Der Kapitalmarkt braucht den Neuen Markt
In Zusammenarbeit mit den Kapitalmarktexperten der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein, der internationalen Anwaltssozietät Shearman & Sterling sowie der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants veröffentlicht die Deutsche Börse AG nun eine detaillierte Standortbestimmung des Neuen Marktes. Die Studie „Neuer-Markt- Report – Zugang zum Europäischen Kapitalmarkt – Schlüssel für Wachstum“ analysiert den Neuen Markt aus Kapitalmarktsicht sowie aus juristischer und volkswirtschaftliche Perspektive. „Der Report unterzieht den Neuen Markt einer umfassenden Analyse und eröffnet damit neue Perspektiven bei der Betrachtung des Themas Wachstumsmärkte“, sagt Rainer Riess, Head of Primary Markets bei der Deutschen
Börse AG.
Herr Riess, in den vergangenen Monaten verabschiedete die Deutsche Börse AG bereits eine Reihe von Maßnahmen, um das Profil des
Neuen Marktes zu schärfen. Welches waren die Beweggründe, nun einen Neuer-Markt-Report zu erstellen?
Der Report leistet aus unserer Sicht einen wichtigen Beitrag im Hinblick auf eine Versachlichung der zuletzt sehr emotional
diskutierten Frage über die Notwendigkeit von
Wachstumsmärkten und die Rolle der Marktteilnehmer. Die Zusammenarbeit mit
Dresdner Kleinwort Wasserstein, Shearman & Sterling sowie Roland Berger Strategy
Consultants ermöglichte es, das Thema sowohl aus Kapitalmarktsicht als auch unter juristischen und volkswirtschaftlichen Aspekten
zu beleuchten. Der Neuer-Markt-Report belegt,
dass der deutsche Kapitalmarkt und vor allem der Neue Markt gegenüber den amerikanischen Strukturen und Börsen nachhaltig aufgeholt haben.
Wie lassen sich die wichtigsten Ergebnisse der
Studie zusammenfassen?
Eine Gegenüberstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen an der Nasdaq und am
Neuen Markt zeigte, dass beide Börsen, abgesehen von der herausragenden Stellung
der Securities and Exchange Commission (SEC) in den USA, weitestgehend vergleichbar sind. Ein Performancevergleich der beiden Wachstumsbörsen stellte sich indessen aufgrund der unterschiedlichen Marktgröße, Liquidität und Sektoreinteilung schwierig dar.
Schließlich wurde die Nasdaq bereits vor mehr als 30 Jahren gegründet und beinhaltet nahezu alle nordamerikanischen Weltmarktführer im
Technologiebereich. Viele der führenden europäischen Technologieunternehmen
hingegen sind in Folge der vergleichsweise späten Gründung der europäischen
Wachstumsbörsen häufig in den jeweiligen nationalen Bluechip-Segmenten gelistet.
Eine Untersuchung der unterschiedlichen
Methoden der Unternehmensanalyse zeigte,
dass auch für die jungen, dynamischen
Technologieunternehmen der „New Economy“
etablierte Methoden der Unternehmens-bewertung
wieder an Bedeutung gewinnen werden oder sogar müssen.
Bei der Betrachtung der volkswirtschaftlichen
Aspekte wiederum zeigte sich die Bedeutung
flexibler Kapitalmärkte für Wachstum und
Beschäftigung. Die Liberalisierung der Arbeits-und
Kapitalmärkte, eine konsequente
Reduktion der Staatsquote und eine durch die
US-Notenbank kontrollierte Geldpolitik, die ein
Ansteigen der Inflation trotz des erheblichen
Wirtschaftswachstums weitgehend verhindern
konnte, waren entscheidende Voraussetzungen
für die positive Entwicklung der US-Wirtschaft in den 90er Jahren.
Zudem ermöglichten es die weit entwickelten
Kapitalmärkte vor allem jungen Unternehmen,
neue Entwicklungen zu finanzieren – und somit
die Position der USA als Innovationsführer in
vielen Bereichen der „New Economy“ zu
stärken.
Hier besteht auf europäischer Seite teilweise
noch erheblicher Nachholbedarf, aber auch Entwicklungspotenzial.
Welche Ergebnisse des Reports waren für Sie als Chef des Neuen Marktes besonders
interessant?
Die Studie zeigt deutlich, dass dem Neuen
Markt trotz der jüngsten Konsolidierungsphase
hinsichtlich so wichtiger Kriterien wie Marktkapitalisierung,
Börsenumsatz, Anzahl derNeuemissionen und Transparenz nach wie vor
eine dominierende Stellung unter den
europäischen Wachstumsmärkten zukommt. So
konnte sich der Neue Markt seit seiner
Gründung vor gut vier Jahren zu einer festen
Größe in der europäischen Börsenlandschaft
etablieren und damit einen wichtigen Beitrag zu
Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und Europa leisten.
Werden die Ergebnisse der Studie als
Grundlage für weitere Maßnahmen der Deutsche Börse AG dienen?
