Dr. Wahl: Bitte haben Sie Verständnis, dass ich Ihnen lediglich einen Schätzwert nennen kann, da die Zahlen bislang noch ungeprüft sind und sich je nach Einschätzung des Wirtschaftsprüfers noch kleinere Veränderungen ergeben könnten. Ausgehend von unserem Vorsteuerergebnis von rund 14 Mio. EUR rechnen wir unter einer ganz konservativen Herangehensweise mit einem Konzernjahresüberschuss von 13 Mio. EUR oder 2 EUR je GCI-Aktie. Die vergleichsweise geringe Steuerbelastung resultiert dabei im Wesentlichen aus der Steuerbegünstigung bei Beteiligungsverkäufen, eine Regelung, die trotz einiger Diskussionen in Zeiten des Regierungswechsels offenbar auch in der Zukunft gelten soll.
GSC Research: Inwieweit wird das 2005er-Ergebnis durch den Erwerb und die Konsolidierung der Pfaff Industrie Maschinen AG beeinflusst?
Dr. Wahl: Die Pfaff Industrie Maschinen AG ist von unserer hundertprozentigen Tochtergesellschaft GCI BridgeCapital AG mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1. Dezember 2005 übernommen worden und somit für einen Monat im Rechenwerk enthalten.
Auf der Ergebnisseite haben wir es mit positiven Effekten aus dem von uns getätigten "Lucky-Buy" zu tun. Gemäß den Bilanzierungsregeln von IFRS ist es grundsätzlich so, dass man einen Unterschiedsbetrag zwischen tatsächlich gezahltem Kaufpreis und dem Wert des übernommenen Eigenkapitals entweder direkt im Ergebnis ausweist, oder aber in eine Restrukturierungsrückstellung im Konzern bucht, sofern erforderlich. In der Praxis kommt es aber auch - in Abhängigkeit von der jeweiligen Transaktionsstruktur - häufig zu Mischformen.
GSC Research: Bilanzierungsregeln gemäß IFRS sind ja nicht erst seit der Diskussion eines Mitbewerbers mit der Deutschen Prüfstelle für Bilanzen ein Thema. Könnten Sie die von GCI Management angewendete Vorgehensweise für unsere Leser anhand konkreter Zahlen einmal näher erläutern?
Dr. Wahl: Sehr gerne. Angenommen, der Ergebniseffekt, also der Unterschiedsbetrag zwischen dem Kaufpreis und dem erworbenen Eigenkapitalwert ist deutlich positiv, so nutzen wir bei GCI die auch nach IFRS gegebene Möglichkeit, Rückstellungen für anstehende Maßnahmen wie Restrukturierung, Kostenreduktion usw. zu bilden und entsprechend ergebnismindernd anzusetzen. Diese an die alten HGB-Bilanzierungsregeln erinnernde Vorgehensweise ist bei IFRS jedoch nur möglich für Maßnahmen, die vom Durchführungszeitpunkt und dem zu erwarteten Aufwandsvolumen her genau spezifizierbar sind.
Zurück zum konkreten Beispiel. Durch die Bildung entsprechender Rückstellungen wollen wir mögliche Risiken in der Restrukturierungsphase des Unternehmens abfedern und natürlich auch vermeiden, dass das Ergebnis im Jahr des Kaufs übermäßig positiv ausfällt, ohne jedoch die bereits bekannten Kosten der Sanierung darin zu berücksichtigen.
Sollten Rückstellungen nicht zur Gänze verbraucht werden, resultiert daraus dann eine entsprechende "stille Reserve". Mit anderen Worten, wir haben uns dazu entschieden, den Erwerb von Pfaff so vorsichtig wie nach IFRS möglich, im Zahlenwerk abzubilden und etwaige Reserven erst nach erfolgreichem Abschluss der Restrukturierung zu heben.
GSC Research: Bleiben wir gleich bei der Beteiligung Pfaff Industrie Maschinen, wie ist dort der aktuelle Stand?
Dr. Wahl: Bisher sind wir zufrieden und die Entwicklung unserer Beteiligung bewegt sich exakt im Rahmen unserer Planungen. Wesentliche Punkte der vergangenen Wochen waren Veränderungen auf der Refinanzierungsseite und die Gewinnung eines neuen Partners für Sale-and-Lease-Back-Geschäfte. Durch die Übernahme haben wir der Pfaff Industrie Maschinen AG auf der bilanziellen Seite ihren Handlungsspielraum zurückgegeben, von einem negativen Wert kommend beläuft sich die Eigenkapitalquote im Konzern inzwischen auf 33 Prozent.
