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Interview mit CEO von Hunzinger Information von -mj-
Montag 24. November 2003, 09:38 Uhr
Frage: Herr Hunzinger, Sie sollen den Posten des Vorstandsvorsitzenden bei der Hunzinger Information AG (Xetra:
609710.DE - Nachrichten - Forum) verlassen und vor die Tür gesetzt werden. Das hat zumindest Bolko Hoffmann, Chef der Effecten-Spiegel AG, vor. Wie lange bleiben Sie uns noch erhalten?
Moritz Hunzinger: ANZEIGE
Ich denke, mindestens bis 31. Dezember 2007, dann bin ich 48 Jahre alt und Herr Hoffmann 70 Jahre jung. Ich habe kürzlich Hessens Ministerpräsident Roland Koch annonciert, anschließend nur noch ehrenamtlich tätig sein zu wollen. Aber, Scherz beiseite: ich erfülle meinen Vertrag gerne. Am (Amsterdam: AMSTL.AS - Nachrichten) liebsten würde ich hier pensioniert werden. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich respektiere Hoffmann durchaus, das macht mich aber ihm gegenüber nicht unkritisch. Unsere gegensätzlichen Positionen führen gelegentlich zur Unruhe, das bringt mich allerdings nicht aus der Ruhe. Dafür bin ich zu politik-erfahren, da ist das Dauerzustand.
Frage: Laut Ihrem Vorstandsvertrag steht Ihnen eine Abfindungszahlung von rund 8 Mio. Euro zu. Exakt dies stört den Anti-Euro-Fighter massiv. Ist diese Klausel nicht anfechtbar, da die 8 Mio. Euro bei der Größe des Unternehmens doch etwas überzogen sind?
Moritz Hunzinger: Aus Vertraulichkeitsgründen bestätige ich solche Angaben nicht; allerdings ist zu berücksichtigen, dass ich die Hunzinger Information AG bzw. ihr Stammhaus im nächsten Jahr 25 Jahre leite und es ohne mich diese Firma gar nicht gäbe. Unsere Verträge sind adäquat, das belegen die regelmäßigen Legal Due Diligences erster Adressen. Kein einziger Berater - Knauthe-Eggers, KPMG, Sachse, Klein & Coll., BDO und andere - haben jemals etwas Unverhältnismäßiges hier gesehen, da ist alles im Lot. Mein Werkzeugkasten ist sauber sortiert. Das wurde Hoffmann unmissverständlich hinterlegt.
Frage: Was halten Sie von den Plänen Hoffmann`s, action press, immerhin eine der weltgrößten Pressebildagenturen, und die Meinungsforscher infas in eine Holding einzubringen und danach an die Börse zu bringen?
Moritz Hunzinger: Ich glaube nicht, dass dieser Plan realistisch ist. Und wie soll die Hunzinger Information AG denn das bezahlen? Die Antwort ist er bis heute schuldig geblieben - wir baten ihn, diesen Plan fachkundig und mit Tiefenschärfe zu erläutern. Von Hoffmann kommen nur immer so genannte Konzepte - ohne Berücksichtigung irgendwelcher Grundsätze, Kunden-, Lieferanten- und Bankbeziehungen, Verträge, Personalien. Der Herr liest seine Papiere nicht. Er spricht gerne von der "großen Linie". Unser Geschäft ist nicht einfach, die Formate in den Geschäftsfeldern überholen sich laufend: denken Sie an die neue Bedeutung von Fotos in den Medien oder daran, wie spezifisch Öffentlichkeitsarbeit gemacht werden muss, um wirksam platziert zu werden, oder an die Millimeterarbeit in der wissenschaftlichen Meinungs- und Sozialforschung. Diesen Feinheiten als Großaktionär so wenig Beachtung zu schenken, ist nicht ungefährlich. Unsere Vorstände sind ja zugleich tief in den Geschäftsfeldern verankerte Geschäftsführer der Töchter. Wir sind keine Frühstücksdirektoren.
Frage: Laut Hoffmann werden Sie aber gar nicht mehr gefragt, was zukünftig mit der Hunzinger Information AG passiert.
Moritz Hunzinger: Ich bin - mit dem Kollegen Menno Smid (infas-Chef) - Vorstand, und, wie Sie wissen, entscheidet der Vorstand, nicht ein Aktionär, gleich welcher es ist. Hoffmann sollte in Satzungen und Geschäftsordnungen gucken. Für Änderungen darin gibt es hier keine Mehrheiten, unabhängig, wer der Großaktionär ist.
