Gefährlicher Spieltrieb des Mobilcom-Chefs

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Gefährlicher Spieltrieb des Mobilcom-Chefs

 
20.02.02 23:40
Gefährlicher Spieltrieb des Mobilcom-Chefs
Von René Gribnitz, Hamburg

Von Beginn an lag Mobilcom-Chef Gerhard Schmid im Clinch mit seinem Partner France Telecom. Nun mögen sich die Franzosen nicht mehr an der Nase herumführen lassen und wollen die Beziehung beenden. Damit wäre der Altstar der New Economy am Ende.

Gerhard Schmid ist kein Leisetreter. Der hyperaktive Chef, Gründer und größte Gesellschafter der Telefongesellschaft Mobilcom aus Büdelsdorf bei Hamburg, ist in der Branche für markige Sprüche und unkonventionelle Ideen bekannt. Wobei die Ankündigungen meist mehr versprechen, als sie am Ende halten. "Die UMTS-Story schreibe ich auf jeden Fall", ließ Schmid die Finanzwelt wissen, als es hieß, er habe keine Lust mehr und wolle aussteigen.

Ob er sein Versprechen wirklich einlöst, wird jedoch immer fraglicher. Gerade erst hat das Unternehmen den Einstieg in die neue Mobilfunktechnik UMTS verschoben, da zeichnet sich bereits ab, dass Schmid den späteren Startschuss wohl nicht mehr erleben wird. Zumindest nicht an der Spitze von Mobilcom.


Der David, der als einer der ersten alternativen Telefonanbieter den Goliath Deutsche Telekom herausforderte und jahrelang vorführte, kämpft seit einer Woche ums Überleben. Im Streit darüber, wer die milliardenschweren Investitionen in die noch unsichere Übertragungstechnik UMTS zu bezahlen hat, haben sich Schmid und sein Großaktionär und Hauptfinanzier France Telecom, der 28,5 Prozent der Anteile hält, heillos zerstritten.



Schmidt hat überreizt


Die Franzosen versuchen derzeit alles, um aus dem Abenteuer Mobilcom herauszukommen. Gelingt ihnen dies, stünden die Büdelsdorfer vor dem Aus. Schmid, einer der letzten übrig gebliebenen Stars der deutschen New Economy, hat beim Poker um Macht, Einfluss und Größe überreizt - wie schon so viele vor ihm.


Vor ein paar Jahren noch schien die Karriere des Gerhard Schmid keine Misserfolge zu kennen. Nachdem er sich beim Porzellanhersteller Hutschenreuther durch die Etagen geboxt hatte, wechselte der heute 49-Jährige 1989 in den Vorstand des Autovermieters Sixt. Wenig später gründete er Mobilcom und wurde sein eigener Chef.


1992 fiel dann der Startschuss für einen rasanten Aufstieg. Das Unternehmen stieg in das Mobilfunkgeschäft ein. Damals waren die Geräte noch handkoffergroß, die Netze deckten nur Teile des Landes ab. Schmid entschied sich, kein eigenes Netz zu errichten, sondern als Wiederverkäufer und Dienstleister anzutreten. Und er behielt Recht. 1995 erzielte Mobilcom bereits den ersten Gewinn. Die weiteren Etappen erfolgten im Zeitraffer: 1997 der Börsengang, 1998 der Einstieg ins Festnetzgeschäft, 1999 wurden erstmals Netzteile zugekauft.


Vom Erfolg verwöhnt, der Aktienkurs schoss zeitweise auf 200 Euro, entschloss sich Schmid das ganz große Rad zu drehen. Im August 2000 ersteigerte er für 8,3 Mrd. Euro eine UMTS-Lizenz. Weil er die Lizenzkosten und die anstehenden Investitionen nicht allein finanzieren konnte, hatte sich Schmid zuvor die France Telecom als Partner geangelt. 3,5 Mrd. Euro kostete die Beteiligung, heute ist sie noch 350 Mio. Euro wert. Den Großteil werden die Franzosen abschreiben müssen.


