspieler Gerhard Schmid vom Eis, auf das er sich mit der France Télécom begeben hat. Seinen Anteil von 40 Prozent will er an eine Reihe von Banken und Investoren abgeben. Wir können Ihnen schon jetzt sagen, dass das noch nicht der letzte Wortwechsel auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten zwischen Schmid und seinem France-Télécom-Antipoden Michel Bon gewesen ist.
Und weiter geht es mit den schlechten Nachrichten: Die Heyde AG beantragt im April das Insolvenzverfahren. Der einstige Börsenstar und IT-Dienstleister ist zahlungsunfähig.
Ein historisches Ereignis bahnt sich ebenfalls im Frühjahr an: Microsoft, nicht gerade mit einem Verlierer-Image behaftet, muss eingestehen, dass seine Internet-Dienste ".NET My Services" keine Unterstützung in der Branche findet. Microsofts Geschäftsmodell für Web-Services ist gescheitert - und wir hier fragen uns, wer wohl dafür in Seattle einen Kopf kürzer gemacht wird.
Dass die New Economy abgewirtschaftet hat, wissen wir. Dass darob Firmen im Orkus verschwinden, auch. Zunehmend geläufig wird im Jahr 2002 allerdings das Phänomen, dass Firmenvorstände ambitioniert gestarteter Unternehmen gesiebte Luft atmen müssen. Jürgen Bintrup, Gründer des als CE Computer Equipment AG gestarteten DMS-Anbieters (DMS = Dokumenten-Management-System) und sein Vorstandskollege Thomas Wenzke werden wegen angeblichen Betrugs und Insiderhandels in staatlichen Gewahrsam genommen.
In England dürfen die Bürger Liverpools und Sheffields bei den Kommunalwahlen erstmals per Handy abstimmen. Ob sich so etwas hierzulande auch als Modell für mehr Bürgerbeteiligung eignen würde, ist angesichts der Auswahl derer, die gewählt werden wollen, eine schwierige Frage.
Signalwirkung für die Outsourcing-Szene? Die größte deutsche, eben Deutsche Bank, stellt mehr als nur Gedanken an, ihre IT in die Verantwortung eines aushäusigen Dienstleisters zu übergeben. Entsprechende Meldungen, in denen die Kandidaten gleich mitgenannt werden, bescheidet COO Hermann-Josef Lamberti gegenüber dieser Zeitung mit dem klaren Kommentar: Nix is fix.
MAI
Mal was Neues vom Fusions-Hickhack HP-Compaq: Noch immer sind die beiden Firmen nicht verschmolzen. Immer noch beharken sich die Befürworter und Gegner des Zusammenschlusses. Mittlerweile ist man vor Gericht gelandet, wo geklärt werden soll, ob HP-Chefin Fiorina noch Unentschlossene vielleicht durch kleine Aufmerksamkeiten überzeugt haben könnte, für die Fusion zu stimmen.
Network Associates ist Sicherheitsanbieter. Das klingt komisch im Zusammenhang mit der Meldung, dass die Bilanzen aus den Jahren 1999 und 2000 alles andere als sicher richtig waren. Jetzt müssen Buchprüfer sich wieder über die alten Geschäftsergebnisse beugen und vielleicht Lug und Betrug aufdecken. Die Übernahme von McAfee.com wird deshalb schon mal abgeblasen.
Als Microsoft den CRM-Anbieter Great Plains übernahm und Großes ankündigte, lächelte Siebel nur. Mitte Mai kauft die Gates-Company den dänischen ERP-Anbieter Navision. Mit dessen Software will der Softwaregigant den Mittelstand für ERP anfixen. SAP-Vorstand Hasso Plattner kommentiert das Ansinnen ziemlich diplomatisch und professionell: "Wir nehmen das sehr ernst, ohne vor dem Riesen Microsoft Angst zu haben."