Aber ärgert er sich nicht einfach nur über sich selbst? Darüber, dass er mittlerweile fast drei Millionen nicht zum Börsenhandel zugelassene Aktien der Hunzinger Information AG hat? Wenn er aufgepasst und mir im September 2002 nach der Übernahme der Gold-Zack-Anteile an uns durch ihn zugehört hätte, könnte er die Aktien marktschonend an der Börse verkaufen. Aber seinerzeit wollte Hoffmann "weit über seinen Tod hinaus an der Hunzinger Information AG beteiligt" sein. Ein paar Monate später machte er wieder 180 Grad kehrt. Eines stelle ich klar: Dieser Vorstand führt diese Gesellschaft mit ihrer Börsennotiz; mit uns ist ein Wechsel in den Freiverkehr, wo auch die Effecten-Spiegel AG gehandelt wird, nicht zu machen. Wer das durchsetzen will, braucht einen neuen Vorstand. Die Abläufe erklären sich dann von selbst.
Frage: Verraten Sie uns Ihre Pläne für die Zukunft des Unternehmens?
Moritz Hunzinger: Die Organisation ist up-to-date; wir haben in all den Jahren viel gelernt, die Gruppe ist sehr gut geführt. Die meisten Wettbewerber beneiden uns. Also: Ohne Abstriche weitermachen wie bisher: Sehr fleißig, schnell und kaufmännisch umsichtig sein, ohne jeden Kompromiss bei der Produktqualität, in engem Schulterschluss mit dem Personal. Frei nach Kardinal Lehmann: Stets wachsam, aber immer auch wach sein.
Frage: Ihnen wurde ein Angebot von 15 bis 20 Mio. Euro für action press angeboten. Hat sich etwas Konkretes inzwischen ergeben?
Moritz Hunzinger: Aus Vertraulichkeitsgründen keine Stellungnahme, mit einer Ausnahme: Uns werden ständig Angebote für die drei Töchter gemacht. Zurzeit bietet man wieder einen recht ordentlichen Preis für eine Beteiligung an der Hunzinger PR GmbH, um sie für ein konkurrierendes ausländisches Netzwerk zu werben. Aber da warten wir ab.
Frage: Was sagen Sie zu den Vorwürfen des schrillen Düsseldorfers, Sie seien ein "absoluter Dilettant", "vergeuden Millionen für Schwachsinn" und kassieren "absurde Honorare?"
Moritz Hunzinger: Übersieht er dabei vielleicht, dass er die Mehrheit an der Hunzinger Information AG ursprünglich meinetwegen und wegen unser Assets übernommen hat? Kann ein Hoffmann sich so irren? Aber, ganz unter uns: Er darf sagen und denken - auch schimpfen - was er will. Im übrigen kennt die Effecten-Spiegel AG die Zahlen, zu denen jeder Aktionär - wir unterscheiden nicht zwischen Aktionären - Zugang hat. Mit dem Vorteil, dass Hoffmann`s Effecten-Spiegel AG vor dem Einstieg hier vor eineinhalb Jahren bei Hinzuziehung der Berater beider Partner eine gründliche Due Diligences durchführte. Unseren Zahlen sind "absurde" Ausgaben nicht zu entnehmen. In Anlehnung an den Zigaretten-Comic: Gelegentlich geht Bolko Hoffmann in die Luft, dann nennen wir ihn "unser BH-Männchen". Das echte HB-Männchen schwebte am Ende aber wieder gut gelaunt auf die Erde zurück.
Frage: Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, dass die BaFin den Wert Ihres Unternehmens auf 3,50 Euro beziffert hat?
Moritz Hunzinger: Das stammt ja bekanntlich nicht von mir, Herr Hoffmann wünschte diese Formulierung, die ich um des lieben Friedens willen einräumte. Der "innere Wert" der Hunzinger Information AG ist geschätzt worden, die Töchter sind wahre "Zuchtperlen" - aber glänzen nur an der Kette so schön.
Frage: Wenn Sie der Ansicht sind, dass Ihre Firma einen Wert von 3,50 Euro je Aktie hat, warum haben Sie dann auf jetzigem Niveau Ihren kompletten Anteil am Unternehmen verschleudert?
