ANALYSE/Berenberg: Der Nachmittag entscheidet über die Korrektur
Über das Ausmaß der Korrektur entscheidet nach Meinung von Wolfgang
Pflüger, Aktienstratege der Berenberg Bank, die Nasdaq am Freitag. Sollte
die US-Technologiebörse den dritten Tag in Folg massive Einbußen
verzeichnen, so könnten zum Wochenbeginn in Deutschland die ersten
Panikverkäufe einsetzen und sowohl die Dauer der Schwächeperide als auch den
Umfang ausdehnen. "Bislang muss man die Abschläge in Relation sehen. Wenn
ein Marktsegment wie der Neue Markt seit Oktober 150 Prozent zulegt, dann
sind die Verluste von acht bzw fünf Prozent kein Grund zur Sorge", sagt
Pflüger. Und falls die Nasdaq drehe, dann sehe der Himmel am Neuen Markt am
Montag wieder freundlich aus.
Damit würden sich die jüngsten Abschläge als eine "normale"
Zweitageskorrektur entpuppen, wie sie der Markt schon öfters gesehen habe.
Auch verdecke der Indexstand am Neuen Markt, dass einzelne Werte bereits
sechzig Prozent von ihren Höchstkursen entfernt seien. Pflüger denkt jedoch
nicht, dass sich nun ein Trendwechsel zu den sogenannten Substanzwerten der
"Old Economy" anbahnt. "Fundamental sind Investitionen in den
Dow-Jones-Index sicherlich gerechtfertigt", so der Stratege. Immerhin werde
der Dow-Jones-Index für 30 Industriewerte mit einem KGV auf 2000er Basis von
20 gehandelt und der DAX, bereinigt um Siemens, Deutsche Telekom und SAP,
mit einem KGV von 18.
Diese Standardwerte hätten sich auch nach den herkömmlichen Mustern der
Börse entwickelt, nämlich zurückhaltend bzw schwächer im Hinblick auf
steigende Zinsen, während die Wachstumswerte die höheren Leitsätze
vollkommen ignoriert hätten. Aber die Musik dürfte nach einer Korrektur
weiterhin in den Wachstumswerten spielen. Wahrscheinlich sei, dass sich die
Bewertungsschere zwischen den Aktien aus der "New" und "Old Economy"
nivelliere, meint Pflüger. Ob der Rentenmarkt als "sicherer Hafen" für
Vermögensanlagen entdeckt werde, hänge von der Entwicklung der Ölpreise ab.
Dass die Opec in dieser Woche eine höhere Fördermenge vereinbart habe, sei
kurzfristig positiv aufgenommen worden.
Sollte der Ölpreis indes dauerhaft oberhalb der 25 USD pro Barrel
bleiben, so schlage sich dies in den Inflationsraten nieder, was nach
Meinung von Pflüger derzeit noch nicht in den Renditen eskomptiert ist.
Gelinge es nicht, den Ölpreis unter 25 USD zu drücken, so dürften im Herbst
die Renditen der festverzinslichen Papiere wieder steigen. +++ Anke Kreuels
vwd/31.3.2000/kre/hab