Man muss sich immer fragen,
wieviel ist etwas wert
In den USA ist er der erfolgreichste Investor und der zweitreichste Mann hinter Bill Gates. Zudem liebt er sein Heimatland: In diesen Tagen trägt er gerne eine dunkelblaue Krawatte, übersät mit kleinen US-Flaggen. Und er ist unkonventionell.
Mein Interview führte ich nicht wie vorgesehen in einer Hotelsuite, sondern vor ihr im Gang gehalten, ein Kamerateam hatte die Suite belegt. Er nahm es gelassen und machte noch einen Witz: "Sie können ja schreiben, es war ein intimes Treffen." Auf jeden Fall war es ein spannendes - mit Warren Buffet.
Value-Ansatz hat sich eben doch bewährt
Während der High-Tech-Rallye wurde der Investment-Guru ein wenig belächelt, weigerte er sich doch, in New-Economy-Titel zu investieren. Doch heute ist er derjenige, der gute Laune hat. Der Value-Ansatz ist wieder gefragt. "Ich wusste stets, dass das der richtige Weg des Investierens ist", sagt der 72-Jährige."Man muss sich immer fragen, wieviel ist etwas wert? Das gilt für alle Produkte, die Sie kaufen wollen - für einen Laib Brot, ein Flugzeug, eine Aktie oder ein Unternehmen. Und das ist unser Job bei Berkshire Hathaway: Wir bewerten und vergleichen das Resultat mit dem aktuellen Preis. Und ist der Preis deutlich unserer geschätzten Bewertung, dann heißt das: "Buy". Ist er darüber, dann kaufen wir nicht, egal, wie rosig die Vorhersagen für das Unternehmen sind", erklärt Buffett seinen Ansatz weiter.
Dabei sei es ausschlaggebend, dass er das Geschäftsmodell verstehe. "Damit meine ich: Verstehe ich, wo das Unternehmen in fünf bis 10 Jahren sein wird? Wenn ja, dann werde ich weiterhandeln." In Sachen Internet beispielsweise verstehe er zwar, welchen Spaß es machen kann, aber nicht, wer die Gewinner in 10 bis 20 Jahren sein werden.
US-Markt nicht unterbewertet
Seine Strategie scheint zu funktionieren. Buffett soll in den vergangenen 40 Jahren einen persönlichen Wohlstand von 36 Milliarden Dollar angesammelt haben. Seine Karriere startete als er 1965 das Textilunternehmen Berkshire Hathaway kaufte und es in eine Investmentgesellschaft umwandelte. Auf Grund seines Gespürs für den Markt wird er auch der "Weise von Omaha" genannt. Seine Worte zählen in der Investmentwelt. Und derzeit etwa hält er den US-Aktienmarkt für nicht unterbewertet.Auf die Frage, ob die Börse in den Vereinigten Staaten dann fair bewertet sei, antwortete er: "So präzise kann man das nicht sagen. Ich halte immer nach Übertreibungen Ausschau. Und wenn ich ein Extrem sehe, dann melde ich mich auch zu Wort. Zum Beispiel Mitte der 70er Jahre habe ich in einem Artikel geschrieben, dass der Aktienmarkt klar unterbewertet ist."
Skandale haben auch ihr Gutes
Buffett macht sich derzeit einfach keine Sorgen - langfristig werde es den amerikanischen und europäischen Wirtschaften gut gehen. Sogar an den Bilanzskandalen à la Enron findet er Positives. Die amerikanische Öffentlichkeit habe zwar lernen müssen, dass in manchen Fällen schreckliche Dinge getan wurden. Doch so etwas habe es schon immer gegeben, nach einem Boom werde es nur offensichtlicher."Wenn sich die Menschen wohlhabend fühlen, dann tendieren sie dazu, alles für bare Münze zu nehmen. Aber erst im Spülgang bemerkt man, wie dreckig die Wäsche war. Derzeit befinden wir uns im Spülgang und finden einige schreckliche Fälle vor. Doch die sind nicht repräsentativ für die gesamte amerikanische Geschäftswelt. Eigentlich haben die Skandale auch ihr Gutes, denn sie zwingen die Menschen, Unternehmen wieder besser zu führen", meint Buffett.