Der Schwerpunkt im laufenden Jahr liegt eindeutig auf der Vertriebsseite und der Ausweitung des Geschäftsvolumens. Der aktuell über den Planungen liegenden Auftragseingang stimmt uns hier zuversichtlich.
GSC Research: Kurz zum Verständnis, bei den von Ihnen übernommenen Aktivitäten der Pfaff Industrie Maschinen handelt es sich um Teile der früher bereits an der Börse notierten G.M. Pfaff AG, richtig?
Dr. Wahl: Das stimmt. Während der sehr wettbewerbsintensive Bereich der Haushaltsnähmaschinen zunächst von VSM, Schweden und diese wiederum von der Private Equity Gesellschaft KKR übernommen wurde, sind in der von uns erworbenen Gesellschaft die Industrienähmaschinenaktivitäten des früheren Pfaff-Konzerns zusammengefasst.
GSC Research: Unsere Leser interessieren natürlich auch nähere Details zum Geschäftsverlauf in 2005 sowie dem weiteren Ausblick.
Dr. Wahl: In 2005 hat Pfaff bei einem Umsatz von rund 65 Mio. EUR operativ ein Nullergebnis erwirtschaftet; für 2006 und 2007 erwarten wir eine deutliche Verbesserungen der relevanten Kennzahlen insbesondere auf der Ergebnisseite. Gemäß unseren Planungen wird sich die EBITDA-Marge in 2006 auf etwa 3,5 Prozent und in 2007 auf gut 10 Prozent vom Umsatz belaufen und damit den von uns angestrebten Zielwert erreichen.
Aktuell haben wir ferner den Umzug unserer Produktion in ein neues Werk am Stammsitz in Kaiserslautern bekannt gegeben. Die erforderlichen Investitionen für die Ende 2007 bezugsfertigen Gebäude werden sich in einer Größenordnung von rund 13 Mio. EUR bewegen und in Form eines Leasingmodells von einer Tochtergesellschaft der rheinland-pfälzischen Investitions- und Strukturbank angemietet. Darüber hinaus planen wir auch Investitionen in den Maschinenpark in der Größenordnung zwischen 5 und 6 Mio. EUR.
GSC Research: Wie sehen Ihre Planungen in Bezug auf den angestrebten Börsengang von Pfaff Industrie Maschinen aus?
Dr. Wahl: Für das laufende Geschäftsjahr, voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2006, planen wir eine Kapitalerhöhung verbunden mit einem anschließenden Listing im Freiverkehr. Das eigentliche IPO, hierunter verstehen wir eine richtige Börsennotierung im General Standard (Geregelter Markt), ist für 2007 vorgesehen.
GSC Research: Könnten Sie unseren Lesern ausgehend vom konkreten Portfoliounternehmen einmal die zu Grunde liegende Beteiligungsstrategie der GCI Gruppe erläutern?
Dr. Wahl: Natürlich. Die Schwerpunktinvestments werden alle eine GCI-Beteiligungsquote von mindestens 51 Prozent aufweisen. Bei diesen Investments wollen wir uns auf Unternehmen in einer "Late-Stage-Turnaround"-Situation fokussieren. Diese Firmen werden wir während der angestrebten durchschnittlichen Haltedauer von 5 bis 7 Jahren weiterentwickeln, wobei wir da auf unser großes Know-how aus dem bereits seit über einem Jahrzehnt betriebenen Beratungsgeschäft zurückgreifen können.
Im laufenden Geschäftsjahr planen wir ein bis zwei weitere Investments mit einer Beteiligungsquote von über 51 Prozent sowie bis zu 6 kleinere minderheitliche Investments. Bei den kleineren Beteiligungen handelt es sich um Anteile an Unternehmen, die mit unserer Hilfe - Stichwort Weserbank - den Gang an den Kapitalmarkt anstreben. Zu diesen Gesellschaften zählen aktuell unter anderem die Driver&Bengsch AG sowie die Hansen Sicherheitstechnik AG. Bei diesen Firmen beteiligt sich GCI im Regelfall mit bis zu 10 Prozent und stellt aus dem Abverkauf der Stücke nach erfolgter Notierungsaufnahme den Freefloat zur Verfügung.
