Nach der monatelangen Talfahrt hoffen die Anleger nun auf weitere Zinssenkungen. Im Gespräch mit mm.de analysiert Fondsmanager Heiko Thieme die aktuelle Situation.
mm.de: Wie schätzen Sie die momentane Lage ein? Ist die Abwärtsbewegung beendet?
Heiko Thieme: Die Stimmung ist am Boden, aber das ist nicht schlecht. Diese schlechte Stimmung braucht man, um zu einer klaren antizyklischen Kaufempfehlung zu kommen. Ich glaube, wir sind fast am Boden angekommen, maximal zehn Prozent von Tiefststand entfernt. Sehr viel tiefer kann es nicht gehen.
mm.de: Sie sind also der Ansicht, man könnte nun schon wieder kaufen?
Heiko Thieme: Absolut. Was wir jetzt haben, ist die Kaufchance des Jahrzehnts, ähnlich wie zu Beginn der 90er Jahre. Wer jetzt zu lange darauf wartet, dass er den absoluten Tiefpunkt erwischt, der hat am Ende nach das Nachsehen.
mm.de: Gilt das auch für die vom Kursverlust besonders stark betroffenen Technik-Werte?
Heiko Thieme: Das muss man differenziert betrachten. Sicher gibt es an der Nasdaq einige Titel, die hoch interessant sind. AOL zum Beispiel halte ich für ein gutes Investment, weil es hier echte Substanz in Form von hohen Abonnentenzahlen gibt.
Bei anderen Online-Werten bin ich da weniger optimistisch. Die Situation, in der heute drei Viertel aller Internetwerte sind, ist vergleichbar mit der Spekulationsblase am japanischen Markt Ende der 80er Jahre. Den könnten sie heute Geld schenken, und sie würden trotzdem nicht überleben. Die Parallelen sind deutlich: In beiden Fällen hatten wir eine absurde Übertreibung in der Bewertung.
mm.de: Das klingt, als würden Sie noch einige Zusammenbrüche in diesem Bereich erwarten....
Heiko Thieme: Das ist richtig. Ich glaube, zwei Drittel der Nasdaq-Werte werden dieses Jahrzehnt nicht überleben.
Heiko H. Thieme ist seit 1972 im Börsengeschäft tätig und lebt seit über 20 Jahren in New York. 1990 verließ er die Deutsche Bank, gründete Thieme Associates und etablierte sich als selbständiger Fondsmanager. Einige Jahre später wurde er Vorsitzender der American Heritage Management Corporation und übernahm gleichzeitig das Management des American Heritage Fund.
mm.de: Gilt diese Einschätzung auch für die Werte des Neuen Marktes?
Heiko Thieme: Ich fürchte ja. Am Neuen Markt hatte sich eine Illusion aufgebaut, die mit der Realität nichts mehr zu tun hatte. Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse im dreistelligen Bereich waren völlig absurd, aber das wollte niemand sehen. Die Situation erinnerte an einen Menschen, der erst einem Liter Whisky trinkt und dann noch einen LSD-Trip mit einer Flasche Doppelkorn herunterspült. Die Leute waren nicht nur high, sondern super-high. Die standen doch schon kurz vor der Leber-Zirrhose.
mm.de: Eine Erholung halten Sie für unwahrscheinlich?
Heiko Thieme: Es wird eine Erholung geben, aber die alten Höchststände des Neuen Marktes werden wir in diesem Jahrzehnt nicht mehr sehen.
mm.de: Was veranlasst Sie trotz dieser negativen Einschätzung der Werte an der Nasdaq und am Neuen Markt, an eine Erholung der Märkte zu glauben?
Heiko Thieme: Mehrere Dinge. Erstens: Wir haben schon zwei Zinssenkungen gesehen, zwei weitere könnten kommen. Die nächste möglicherweise schon sehr bald, eventuell am 20. März, die vierte dann im Mai. Zweitens: Wir haben keine echte Rezession, sondern nur eine Stimmung, wie sie üblicherweise in Rezessionsphasen herrscht. Im zweiten Halbjahr werden wir steigende Gewinnzahlen sehen, davon bin ich überzeugt.
mm.de: Welche Strategie raten Sie den Anlegern in dieser Situation?
Heiko Thieme: Ich empfehle das, was ich immer empfehle: Nicht alles auf einen Wert setzen, sondern diversifizieren. Man sollte mindestens vier Sektoren abdecken, und zwar Sektoren, die nicht miteinander verwandt sind. Wer die Bereiche Konsum, Finanzen, Technik, Biotech und Pharmazie, Telekommunikation, Basisindustrie im Depot hat, kann wenig falsch machen. Zu Energie-Titeln würde ich derzeit nicht unbedingt raten, weil ich fallende Ölpreise erwarte.
mm.de: Gibt es Bereiche, die Sie aktuell bevorzugen?
Heiko Thieme: Ja. Ich glaube, die nächste Boombranche wird die Biotechnik-Sparte sein. Allerdings nicht die Werte, die sich mit Genomforschung befassen, sondern diejenigen, die Proteinforschung betreiben. Hier gibt es sehr interessante Werte. Dazu gehören Amgen, Chiron und Biogen. Sehr gut gefällt mir allerdings auch Bayer. Der Wert vereinigt den zyklischen Chemiebereich, die Pharmabranche und die Biotechnologie. Hier kauft man praktisch eine Gesellschaft, die an dem Boom beteiligt sein wird, ohne alles auf eine Karte zu setzen.
mm.de: Welchen Rat haben Sie für Anleger, denen der Kauf von Einzel-Aktien zu riskant ist?