Bei Sun Microsystems scheint der Haussegen schief zu hängen: Innerhalb kürzester Zeit verlassen im Mai mit Ed Zander, Michael Leh-mann, John Shoemaker, Larry Hambly und Stephen DeWitt gleich fünf Topmanager das Unternehmen.
Neue Besen kehren gut
Und dann ist es so weit: Richter William Chandler gewinnt dem Rosenkrieg zwischen HP-Chefin Fiorina und HP-Gründersohn Walter Hewlett offensichtlich nichts mehr ab und weist die Klage von Hewlett zurück. Er vermöge nicht zu erkennen, dass HP seinen Aktionären Informationen vorenthalten habe, die für die Fusionsentscheidung von Bedeutung gewesen wären. Der Weg für die Compaq-Übernahme ist frei.
Kaum im Amt, beweist IBM-CEO Sam Palmisano schon, wie das Wort vom neuen Besen, der gut kehrt, richtig zu verstehen ist. Der Branche geht es schlecht, also auch IBM, also feuert der Gerstner-Nachfolger rund drei Prozent der insgesamt 318.000 IBM-Mitarbeiter. Bei solchen Nachrichten, die ja nicht gerade selten auf unseren Tisch flattern, fragen wir uns manchmal, ob Unternehmensverantwortliche eigentlich noch etwas können außer Entlassungen auszusprechen. Manchmal - na ja, meistens - macht es Spaß, Marktführer zu sein oder zumindest einer der ganz Großen. Dell ist so einer. Der Direktvertreiber von PCs und Intel-Servern gibt Ende Mai bekannt, er wolle auch ins Druckergeschäft einsteigen. Da dürfte manchem bei HP, dem Fastmonopolisten im Druckergeschäft, das Gesicht in den Teller gefallen sein. Bislang gibt es aber nur Absichtserklärungen zur Zusammenarbeit mit Partnern. Schau mer mal, dann sehn mer scho, wie ein großer deutscher Ex-Trainer ohne Lizenz zu sagen pflegt.
Nach Global Crossing, das in Sachen Missmanagement die Latte ziemlich hoch gelegt hat und nach Williams Communications strandet mit KPN Qwest ein weiterer Großer aus der Kommunikations- und Glasfaserbranche mit Pauken und Trompeten. Die Niederländer müssen Gläubigerschutz anmelden. Jetzt sollen Teile des Unternehmens verkauft oder Joint Ventures mit anderen Firmen eingegangen werden.
Mal was von uns: Ende Mai 2002 verlässt mit Nora Hörmann ein Gründungsmitglied der Redaktion das Unternehmen. Hörmann war Schreiberin der ersten Tage der CW, als die sich im Oktober 1974 anschickte, die unangefochtene Nummer eins der IT-Medienwelt zu werden (Okay, zumindest bei den Titeln, die Know-how über das gesamte IT-Themenspektrum aufweisen können.) "30 Jahre CW sind genug", kommentiert Hörmann, und wir können der Kollegin nur alles Gute für die kommenden Dezennien wünschen.
JUNI
"Wir erhöhen die IT-Sicherheit durch die Vermeidung von Monokulturen. Wir verringern die Abhängigkeit von einzelnen Softwareanbietern. Wir sparen zudem beim Kauf der Software und bei den laufenden Kosten." Wissen Sie, wer das gesagt haben könnte? Kommen Sie nicht drauf. War ein deutscher Bundesinnnenminister namens Otto Schily. Der setzt bei öffentlichen Verwaltungen voll auf Open Source.
Leider denkt dasselbe Ministerium in anderen Sachverhalten erheblich weniger offen: Im Bundesrat geht eine Gesetzesvorlage durch, die Telekom-Provider verpflichtet, Nutzungsdaten von Telefon-, Mobilfunk- und Internet-Nutzern in wesentlich größerem Umfang als bisher und über einen bis dato nicht für möglich gehaltenen Zeitraum festzuhalten und auf Anfrage an Ermittlungsbehörden weiterzugeben. Datenschützer sind entsetzt, ihr oberster Dienstherr Schily findet das gut.
