Zapf Creation: "Sind momentan etwas geschockt"
(Instock) Zapf Creation, nach eigener Einschätzung Europas führender Hersteller von Spiel- und Funktionspuppen, hat momentan anderes im Sinn, als Baby Born den Nuckel zu geben. Das zweite Mal innerhalb weniger Wochen musste das MDax-Unternehmen seine 2003-Prognose deutlich nach unten revidieren. Die neuen Zielmarken sind 200 Millionen Euro Umsatz (2002: 222,7 Millionen Euro) und ein Gewinn vor Steuern und Zinsen von 26 Millionen Euro (32,9 Millionen Euro). Wir sprachen darüber mit Finanzvorstand Rudolf Winning.
Instock:
Kommt es nicht einem Offenbarungseid gleich, wenn ein Spielzeughersteller kurz vor Weihnachten die Prognose reduzieren muss?
Winning:
Das sehen wir eigentlich nicht so. Wenn etwas schief gehen kann, kann das nur kurz vor Weihnachten sein. Man kann das Geschäft vorher recht gut einschätzen, weil man einen langen Order-Vorlauf hat. Je näher man an Weihnachten heranrückt, desto Ungewisser wird das Ganze. Dann hat man keinen Odervorlauf mehr. Dann kommen die Nachorders kurzfristig. Wenn da bei der Planung etwas aus dem Ruder läuft, muß man die Prognose revidieren.
Instock:
Aus den normalen Orders kann man nicht ersehen, wie das Weihnachtsgeschäft laufen wird?
Winning:
Eigentlich nicht. Wir lagen ja zum Ende des dritten Quartals beim Umsatz sogar 7 Prozent über dem des Vorjahres. Da hat noch nichts auf ein schlechtes Weihnachtsgeschäft hingedeutet. Wir sind bei der Prognose konservativ herangegangen und haben für das vierte Quartal analog dem Vorjahr geplant, um ja keine Überraschung zu erleben. Leider war das immer noch zu optimistisch, was vor allem an den USA lag. Dort waren unsere Prognosen deutlich zu optimistisch.
Instock:
In den USA rechnen Sie laut einer Pressemitteilung mit einem Umsatzrückgang von 21 Prozent in lokaler Währung. Das begründen Sie mit der schlechten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in den USA. Die meisten Indikatoren sagen etwas anders. Wieso ist der US-Markt für Zapf Creation so weggebrochen?
Winning:
Das sind sicherlich mehrere Gründe, das wollen wir auch gar nicht verschweigen. Zum einen ist es die konjunkturelle Lage in den USA, die im Spielwarenmarkt, im Gegensatz zu anderen Branchen, nicht Gutes verheißt. Zum anderen wurden dort auch einfach Managementfehler gemacht. Das fing mit einer zu optimistischen Planung an und endete damit, dass man sich aus unserer Sicht nicht genügend um die wichtigsten Kunden gekümmert hat. Das führte beispielsweise dazu, dass die Ware nicht ordentlich präsentiert wurde. Darunter hat der Früh-Verkauf gelitten. Das führte wiederum dazu, dass die Nachorders nicht kommen.
Instock:
Liegt es auch daran, dass Ihre Produkte nicht mehr den Markterfordernissen entsprechen?
Winning:
Das kann man generell so nicht sagen. Produktseitig hat es sicherlich auch daran gelegen, dass wir in den USA im Gegensatz zum Vorjahr nicht mit einer absoluten Neuheit gekommen sind. In den Staaten ist es so, dass es die Türen im Handel öffnet, wenn man mit einer Neuheit auf den Markt kommt. Wenn man ein erfolgreiches Sortiment nur leicht überarbeitet anbietet, dann ist es augenscheinlich in den USA sehr schwer, rechtzeitig gelistet zu werden.
Instock:
Wieso haben Sie nicht entsprechend auf die dortigen Marktgegebenheiten reagiert?
