Ist die Baisse vorrüber?
Von Bernd Niquet
So schnell kann sich die Situation an der Börse ändern: Vor kurzem noch haben alle Marktteilnehmer wie die Kaninchen auf die Schlange geblickt und waren dabei fast einig, dass die Kurse nur noch weiter abwärts gehen können. Doch plötzlich sind die Meinungen wieder breit gestreut, und - wie eigentlich immer - ist dann genau das, was die Mehrheit erwartet hat, nicht passiert.
The bear or not the bear - that's the question
Was für eine treffliche Investitionsmöglichkeit also. Denn: Wann in der Geschichte des deutschen Aktienmarktes gab es schon jemals eine Situation, in der man mit Standardwerten (!) in zwei, drei Wochen 20, 30 oder gar 40 (!) Prozent Kursgewinn machen konnte. Jetzt stecken wir also wieder in derselben Situation wie vor den Anschlägen in New York - und müssen uns fragen, ob es das bereits gewesen ist mit der Baisse. Oder ob wir uns nur in einer dieser beinahe tödlichen Bearmarket-Rallyes befinden.
Ich persönlich glaube, dass auf Sicht von ein paar Jahren die jetzigen Aktienkurse durchaus gute Einstiegsmöglichkeiten bieten. Doch dass die Baisse bereits ihr Ende gefunden hat, daran glaube ich noch nicht so recht. Erleichtert war ich jedoch sehr, dass das Konsumentenvertrauen in den USA sich erstaunlich gut über die Terroranschläge hinweggerettet hat. Ein anderer Stimmungsindikator - diesmal aus der Bundesrepublik - stimmt jedoch nicht ganz so optimistisch: Der Zeitschriften-Indikator...
Streubomben
Der Zeitschriften-Indikator
In der letzten Woche wurden die geprüften Verkaufszahlen deutscher Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht, aus denen man immer ein sehr gutes Bild der aktuellen Stimmung ablesen kann: Positiv in Hinsicht auf die Börse ist dabei auf jeden Fall zu werten, dass die sehr kritische Financial Times Deutschland mit einem Auflagenzuwachs von über 25 Prozent im 3. Quartal 2001 (gegenüber dem 3. Quartal 2000) aufwarten konnte. Der Durchbruch der ökonomischen Vernunft scheint sich also unaufhaltsam auszubreiten.
Extrem negativ zu bewerten sind hingegen die Verkaufszahlen der Börsenzeitschriften. Börse online und Euro am Sonntag verlieren mit 28 und 27 Prozent hier zwar recht kräftig, andere Optimismuspostillen wie Focus Money oder Die Telebörse halten sich jedoch mit nur minus 9 beziehungsweise nur minus 4 Prozent recht wacker. Nun wird zwar überall in der Branche herumerzählt, wie diese Zahlen manipuliert worden sind. Aber dennoch: Eine wirklich bereinigende Baisse erfordert aus meiner Sicht einen noch viel extremeren Einbruch der Auflagenzahlen, beziehungsweise natürlich auch die eine oder andere Pleite.
"Bio" und "bio" reimt sich schön...
Es scheint momentan alles darauf hinzudeuten, dass die Mehrheit der Kleinanleger weiterhin auf einem dicken Stapel von Papieren hockt - und auf bessere Zeiten hofft. Drücken wir daher die Daumen, dass es diesmal gut geht. Hinsichtlich des kurzfristigen Momentums sind auf jeden Fall die Zeichen durchaus nicht schlecht: Sehen konnten wir dies beispielsweise an dem enormen Run in die Biotechnologieaktien, der nur einen einzigen Grund zu haben schienen: Die Bedrohung der westlichen mit biologischen Waffen. Und "Bio" und "bio", so schienen sich die Anleger zu denken, dass muss doch etwas miteinander zu tun haben...
Ja, hier sah es plötzlich wieder so aus wie in den glorreichen Zeiten vor dem im März 2000 beginnenden Aktienverfall. Die Nennung eines Reizwortes genügt plötzlich wieder - und die Anleger stürmen bedingungslos nach vorne. In diesem Zusammenhang wird es interessant sein, zu beobachten, ob demnächst die Hersteller von Milzwurst oder Milzschnitten (welche in Österreich zu den Standardlebensmitteln gehören) gehörige Ertragseinbußen zu verzeichnen haben werden. Sollte dem so sein, dann können wir sicher sein: Die Streubomben der Unvernunft haben erfolgreich gezündet und die Rallye an den Märkten kann weitergehen. Denn eine Quittung für die Übertreibungen der Vergangenheit scheint derzeit nicht anzustehen.
Bleibt die politische Situation: Auf der Frankfurter Buchmesse legte man am 11. Oktober, also genau einen Monat nach den schrecklichen Attentaten von New York, eine einminütige Schweigepause ein. Hätte man anschließend die Terroropfer eines Jahres nur in Afrika, die letztlich mit westlichen Interventionen in Gegenwart und Vergangenheit in Verbindung zu bringen sind, ebenso geehrt, dann hätte man noch eine halbe Stunde weiter schweigen müssen. Vielleicht würde uns das auch gar nicht so schlecht bekommen.