GSC Research: Mit der derzeitigen Aufstellung ihres Beteiligungsgeschäftes profitieren Sie stark vom aktuell sehr guten Kapitalmarktumfeld. Gibt es Ihrerseits Überlegungen, diese Abhängigkeit zu vermindern?
Dr. Wahl: Das ist in der Tat eine wichtige Fragestellung, mit der wir uns natürlich auch sehr intensiv befasst haben. Um uns von dem aktuellem Kapitalmarktumfeld unabhängiger zu machen haben wir uns entschieden, dass wir über unsere hundertprozentige Tochtergesellschaft GCI BridgeCapital einen eigenen GCI Private Equity Fonds initiieren werden. Für diesen Fonds werden wir künftig verschiedene Beteiligungen als Portfoliomanager verwalten und dafür eine branchenübliche Managementvergütung vereinnahmen.
Ausgehend von unserem bisher vorzeigbaren Track-Record, der geplanten Zusammenarbeit mit Partnern und der im Vergleich zum eigenen Portfolio angestrebten stärkeren Diversifikation streben wir ein Volumen von 250 Mio. EUR an.
GSC Research: Wie wird sich diese Ausweitung der Aktivitäten auf der Ergebnisseite auswirken?
Dr. Wahl: Eine genaue Prognose ist zum jetzigen Zeitpunkt natürlich noch nicht möglich. Grundsätzlich können Sie jedoch davon ausgehen, dass sich die Vergütung für uns als Portfoliomanager im marktüblichen Rahmen bewegen wird.
Wichtig für unsere Aktionäre ist jedoch die strategische Zielsetzung, welche wir mit dem Einstieg in dieses Geschäftsfeld verbinden. Künftig sollen durch die Managementvergütung die Kosten des Geschäftsbereiches Beteiligungen abgedeckt und ein zusätzlicher positiver Ergebnisbeitrag für die Unternehmensgruppe realisiert werden, und zwar unabhängig von möglichen Verkaufserfolgen bei unseren eigenen Beteiligungen.
GSC Research: Stichwort Abverkäufe. Mit wie vielen IPOs bzw. Listungen unter Beteiligung von GCI bzw. Ihrer Tochtergesellschaft Weserbank rechnen Sie im laufenden Geschäftsjahr?
Dr. Wahl: Neu an die Börse gehen werden im Juni 2006 zunächst Driver&Bengsch und ziemlich zeitgleich die Hansen Sicherheitstechnik. Zusätzlich ist auch für das zweite Quartal ein öffentliches Angebot von Aktien der bereits im Freiverkehr gelisteten Windsor AG vorgesehen.
Insgesamt gehen wir für das laufende Jahr von 4 bis 6 Kapitalmaßnahmen für externe Mandate aus. Zusätzlich ist für das zweite Halbjahr 2006 in einem ersten Schritt zur Kapitalmarktfähigkeit eine Kapitalerhöhung bei der Pfaff Industrie Maschinen AG mit anschließendem Listing im Freiverkehr vorgesehen.
GSC Research: Apropos Windsor AG. Ist im Rahmen des öffentlichen Angebotes geplant, die bereits seit längerem bestehende Beteiligung an diesem Immobilienunternehmen mit Schwerpunkt Berlin zu veräußern?
Dr. Wahl: Im Rahmen des öffentlichen Angebotes planen wir in der Tat eine weitere Reduzierung unserer Beteiligung. Wir streben jedoch lediglich einen Teilexit an und werden daher weiterhin an der Gesellschaft beteiligt bleiben.
GSC Research: Der Bereich IPOs gehört ja innerhalb der GCI-Gruppenstruktur zum Bereich der Finanzdienstleistungen, der wiederum durch die neu gegründete Tochtergesellschaft GCI FinancialServices und die Weserbank repräsentiert wird. Da den meisten unserer Leser dieses Bankhaus wohl unbekannt sein dürfte, nennen Sie uns doch bitte kurz ein paar Stichpunkte hierzu.