Für den Telekomriesen aus Paris machte der Einstieg damals durchaus Sinn. France-Telecom-Chef Michel Bon wollte auf dem wichtigen deutschen Mobilfunkmarkt mitmischen, und im Dezember 1999 war er im Poker um E-Plus unterlegen.




Schwellender Streit


Doch die deutsch-französische Ehe verlief von Beginn an wenig harmonisch. Schon kurz nach der UMTS-Versteigerung musste sich Schmid erstmals gegen zu viel Nähe der Franzosen wehren. Pläne aus Paris, Mobilcom in die Mobilfunktochter Orange einzugliedern und langfristig den Markennamen zu ändern, wies der Deutsche brüsk zurück.


Eskaliert sind diese Unstimmigkeiten nun am Widerstand von Schmid, seine UMTS-Investitionspläne zusammenzustreichen. Der Mobilcom-Chef beruft sich auf eine Vereinbarung mit den Franzosen, die verkürzt gesagt beinhaltet, dass sich Schmid seine schöne neue UMTS-Welt zusammenbasteln darf, wie es ihm gefällt - und France Telecom dies bezahlt. In der Tat haben die Franzosen bei ihrem Einstieg 1999 garantiert, bis zu 10 Mrd. Euro in den Netzaufbau zu stecken - zusätzlich zu den 8,4 Mrd. Euro, die allein die UMTS-Lizenz gekostet hat.


Davon will Michel Bon jetzt nichts mehr wissen. Er fürchtet, dass Schmids hochfliegende UMTS-Pläne den hoch verschuldeten früheren Staatskonzern überfordern könnten. Der Telekomriese, der in den letzten beiden Jahren über 50 Mrd. Euro für Akquisitionen ausgab, schiebt einen Schuldenberg von 65 Mrd. Euro vor sich her. "Die Auseinandersetzung um Mobilcom sagt viel über den Zustand von France Telecom aus", sagt Klaus Baumann, Analyst bei SES Research.


Selbst Rating-Agenturen wie Moody’s oder Standard & Poor’s, die die Kreditwürdigkeit von Unternehmen prüfen, sind vorsichtig geworden. Sie haben France Telecom unter Hinweis auf das Deutschland-Engagement zum Teil bereits abgestuft, was höhere Zinsen nach sich zieht.


"Schmids UMTS-Pläne sind einfach unrealistisch und unverantwortlich", schimpft ein France-Telecom-Vorstand. "Jede weitere Investition hätte negative Auswirkungen", sagt Peter Kernan, der bei Standard & Poor’s für die Bewertung von europäischen Telekomunternehmen zuständig ist.




Jedes Mittel ist jetzt recht


Um aus ihren Zahlungsverpflichtungen herauszukommen, ist den Franzosen offenbar jedes Mittel recht. "Die haben jetzt die ganz großen Geschütze aufgefahren", warnt ein Mobilcom-Mitarbeiter. Bon und seiner Leute suchen nach Verstößen Schmids gegen den Kaufvertrag von 1999, die das Geschäft null und nichtig machen würden. Vom gestern tagenden Aufsichtsrat haben sie eine Überprüfung von Schmids Vorstandstätigkeit gefordert. Zudem soll die überraschende Beteiligung von dessen Ehefrau Sybille an Mobilcom untersucht werden.


Sybille Schmid hält seit wenigen Wochen fünf Prozent der Anteile. Ihr Ehemann, der 42 Prozent besitzt, hatte sie und den verbündeten US-Investor Guy Wyser-Pratte eingespannt, um an der Börse Aktienpakete zu kaufen. So sollte verhindert werden, das France Telecom sich durch die Hintertür mit den derzeit billigen Mobilcom-Aktien eindeckt und die Macht über das Unternehmen gewinnt.


