Geheimes Milliardengeschäft: Händler betrügt Großbank
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Milliardenschaden durch Händlerbetrug
24. Januar 2008 Die französische Bank Société Générale (SocGen) hat einen milliardenschweren Betrug eines Händlers des Geldhauses aufgedeckt. Der Betrug werde negative Auswirkungen auf das Geschäft von 4,9 Milliarden Euro haben, teilte die zweitgrößte börsennotierte Bank Frankreichs am Donnerstag mit. SocGen werde den in Paris ansässigen Händler entlassen. Seine Vorgesetzten würden das Kreditinstitut ebenfalls verlassen. Auch Vorstandschef Daniel Bouton habe seinen Rücktritt angeboten, der Vorstand habe dies aber abgelehnt, hieß es weiter.
Die Bank bezeichnete den Vorfall im Handelsgeschäft wegen seines Ausmaßes und seiner Natur als „beispiellosen Betrug“. Er sei am 19. Januar entdeckt worden. Der Händler sei ungewöhnlich hohe Handelspositionen eingegangen und habe dabei „sein Wissen um das Sicherheitssystem der Bank ausgenutzt“. Wegen Sonderabschreibungen und wegen des Betrugsfalls reduziert sich der Jahresgewinn des Unternehmens für 2007 auf 600 bis 800 Millionen Euro, teilte die Bank weiter mit.
„Das war ein Trader“
Der Mann sei ein „kleiner Händler“, etwa 30 Jahre alt, sagte Bankchef Daniel Bouton am Donnerstag in Paris. Er sei kein Starspekulant gewesen, sondern habe unspektakuläre Kursabsicherungen betrieben. Der Mann hatte viele kleine Geschäfte auf europäische Aktienindizes mit Futures absichern sollen. „Das war ein Trader, der mit kleinen Positionen umging“, sagte Bouton. Er habe weniger als 5000 Euro verdient. Auf die Frage, ob der Händler auch hohe Prämien kassiert habe, sagte Bouton: „Er hat seine Prämie für 2007 noch nicht bekommen und ich glaube auch nicht, dass er sie fordern wird.“
Der Händler hatte bei immer wieder vorkommenden Verlusten nicht verkauft, sondern nur Scheingeschäfte getätigt. Dabei baute sich für die Bank ein immer größeres Verlustrisiko auf. Die Kontrollen wurden umgangen: Der Mann hatte jahrelang in der Kontrollabteilung gearbeitet und kannte die Mechanismen. Dennoch machte er am Ende einen Fehler und wurde entdeckt.
Französische Zentralbank schaltet sich ein
In den spektakulären Betrugsfall hat sich inzwischen auch die französische Zentralbank eingeschaltet: Die Banque de France teilte am Donnerstag mit, dass ihre Bankenkommission „die Umstände“ ermitteln werde, unter denen der Betrug zustandegekommen sei. Der französische Premierminister Francois Fillon hat den
Betrugsfall als „sehr ernst“ bezeichnet.
Ein Analyst sagte, er bezweifle, dass die Bank erst jetzt von dem Betrug erfahren haben will. „Ich finde es schwer zu verstehen, dass ein Händler in der Lage gewesen sein soll, ein 'geheimes Geschäft' von 4,9 Milliarden getätigt zu haben, ohne dass jemand davon gewusst hat“, sagte Ion-Marc Valahu von der Amas-Bank in der Schweiz.
Zusätzliche Abschreibungen wegen der Immobilienkrise
Darüber hinaus müsse das Geldhaus zusätzliche Abschreibungen von 2,05 Milliarden Euro im vierten Quartal vornehmen, die auf die Immobilienkrise zurückzuführen seien, teilte die Bank weiter mit. In den kommenden Wochen benötige man deswegen 5,5 Milliarden Euro an frischem Kapital, hieß es in einer Erklärung. Die geplante Milliarden-Kapitalerhöhung soll schon in trockenen Tüchern sein. Sie sei von den beiden amerikanischen Banken JP Morgan und Morgan Stanley komplett gezeichnet worden, hieß es.
Die Dividende der Bank für 2007 soll den Belastungen nicht zum Opfer fallen: Der Verwaltungsrat werde vorschlagen, eine Dividende im Rahmen der Ausschüttungspolitik von 45 Prozent zu zahlen.
Handel mit Aktien an der Euronext zunächst ausgesetzt
Der Handel mit den Aktien des Unternehmens wurde an der Pariser Börse Euronext zunächst ausgesetzt. Spekulationen über eine anstehende Milliardenabschreibung bei der Société Générale hatten den Kurs am Mittwoch um zwischenzeitlich mehr als sechs Prozent abstürzen lassen (siehe dazu auch: Kreditkrise und Skandal lastet auf der Aktie der Société Générale). Mit einem Minus von 3,9 Prozent wurde der Handel am Mittag wieder aufgenommen.
Großbanken weltweit haben derzeit mit milliardenschweren Abschreibungen angesichts der Auswirkungen der Hypotheken- und Kreditmarktkrise zu kämpfen. Nach der Ankündigung von Société Générale teilte die französische Bank BNP Paribas mit, dass sie keine außerordentlichen Verluste in ihrer Bilanz sehe.
