Hasen-Jagd in den Regalen

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Hasen-Jagd in den Regalen

 
01.04.02 11:00
Für die dümpelnde Schokoladen-Industrie wird das Saisongeschäft immer wichtiger. Jetzt drängen neue Konkurrenten ins profitable Ostergeschäft.

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Schokoladen- Osterhasen: "Saisonalisierter Jahresartikel"

Freddy Vollnuss muss aufs Image seines Arbeitgebers achten. Anders als die meisten seiner Kollegen von der Schokohasen-Fraktion kann er sich nicht damit begnügen, grenzdebil aus den österlich geschmückten Supermarktregalen zu grinsen.

Freddy wirbt für "Ritter Sport". Das verpflichtet irgendwie. Also spielt er auf den Verpackungen Basketball, während seine Geschwister Franky, Crossy und Wendy auf weitere Trendsportarten wie Skaten oder Mountain-Biken setzen. Die "fröhliche, junge Hasenbande" sieht Unternehmenssprecher Thomas Seeger als avantgardistische Eintrittskarte seiner Alfred Ritter GmbH in das besonders profitable Ostergeschäft.

Bis vor kurzem setzte das Traditionsunternehmen aus dem schwäbischen Waldenbuch auf quadratisch-praktische Einheitsware, die im Frühjahr genauso aussah wie im Herbst: mal rot, mal blau, mal grün. Mit Freddy und Co. betritt die Firma nun "absolutes Neuland" - und offenkundig viel versprechendes. Denn das Geschäft mit saisonal aufgehübschten Süßwaren boomt. Zwar dümpelt der Gesamtmarkt von umgerechnet etwa zwölf Milliarden Euro nach Angaben der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) mit einem jährlichen Plus von rund zwei Prozent dahin.

Schon gibt es Schokolade in Kürbisform

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Österliches Warensortiment: Mit "Klapperhasen" gegen die Konkurrenz

Doch der Umsatz mit so genannten saisonalisierten Jahresartikeln, also Waren, die das ganze Jahr über zu haben sind, aber zu Festtagen eine neue Verpackung verpasst kriegen, stieg nach GfK-Studien im vergangenen Jahr um knapp acht Prozent. Das Ostergeschäft der Schokoindustrie legte gar um fast zehn Prozent zu. "Die Saisonprodukte blühen auf", bilanziert GfK-Mann Franz-Josef Lange.

Verantwortlich dafür sei die Kundschaft, die beim Kauf von Kalorienbomben immer mehr experimentiere und sich schneller satt sehe und esse. Also müssen - zunächst im Dekors - Neuheiten her, die der Kalender von ganz allein bietet: Weihnachten vor allem, aber verstärkt auch Nikolaus, Valentins- oder Muttertag. Experten rechnen damit, dass demnächst nach US-Vorbild auch Halloween ins Visier der Produzenten rückt. Schon gibt es Schokolade in Kürbisform.

Spitzenreiter im Saisongeschäft aber bleiben die Ostertage, die mittlerweile für "mindestens ein Viertel" des Jahresumsatzes der Schokoladen-Branche sorgen, sagt Torben Erbrath, Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie. Rund 21.650 Tonnen "ungefüllte Schokoladen-Hohlfiguren" wurden im Jahr 2001 produziert.

Fruchtgummi-Bunnys und Milka-Küken

Mit einem Anteil von 12.124 Tonnen waren die Hasen den Nikoläusen dabei eine Schnauzenlänge voraus. So wird in den Supermärkten derzeit uneingeschränkt das Halali zur Hasen-Jagd geblasen: Ostereier von Milky Way und Mars, Milka-Küken, -Karnickel und -Kekse zum Aufhängen am Gartenstrauch, "Merci" in der Hasenpackung. Der klassisch-goldene Lindt-Hase kontert in diesem Jahr mit der Magnum-Version eines kiloschweren Mümmel-Monsters.

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Osterhasen mit Weihnachtsmütze: Das Gerücht hält sich hartnäckig, dass Osterhasen zu Nikoläusen umgeschmolzenen werden
 
Nicht immer geht es dabei nur um schnöden und vergleichsweise billigen Verpackungstausch: Sogar die Firma Haribo, an sich eher für Bären bekannt, probiert es über Ostern mit einer neuen Kreation bonbonfarbener Fruchtgummi-Bunnys. Besonderen Innovationseifer zeigt der Nestlé-Konzern. Nach mehreren Jahren stagnierender Umsätze konnte die deutsche Tochter des Schweizer Nahrungsmittel-Multis ihren Süßwarenhandel im Jahr 2001 um zehn Prozent auf umgerechnet über 360 Millionen Euro steigern.

Wichtige Ursache für den Erfolg: Das Saisongeschäft mit Weihnachtsmännern und Osterhasen der Marken Smarties und After Eight. Stephan Tomat, Chef der zu Jahresbeginn neu geschaffenen Konzernsparte für Süßwaren, Instantgetränke und Kondensmilch, hat ehrgeizige Pläne: Bis 2003 will er den Umsatzanteil der Saisonsüßigkeiten von derzeit fünf auf zehn Prozent verdoppeln.

Aufmarsch der "Klapperhasen"

Vergangenes Jahr wies Tomat einem Kalorien-Joint-Venture seiner Smarties mit "Ritter Sport" den Weg: Während der wenigen Wochen, in denen die neuen Smarties-Tafeln zu kaufen waren, sorgten sie für weit über zehn Prozent des Ritter-Geschäfts. Jetzt lässt Tomat wieder mit Smarties gefüllte "Klapperhasen" gegen die schier übermächtige Konkurrenz von Lindt und Milka (Kraft Jacobs Suchard) aufmarschieren.

Dass der Saisonmarkt brummt, ist vor allem dem Ideenreichtum der beiden Marktführer zu verdanken. "Mit ihrer Innovationsfreude demonstrieren sie, dass überhaupt noch Wachstumspotenzial da ist", glaubt GfK-Mann Lange. Adalbert Lechner, Deutschland-Chef von Lindt & Sprüngli, flankiert: "Auf mehr Konkurrenz reagieren wir eben mit mehr Innovation."

Bei allem Wettbewerb setzen sich die Manager in einem Punkt unisono zur Wehr: Allen sich hartnäckig haltenden Gerüchten zum Trotz stecken in den Osterhasen nicht die verschmähten Nikoläuse vom Vorjahr. Das umständliche Auspacken, Umschmelzen und erneute Einpacken sei viel zu teuer.

Gruß aus Rügen
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