Winning:
Wir haben eben auch einen gewissen Produktzyklus. Wenn wir neue Produkte konzipieren, dauert das ein Jahr bis zur Markteinführung. Wir sind einfach davon ausgegangen, dass wir dieses Jahr im Zubehörgeschäft mehr Umsatz machen können, nachdem wir im vergangenen Jahr sehr gut Puppen verkauft haben. Es wird aber deutlich, dass uns auch eine Neuheit auf dem Puppensektor nicht gerettet hätte.
Instock:
Sie haben ja neue Produkte für das nächste Jahr angekündigt. Wie sind die Erwartungen für 2004?
Winning:
Wir sehen uns für das nächste Jahr produktseitig sehr gut aufgestellt. Wir werden nach mehr als 13 Jahren unser Erfolgsprodukt Baby Born erstmals relaunchen und mit einer zusätzlichen Funktion versehen. Das werden wir bereits im ersten Halbjahr tun. Außerdem haben wir eine neue Multifunktionspuppe entwickelt. Das dürfte das technisch ausgefeilteste sein, was es derzeit als Puppe zu kaufen gibt. Deshalb sehen wir für das nächste Jahr durchaus Chancen, wieder zu wachsen. Aber wir sind momentan etwas geschockt wegen der USA – das gebe ich gerne zu. Wir müssen jetzt die Zeit nehmen, erst einmal zu analysieren, woran es gelegen hat.
Instock:
Wann werden Sie die Neuheiten vorstellen?
Winning:
Den wichtigen Kunden schon jetzt, dem breiten Publikum sicherlich auf den wesentlichen Messen im Januar und Februar beginnend in Hongkong, in Nürnberg und dann in New York. Sicherlich werden wir die Neuheiten auch auf den kleinere Messen in London und Paris präsentieren.
Instock:
Wenn der US-Markt so schwierig ist, besteht dann die Planung, andere Regionen zu erschließen? Hongkong, also China, haben Sie ja schon genannt.
Winning:
Wir haben Asien sicherlich im Blickfeld, aber wir wollen, was wir machen, richtig machen. Das heißt, wir wollen zunächst unser Haus in den USA in Ordnung bringen. Wir reden ja immer noch von fast 40 Millionen US-Dollar Umsatz, den wir 2003 dort erzielen werden. Das ist sicherlich nicht zufriedenstellend, weil wir mit mehr gerechnet haben. Das ist aber zumindest etwas, worauf man aufbauen kann. Wenn wir hier die Ziele erreicht haben, die wir uns gesteckt haben, dann werden wir als nächstes Frankreich entwickeln. Das ist noch ein riesiger Wachstumsmarkt in Europa. In zwei bis drei Jahren werden wir uns dann Asien, speziell Japan widmen.
Instock:
Ihre Produkte sind relativ teuer. Die angekündigte Multifunktionspuppe wird wahrscheinlich auch nicht gerade billig sein. Würde es für Zapf Creation nicht Sinn machen, auch im unteren Preissegment deutliche Präsenz zu zeigen?
Winning:
Aus dem unteren Preissegment haben wir uns in den vergangenen Jahren sukzessive und durchaus mit Absicht verabschiedet, weil wir ein Unternehmen sind, dass sehr stark vom Marken-Image lebt. Die Puppe wird nicht billig, aber deutlich billiger sein, als das was wir bisher anbieten. Das liegt daran, dass wir die selber entwickelt haben und keine Lizenzen bezahlen müssen.
Instock:
Wohin geht der Trend im Puppenmarkt überhaupt?
Winning:
Der Puppenmarkt ist ein relativ stabiler Markt. Es gibt immer mal wieder Verschiebungen zwischen den drei Segmenten. Das sind zum einen die sogenannten Ankleidepuppen, dann den Bereich der Funktionspuppen, in dem wir aktiv sind, und dann noch den relativ kleinen Bereich der Minidolls. Wir sehen momentan eine Verschiebung zugunsten der sogenannten Fashion-Dolls. Das ist vor allem Barbie und deren Konkurrenz. Das ist ein Phänomen, das wir in der Vergangenheit bereits öfter gesehen haben. Das ist eigentlich eine Wellenbewegung. In den nächsten ein bis zwei Jahren kann das genau wieder in die andere Richtung gehen. Das müssen wir abwarten.