Natürlich werden wir auch zukünftig das
Regelwerk kontinuierlich an die jeweiligen
Erfordernisse des Marktes anpassen. Unser
Ziel ist es, die größtmögliche Transparenz und
Liquidität für die Marktteilnehmer zu erreichen.
Man sollte aber nicht außer Acht lassen, dass
die Deutsche Börse AG bereits in den
vergangenen Monaten eine Reihe von
Maßnahmen getroffen hat, die darauf abzielen,
die ohnehin hohen Standards am Neuen Markt
sukzessive auszubauen. Hierzu zählen
weitergehende Standards für Quartalsberichte,
verschärfte Sanktionsmaßnahmen bei
Regelwerksverstößen, die Berichtspflicht über
Director’s Dealings - also Verkäufe von eigenen
Aktien durch die Unternehmensführung - und
natürlich auch die jüngste Verschärfung der
Delisting-Regeln.
Die Deutsche Börse hat seit Beginn des Neuen
Marktes eine Vorreiterrolle eingenommen. Im
Rahmen der Gestaltung des Neuen Marktes
sind wir bei zahlreichen Maßnahmen in Vorlage
getreten. Daher begrüßen wir es natürlich, dass
viele dieser Punkte vom Gesetzgeber aufgegriffen wurden und in das vierte
Finanzmarktförderungsgesetz einfließen sollen.
Die Studie beinhaltet auch einen Vergleich mit
der US-Wachstumsbörse Nasdaq. Auch dort
gab es zwei bis drei Jahre nach Gründung
ähnliche Probleme, die zu einer Verschärfung
des Regelwerks führten. Was lässt sich anhand
des Beispiels Nasdaq lernen?
Zunächst einmal wird deutlich, dass die
Ereignisse am Neuen Markt kein deutsches
Phänomen sind. Auch an der Nasdaq kam es in
den ersten Jahren zu starken Übertreibungen
und einer anschließenden Konsolidierungs-phase.
Betrachtet man zudem Kennziffern wie die
Kapitalaufnahme und die Zahl der Neu-emissionen,
zeigt sich, dass am Neuen Markt
im vergangenen Jahr etwa 13 Milliarden Euro
an Kapital aufgenommen wurde und über 130
Börsengänge statt fanden. Dies entspricht
knapp einem Viertel der entsprechenden
Nasdaq-Zahlen und spiegelt somit auch die
Relation der beiden Volkswirtschaften recht
genau wider.
Herr Riess, vielen Dank für das Gespräch.
(Das Gespräch führte Torsten Schuster)
In Zusammenarbeit mit den Kapitalmarktexperten der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein, der internationalen Anwaltssozietät Shearman & Sterling sowie der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants veröffentlicht die Deutsche Börse AG nun eine detaillierte Standortbestimmung des Neuen Marktes. Die Studie „Neuer-Markt- Report – Zugang zum Europäischen Kapitalmarkt – Schlüssel für Wachstum“ analysiert den Neuen Markt aus Kapitalmarktsicht sowie aus juristischer und volkswirtschaftliche Perspektive. „Der Report unterzieht den Neuen Markt einer umfassenden Analyse und eröffnet damit neue Perspektiven bei der Betrachtung des Themas Wachstumsmärkte“, sagt Rainer Riess, Head of Primary Markets bei der Deutschen
Börse AG.
Herr Riess, in den vergangenen Monaten verabschiedete die Deutsche Börse AG bereits eine Reihe von Maßnahmen, um das Profil des
Neuen Marktes zu schärfen. Welches waren die Beweggründe, nun einen Neuer-Markt-Report zu erstellen?
Der Report leistet aus unserer Sicht einen wichtigen Beitrag im Hinblick auf eine Versachlichung der zuletzt sehr emotional
diskutierten Frage über die Notwendigkeit von
Wachstumsmärkten und die Rolle der Marktteilnehmer. Die Zusammenarbeit mit
Dresdner Kleinwort Wasserstein, Shearman & Sterling sowie Roland Berger Strategy
Consultants ermöglichte es, das Thema sowohl aus Kapitalmarktsicht als auch unter juristischen und volkswirtschaftlichen Aspekten
zu beleuchten. Der Neuer-Markt-Report belegt,
dass der deutsche Kapitalmarkt und vor allem der Neue Markt gegenüber den amerikanischen Strukturen und Börsen nachhaltig aufgeholt haben.
Wie lassen sich die wichtigsten Ergebnisse der
Studie zusammenfassen?
Eine Gegenüberstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen an der Nasdaq und am
Neuen Markt zeigte, dass beide Börsen, abgesehen von der herausragenden Stellung
der Securities and Exchange Commission (SEC) in den USA, weitestgehend vergleichbar sind. Ein Performancevergleich der beiden Wachstumsbörsen stellte sich indessen aufgrund der unterschiedlichen Marktgröße, Liquidität und Sektoreinteilung schwierig dar.
