IBM = "Immer bitterere Mitteilungen"?

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IBM = "Immer bitterere Mitteilungen"?

 
18.04.02 06:08
Die Aktie des amerikanischen Konzerns ist besser als ihr Ruf und auf dem aktuellen Niveau durchaus interessant, meint Klaus Lüpertz, Börsen-Experte bei HSBC Trinkaus & Burkhardt.

Der vergangene Montag sorgte wieder für einige Turbulenzen im Technologiebereich. IBM  gab überraschend eine massive Umsatz- und Gewinnwarnung ab; die Aktien des Unternehmens fielen schlagartig um fast 10 Prozent von 97 auf 87 US-Dollar.

Hintergrund: Für das erste Quartal 2002 erwartet IBM einen Konzernumsatz von 18,4 bis 18,6 Milliarden Dollar. Analysten hatten noch mit mindestens 19 bis 21 Milliarden Dollar Umsatz gerechnet.

Damit liegt IBM unterhalb der pessimistischsten Erwartungen. Im gleichen Zeitraum wurde im Vorjahr noch ein Umsatz von 21 Milliarden Dollar verbucht. Auch der Gewinn dürfte stark rückläufig sein; die Analysten waren bislang von 85 Cents je Aktie (nach 98 Cents im Vorjahr) ausgegangen, nach Einschätzung des Unternehmens ist diese Zahl aber wohl zu hoch angesetzt. IBM selbst rechnet nun mit 66 bis 70 Cents je Aktie. Damit liegt der Konzern sowohl beim Umsatz als auch beim Profit unterhalb der Analystenschätzungen.

Werden die schlimmsten Befürchtungen der Anleger jetzt Wirklichkeit? Wie werden die anderen Tech-Titel berichten, wenn schon IBM negativ überrascht?

Fakt ist: Die Technologieaktien weltweit notieren auf Kursniveaus, die eine schnelle Erholung (spätestens bis zur Jahresmitte) der Unternehmensgewinne unterstellen. Dazu kommt, dass das Ausmaß der erwarteten Gewinnsteigerung bei durchschnittlich fast 50 Prozent über dem Vorjahresniveau liegt.

Das heißt: Die Gewinnerholung soll schnell und in großem Ausmaß verlaufen. Trifft eine dieser beiden Annahmen nicht zu, bestrafen die Märkte das mit stark nachgebenden Notierungen.


Doch ist das wichtig für den Privatanleger?

Für einen Investor, der mit einem Horizont von mindestens zwölf Monaten anlegt, ist es relativ egal, ob die Gewinnerholung bis Juni oder erst im Herbst einsetzt. So oder so werden die Märkte dann auf diese Nachrichten mit steigenden Kursen reagieren.

Von daher ist der jetzige Kursrückgang nicht schlimm, im Gegenteil, er bietet noch einmal eine exzellente Einstiegsmöglichkeit. Voraussetzung dafür ist, dass die strategische Positionierung von IBM nicht unter den jüngsten Turbulenzen leidet. Doch danach sieht es nicht aus.

Was für die IBM-Aktie spricht

Die Klagen über die schwache Nachfrage im Bereich Technologie (Hardware, Mikrochips, Storage Devices etc.) sind auf geringere Investitionen der industriellen Kunden im ersten Quartal zurück zu führen. So kam es in dem Bereich zu einem Umsatzrückgang um 35 Prozent. Diese Investitionen sind laut Aussagen des Chief Financial Officers von IBM , John Joyce, aber nur aufgeschoben und nicht aufgehoben.

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Die IBM-Aktie im Vergleich zum Dow Jones (rot)
 
Es ist aus meiner Sicht auch keine Frage, dass die Strategie des Unternehmens stimmt und IBM am Ende dieser Schwächeperiode weitere Marktanteile gewonnen haben wird, denn die Probleme sind nicht hausgemacht, sondern betreffen die gesamte Branche. Üblicherweise gehen gerade die Marktführer aus solchen Krisenzeiten gestärkt hervor. Das erwarte ich auch für Big Blue.

Mit einer Erholung der US-Wirtschaft werden auch die Kunden von IBM wieder Aufträge an das Unternehmen geben. Ich kann mir gut vorstellen, dass am Jahresende rückblickend der Rückgang im ersten Quartal als "Ausreißer" verbucht werden wird.

Es gibt aber noch zwei weitere denkbare Gründe für die Umsatz- und Gewinnwarnung: Zum einen war IBM immer schon ein Unternehmen mit aggressiven Bilanzierungspraktiken. Diese Methoden sind aber im Zuge von Enron etc. denkbar unpopulär geworden. Es ist also gut vorstellbar, dass IBM deshalb zukünftig etwas vorsichtiger vorgeht.

Dafür spricht zum anderen auch, dass Anfang März Samuel Palmisano den Job des langjährigen Chief Executive Officer Louis Gerstner übernommen hat. Deshalb könnten Änderungen in der Bilanz auch hier dafür sorgen, dass unliebsame Starthypotheken von Seiten des Rechnungswesens erst gar nicht entstehen können.

Mehr Klarheit erhalten wir erst mit den endgültigen Zahlen am 17. April. Einen Tag zuvor wird Intel  eine weitere Indikation für die nahe Zukunft des Technologiesektors geben. Es folgen EMC  und Compaq  am 18. April und Cisco  am 7. Mai.

Da der weltweit zweitgrößte PC-Hersteller Compaq bereits ankündigte, dass nach eigener Einschätzung die Ergebnisschätzungen der Analysten für das erste Quartal voraussichtlich erfüllt oder gar übertroffen werden und Dell in der Vorwoche einen Quartalsumsatz oberhalb der Erwartungen in Aussicht stellte, bleibe ich bei meiner Einschätzung: IBM ist auf dem aktuellen Niveau ein interessanter Titel im Tech-Sektor und kann mit Sicht auf 12 Monate durchaus in ein Depot gekauft werden. IBM bedeutet für mich nicht: "Immer bitterere Meldungen" sondern "Ich bleibe mutig!".

mm.de

Gruß    
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