Und wieder einmal interessieren sich hierzulande Richter für Geschäftspraktiken deutscher Manager: Diesmal geht es um erklärungsbedürftige Finanztransaktionen der SER Systems AG, die SER-Gründer Gert Reinhardt in Gang gebracht hat. Per Management-Buyout sollten wesentliche Vermögensteile an leitende Mitarbeiter verschachert werden. Das Landgericht Koblenz wollte die trickreiche Verschiebung per einstweilige Verfügung aufheben, was Reinhardt offenbar nicht anficht. Aus den USA, wohin er sich in weiser Voraussicht begeben hat, lässt er mitteilen, alles sei in bester Ordnung. Trotzdem möchte er bis auf weiteres lieber keinen Heimatboden betreten.
Im Juni ist es nun so, dass die Balltruppe von Tante Käthe vor den Augen einer ungläubig staunenden Weltöffentlichkeit ihr Niveau bei weitem überschreitet. Sie tut nämlich das, was Dutzende andere Nationen seit langem praktizieren, sie spielt einfach Fußball - zunehmend jedenfalls. Mit dieser genialen Strategie kommen die teutonischen Balljongleure - in Pisa-Deutschland weiß da schon lange niemand mehr, wie man das Wort schreibt - bis ins Fiiinaaaleee. Dort müssen sie sich zwar den noch größeren Ballkünsten der Brasilianer beugen. Das erledigen sie aber mit sehr viel Bravour. Nachher gibt es "nur ein Ruudiii Vööölleeerr" - und wir müssen diesen Umstand hier einfach auch erwähnen, damit wenigstens einmal was Positives zu vermelden gewesen ist. Auch diese Überschriften aus der CW gilt es nämlich zu zitieren: "Worldcoms Bilanzskandal kostet 17.000 Arbeitsplätze", "Cap Gemini entlässt erneut 5500 Mitarbeiter", "Brain zahlt im Juni keine Gehälter", "Xerox korrigiert seine Bilanzen", "Bankrotter Carrier KPN Qwest wird wohl zerlegt". Alles in einer Ausgabe. Jetzt verstehen Sie vielleicht auch, warum es langsam keinen Spaß mehr macht, diesen Jahresrückblick zu schreiben. (jm)
2002 war nichts für Nervenschwache: Die Insolvenzen bewegen sich auf Rekordkurs. Was mancher Manager als Kostendämpfung ankündigt, kommt einem Kahlschlag gleich. Alles spart, alles wartet, alles hofft. Nirgends Aufbruchstimmung. Deutschland tut, was manche als seine liebste Beschäftigung ansehen - es klagt, lamentiert und stagniert. Ein Jahr geht zu Ende, das so niemand mehr erleben will.
JULI
Im Juli erhalten Gerüchte um eine mögliche Demission von Telekom-Chef Ron Sommer neue Nahrung. Die Milliardenschulden seines Unternehmens und der Sturzflug der T-Aktie lassen es geboten erscheinen, dass Kanzler Gerhard Schröder ein Machtwort spricht und Sommer seines Amtes enthebt. Noch dementiert Berlin.
Mindestens einem Bömbchen kommt es gleich, als SAP Mitte Juli verlauten ließ, die Umsatzprognose für das Jahr 2002 müsse revidiert werden, und ein negatives Ergebnis für das zweite Geschäftsquartal sei zu erwarten. Vielleicht sollte man einfach keine Zeitung mehr lesen.
Es gibt Leute, die behaupten, die CW schreibe kritisch über Microsoft. Das stimmt. Deshalb veröffentlichen wir jetzt mal was Nettes von der Gates-Company: Die hat nämlich das vierte Quartal des Geschäftsjahres 2001/02 mit einem NettoGEWINN von 1,53 Milliarden Dollar abgeschlossen und im gesamten Jahr einen PROFIT von 7,8 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Microsoft-Chef Ballmer sagt ferner, er werde im nächsten Jahr 5000 Mitarbeiter EINSTELLEN. Kennt man diese Ausdrücke noch? Die Nachrichten lesen sich so gut, dass sie ja eigentlich fast schon wieder unanständig sind. Aber wir schreiben hier, dass wir das jetzt sehr gerne geschrieben haben.