Schließlich wurde die Nasdaq bereits vor mehr als 30 Jahren gegründet und beinhaltet nahezu alle nordamerikanischen Weltmarktführer im
Technologiebereich. Viele der führenden europäischen Technologieunternehmen
hingegen sind in Folge der vergleichsweise späten Gründung der europäischen
Wachstumsbörsen häufig in den jeweiligen nationalen Bluechip-Segmenten gelistet.
Eine Untersuchung der unterschiedlichen
Methoden der Unternehmensanalyse zeigte,
dass auch für die jungen, dynamischen
Technologieunternehmen der „New Economy“
etablierte Methoden der Unternehmens-bewertung
wieder an Bedeutung gewinnen werden oder sogar müssen.
Bei der Betrachtung der volkswirtschaftlichen
Aspekte wiederum zeigte sich die Bedeutung
flexibler Kapitalmärkte für Wachstum und
Beschäftigung. Die Liberalisierung der Arbeits-und
Kapitalmärkte, eine konsequente
Reduktion der Staatsquote und eine durch die
US-Notenbank kontrollierte Geldpolitik, die ein
Ansteigen der Inflation trotz des erheblichen
Wirtschaftswachstums weitgehend verhindern
konnte, waren entscheidende Voraussetzungen
für die positive Entwicklung der US-Wirtschaft in den 90er Jahren.
Zudem ermöglichten es die weit entwickelten
Kapitalmärkte vor allem jungen Unternehmen,
neue Entwicklungen zu finanzieren – und somit
die Position der USA als Innovationsführer in
vielen Bereichen der „New Economy“ zu
stärken.
Hier besteht auf europäischer Seite teilweise
noch erheblicher Nachholbedarf, aber auch Entwicklungspotenzial.
Welche Ergebnisse des Reports waren für Sie als Chef des Neuen Marktes besonders
interessant?
Die Studie zeigt deutlich, dass dem Neuen
Markt trotz der jüngsten Konsolidierungsphase
hinsichtlich so wichtiger Kriterien wie Marktkapitalisierung,
Börsenumsatz, Anzahl derNeuemissionen und Transparenz nach wie vor
eine dominierende Stellung unter den
europäischen Wachstumsmärkten zukommt. So
konnte sich der Neue Markt seit seiner
Gründung vor gut vier Jahren zu einer festen
Größe in der europäischen Börsenlandschaft
etablieren und damit einen wichtigen Beitrag zu
Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und Europa leisten.
Werden die Ergebnisse der Studie als
Grundlage für weitere Maßnahmen der Deutsche Börse AG dienen?
Natürlich werden wir auch zukünftig das
Regelwerk kontinuierlich an die jeweiligen
Erfordernisse des Marktes anpassen. Unser
Ziel ist es, die größtmögliche Transparenz und
Liquidität für die Marktteilnehmer zu erreichen.
Man sollte aber nicht außer Acht lassen, dass
die Deutsche Börse AG bereits in den
vergangenen Monaten eine Reihe von
Maßnahmen getroffen hat, die darauf abzielen,
die ohnehin hohen Standards am Neuen Markt
sukzessive auszubauen. Hierzu zählen
weitergehende Standards für Quartalsberichte,
verschärfte Sanktionsmaßnahmen bei
Regelwerksverstößen, die Berichtspflicht über
Director’s Dealings - also Verkäufe von eigenen
Aktien durch die Unternehmensführung - und
natürlich auch die jüngste Verschärfung der
Delisting-Regeln.
Die Deutsche Börse hat seit Beginn des Neuen
Marktes eine Vorreiterrolle eingenommen. Im
Rahmen der Gestaltung des Neuen Marktes
sind wir bei zahlreichen Maßnahmen in Vorlage
getreten. Daher begrüßen wir es natürlich, dass
viele dieser Punkte vom Gesetzgeber aufgegriffen wurden und in das vierte
Finanzmarktförderungsgesetz einfließen sollen.
Die Studie beinhaltet auch einen Vergleich mit
der US-Wachstumsbörse Nasdaq. Auch dort
gab es zwei bis drei Jahre nach Gründung
ähnliche Probleme, die zu einer Verschärfung
des Regelwerks führten. Was lässt sich anhand
des Beispiels Nasdaq lernen?
Zunächst einmal wird deutlich, dass die
Ereignisse am Neuen Markt kein deutsches
Phänomen sind. Auch an der Nasdaq kam es in
den ersten Jahren zu starken Übertreibungen
und einer anschließenden Konsolidierungs-phase.
Betrachtet man zudem Kennziffern wie die
Kapitalaufnahme und die Zahl der Neu-emissionen,
zeigt sich, dass am Neuen Markt
im vergangenen Jahr etwa 13 Milliarden Euro
an Kapital aufgenommen wurde und über 130
Börsengänge statt fanden. Dies entspricht
knapp einem Viertel der entsprechenden
Nasdaq-Zahlen und spiegelt somit auch die
Relation der beiden Volkswirtschaften recht
genau wider.
Herr Riess, vielen Dank für das Gespräch.
(Das Gespräch führte Torsten Schuster)