Thema der Woche: Wall Street schlägt zurück
Hat Cisco die Wende an den Börsen eingeläutet? Manche Analysten wittern schon den nächsten Boom. Doch bis der kommt, dürfte es noch etwas dauern.
Wenn John Chambers spricht, lauscht Wall Street andächtig. "Wir fühlen uns mit den Prognosen für das laufende Quartal sehr wohl", sagte der Cisco-Chef vergangene Woche auf einer Investoren-Konferenz in New York. Das hieß eigentlich nur: Cisco wird die stark reduzierten Erwartungen von zwei US-Cent Gewinn pro Aktie erfüllen - aber weit unter den 18 Cent des Vorjahres bleiben. Die Botschaft reichte dennoch, um bei Analysten und Investoren im Konferenz-Saal des New Yorker Grand-Hyatt-Hotels ein wohliges Gefühl zu verbreiten. Noch während Chambers sprach, hob der Cisco-Kurs ab, legte bis Börsenschluss um 22 Prozent zu. "Fast wie in alten Zeiten", grinste ein Banker ungläubig. "Das ist die beste Nachricht seit langem aus dem Tech-Sektor", jubelte Martin Pyykkonen, Analyst bei C.E. Unterberg Towbin. Wie viele andere Netzwerk-Spezialisten auch hatte er befürchtet, dass sich der Anschlag auf das World Trade Center negativ auf di! e Cisco-Umsätze auswirken würden. Doch Chambers konnte beruhigen: "Der 11. September war nur eine Unterbrechung, seitdem läuft das Geschäft wieder gut." Die gute Nachricht aus dem Hyatt-Hotel, sie stand nicht allein. Schon am Vortag hatte AOL-Chef Steve Case an gleicher Stelle verkündet: "Ich glaube, wir haben den Boden erreicht. Wir wissen nicht, ob es der absolute Tiefpunkt ist, aber wir können sehen, dass es aufwärts geht." Wem das zu viel Fiktion und zu wenig Fakt war, der konnte sich an Michael Dell halten. Der Chef des gleichnamigen Computerherstellers gab bekannt, dass sein Unternehmen ebenfalls die Prognosen für das laufende Quartal einhalten wird.
Aktie der Woche: Wella
Die goldenen 20er Jahre: Alle tanzen Charleston, Frauen tragen plötzlich Bubikopf. In dieser Zeit fängt die Firma von Franz Ströher an, Apparate für Dauerwellen zu entwickeln. 1924 meldet der kleine Friseurbetrieb den Begriff "Wella" beim Deutschen Patentamt an, 1927 ist das erste Wella-Dauerwellgerät serienreif. Und dann das: Pünktlich zum Wechsel des Jahrzehnts wechselt auch die Mode. Anfang der 30er Jahre sind die Frauen der männlichen Einheitsfrisuren Bubikopf und Pagenschnitt überdrüssig. Der weibliche Vamp und die Garçonne sind passé. Die Damenwelt entdeckt die Locken neu. Die Wella-Dauerwellgeräte sind im Dauereinsatz - wenn das kein perfektes Timing ist. Die Geräte sind die Basis für den Aufstieg zu einem weltweit führenden Friseur- und Kosmetikunternehmen. Heute beschäftigt die Wella AG in 123 Ländern rund 17000 Mitarbeiter, davon 5500 in Deutschland. Der Umsatz lag im vergangen! en Jahr bei über 2,8 Milliarden Euro - ein Plus von 19,1 Prozent. Gleichzeitig stieg der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) um 26,7 Prozent auf 228,4 Millionen Euro. Weltweit liegt die Wella AG damit im Haarpflege-Geschäft auf dem vierten Rang. Der Erfolg der Marken Wella, Fructis, Kadus, Tondeo und Sebastian schlägt sich auch im Aktienkurs nieder: Seit Anfang 2000 legte er um rund 50 Prozent zu - da konnte sogar der große Konkurrent L’Oréal nicht mithalten.
Die Erfolgsgeschichte soll sich fortsetzen: Die neue Wella-Doppelspitze mit Heiner Gürtler als Vorstands- und Martin Tresser als Finanzchef will bis 2005 ein jährliches Umsatzwachstum von 13 Prozent erreichen. Zugleich soll die Ebit-Marge von derzeit 8,1 Prozent auf 13 Prozent steigen. "Das sind anspruchsvolle Ziele", findet Dresdner-Kleinwort-Wasserstein-Analyst Oliver Luckenbach, "die aber auch viel Phantasie in die Aktie bringen." Sollten Gürtler und Tresser ihre ehrgeizigen Pläne tatsächlich umsetzen können, "dann wären sogar Kurse von 100 Euro gerechtfertigt", so Experte Luckenbach. Zum Vergleich: Am Freitagnachmittag stand das Papier bei 52,40 Euro. Mit rein organischem Wachstum lassen sich die hoch gesteckten Ziele allerdings nicht erreichen. Das heißt: Die Wella AG muss kräftig zukaufen. So übernahm der Haarpflege-Konzern erst Ende August die US-Firma Graham Webb International, die im Jahr 2000 einen Umsatz von 7! 8 Millionen US-Dollar machte. Mit dem Kauf stärkte Wella seine Stellung als Nummer 2 auf dem wichtigen US-Markt. Eine besondere Rolle bei künftigen Akquisitionen dürfte die Konzerntochter Cosmopolitain Cosmetics spielen, in der sämtliche Kosmetik- und Parfümaktivitäten gebündelt sind. Schon länger wieder darüber spekuliert, dass die lukrative Tochter, die 20 Prozent zum Gesamtumsatz des Konzerns beiträgt, an die Börse gebracht werden könnte. Das dürfte Wella dann etwa 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro bringen. Zwar hat das Management selbst Cosmopolitain Cosmetics bereits als "börsenreif" bezeichnet, aber Unternehmenssprecherin Birgit Klesper macht klar: "Ein Börsengang steht nicht zur Debatte. Das ist derzeit nicht notwendig." Das Urteil von Robert Willis, Analyst bei Société Générale, ist klar. Er empfiehlt die Aktie zum Kauf: "Wella ist ein sehr attraktives Investment, zumal die Risi! ken gering sind." Mit anderen Worten: Wella-Aktien sind eine Pflege f& uuml;rs Depot.