Heard in New York: Zinsen, Öl und George Bush

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daxbunny:

Heard in New York: Zinsen, Öl und George Bush

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29.04.04 06:20
Ich hatte an dieser Stelle zuletzt versucht zu erklären, warum ich der Meinung bin, dass die FED nun schnellstens die Leitzinsen erhöhen sollte. Nur vergaß ich zu bemerken, dass ich glaube, dass die FED a) richtig gehandelt hatte und b) mit ihrer Zinsoffensive auch erfolgreich war.

Aber wie heißt es nun immer im Kleingedruckten der Broschüren von US-Investmentfonds: "Past results are no indication of future returns."

Aber hier ist ein weiterer Grund, warum ich meine, die FED sollte die Zinsen in einem Satz um 100 Basispunkte anziehen und gleichzeitig verkünden, dass ihre Zinspolitik so erfolgreich war, dass eine übermäßige Zinssubvention (die Leitzinsen wären bei 2% immer noch weit unter dem realen Bruttoinlandswachstum von 3,5% für das 1.Quartal 2004) nun nicht mehr nötig ist. Auch wolle man zukünftigen inflationären Tendenzen frühzeitig entgegentreten, was den Rentenmarkt langfristig stützen sollte, auch wenn hier klar die Renditen anziehen werden ! So kann aber eine zu steile Zinskurve vermieden werden.

Steter Tropfen höhlt den Stein :

Wie frustrierend wäre es, wenn die FED bei ihren 25 Basispunkte Minischritten bleiben würde? Zinssenkungen würden über 12-18 Monate, von FED Meeting zu Fed Meeting, wie ein Damoklesschwert über dem Markt hängen. Edson Guild beobachtete in der Vergangenheit, dass der Aktienmarkt nach 3 Zinssenkungen der FED baerish wurde (three steps and a stumble). So könnte den Worten der FED mehr Gewicht gegeben werden, als einer richtigen Zinserhöhung. Vertrauensbildende Maßnahmen sollten jedoch in den Vordergrund treten, da nun alle Marktteilnehmer wissen, dass die Zinsen steigen werden, nur noch nicht genau wann und um wie viele Basispunkte.

Am Dienstag warnte selbst Alan Greenspan über den "dramatischen" Kursanstieg von Öl- und Gasfutures. Dies könne einen signifikanten Langzeiteffekt auf die wirtschaftliche Entwicklung der USA haben. In der Vergangenheit notierten die Futures oft unter dem Spotpreis (Kasse oder gegenwärtiger Marktpreis) für diese Energierohstoffe – jedenfalls, wenn der Ölpreis weit über dem angepeilten Preiskorridor der OPEC lag. Am vergangenen Wochenende hatte ein Mitglied des OPEC-Ausschusses jedoch gefordert den Preiskorridor anzuheben, da Rohöl nun schon seit einem Jahr darüber notiert. Die inflationären Tendenzen von höheren Energiepreisen sollten jedem Einleuchten – außer er fährt einen Hummer (Sport Utility Vehicle), mit einem Verbrauch von 9 Meilen pro Gallone (ca. 4 Kilometer pro Liter).

Unter Präsident Bush sind nicht nur die Abgasnormen gelockert worden. Selbstständige (Anwälte, Ärzte, ehemalige Chefs von Enron) können Autos bis zu einem Anschaffungspreis von $ 100.000 nun über 4 Jahre von der Steuer absetzen – nein, es gibt keine Steuervergünstigungen (außer auf lokaler Ebene von den Bundesstaaten) für Auto wie den Toyota Prius, welcher eine Mindestlieferzeit von 12 Monaten hat. Der Prius ist ein Hybrid (Benzin & Strom), welcher 42 Meilen pro Gallone schafft. Der Präsident hat jedoch gerade eine Subvention für die US-Autoindustrie von $350 Mio. Verabschiedet, mit welcher die Forschung für Wasserstoffmotoren gefördert werden soll. Wie erfolgreich solche Subventionen sind, kann Ford (F) belegen. Ford bezieht seine Hybridtechnologie per Lizenzzahlung nun von Toyota.

Leider ist es so unglaublich einfach, Präsident Bush zu kritisieren. Das einzige was mir bis jetzt an ihm gefällt, ist, dass er 40% seiner Amtszeit außerhalb von Washington verbracht hat, und somit mehr Urlaub machte als alle Präsidenten vor ihm. Wer weiß, was er sonst noch alles angerichtet hätte!

Aber im Ernst. Wer glaubt, dass durch einen Präsidenten John Kerry das Land wieder da stünde, wo Bill Clinton es hinterlassen hatte, irrt. Kerry hätte als Präsident Probleme zu lösen, welche die Rahmenbedingungen (oder das Empfinden) erst noch verschlimmern würden, bevor es besser würde. Das beginnt mit der teilweisen Rückgängigmachung der Bush-Steuersenkungen – reicht aber bis in die Irakpolitik. Kerry könnte keine Kehrtwendung machen und vor der internationalen Gemeinschaft (UNO) auf den Knien um Verzeihung für die Fehler der Bushregierung und Beistand bitten. Genugtuung der Völkergemeinschaft nützt einem US-Präsidenten nichts, wenn das eigene Land nicht hinter einem steht. Bush nutzt diese Wagenburgmentalität denn auch geschickt für sich.

Warum hassten die Republikaner Clinton? Nicht wegen Monica Lewinsky. Clinton war der bessere Republikaner und stahl ihnen ihre angestammten Themen : Ausgabenbegrenzung (was hieß Ausgabensteigerung unterhalb des Steuereinnahme- anstiegst – mit viel Hilfe des Aktienmarktes !), Haushaltsüberschüsse (die ersten seit über 40 Jahren), internationaler Respekt.

Warum ist all dies Wichtig für die amerikanischen Finanzmärkte? Die USA sind der größte Schuldner der Welt. Es sollte vermeiden, dass der Rest der Welt die Motive der Kreditaufnahme (wirtschaftliche Innovation und resultierendes Wachstum sowie Ertrag oder Finanzierung eines Krieges) hinterfragt.

Kurzfristig sind die Arbeitsmarktdaten vom Donnerstag jedoch der Dreh- und Angelpunkt des Marktes. Koffeinabhängige warten derweil auf Neuigkeiten von Starbucks (SBUX), welche angekündigt haben, dass sie aufgrund steigender Kosten (Mieten, Löhne und vor allem stark angezogener Milchpreise), das erste Mal seit 4 Jahren in allen ihren 4.000 Filialen die Preise erhöhen wollen. Die offiziellen Inflationsstatistiker werden jetzt wohl Kaffee für Leitungswasser substituieren.

Gruß aus New York, Jerry


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