Wasser auf Mühlen
An einem Großereignis wie der Flutkatastrophe im Osten und Süden Deutschlands können Wahlkämpfer nicht achtlos vorbeigehen. Das weiß auch der FDP-Spitzenkandidat Westerwelle. Sein trotziger Zwischenruf, er werde sich an einem "Wahlkampf auf gebrochenen Deichen" nicht beteiligen, dürfte vor allem dem mißlichen Umstand geschuldet sein, daß sein Guidomobil gerade zwischen Ostfriesland und Hamm unterwegs ist, also genau am falschen Ende der Republik.
Selbstverständlich müssen vor allem regierende Politiker in Katastrophengebieten präsent sein. Ganz unabhängig davon, ob gerade Wahlkampf ist oder nicht, müssen sie sich informieren und den von Überflutungen betroffenen Bürgern mit den Mitteln des Staates beistehen, auch mit Appellen an die Hilfsbereitschaft der übrigen Bürger - so wie es die Regierenden in Berlin, Dresden und München seit Tagen getan haben. Und die jeweilige Opposition muß es hinnehmen, daß dies die Stunde der Exekutive ist, in der sich die Amtsinhaber einen Anerkennungsbonus bei den Wählern verdienen können, wenn sie ihre Sache gut machen.
Nicht im gleichen Maß hinnehmbar ist dagegen, und da hat Westerwelle recht, wenn Politiker die Fluten von Passau und Grimma sogleich auf ihre Wahlkampfmühlen leiten. Damit tun sich vor allem die Grünen hervor. Den Vorsitzenden Roth und Kuhn fällt im Angesicht der menschlichen Tragödien, die sich in diesen Tagen vor aller Augen abspielen, nichts Besseres ein, als Stoiber einen "umweltpolitischen Ignoranten" zu nennen, "der den Klimaschutz weggeflutet hat". Umweltminister Trittin tröstet die vor der Vernichtung ihrer Existenz stehenden Bauern damit, daß "ohne das klare Preissignal der Ökosteuer" die deutliche Reduzierung der Kohlendioxydemissionen im Straßenverkehr nie erreicht worden wäre. Die Grünen vermitteln den Eindruck, als hätten sie sich - zwei Wochen vor dem Klimagipfel in Johannesburg und sechs Wochen vor der Wahl - nichts sehnlicher gewünscht als eine ordentliche Umweltkatastrophe vor der Haustür, damit jeder sehe, wie recht sie doch hatten. Sie schlachten die vermeintliche Wahlkampfhilfe der Natur so ungeniert und besserwisserisch aus, daß sie nicht einmal merken, wie nah sie damit schon an der Schadenfreude sind.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.08.2002, Nr. 188 / Seite 1
An einem Großereignis wie der Flutkatastrophe im Osten und Süden Deutschlands können Wahlkämpfer nicht achtlos vorbeigehen. Das weiß auch der FDP-Spitzenkandidat Westerwelle. Sein trotziger Zwischenruf, er werde sich an einem "Wahlkampf auf gebrochenen Deichen" nicht beteiligen, dürfte vor allem dem mißlichen Umstand geschuldet sein, daß sein Guidomobil gerade zwischen Ostfriesland und Hamm unterwegs ist, also genau am falschen Ende der Republik.
Selbstverständlich müssen vor allem regierende Politiker in Katastrophengebieten präsent sein. Ganz unabhängig davon, ob gerade Wahlkampf ist oder nicht, müssen sie sich informieren und den von Überflutungen betroffenen Bürgern mit den Mitteln des Staates beistehen, auch mit Appellen an die Hilfsbereitschaft der übrigen Bürger - so wie es die Regierenden in Berlin, Dresden und München seit Tagen getan haben. Und die jeweilige Opposition muß es hinnehmen, daß dies die Stunde der Exekutive ist, in der sich die Amtsinhaber einen Anerkennungsbonus bei den Wählern verdienen können, wenn sie ihre Sache gut machen.
Nicht im gleichen Maß hinnehmbar ist dagegen, und da hat Westerwelle recht, wenn Politiker die Fluten von Passau und Grimma sogleich auf ihre Wahlkampfmühlen leiten. Damit tun sich vor allem die Grünen hervor. Den Vorsitzenden Roth und Kuhn fällt im Angesicht der menschlichen Tragödien, die sich in diesen Tagen vor aller Augen abspielen, nichts Besseres ein, als Stoiber einen "umweltpolitischen Ignoranten" zu nennen, "der den Klimaschutz weggeflutet hat". Umweltminister Trittin tröstet die vor der Vernichtung ihrer Existenz stehenden Bauern damit, daß "ohne das klare Preissignal der Ökosteuer" die deutliche Reduzierung der Kohlendioxydemissionen im Straßenverkehr nie erreicht worden wäre. Die Grünen vermitteln den Eindruck, als hätten sie sich - zwei Wochen vor dem Klimagipfel in Johannesburg und sechs Wochen vor der Wahl - nichts sehnlicher gewünscht als eine ordentliche Umweltkatastrophe vor der Haustür, damit jeder sehe, wie recht sie doch hatten. Sie schlachten die vermeintliche Wahlkampfhilfe der Natur so ungeniert und besserwisserisch aus, daß sie nicht einmal merken, wie nah sie damit schon an der Schadenfreude sind.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.08.2002, Nr. 188 / Seite 1