Moritz Hunzinger: Weil ich beim IPO als Pionier am Neuen Markt (Xetra: Nachrichten) - wir waren 310-fach überzeichnet mit über 3,1 Mrd. Euro Nachfrage - im Jahr 1998 zu Hause versprochen habe, nur an einem Unternehmen so maßgeblich wie bislang beteiligt zu sein, dessen Ausrichtung ich nachhaltig beeinflussen kann. Einen anderen Grund gibt es nicht, das weiß Herr Hoffmann auch. Ich habe ihm und den anderen Großaktionären, BGAG Beteiligungsgesellschaft der Gewerkschaften AG und Deutscher Beamtenbund, das vor Monaten schon so geschrieben, in früheren Jahren auch der Gold-Zack AG. Wenn Hoffmann in unserem Streit gewinnen würde, was wir trotz seiner Beteiligungsquote nicht für möglich halten, verlöre die Aktie ganz schnell an Wert.
Frage: Das bedeutet also, Sie können die Ausrichtung der Gesellschaft nicht mehr nachhaltig durch den Einstieg der Effecten-Spiegel AG selbst beeinflussen. Haben Sie dann überhaupt noch Interesse, das Unternehmen zu leiten?
Moritz Hunzinger: Bis auf die dunkle Rolle der Effecten-Spiegel AG macht das richtig Spaß! Keiner führt solch einen soliden Betrieb in Deutschland länger als ich. Viele unserer Kunden sind wahre Fans dieser Firma.
Frage: In welcher Beziehung stehen Sie zur Intercontent Inc., die Amerikaner halten an der Hunzinger Information AG rund sechs Prozent?
Moritz Hunzinger: Ich kenne die Kollegen wie so viele in der Welt, insbesondere Herrn Dr. Lane, seit er vor 20 Jahren schon die U.S. Army in Frankfurt vertreten hat. Er ist ein Spitzenkommunikator. Ich höre, dass aber auch Intercontent ihre Beteiligung an Hoffmann durchreichen wird, nachdem er sich überraschend an die Übereinkunft mit dem Vorstand unseres Hauses nicht gehalten hat und weiter herum despotet. Hoffmann hielt seine Zusage nicht ein, da machen knackige Amerikaner kurzen Prozess. Und wenn sie dann noch Geld verlieren, verklagen sie die Effecten-Spiegel AG und ihn vor amerikanischen Gerichten. Das haben sie uns geschrieben, er kennt den Brief.
Ich sage gelegentlich, dass Hoffmann doch genug Baustellen hat. Er sollte vielleicht erst einmal sein Portfolio in Ordnung bringen, da stürzt doch so manches ab. Denken Sie mal an das Kreml-Kaufhaus GUM oder an seine I.G. Farben, diese Igitt-Igitt-Firma. Dass er so etwas überhaupt anfasst, seinen Mitarbeitern so etwas zumutet? Oder an seinen Zoff mit der sympathischen Commerzbank (Xetra: 803200.DE - Nachrichten - Forum) ? Er sucht Schuld immer bei anderen: Im Falle I.G. Farben etwa verunglimpft er in seinen Artikeln Herrn Flach, den Vorstandsvorsitzenden der WCM AG (Xetra: 780100.DE - Nachrichten - Forum) , der nun wirklich ein verdienter und angesehener Mann hier am Finanzplatz ist und für die WCM Maximales leistet.
Frage: Wie wird die Schlammschlacht zwischen Ihnen und Hoffmann ausgehen und wann haben Sie das letzte Mal mit dem Euro-Skeptiker gesprochen?
Moritz Hunzinger: Der Vorstand führt das Unternehmen, nicht Herr Hoffmann und nicht der Aufsichtsrat. Herr Hoffmann und ich telefonieren des öfteren und schreiben uns manchmal mehrfach täglich. Unser Umgang ist durchaus "sportlich"; allerdings lässt sich der Vorstand von ihm nicht einschüchtern. Gleiches gilt für den Aufsichtsrat: Ministerpräsident a.D. Lothar de Maizière (CDU) hat mit Helmut Kohl die Einheit Deutschlands herbeigeführt, sein Stellvertreter Dr. Peter Frisch (SPD) war Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz unter den Kanzlern Kohl und Schröder. Die anderen sind jeweils führend in der Wirtschaft tätig. Wir halten uns hier ganz klar an die Regeln.
Wenn Hoffmann will, kann er den Vorstand ja ablösen, denn "umtopfen" kann er ihn nicht. Allerdings muss er zuvor einen Aufsichtsrat installieren, der da mitmacht. Dann kassiert der Vorstand eine dicke, fette Abfindung und geht nach Hause. So sind die Vereinbarungen schon 1997 vor dem Börsengang getroffen worden. Punkt.
Quelle: TradeCentre Börsenbrief