Über Wochen hatte Schmid verschwiegen, dass es sich bei dem neuen Großaktionär um seine Gattin handelt. Stattdessen sprach er von einem Finanzinvestor. Grund: Gegenüber France Telecom soll sich Schmid verpflichtet haben, keine weiteren Anteile zuzukaufen.


Genau dort setzen die Pariser Manager den Hebel an. Womit hat Sybille Schmidt den Kauf finanziert? Mit dem Geld ihres Mannes? Dann wäre das womöglich ein Verstoß gegen die Abmachung. Noch liegen die wahren Hintergründe des Kaufs im Dunkeln, ebenso wie das Vertragswerk, das Mobilcom und France Telecom aneinander kettet.


Bei den 5800 Beschäftigten in der Büdelsdorfer Zentrale sorgen die Angriffe der Franzosen für Verunsicherung. Und Schmids Bereitschaft, bei den UMTS-Ausgaben kürzer zu treten, haben sie kein bisschen gefördert. Im Gegenteil: Mit Blick auf die schwierige Finanzlage von France Telecom drohte Schmid seinem Partner am Wochenende unverhohlen: "Wenn die Franzosen ihre Verpflichtungen nicht einhalten, könnte ich ihnen jederzeit ein Drittel der Mobilcom-Aktien verkaufen."




Hoher Preis


Schmid hält eine Option, mit der er France Telecom bei fundamentalen Gegensätzen über die Zusammenarbeit zur Übernahme einer Aktienmehrheit zwingen kann. Vor allem bei geschäftsschädigendem Verhalten des Partners. Der Preis für die Anteile soll nicht nach dem aktuellen Aktienkurs bemessen sein, sondern von unabhängigen Gutachtern ermittelt werden.


Weder der Kaufpreis noch die dann drohende volle Konsolidierung Mobilcoms in den eigenen Büchern dürfte Bon zupass kommen. Internen Berechnungen zufolge würde die Übernahme Mobilcoms zwischen 5 und 6 Mrd. Euro kosten. 4,7 Mrd. Euro davon beliefen sich auf die zur Umschuldung anstehenden Verbindlichkeiten.


Das kann unmöglich in Bons Interesse sein. Seine Attacken zielten also vielmehr darauf, Schmid zu domestizieren oder gleich ganz aus dem Unternehmen zu ekeln, glauben Beobachter. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Schmid nach der Pfeife der Franzosen tanzt", sagt ein Vertrauter. Für den Gründer geht es um sein Lebenswerk.


Der Rosenkrieg hat dem Aktienkurs von Mobilcom heftigen Schaden zugefügt. Seit dem vergangenen Wochenende hat das Papier fast 30 Prozent an Wert verloren. Michel Bon setzt offenbar darauf, dass der Wertverfall den streitbaren Mobilcom-Chef zur Aufgabe bewegt. "Mit den Franzosen ist Schmid an einen gleichwertigen Gegner geraten", unkt ein früherer Verhandlungspartner. "Er droht sich den Kopf einzurennen."

ftd.
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Mobilcom

 
21.02.02 13:12

Mobilcom
dementiert Finanzierung von Aktienzukäufen


Im Streit der Hauptgesellschafter des Telekom-Unternehmens MobilcomMOBG.DE hat der zweitgrößte Aktionär France TelecomFTE.PA dem Unternehmen einem Zeitungsbericht zufolge rechtswidrige Börsengeschäfte vorgeworfen. Die "Financial Times Deutschland" berichtete am Donnerstag, nach Darstellung von France Telecom habe Mobilcom den jüngsten Kauf von rund fünf Prozent der Mobilcom-Aktien durch die Ehefrau von Mobilcom-Chef und -Gründer Gerhard Schmid finanziert. Ein Mobilcom-Sprecher wies die Vorwürfe zurück und kündigte für Donnerstag eine Mitteilung an.

