Freitag, 24. Juni 2005
Entscheidung gefallen: Heftiger Einbruch!
von Jochen Steffens
Na, da haben all diese Widerstandslinien erst einmal gehalten. Es kam zu dem "heftigen" Einbruch, der Dow schoss gestern um 1,6 % in den Keller und bildet damit im Chart eine rote Kerze, die beängstigend aussieht.
Die Konsolidierung ist gekommen, obwohl alle es erwarten. Die Börse geht immer den Weg des größten Schmerzes. Sie hat es gerade trotzdem getan, denn die Konsolidierung kam eigentlich Wochen später, als die meisten erwartet hatten. Es fragte sich also nun, welchen schmerzhaften Weg wird die Börse nun einschlagen: Wird die Konsolidierung wesentlich heftiger als alle denken, oder ist sie wesentlich schneller vorbei, als alle denken.
Hier sollten Sie erst einmal gelassen abwarten und beobachten. Steigt der Markt wieder über das gestrige Hoch, ohne groß zu konsolidieren, bauen Sie ihre Longpositionen weiter vorsichtig aus. Fällt der Markt, warten Sie auf Umkehrsignale und kaufen weitere Positionen. Fällt er unter wichtige Unterstützungen, reduzieren Sie Ihre Positionen wieder etwas.
Nicht eine Nachricht, sondern gleich drei!
Tatsächlich haben externe Nachrichten diesen Rutsch ausgelöst – allerdings etwas anders als ich es mir vorgestellt habe, es war nicht eine Nachricht, die den Kursrutsch auslöste, sondern gleich mehrere.
Der wichtigste kursschwächende Faktor war der Ölpreis, der sein letzter Hoch überwunden hat und gestern die 60 Dollar Marke angriff. Das machte dem Märkten schwer zu schaffen. Da half auch nicht die CERA Studie.
Doch auch Greenspan sorgte für Wirbel. Er griff die protektionistischen Maßnahmen gegen China (die allerdings erst geplant sind) an, indem er sie als gefährlich für die USA einstufte. Er behauptet, dass gegen China gerichtete Strafzölle wenig zum Schutze heimischer Arbeitsplätze beitragen würden. Auf der anderen Seite bestehe sogar die Gefahr, dass solche Zölle den Lebensstandard beeinträchtigten.
Greenspan führte weiter aus, dass Strafzölle lediglich die Exporte aus anderen asiatischen Ländern stimulieren würden. Auch aus diesem Grund sieht er wenig Belege dafür, dass ein stärkerer Yuan in den USA mehr Stellen im verarbeitenden Gewerben schaffen könnte.
Dann wies er noch darauf hin, dass eine Aufwertung des Yuans doch im eigenen Interesse Chinas liege, nur so können China eine größere ökonomische Stabilität erreichen. Vernünftige Worte! Nur scheint mir, wie so oft, dass vernünftige Worte keine vernünftigen Ohren finden.
Wie gestern befürchtet, wurde durch die Rede die Problematik China wieder mehr in den Focus der Anleger gerückt, das drückte die Kurse zusätzlich.
Ein letzter Punkt waren Sorgen, dass die nächste US-Berichtssaison hinter den Erwartungen liegen wird. Alles in allem führte das zu starkem Verkaufsdruck bei den amerikanischen Indizes.
Der Einfluss der Währungsturbulenzen
Der geneigte Börsenbeobachter wird dabei bemerkt haben, dass hauptsächlich der Dow Schwäche zeigt, wohingegen der Nasdaq100 wesentlich weniger stark gefallen ist. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die aktuelle Dollarstärke sich belastend auf die US-Kurse auswirkt. Schließlich sind die US Firmen im internationalen Vergleich nicht plötzlich knapp 15 % mehr wert und das wären sie, wenn man die Währungseffekte einrechnet (bei gleichbleibenden Kursen).
Gerade im Dow zeigt sich dieser Effekt sowohl positiv als auch negativ am stärksten.
Es gibt einige Analysten, die solche Währungseffekte bei den Kursverläufen der Aktien geflissentlich als "vernachlässigbar" bezeichnen. Ich kann dem nicht zustimmen und die Beobachtungen gerade in den letzten beiden Jahren scheinen meine Ansicht zu bestätigen. Es passt auch zu unsere globalisierten Welt, dass sich Firmenbewertungen im Kontext der Währungseffekte im weltweiten Vergleich über den Kursverlauf "anpassen":
Das dürfte auch ein weiterer Grund dafür sein, dass der Dax so stark bleibt. Der Euro verliert, aber die Firmen sind in Euro gewichtet nicht entsprechend weniger wert. Der Kursverlauf gleicht also den schwächeren Euro aus, würde man diesen Währungseffekt einrechnen, wären die deutschen Aktien in diesem Jahr entsprechend den US-Aktien gefallen oder hätten sich seitwärts bewegt, wären aber nicht gestiegen.
Nun könnten Sie aus oben genannten Gründen zu der Überzeugung gelangen: Wenn also der Dollar wieder schwächer wird, dann müssten erstens die US-Aktien wieder steigen und zweitens die europäischen Aktien sich seitwärts bewegen oder sogar schwächer notieren.
Prinzipiell ist das ein korrekte Überlegung, allerdings kommt hier dann der Faktor zum tragen, dass deutsche Aktien im Vergleich zu amerikanischen Aktien deutlich unterbewertet sind. In dieser Richtung wird der Effekt also abgeschwächt, in die andere Richtung – "stärkerer Dollar" – sogar eher verstärkt.