„Das ist eben Deutschland“
Angesichts der Dax-Schwäche und einer vor sich hin dümpelnden Wirtschaft verzichten internationale Investmentfonds zunehmend auf deutsche Titel.
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Globale Investmentfonds werden zunehmend misstrauischer gegenüber Aktien deutscher Unternehmen. Im Gefolge der anhaltenden Schwäche des Dax und schlechter Wachstumsaussichten für die kommenden Jahre werden deutsche Papiere auch dann mit äußerster Vorsicht beurteilt, wenn die Unternehmen selbst noch auf gute Ergebnisse verweisen können.
Nach einem Bericht der New York Times sehen viele Fonds-Manager vor allem die Entwicklung der angeschlagenen Banken und der stark exportabhängigen Konzerne mit großer Skepsis. Das Blatt zitiert einen Manager des Morgan Stanley Institutional International Fund mit den Worten: „Deutschland ist offensichtlich in einer äußerst schwierigen Situation.“
Entmutigende Steuererhöhungen
Morgan Stanley, einer der erfolgreichsten Fonds der letzten zehn Jahre, führt unter seinen 25 größten Beteiligungen kein deutsches Unternehmen mehr. Auch der William Blair International Growth Fund hat deutsche Papiere weitgehend aus seinem Portfolio herausgenommen. Die Investmentbank Merrill Lynch rät dazu, Aktien der Commerzbank, der Hypovereinsbank sowie der Versicherungskonzerne Allianz und Münchener Rück abzustoßen.
Viele Fondsmanager sehen in der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands eine Parallele zu Japan, das nach Jahren intensiven Wachstums die Folgen einer Spekulationsblase zu spüren bekam und in eine Phase der Stagnation eintrat. Entmutigend wirken auch die weiteren Steuererhöhungen durch die Bundesregierung, die das Image eines Hochsteuerlandes weiter festigen.
Musterknaben BMW und Porsche
Zudem halten die Experten die Handlungsfähigkeit der deutschen Regierung im europäischen Rahmen für eingeschränkt. Es bestehe weder die Möglichkeit, über niedrigere Zinssätze die Wirtschaft anzukurbeln, noch, den Unternehmen mittels Steuersenkungen mehr Spielraum zu verschaffen, da der Druck durch den EU-Stabilitätspakt dies ausschließe.
Einige Investoren warnen jedoch auch vor einer Pauschalverurteilung deutscher Aktien und verweisen auf die positive Entwicklung einzelner Werte. So genießen der Medikamenten-Hersteller Schering, der Reifenproduzent Continental, aber auch die Autofirmen BMW und Porsche nach wie vor hohes Ansehen. Auch die Deutsche Bank ist in vielen Fonds noch ein Muss, während Daimler Chrysler hauptsächlich aufgrund ihrer US-amerikanischen Schwesterfirma kritisch beurteilt wird.
Zu starke Verflechtung
Ames Latorre, Berater des Harbor International Fund, glaubt, dass die deutsche Wirtschaft die Chancen zur Entflechtung nicht ausreichend genutzt hat. Die Investoren seien davon ausgegangen, dass Überkreuz-Beteiligungen in größerem Ausmaß an ertragsorientierte Anteilseigner veräußert würden. „Deutschland reformiert sich nicht so schnell wie wir gehofft hatten“, sagte Latorre der New York Times, „aber das ist eben Deutschland.“