Dr. Wahl: Die von uns in 2004 übernommene Weserbank mit Sitz in Bremerhaven zählt mit einer Bilanzsumme von derzeit rund 22 Mio. EUR sicherlich zu den kleineren Banken in Deutschland. Operativ fokussiert sich das Institut vor allem auf die beiden Geschäftsfelder Corporate Finance und Capital Markets.
Vom Selbstverständnis einer mittelständisch orientierten Privatbank ausgehend adressiert die Weserbank vornehmlich Kunden aus diesem Segment, d.h. mittelständische Unternehmer und Unternehmen, die einen Partner im Bereich der Unternehmensfinanzierung und der Schaffung eines Kapitalmarktzugangs suchen. Darüber hinaus steht die Weserbank dieser Zielgruppe auch im Bereich der Fremdkapitalbeschaffung zur Seite.
Dieses Geschäft wird unter Risikogesichtspunkten jedoch nur zusammen mit Partnern betrieben. Die Weserbank ist dabei vor allem in der Entwicklung der Finanzierungsstruktur und der Zusammenstellung der Partnerinstitute aktiv.
GSC Research: Kommen wir abschließend noch zum dritten - Ihrem ursprünglichen - Geschäftsfeld, der Beratung und dem dortigen Marktumfeld.
Dr. Wahl: Die Beratung ist unser "Brainpool", von dem wir natürlich in erheblichem Maße auch in den beiden anderen Geschäftsfeldern profitieren. Daher ist der Erfolgsbeitrag dieses Segmentes natürlich größer, als die im Gesamtunternehmen eher kleineren Beiträge auf der Umsatz- und Ergebnisseite auf den ersten Blick vermuten lassen. Dennoch setzen wir auch hier klar auf die Strategie, dass der Geschäftsbereich seine Kosten selbst erwirtschaften muss. Dieser Ansatz ist auch wesentliches Kriterium bei der Auswahl der von uns beschäftigten Mitarbeiter.
Operativ profitieren wir neben unserem im über einem Jahrzehnt aufgebauten guten und großen Netzwerk insbesondere von der aktuell vorhandenen hohen Nachfrage in Bezug auf Sanierungs- und Restrukturierungsexpertise.
GSC Research: Wie teilt sich der Umsatz- und Ergebnisbeitrag 2005 auf die einzelnen Geschäftsfelder auf?
Dr. Wahl: Die beiden Bereiche Beratung und Finanzdienstleitung steuern jeweils etwa 10 bis 15 Prozent bei, der Rest insbesondere beim Ergebnis stammt aus dem Beteiligungsbereich. Wichtig ist uns jedoch, und diese Zielsetzung konnten wir auch im vergangenen Geschäftsjahr erreichen, dass alle drei Geschäftsfelder ihre laufenden Kosten aus dem jeweiligen Geschäftsvolumen abdecken.
GSC Research: Zurück zum Gesamtunternehmen. In 2005 ist es der GCI Management ja gelungen, eine sehr deutliche Umsatz- und Ergebnissteigerung zu realisieren. Wie sehen Sie den Ausblick für das laufende Geschäftsjahr?
Dr. Wahl: Für das laufende Geschäftsjahr erwarten wir erneut einen Anstieg auf der Umsatz- und Ergebnisseite, jedoch wird sich das Wachstum naturgemäß nicht in dem aus den Vorjahren gewohnten Größenordnungen fortsetzen können. Auf der Ergebnisseite rechnen wir in 2006 im Vergleich zum 2005er Wert einen Zuwachs im zweistelligen Prozentbereich und sehen diese Tendenz auch für das Jahr 2007.
GSC Research: Angesichts des erfreulichen Ergebnisses drängt sich natürlich auch direkt die Frage nach einer möglichen Dividendenzahlung auf.
Dr. Wahl: In Bezug auf das Geschäftsjahr 2005 hat der Vorstand die Durchführung einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und damit die Ausgabe von Gratisaktien im Verhältnis 3 zu 1 beschlossen; wenn die HV unserem Vorschlag zustimmt, werden die Aktionäre also für je drei alte GCI-Aktien gratis eine weitere Aktie erhalten.
Sollte das Geschäftsjahr in 2006 erwartungsgemäß positiv verlaufen, dann können wir bereits heute schon feststellen, dass wir die Ausschüttung einer Bardividende für 2006 in 2007 an die Aktionäre aktiv in Erwägung ziehen werden.
GSC Research: Dr. Wahl, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.
Gruß Moya
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