Von Bernd Niquet
So schnell kann sich die Situation an der Börse ändern: Vor kurzem noch haben alle Marktteilnehmer wie die Kaninchen auf die Schlange geblickt und waren dabei fast einig, dass die Kurse nur noch weiter abwärts gehen können. Doch plötzlich sind die Meinungen wieder breit gestreut, und - wie eigentlich immer - ist dann genau das, was die Mehrheit erwartet hat, nicht passiert.
The bear or not the bear - that's the question
Was für eine treffliche Investitionsmöglichkeit also. Denn: Wann in der Geschichte des deutschen Aktienmarktes gab es schon jemals eine Situation, in der man mit Standardwerten (!) in zwei, drei Wochen 20, 30 oder gar 40 (!) Prozent Kursgewinn machen konnte. Jetzt stecken wir also wieder in derselben Situation wie vor den Anschlägen in New York - und müssen uns fragen, ob es das bereits gewesen ist mit der Baisse. Oder ob wir uns nur in einer dieser beinahe tödlichen Bearmarket-Rallyes befinden.
Ich persönlich glaube, dass auf Sicht von ein paar Jahren die jetzigen Aktienkurse durchaus gute Einstiegsmöglichkeiten bieten. Doch dass die Baisse bereits ihr Ende gefunden hat, daran glaube ich noch nicht so recht. Erleichtert war ich jedoch sehr, dass das Konsumentenvertrauen in den USA sich erstaunlich gut über die Terroranschläge hinweggerettet hat. Ein anderer Stimmungsindikator - diesmal aus der Bundesrepublik - stimmt jedoch nicht ganz so optimistisch: Der Zeitschriften-Indikator...
Streubomben
Der Zeitschriften-Indikator
In der letzten Woche wurden die geprüften Verkaufszahlen deutscher Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht, aus denen man immer ein sehr gutes Bild der aktuellen Stimmung ablesen kann: Positiv in Hinsicht auf die Börse ist dabei auf jeden Fall zu werten, dass die sehr kritische Financial Times Deutschland mit einem Auflagenzuwachs von über 25 Prozent im 3. Quartal 2001 (gegenüber dem 3. Quartal 2000) aufwarten konnte. Der Durchbruch der ökonomischen Vernunft scheint sich also unaufhaltsam auszubreiten.
Extrem negativ zu bewerten sind hingegen die Verkaufszahlen der Börsenzeitschriften. Börse online und Euro am Sonntag verlieren mit 28 und 27 Prozent hier zwar recht kräftig, andere Optimismuspostillen wie Focus Money oder Die Telebörse halten sich jedoch mit nur minus 9 beziehungsweise nur minus 4 Prozent recht wacker. Nun wird zwar überall in der Branche herumerzählt, wie diese Zahlen manipuliert worden sind. Aber dennoch: Eine wirklich bereinigende Baisse erfordert aus meiner Sicht einen noch viel extremeren Einbruch der Auflagenzahlen, beziehungsweise natürlich auch die eine oder andere Pleite.
"Bio" und "bio" reimt sich schön...
Es scheint momentan alles darauf hinzudeuten, dass die Mehrheit der Kleinanleger weiterhin auf einem dicken Stapel von Papieren hockt - und auf bessere Zeiten hofft. Drücken wir daher die Daumen, dass es diesmal gut geht. Hinsichtlich des kurzfristigen Momentums sind auf jeden Fall die Zeichen durchaus nicht schlecht: Sehen konnten wir dies beispielsweise an dem enormen Run in die Biotechnologieaktien, der nur einen einzigen Grund zu haben schienen: Die Bedrohung der westlichen mit biologischen Waffen. Und "Bio" und "bio", so schienen sich die Anleger zu denken, dass muss doch etwas miteinander zu tun haben...
Ja, hier sah es plötzlich wieder so aus wie in den glorreichen Zeiten vor dem im März 2000 beginnenden Aktienverfall. Die Nennung eines Reizwortes genügt plötzlich wieder - und die Anleger stürmen bedingungslos nach vorne. In diesem Zusammenhang wird es interessant sein, zu beobachten, ob demnächst die Hersteller von Milzwurst oder Milzschnitten (welche in Österreich zu den Standardlebensmitteln gehören) gehörige Ertragseinbußen zu verzeichnen haben werden. Sollte dem so sein, dann können wir sicher sein: Die Streubomben der Unvernunft haben erfolgreich gezündet und die Rallye an den Märkten kann weitergehen. Denn eine Quittung für die Übertreibungen der Vergangenheit scheint derzeit nicht anzustehen.
Bleibt die politische Situation: Auf der Frankfurter Buchmesse legte man am 11. Oktober, also genau einen Monat nach den schrecklichen Attentaten von New York, eine einminütige Schweigepause ein. Hätte man anschließend die Terroropfer eines Jahres nur in Afrika, die letztlich mit westlichen Interventionen in Gegenwart und Vergangenheit in Verbindung zu bringen sind, ebenso geehrt, dann hätte man noch eine halbe Stunde weiter schweigen müssen. Vielleicht würde uns das auch gar nicht so schlecht bekommen.