Mails/Nachrichten vom 14.03.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
die kurzfristigen Hürden sind nicht im ersten Gang zu überwinden. Das gilt für den Dow Jones bei 10.600 wie für den DAX bei 5.300/5350. Ein neuer Anlauf ist notwendig und logisch, weil Sie bitte berücksichtigen:
Der Dow kommt von 9.600 Anfang des Monats und der DAX von 4.750. Es ist also sehr gesund, wie das Ganze läuft. Besondere Empfindsamkeiten gehören dazu, wie gestern, als darüber gerätselt wurde, ob Alan Greenspan in seiner Rede in Honolulu nicht einiges von dem zurückgenommen hat, was er vor acht Tagen gesagt hat. Hinzu kam, daß die Einzelhandelsumsätze im Februar um 0,3 % gegenüber Januar gestiegen sind, nachdem Analytiker von 0,9 % ausgegangen sind. Die Herren haben sich verrechnet. Warum? Nach jedem Konjunktureinbruch, speziell nach Ereignissen wie in New York, enthalten die Folgezahlen stets einen sogenannten Basiseffekt. Deshalb sind solche Zahlen fragwürdig und nur tendenziell einzuordnen. Ich habe das schon mehrfach angemahnt.
Wall Street konkret: Bei den genannten technischen Indikatoren hat der Dow ein Rückfallrisiko bis 10.300. Er kann also jederzeit noch 200 Punkte nachgeben, ohne daß sich etwas Wesentliches verändert.
Ganz knapp läuft es bei Lucent mit gestern 4,92 $ im Schlußkurs und einem Umsatz von 128 Mio Stück. Knapper geht’s nicht. Das sind 10 Cents unter dem bisherigen dreifachen Tief von 5 $. Natürlich ändere ich meine Meinung nicht, die ich schon formuliert hatte. Das Ganze erinnert an den Schlußverkauf von Xerox mit einer Spitze nach unten bis 3,75 $, inzwischen über 10 $. Legen Sie mich aber bitte nicht auf 50 Cents oder 1 $ fest, was für die nächsten 3 - 4 Wochen Bestandteil der Volatilität ist.
Schwieriger ist die Einschätzung der Chipwerte. Die gestrigen Prognosen von Intel klangen bescheidener, nachdem der Philadelphia-Semiconductor-Index 3,6 % nachgab und alle Chipaktien nach unten zog. Hier bleiben Sie ebenso gelassen, wenn die verschiedenen Analysten an solche Minizahlen große Kombinationen hängen, die für drei Tage gültig sind. Die Reaktion einer Aktie wie Intel mit einem Abschlag um 5 % zeigt Ihnen jedoch, wie empfindlich die Märkte noch sind.
Einen aktuellen Handlungsbedarf sehe ich für heute nicht, merke aber an: TRW hat das Übernahmeangebot von Northrop zunächst abgelehnt. Ich bleibe deshalb bei meiner schon geäußerten Verkaufsempfehlung. Die Ölwerte zeigen einen leichten Aufwärtstrend und es ist interessant, daß die Dresdner Kleinwort Wasserstein einige Ölwerte zurückstuft, nämlich Totalfina, Royal Dutch und Statoil. Das ist schwer nachvollziehbar, aber ich hatte ohnehin nur Royal Dutch zum Kauf empfohlen, wobei es bleibt. Schlumberger erreichte gestern in der Spitze 61,50 $, schloß aber mit 58,52 $. Auch hier zeigt sich also Nervosität. Andererseits:
Die Pharmaspekulation habe ich in der letzten Woche eröffnet. Bristol Myers gestern bis 50 $ und Merck bis 64,37 $. Bitte die AB noch einmal zur Hand nehmen.
Frankfurt hat heute Interpretationsprobleme. Das liegt am Schluß von New York und fehlenden neuen Informationen aus dem Firmenbereich. Aber:
Bayer und BASF bestätigen mit den gestrigen Bayer-Zahlen den Trend, den ich Ihnen im Brief 09/02 skizziert hatte. Wenn dabei die BASF einmal 1,2 % zurückfällt und Bayer 2,5 % zulegt, so gehört das zum Gesamtbild. Henkel erreichte gestern erneut über 70 E. mit Schlußkurs 70,50 E. und damit ebenfalls meine kürzliche Einschätzung, wofür nun gilt: Alle drei sind ein Trendkauf.
Das Gerücht einer Abstufung der Bonität der Dt. Bank durch S + P in New York brachte gestern ein Minus von 2 % für den Branchenprimus. Schauen Sie sich dazu in der nächsten AB (S. 2) den Branchenchart an und die Einschätzung der Gesamtlage. Ich halte dies für einen Schlüssel für den DAX der nächsten zwei Monate.
Viel Ärger registriere ich um Babcock Borsig. Was Herr Lederer gestern der Presse „verkauft“ hat und Sie heute lesen können, ist ein sehr zweischneidiges Schwert. Meine gestrigen Äußerungen muß ich nicht zurücknehmen. Allerdings ist zu bemerken: Nimmt man Babcock heute auseinander, so kommt ein Kurs heraus, der deutlich höher ist. Mit dem Verkaufserlös ist Babcock entschuldet. Eine Besonderheit ist dabei zu beachten: Anlagebauer erhalten Anzahlungen. Das ist eine wichtige Finanzierungsgrundlage und deshalb arbeitet Babcock mit positivem Zinssaldo. Zu unterscheiden ist also die Liquiditätslage einer solchen Gruppe von der Eigenkapitalausstattung. Einige Medien tun so, als ob Babcock kurz vor der Pleite stehen würde, was totaler Unsinn ist. Deshalb bleibe ich dabei: Den Deal finde ich nicht richtig, aber wahrscheinlich strategisch notwendig. Einen Rückzug halte ich in der jetzigen Situation jedoch für falsch.
Die Salzgitter-Zahlen überzeugen. Ich unterstreiche meine Empfehlung aus Brief 04/02 und hebe das Kursziel auf 14 - 15 E. an. Die Aussichten, die SGL Carbon gestern gab, rechtfertigen weitere Käufe, wie bereits beschrieben. Leider gehört dazu noch immer eine sehr hohe Volatilität, die aus einer sehr unterschiedlichen Einschätzung dieser Aktie in verschiedenen Kreisen resultiert. Stimmt aber das, was SGL-Chef Köhler gestern vortrug, so errechnet sich per 2003 eine Gewinnverdoppelung pro Aktie und ein KGV von weniger als 14.
Die Termine von heute: BASF mit der Bilanzpressekonferenz, gleiches für K + S und in Zürich UBS sowie AXA in Paris. Die beiden letzteren nenne ich deshalb, weil beide demnächst ein Kauf werden. Details reiche ich nach.
Meine Empfehlung für heute: Sollte es schwach werden, ist das eine Kaufgelegenheit. Denn wir befinden uns unverändert im Trend der Frühjahrsrally, deren Ziel bedeutend höher liegt.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
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