M Y S T E R I U M U S S A M A I B N L A D I N
Ist der Top-Terrorist abgebrannt?
Von Matthias Gebauer
Viele gesicherte Erkenntnisse gibt es nicht über Ussama Ibn Ladin. Doch viele Insider zweifeln an der mächtigen Rolle in der Terror-Szene, die ihm die USA anhängen wollen. Auch dem Bundesnachrichtendienst (BND) liegen Informationen vor, Ibn Ladin sei mittlerweile pleite.
Doch bisher gelten sie als nicht gesichert. "Auch wir haben Informationen, die sagen, dass Ibn Ladin pleite ist", sagte ein BND-Mitarbeiter noch diese Woche. Doch bisher bleiben die Pullacher bei ihrem Lagebild, das sie über Jahre aufgebaut haben - bis auf weiteres zumindest.
In einem internen Dossier über Ibn Ladin beschreibt der BND seine Erkenntnisse über die Struktur der Organisation von "Al Quaida": So bilde Ibn Ladin seine Kämpfer in Afghanistan in den Camps der Mudschahidin aus und verteile sie danach über den Globus. Nach dem BND-Lagebild erhalten die aus dem arabischen Raum kommenden "Krieger" eine paramilitärische Ausbildung und einen theologischen Drill auf den Islam. Dadurch erreiche Ibn Ladin eine "hohe Motivation durch religiöse Führung", die später durch Selbstmordanschläge bewiesen werden muss, schreiben die Terror-Fahnder
Dienste: "Krieger" werden über den Globus verteilt
Meist müssen die "Krieger" sich den Kampferklärungen Ibn Ladins anschließen und werden dann über den Globus verteilt. Als besonders gefährlich schätzen die Sicherheitsbehörden die Taktik von Ibn Ladin ein, denn die "Krieger" treten zunächst nicht in Aktion, sondern führen ein scheinbar normales bürgerliches Leben. Erst für einen terroristischen Einsatz würden demnach die "Schläfer" geweckt und seien meist durch ihr normales Leben gut getarnt. Ebenfalls beschreiben die Fahnder den finanziellen Background von Ibn Ladin, der "modernste Kommunikationsmittel" wie Satellitentelefon und mobile Internetkommunikation unter den "Kriegern" möglich macht.
Kleine Zellen organisieren sich selbst
Trotzdem geht aus allen Berichten der Geheimdienste keine geschlossene Organisation hervor. "Genau das ist unser Problem", beklagt sich ein deutscher Geheimdienstler, "Ibn Ladin bildet sehr kleine Einheiten, die voneinander nichts wissen." Selbst wenn die Agenten eine Zelle ausmachen, können sie keine Kenntnisse über die Gesamtstruktur oder die nächsten Ziele gewinnen.
Auch in Deutschland soll der Terrorist aktiv geworden sein. In Frankfurt/Main und in München wurden mehrere Anhänger des Islamisten festgenommen. Sie sollen einen Sprengstoffanschlag in Straßburg geplant haben, so die Erkenntnisse des BND. Ebenfalls nahmen Sicherheitsbehörden in England Anhänger von Ibn Ladin fest. Die Aktion war auf Kritik gestoßen, denn so mancher Schlapphut wollte die Gruppe lieber noch länger beobachten als gleich zuzuschlagen.
In Afghanistan untergetaucht
Mittlerweile lebt Ussama Ibn Ladin in Afghanistan an einem geheimen Ort. Die USA versuchten mehrmals, die Auslieferung des Terroristen zu erzwingen, doch selbst härteste Wirtschaftsanktionen und schließlich die totale Isolation brachte das in Kabul herrschende Taliban-Regime bisher nicht zum Einlenken. Weiterhin gewährt es sie dem Gotteskrieger Schutz und geriet dadurch selbst zum internationalen Außenseiter.
Mehrfach probten die USA auch die Festnahme von Ibn Ladin. Bisher ohne Erfolg, da die Taliban ihren "Gast" schützen und der sich auch geschickt versteckt. Immer wenn die USA zuschlugen, war Ibn Ladin gerade verschwunden und meldete sich einen Tag später per Zeitungsinterview. Mittlerweile jedoch relativieren die Taliban ihre Haltung. Über eine Auslieferung Ussama Ibn Ladins könne man durchaus nachdenken, sagte am Mittwoch ein Taliban-Sprecher. Einzige Voraussetzung: Handfeste Beweise für die Anschläge am 11. September in New York und Washington.
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