Heiko Thieme: Sie werden lachen: Ich empfehle Index-Fonds. Damit ist man langfristig immer auf der sicheren Seite. Wer vor zehn Jahren in den Dow oder in den S+P investiert hätte, der wäre jetzt schwer reich.
mm.de: Wie schätzen Sie die momentane Lage ein? Ist die Abwärtsbewegung beendet?
Heiko Thieme: Die Stimmung ist am Boden, aber das ist nicht schlecht. Diese schlechte Stimmung braucht man, um zu einer klaren antizyklischen Kaufempfehlung zu kommen. Ich glaube, wir sind fast am Boden angekommen, maximal zehn Prozent von Tiefststand entfernt. Sehr viel tiefer kann es nicht gehen.
mm.de: Sie sind also der Ansicht, man könnte nun schon wieder kaufen?
Heiko Thieme: Absolut. Was wir jetzt haben, ist die Kaufchance des Jahrzehnts, ähnlich wie zu Beginn der 90er Jahre. Wer jetzt zu lange darauf wartet, dass er den absoluten Tiefpunkt erwischt, der hat am Ende nach das Nachsehen.
mm.de: Gilt das auch für die vom Kursverlust besonders stark betroffenen Technik-Werte?
Heiko Thieme: Das muss man differenziert betrachten. Sicher gibt es an der Nasdaq einige Titel, die hoch interessant sind. AOL zum Beispiel halte ich für ein gutes Investment, weil es hier echte Substanz in Form von hohen Abonnentenzahlen gibt.
Bei anderen Online-Werten bin ich da weniger optimistisch. Die Situation, in der heute drei Viertel aller Internetwerte sind, ist vergleichbar mit der Spekulationsblase am japanischen Markt Ende der 80er Jahre. Den könnten sie heute Geld schenken, und sie würden trotzdem nicht überleben. Die Parallelen sind deutlich: In beiden Fällen hatten wir eine absurde Übertreibung in der Bewertung.
mm.de: Das klingt, als würden Sie noch einige Zusammenbrüche in diesem Bereich erwarten....
Heiko Thieme: Das ist richtig. Ich glaube, zwei Drittel der Nasdaq-Werte werden dieses Jahrzehnt nicht überleben.
Heiko H. Thieme ist seit 1972 im Börsengeschäft tätig und lebt seit über 20 Jahren in New York. 1990 verließ er die Deutsche Bank, gründete Thieme Associates und etablierte sich als selbständiger Fondsmanager. Einige Jahre später wurde er Vorsitzender der American Heritage Management Corporation und übernahm gleichzeitig das Management des American Heritage Fund.
mm.de: Gilt diese Einschätzung auch für die Werte des Neuen Marktes?
Heiko Thieme: Ich fürchte ja. Am Neuen Markt hatte sich eine Illusion aufgebaut, die mit der Realität nichts mehr zu tun hatte. Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse im dreistelligen Bereich waren völlig absurd, aber das wollte niemand sehen. Die Situation erinnerte an einen Menschen, der erst einem Liter Whisky trinkt und dann noch einen LSD-Trip mit einer Flasche Doppelkorn herunterspült. Die Leute waren nicht nur high, sondern super-high. Die standen doch schon kurz vor der Leber-Zirrhose.
mm.de: Eine Erholung halten Sie für unwahrscheinlich?
Heiko Thieme: Es wird eine Erholung geben, aber die alten Höchststände des Neuen Marktes werden wir in diesem Jahrzehnt nicht mehr sehen.
mm.de: Was veranlasst Sie trotz dieser negativen Einschätzung der Werte an der Nasdaq und am Neuen Markt, an eine Erholung der Märkte zu glauben?
Heiko Thieme: Mehrere Dinge. Erstens: Wir haben schon zwei Zinssenkungen gesehen, zwei weitere könnten kommen. Die nächste möglicherweise schon sehr bald, eventuell am 20. März, die vierte dann im Mai. Zweitens: Wir haben keine echte Rezession, sondern nur eine Stimmung, wie sie üblicherweise in Rezessionsphasen herrscht. Im zweiten Halbjahr werden wir steigende Gewinnzahlen sehen, davon bin ich überzeugt.
mm.de: Welche Strategie raten Sie den Anlegern in dieser Situation?
Heiko Thieme: Ich empfehle das, was ich immer empfehle: Nicht alles auf einen Wert setzen, sondern diversifizieren. Man sollte mindestens vier Sektoren abdecken, und zwar Sektoren, die nicht miteinander verwandt sind. Wer die Bereiche Konsum, Finanzen, Technik, Biotech und Pharmazie, Telekommunikation, Basisindustrie im Depot hat, kann wenig falsch machen. Zu Energie-Titeln würde ich derzeit nicht unbedingt raten, weil ich fallende Ölpreise erwarte.
mm.de: Gibt es Bereiche, die Sie aktuell bevorzugen?
Heiko Thieme: Ja. Ich glaube, die nächste Boombranche wird die Biotechnik-Sparte sein. Allerdings nicht die Werte, die sich mit Genomforschung befassen, sondern diejenigen, die Proteinforschung betreiben. Hier gibt es sehr interessante Werte. Dazu gehören Amgen, Chiron und Biogen. Sehr gut gefällt mir allerdings auch Bayer. Der Wert vereinigt den zyklischen Chemiebereich, die Pharmabranche und die Biotechnologie. Hier kauft man praktisch eine Gesellschaft, die an dem Boom beteiligt sein wird, ohne alles auf eine Karte zu setzen.
mm.de: Welchen Rat haben Sie für Anleger, denen der Kauf von Einzel-Aktien zu riskant ist?
Heiko Thieme: Sie werden lachen: Ich empfehle Index-Fonds. Damit ist man langfristig immer auf der sicheren Seite. Wer vor zehn Jahren in den Dow oder in den S+P investiert hätte, der wäre jetzt schwer reich.