Text: FAZ.NET
Bildmaterial: AFP
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Milliardenschaden durch Händlerbetrug
24. Januar 2008 Die französische Bank Société Générale (SocGen) hat einen milliardenschweren Betrug eines Händlers des Geldhauses aufgedeckt. Der Betrug werde negative Auswirkungen auf das Geschäft von 4,9 Milliarden Euro haben, teilte die zweitgrößte börsennotierte Bank Frankreichs am Donnerstag mit. SocGen werde den in Paris ansässigen Händler entlassen. Seine Vorgesetzten würden das Kreditinstitut ebenfalls verlassen. Auch Vorstandschef Daniel Bouton habe seinen Rücktritt angeboten, der Vorstand habe dies aber abgelehnt, hieß es weiter.
Die Bank bezeichnete den Vorfall im Handelsgeschäft wegen seines Ausmaßes und seiner Natur als „beispiellosen Betrug“. Er sei am 19. Januar entdeckt worden. Der Händler sei ungewöhnlich hohe Handelspositionen eingegangen und habe dabei „sein Wissen um das Sicherheitssystem der Bank ausgenutzt“. Wegen Sonderabschreibungen und wegen des Betrugsfalls reduziert sich der Jahresgewinn des Unternehmens für 2007 auf 600 bis 800 Millionen Euro, teilte die Bank weiter mit.
„Das war ein Trader“
Der Mann sei ein „kleiner Händler“, etwa 30 Jahre alt, sagte Bankchef Daniel Bouton am Donnerstag in Paris. Er sei kein Starspekulant gewesen, sondern habe unspektakuläre Kursabsicherungen betrieben. Der Mann hatte viele kleine Geschäfte auf europäische Aktienindizes mit Futures absichern sollen. „Das war ein Trader, der mit kleinen Positionen umging“, sagte Bouton. Er habe weniger als 5000 Euro verdient. Auf die Frage, ob der Händler auch hohe Prämien kassiert habe, sagte Bouton: „Er hat seine Prämie für 2007 noch nicht bekommen und ich glaube auch nicht, dass er sie fordern wird.“
Der Händler hatte bei immer wieder vorkommenden Verlusten nicht verkauft, sondern nur Scheingeschäfte getätigt. Dabei baute sich für die Bank ein immer größeres Verlustrisiko auf. Die Kontrollen wurden umgangen: Der Mann hatte jahrelang in der Kontrollabteilung gearbeitet und kannte die Mechanismen. Dennoch machte er am Ende einen Fehler und wurde entdeckt.
Französische Zentralbank schaltet sich ein
In den spektakulären Betrugsfall hat sich inzwischen auch die französische Zentralbank eingeschaltet: Die Banque de France teilte am Donnerstag mit, dass ihre Bankenkommission „die Umstände“ ermitteln werde, unter denen der Betrug zustandegekommen sei. Der französische Premierminister Francois Fillon hat den
Betrugsfall als „sehr ernst“ bezeichnet.
Ein Analyst sagte, er bezweifle, dass die Bank erst jetzt von dem Betrug erfahren haben will. „Ich finde es schwer zu verstehen, dass ein Händler in der Lage gewesen sein soll, ein 'geheimes Geschäft' von 4,9 Milliarden getätigt zu haben, ohne dass jemand davon gewusst hat“, sagte Ion-Marc Valahu von der Amas-Bank in der Schweiz.
Zusätzliche Abschreibungen wegen der Immobilienkrise
Darüber hinaus müsse das Geldhaus zusätzliche Abschreibungen von 2,05 Milliarden Euro im vierten Quartal vornehmen, die auf die Immobilienkrise zurückzuführen seien, teilte die Bank weiter mit. In den kommenden Wochen benötige man deswegen 5,5 Milliarden Euro an frischem Kapital, hieß es in einer Erklärung. Die geplante Milliarden-Kapitalerhöhung soll schon in trockenen Tüchern sein. Sie sei von den beiden amerikanischen Banken JP Morgan und Morgan Stanley komplett gezeichnet worden, hieß es.
Die Dividende der Bank für 2007 soll den Belastungen nicht zum Opfer fallen: Der Verwaltungsrat werde vorschlagen, eine Dividende im Rahmen der Ausschüttungspolitik von 45 Prozent zu zahlen.
Handel mit Aktien an der Euronext zunächst ausgesetzt
Der Handel mit den Aktien des Unternehmens wurde an der Pariser Börse Euronext zunächst ausgesetzt. Spekulationen über eine anstehende Milliardenabschreibung bei der Société Générale hatten den Kurs am Mittwoch um zwischenzeitlich mehr als sechs Prozent abstürzen lassen (siehe dazu auch: Kreditkrise und Skandal lastet auf der Aktie der Société Générale). Mit einem Minus von 3,9 Prozent wurde der Handel am Mittag wieder aufgenommen.
Großbanken weltweit haben derzeit mit milliardenschweren Abschreibungen angesichts der Auswirkungen der Hypotheken- und Kreditmarktkrise zu kämpfen. Nach der Ankündigung von Société Générale teilte die französische Bank BNP Paribas mit, dass sie keine außerordentlichen Verluste in ihrer Bilanz sehe.
Text: FAZ.NET
Bildmaterial: AFP
Jabl