Über Siebel schreiben wir oft gar nicht so negativ. Dessen Umsatz bricht aber im zweiten Quartal trotzdem um 30 Prozent ein, und das Unternehmen entlässt 1200 Mitarbeiter. Müssen wir schreiben.
AUGUST
Im Sommer- und Ferienmonat meldet der Branchenverband Bitkom für das Jahr 2002 erstmals seit Anfang der 90er Jahre einen Rückgang der Mitarbeiterzahl in der ITK-Branche. Das entspricht einem Minus von 3,4 Prozent.
Dass sich die IBM seit der Ära Louis Gerstner zum größten IT-Dienstleister der Welt genausert hat, hält den neuen Firmenlenker Palmisano nicht ab, sich auch noch die Consulting-Sparte von Pricewaterhouse-Coopers (PwC) samt 30.000 PwC-Mitarbeitern einzuverleiben. Dabei hat IBMs eigene Dienstleistungstruppe IBM Global Services (IGS) bereits 150.000 Mitarbeiter und erwirtschaftet 40 Prozent des gesamten Umsatzes von Big Blue.
Apropos gute Nachrichten, schlechte Nachrichten: Gerade erst haut uns Peoplesoft-Chef Craig Conway um die Ohren, er könne die schlechten Nachrichten nicht mehr lesen, wir sollten doch endlich auch mal für eine gute Stimmung sorgen. Mit einer guten Stimmung - Psychologie ist bekanntlich alles - würden auch die Geschäfte wieder gut laufen.
Also das probieren wir jetzt mal: Zwar hat nach T-Mobile und O2 jetzt auch D2 Vodafone den Startschuss für die Inbetriebnahme seines UMTS-Netzes verschoben. Auch die schwedische Tele 2 friert ihre Investitionen für UMTS ein. Und die France-Télécom-Tochter Orange sieht auch keine Nachfrage mehr nach mobilen Datendiensten - UMTS ist also eigentlich am Ende. Ein Riesentiger ist grandios als Bettvorleger geendet. Aber sind Tante Käthes elf Freunde nicht immer noch Vize-Weltmeister? Wenn das keine gute Stimmung verbreitet!
Worldcom gesteht, müssen wir im August leider auch schreiben, weitere Fehlbuchungen ein. Dafür haben sich die Niederlande gar nicht erst für die Fußball-WM qualifiziert! Und die Lintec AG sieht ganz schweren Zeiten entgegen. Umsatzeinbußen und Verluste bringen den ostdeutschen Computerhersteller in die Bredouille. Aber England und Argentinien sind schon in der Vorrunde ausgeschieden bei der Fußball-WM!
Und dass die IBM gleich fünf Prozent oder 15.600 Mitarbeitern die rote Karte zeigt, sollte uns die Stimmung nicht zu sehr vermiesen. Wir sind schließlich alle freie Marktwirtschaftler.
Und hatten nicht IBM-Deutschland-Chef Erwin Staudt und Jenoptik-Speerspitze Lothar Späth verlangt, Deutschland müsse IT-mäßig weltweit an die Spitze rücken, um im Wettbewerb bestehen zu können? Ha, jeder zweite Deutsche, sagt das Berliner Marktforschungsinstitut Forsa, ist mittlerweile im Internet. Wir wissen zwar nicht, ob das jetzt eine positive Nachricht oder überhaupt eine ist - aber für die Stimmung tun wir alles.
Dell meldet für das zweite Geschäftsjahr einen Nettogewinn von 501 Millionen Dollar. Das ist gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um sechs Prozent.