In dem Zeitungsbericht heißt es weiter, Mobilcom habe einer ihr nahestehenden Firma Geld gezahlt, über die die Ehefrau Sybille Schmid-Sindran die Mobilcom-Aktien erworben haben soll. Die "Financial Times" (Donnerstagsausgabe) berichtete ergänzend, während der Aufsichtsratsitzung am Mittwoch hätten die zwei Vertreter von France Telecom eine unabhängige Untersuchung der Vorgänge verlangt.

Mobilcom-Sprecher Matthias Quaritsch sagte zu den von France Telecom erhobenen Vorwürfen: "Das ist so nicht richtig. Das ist ein wenig komplizierter." Er bestätigte zugleich, dass die Vorwürfe Gegenstand der bis in die Nachtstunden dauernden außerordentlichen Aufsichtsratssitzung gewesen seien, sagte aber nichts über die Ergebnisse des Treffens. Er kenne die Ergebnisse noch nicht, sagte Quaritsch am Donnerstagmorgen. Die Zeitung hatte einen Mobilcom-Sprecher mit den Worten zitiert: "Mobilcom hat Frau Schmid kein Geld zum Aktienkauf gegeben. Das wäre illegal, und das würde Mobilcom nie tun."

Mobilcom-Chef Gerhard Schmid hatte jüngst dementiert, dass er und seine Frau sich bei dem jüngsten Aktienkauf abgesprochen hätten. Seine Frau treffe von ihm oder seiner Firma unabhängige Finanzentscheidungen, hatte Schmid gesagt. Schmid ist mit mehr als 40 Prozent der Aktien größter Aktionär bei dem am Neuen Markt notierten Mobilcom. Neben Schmids Frau, die zuletzt nach Schmids Angaben mehr als fünf Prozent des Kapitals erwarb, hatte auch der US-Investor Guy Wyser-Pratte ein Mobilcom-Aktienpaket von mehr als ein Prozent erworben. France Telecom ist über seine Mobilfunktochter OrangeORA.PA zu 28,5 Prozent an Mobilcom beteiligt und kann von November 2003 durch Auskauf von Schmid an eine Mehrheit an dem Unternehmen erwerben.

Der "Financial Times Deutschland" zufolge wollte Mobilcom mit der angeblichen Finanzierung des Aktienkaufs von Sybille Schmid-Sindran verhindern, dass France Telecom die monatelange Schwächephase des Aktienkurses an der Börse zur Aufstockung des eigenen Anteils nutzt. Nach Angaben der Zeitung zielen die Vorwürfe des französischen Konzerns darauf ab, dass der Kaufvertrag für den im Jahr 2000 erworbenen Mobilcom- Kapitalanteil und die damit zusammenhängenden finanziellen Verpflichtungen für den Ausbau des deutschen UMTS-Mobilfunkgeschäfts "null und nichtig" wird.

Der zwischen den beiden Hauptaktionäre seit längerem brodelnde Streit war am Freitag offen ausgebrochen, nachdem Schmid und France Telecom sich erstmals öffentlich über die Höhe der geplanten Investitionen für den UMTS-Mobilfunk in Deutschland stritten. Während Mobilcom möglichst früh mit UMTS-Diensten starten und deshalb größere Investitionen tätigen will, verlangt France Telecom von Mobilcom Zurückhaltung bei den UMTS-Investitionen.

Die Aktien von Mobilcom stehen wegen des Streits deutlich unter Druck und verloren am Donnerstag im frühen Handel erneut fünf Prozent auf 12,10 Euro. Seit vergangenen Freitag büßten die Aktien rund ein Drittel ihres Werts ein. Analysten kritisieren vor allem, dass die vertraglichen Grundlagen der Zusammenarbeit der drei an den öffentlichen Auseinandersetzungen beteiligten Firmen bislang nicht veröffentlicht wurden. France Telecom und Orange müssen nach Einschätzung der Investmentbank Schroder Salomom Smith Barney eine per vereinbarter Option erzwungene Konsolidierung von Mobilcom befürchten. Mobilcom könne sich dagegen ohne Unterstützung der beiden Firmen nicht refinanzieren.
Reuters


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22.02.02 11:59
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