Novell legt in seinem dritten Geschäftsquartal ein positives Nettoergebnis vor. Das hat die Analysten an der Wallstreet so angenehm überrascht, dass in der Folge der Kurs der Aktie um 30 Prozent steigt.Na also, geht doch mit den positiven Nachrichten und Stimmungen.
Gut, 15 AOL-Manager hat die US-amerikanische Börsenaufsicht in Verdacht, den Aktienkurs künstlich in die Höhe getrieben und rechtzeitig vor dem Absturz ihrer Anteile äußerst gewinnbringend verkauft zu haben. Aber mal ehrlich: haben wir nicht immer gewusst, dass das so läuft? Davon lassen wir uns die Stimmung nicht vermiesen.
Telekom-Chef Ron Sommer wird (rechtzeitig?) vor der Bundestagswahl am 22. September geopfert. Angeblich von Kanzler Schröder. Dementiert der natürlich. Helmut Sihler, der auch gut als Alterspräsident durchgehen würde, wird Interimschef beim größten deutschen Telekom-Konzern.
SEPTEMBER
HP, mittlerweile auch rechtlich mit Compaq fusioniert, legt ein Geschäftsergebnis für das dritte Quartal vor, das eigentlich furchterregend ist: Im PC- und Server-Segment schreibt die Firma, die sich Computerunternehmen nennt, rote Zahlen und verliert Marktanteile. Bei Druckern steigen die Gewinne insbesondere auch wegen der Geschäfte mit Zusatz- und Ersatzteilkomponenten wie Druckerkartuschen. Ob das doch stimmt, was Sun-Chef Scott McNealy schon vor Jahren lobte? Dass HP ja eine sehr erfolgreiche Druckerfirma sei?
Apropos Erfolg und gute Stimmung: Der US-Festplattenhersteller Quantum muss wegen der anhaltend schleppenden Nachfrage jeden dritten Mitarbeiter entlassen. Hätte ja auch jeder Zweite sein können.
Bill Gates verliert im Lauf des Jahres elf Milliarden Dollar an Vermögen. Das ist nicht so tragisch, besitzt er doch immer noch 43 Milliarden Dollar. In Deutschland gibt es ungefähr sechs Unternehmen, die so viel an Marktkapitalisierung besitzen.
Für Mobilcom ist mal wieder eine Wende eingetreten: Mitte September entscheidet die France Télécom, ihr Engagement bei den Büdelsdorfern komplett zu beenden. Um nicht alle 5500 Arbeitsplätze zu gefährden, wollen der Bund und das Land Schleswig-Holstein eine Bürgschaft über 400 Millionen Euro bereitstellen.
Ab dem 2. September läuft derweil das Insolvenzverfahren für Brain. Hinter den Kulissen hat das Tauziehen um Kunden und lukrative Wartungsverträge begonnen. Vorstand Hans-Peter Eitel versucht zu retten, was eigentlich nicht mehr zu retten ist.
Sun Microsystems überrascht derweil mit der Ankündigung, man wolle ins PC-Geschäft einsteigen. Natürlich nicht mit einem Betriebssystem des Erzfeindes Microsoft bewehrt, sondern mit Linux. 1989 hatte sich Sun auch schon mal in ein PC-Abenteuer gestürzt. Das ging seinerzeit kräftig in die Hose: Die "386i"-Rechner vergammelten in den Lagern, und Sun fuhr zum ersten Mal seit seiner Gründung 1982 Quartalsverluste ein.
EDS, nach der IBM zweitgrößter IT-Dienstleister der Welt, gibt in einer Meldung Ende September bekannt, dass der Markt für IT-Services praktisch "zum Stillstand" gekommen sei. Das werde sich bis Mitte 2003 auch nicht wesentlich ändern. Die Umsatz- und Gewinnprognosen fahren die Texaner entsprechend drastisch zurück - prompt rauscht die EDS-Aktie um mehr als 30 Prozent in den Keller. (jm)
Viele Grüße
aus dem Ruhrpott